Regie: Jon S. Baird, Drehbuch: Noah Pink, Musik: Lorne Balfe
Darsteller: Taron
Egerton, Nikita Jefremov, Sofia Lebedeva, Igor Grabuzov, Toby Jones,
Anthony Boyle, Roger Allam, Oleg Shtefanko, Ben Miles, Ken Yamamura,
Ayane Nagabuchi, Matthew Marsh, Kanon Narumi, Ieva Andrejavaite, Togo
Igawa, Len Blavatnik
Der
mit seiner Familie in Japan lebende holländisch-amerikanische
Spiele-Programmierer Henk Rogers (Taron Egerton, "Rocketman") ist eigentlich bei
der Consumer Electronics Show des Jahres 1988 in Las Vegas, um dort
seine Brettspiel-Adaption "Go" zu verkaufen – allerdings
mit wenig Erfolg. Dafür stößt er bei einem Konkurrenzstand auf ein
neues, ursprünglich aus der Sowjetunion stammendes
Geschicklichkeitsspiel namens "Tetris", dessen
Hit-Potential Henk sofort erkennt. Er erwirbt vom amerikanischen
Lizenzhalter Mirrorsoft die Japan-Rechte für das Spiel und das läuft
so gut, daß er diese bald ausweiten möchte. Um das zu erreichen,
reist er entgegen aller Warnungen illegal nach Moskau, um direkt mit "Tetris"-Erfinder Alexey Pajitnow (Nikita Yefremov, TV-Serie "Londongrad") und
dessen Arbeitgeber – dem staatlichen Moskauer Computer- und
Wissenschaftszentrum – zu verhandeln. Dummerweise stellt sich dort
heraus, daß Mirrorsoft jene Rechte, die sie an Henk verkauft haben,
gar nicht besaßen – jedenfalls nicht nach Meinung der Sowjets. Somit
ergeben sich langwierige Verhandlungen zwischen den Sowjets, Henk,
dem britischen Zwischenhändler Robert Stein (Toby Jones, "Captain
America") und dem Mirrorsoft-Chef Robert Maxwell (Roger Allam,
"A Royal Night") sowie dessen Sohn Kevin (Anthony Boyle,
"Tolkien"). Und das allen unter den mitleidlosen Augen des
so korrupten wie skrupellosen KGB-Offiziers Valentin Trifonov (Igor
Grabuzov) ...
Kritik:
Hollywood
verfilmt ja sehr gerne – mal mehr, mal weniger authentisch – wahre
Geschichten. Kriegsfilme, Dramen, Komödien und natürlich Biopics,
die Auswahl ist auch hinsichtlich der Genres groß. Auf die Idee,
einen Film über die Verhandlungen über die Auslandsrechte eines
Computerspiels zu drehen, muß man aber erstmal kommen … Der
kanadische Drehbuch-Autor Noah Pink, für den es nach der eher
mißglückten Mediensatire "This Is Your Death" das zweite
Kinoskript ist, kam auf genau diese Idee – und es war
erstaunlicherweise eine ziemlich gute! Natürlich sind bei genauer
Betrachtung die einzelnen Elemente der Story durchaus interessant:
Die zwischen Kommunismus und Korruption zerfallende Sowjetunion
trifft auf amerikanischen Kapitalismus, Kunst auf Kommerz und
diverse sehr unterschiedliche Charaktere versuchen, irgendwie
zu einem Ergebnis zu kommen. Um das Ganze etwas aufzuhübschen –
immerhin geht es letztlich trotzdem nur um die ziemlich trockenen
Verhandlungen über die Lizenzrechte eines Computerspiels –, werden
ein Spionage-Plot und ein fieser KGB-Bösewicht erfunden, und
fertig ist "Tetris". Die Apple TV+-Produktion vom
britischen Regisseur Jon S. Baird ("Stan & Ollie")
erfindet das Rad nicht neu und es ist ziemlich offensichtlich,
welche Passagen reine Fiktion sind; das ändert aber nichts daran,
daß "Tetris" ein bemerkenswert unterhaltsamer Film
geworden ist.
