Regie: Juel Taylor, Drehbuch: Tony Rettenmaier, Juel Taylor,
Musik: Pierre Charles, Desmond Murray
Darsteller: John
Boyega, Teyonah Parris, Jamie Foxx, Kiefer Sutherland, Tamberla Perry, J. Alphonse Nicholson, David Alan
Grier, Leon Lamar, Trayce
Malachi, Big Boy, Juel Taylor
Rotten Tomatoes: 95%
(7,5); Altersempfehlung: 16, Dauer: 122 Minuten.
Der Afroamerikaner
Fontaine (John Boyega, "Attack the Block") ist ein
Drogendealer, der mit seiner Gang sein Revier in einer
heruntergekommenen Gegend namens "The Glen" hat. Als
Fontaine dem Zuhälter Slick Charles (Jamie Foxx, "Django
Unchained") einen Besuch in einem Motel abstattet, weil der ihm
Geld schuldet, läuft er anschließend jedoch in einen Hinterhalt des
rivalisierenden Dealers Isaac (J. Alphonse Nicholson, "Just Mercy") und bekommt etwa ein
halbes Dutzend Kugeln in den Körper – was erwartungsgemäß den
sofortigen Tod zur Folge hat. Umso schockierter ist
Slick Charles, als am nächsten Abend ein quicklebendiger Fontaine
vor seiner Tür steht und das Geld eintreiben will, das Slick ihm
schuldet. An die Ereignisse des Vorabends hat Tyrone keinerlei
Erinnerungen und glaubt Slick dessen verrückte Story deshalb nicht,
weshalb Slick ihn zu der bislang für ihn arbeitenden Prostituierten
Yo-Yo (Teyonah Parris, "The Marvels") bringt, die seine
Geschichte weitgehend bezeugen kann. Da Yo-Yo zudem einen Wagen
wiedererkannt hat, der am Tatort war, stößt das Trio auf der Suche
nach Antworten bald auf ein geheimes unterirdisches Labor – und
findet heraus, daß der "neue" Fontaine offenbar ein Klon
ist! Doch das ist nur ein winziger Teil einer riesigen
Regierungsverschwörung ...
Kritik:
Zu
den ungewöhnlicheren Trends in der Geschichte der US-amerikanischen
Filmbranche zählt zweifellos das Blaxploitation-Genre. Während das
klassische Hollywood ab Ende der 1960er Jahre durch das "New
Hollywood" mit seinen "auteurs" und einem
realistischeren, grimmigeren, ungeschönten Blick auf die (allerdings
weiterhin überwiegend weiße) Gesellschaft revolutioniert wurde, gab
es als Folge der Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre auch eine
erste Blütezeit des jungen schwarzen Kinos. Dabei gibt es einige Parallelen zwischen "New Hollywood" und
Blaxploitation – allen voran den Fokus auf die Arbeiterklasse oder
auch Kriminelle –, jedoch setzten die zumeist günstig und
(speziell zu Beginn) fernab der Hollywood-Studios gedrehten
Blaxploitation-Werke in erster Linie auf schillernde Pro- und
Antagonisten sowie viel Gewalt, nackte Haut und Zynismus. Die besten
Blaxploitation-Vertreter wie "Shaft" oder "Foxy
Brown" taten das so gut, daß sie nicht nur kommerziell
erfolgreich waren, sondern auch aufgrund ihres Einflusses in die Filmgeschichte eingingen. Denn obwohl die Blaxploitation-Ära letztlich nur eine knappe Dekade
umfaßt, hat sie sie anschließend immer wieder Filmemacher
inspiriert, gerade bei Quentin Tarantino finden sich viele
Blaxploitation-Anspielungen und sein "Jackie Brown" (mit
"Foxy Brown"-Heroine Pam Grier in der Titelrolle) ist sogar
eine direkte Hommage an das kurzlebige Genre. Einen ähnlichen Weg
schlägt Juel Taylors ("Actors Anonymous") stilecht in
körnigen Bildern wie aus den 1970er Jahren gefilmte und sehr
vergnügliche, von Netflix vertriebene SciFi-Actionkomödie "They
Cloned Tyrone" ein, die man auch als "Get Out"-Update
von Philip Kaufmanns Paranoia-SciFi-Klassiker "Die Körperfresser kommen" aus dem Jahr 1978 bezeichnen könnte.
Die
"Get Out"-Vibes rühren in erster Linie aus der reichlich
paranoid anmutenden Story her, die natürlich wiederum wunderbar
zu den Filmen der 1970er Jahre paßt, in denen nach Vietnam und
Watergate Paranoia- und Verschwörungs-Thriller wie "Die drei
Tages Condor", "Zeuge einer Verschwörung" oder
"Soylent Green" reüssierten. Im Vergleich zu diesen Filmen
und "Get Out" kommt "They Cloned Tyrone"
allerdings weitaus actionreicher und spaßiger daher, was primär an dem genialen Protagonisten-Trio liegt. Im Blaxploitation-Kino
waren ungewöhnliche Helden respektive Antihelden eher Regel als Ausnahme, aber ein
Team, das aus einem Drogendealer, einem Zuhälter und einer
Prostituierten mit Reporter-Ambitionen besteht, dürfte neu sein
(wobei ich zugegebenermaßen kein ausgewiesener
Blaxploitation-Experte bin). Naturgemäß erscheint dieses
unkonventionelle Trio auf den ersten Blick denkbar ungeeignet, um
eine großangelegte Regierungsverschwörung aufzudecken – was
ihnen diesbezüglich an angelernten Fähigkeiten fehlt, machen sie
aber mit Engagement, Hartnäckigkeit und Improvisationskunst mehr als wett
– wobei ihre etwas anderen Lösungswege regelmäßig für viel
Freude beim Publikum sorgen. Die beste Figur macht dabei Jamie Foxx,
der als heruntergekommener ("Pimp of the Year 1995"), aber
immer noch sehr eloquenter Zuhälter wie entfesselt aufspielt und für
die größten Lacher sorgt. Doch auch Teyonah Parris hat mit der
detektivisch ambitionierten Yo-Yo (sie ist ein Riesenfan der "Nancy
Drew"-Jugendbücher und läßt sich auch immer wieder von diesen
inspirieren, wenn das Trio einmal nicht weiß, wie es weitergehen soll)
eine denkwürdige Figur geschaffen. Dagegen geht "Star
Wars"-Held John Boyega (der den für die Rolle ursprünglich
vorgesehenen "Atlanta"-Star Brian Tyree Henry ersetzte)
fast etwas unter, obwohl er ebenfalls überzeugend spielt –
aber sein Fontaine ist einfach der bodenständigste und am wenigsten
schillernde der drei zentralen Charaktere.
Bei allem Lob für
"They Cloned Tyrone" stört allerdings ein wenig das Fehlen
eines richtigen, greifbaren Antagonisten. Für diese Rolle ist Kiefer
Sutherland ("Melancholia") vorgesehen, der seine – sicherlich nicht grundlos "Nixon" getaufte – Figur schön fies und
aggressiv anlegt, aber leider nur zwei richtige Auftritte hat und
selber zugibt, daß er letztlich nur ein Handlanger ist. Das reicht
einfach nicht, um ihn als einen richtig großen "Big Bad" zu
etablieren, der lange im Gedächtnis bleibt. Und wo wir schon bei
Kritikpunkten sind: Das Improvisieren von Fontaine, Yo-Yo und Slick
macht zwar immer wieder viel Spaß, ihr den Weg zum großen Showdown
ebnender Plan kann allerdings nur funktionieren, wenn sich die Bösen
extrem fahrlässig bis inkompetent verhalten. Das wirkt nur bedingt
glaubwürdig und läßt außerdem die Bösewichte weniger bedrohlich
erscheinen. Davon abgesehen funktioniert das actionreiche Finale aber
gut und bringt die Geschichte zu einem gelungenen Ende. Nicht unerwähnt
soll zudem der starke Soundtrack bleiben, den die
Jazz-Musiker Pierre Charles und Desmond Murray geschaffen haben, unterstützt von einer zur Atmosphäre des Films passenden
Songauswahl inklusive des tollen Diana Ross-Songs "Love
Hangover" und des Quasi-Titelsongs "Who Cloned Tyrone"
von Erykah Badu, die dafür extra ihr 1997 veröffentlichtes Lied "Tyrone" mit leicht verändertem Text neu aufgenommen hat.
Fazit:
"They Cloned Tyrone" ist eine clevere, anspielungsreiche und äußerst
vergnügliche, als Hommage ans Blaxploitation-Kino der 1970er Jahre
angelegte SciFi-Actionkomödie mit einem genialen Protagonisten-Trio.
Wertung:
Gut 8 Punkte.
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