Daß
"Tetris" so gut funktioniert, liegt primär daran,
daß man der Produktion in so ziemlich jeder Hinsicht anmerkt, daß
sie mit viel Sorgfalt und Hingabe gestaltet wurde. Das 1980er
Jahre-Setting ist optisch wie akustisch liebevoll umgesetzt, wobei
die durchaus kuriose Soundtrack-Mischung westliche Popsongs von
Europe oder den Pet Shop Boys direkt neben russische Militärchöre sowie
russischsprachige Coverversionen westlicher Hits wie Bonnie Tylers
"Holding Out for a Hero" stellt. Ein sehr nettes Gimmick
ist zudem, daß jeder Zeit- oder Ortswechsel in
Pixel-Computerspielgrafik eingeleitet wird und der Film in
"Levels" mit "Playern" aufgeteilt ist. Besonders
eindrucksvoll ist eine Autoverfolgungsjagd zum Moskauer Flughafen
geraten, die immer wieder zwischen Realfilm und Pixelgrafik
changiert. Im Mittelpunkt der Handlung stehen jedoch in der Tat
die Verhandlungen rund um die Auslandsrechte für verschiedene
Plattformen des Kultspiels "Tetris". Das klingt sehr
trocken, wird aber durch die zahlreichen verschiedenen Parteien
kräftig aufgelockert. Wenn die mit internationalen Verträgen
ziemlich unerfahrenen Russen parallel mit Henk, Stein und den
Mirrorsoft-Leuten verhandeln, dann ist das auch für das Publikum sehr
unterhaltsam, zumal die Dialoge recht locker geschrieben sind.
Der
zweite große Storystrang von "Tetris" ist die
KGB-Beteiligung – daß diese weitestgehend erfunden wurde, kann man
sich als Zuschauer zwar denken, dramaturgisch funktioniert es aber
ziemlich gut. Der korrupte Trifonov gibt einen sehr soliden Antagonisten
ab und ein paar nette Verfolgungsjagden und intensive Verhörszenen
sorgen für Spannung, da gibt es abgesehen von einer gewissen
Klischeehaftigkeit wenig Grund zur Klage. Das gilt erst Recht für
die Besetzung von "Tetris": Taron Egerton liefert als
sympathischer Nerd Henk Rogers erneut eine erstklassige
Performance ab, unterstützt wird er von einem gut ausgesuchten
Ensemble. Vor allem die sich entwickelnde Freundschaft zwischen Henk
und dem vom Nikita Yefremov verkörperten, anfangs skeptischen
Tetris-Erfinder Alexey wirkt glaubwürdig und hat etliche gute Momente
zu bieten. Daneben überzeugen die beiden britischen Routiniers Toby
Jones und Roger Allam als Henks Rivalen sowie Sofia Lebedeva
(Netflix-Serie "Vikings: Valhalla") als Henks Moskauer
Fahrerin Sasha und selbst kleine Rollen sind mit Darstellern wie Ben
Miles (TV-Serie "Coupling"), Ken Yamamura ("Wolverine – Weg des Kriegers"), Rick Yune ("Ninja Assassin") oder
Togo Igawa ("Last Samurai", als legendärer Nintendo-Chef
Hiroshi Yamauchi) namhaft besetzt. Insgesamt ist "Tetris"
ein vergnüglicher Film, der eine auf den ersten Blick unspektakuläre Geschichte in eine gelungene Feelgood-Story umwandelt.
Fazit:
"Tetris" ist ein gut besetztes historisches Biopic, das
seine wenig aufregende Handlung mit gut geschriebenen
Charakteren und einem cleveren Drehbuch auf unterhaltsame Weise
erzählt.
Wertung:
7,5 Punkte.
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