In den 1980er Jahren war William Hurt mit einem OSCAR und zwei weiteren Nominierungen sowie diversen Kritiker- und Kassenhits auf dem besten Wege, ein Hollywood-Superstar zu werden. Das scheiterte allerdings u.a. an Hurts Alkohol- und Drogensucht und an seinem oft unprofessionellen und unbeherrschten Verhalten am Set. Von seinen privaten und beruflichen Rückschlägen erholte sich William Hurt allerdings und war ab den 1990er Jahren zwar kein Superstar, aber ein in Hollywood und Europa begehrter Charakterdarsteller in Film und Fernsehen - zumeist in großen Nebenrollen. Am 13. März 2022 starb William Hurt eine Woche vor seinem 72. Geburtstag an den Folgen seines 2018 diagnostizierten Prostatakrebs.
Der in Washington, D.C. geborene William Hurt begann seine Schauspielkarriere in den 1970er Jahren am Theater, den Weg auf die große Leinwand fand er nach ein paar ersten Gastauftritten in TV-Serien zu Beginn der 1980er Jahre. Und im Kino legte Hurt gleich richtig gut los: Bereits in seinem ersten Film, Ken Russells SciFi-Thriller "Der Höllentrip" (1980), ergatterte er die Hauptrolle eines experimentierfreudigen Wissenschaftlers. Der Film war kein kommerzieller Hit, kam bei den Kritikern aber gut an, wurde für zwei OSCARs nominiert, bescherte Hurt seine erste von sechs Golden Globe-Nominierungen und zeigte Hollywood, daß da ein neues großes Talent auf der Bühne erschienen ist. Es folgte in den nächsten Jahren eine ganze Reihe bemerkenswerter Filme, die heute fast alle als Klassiker gelten dürfen: In Lawrence Kasdans erotischem Thriller "Body Heat - Eine heißkalte Frau" (1981) verfällt er als Kleinstadtanwalt einer manipulativen verheirateten Frau (Kathleen Turner), in Michael Apteds ungewöhnlichem Kalter Kriegs-Thriller "Gorky Park" (1983) ermittelt er als russischer Polizist in mehreren Mordfällen und in Lawrence Kasdans Ensemble-Tragikomödie "Der große Frust" glänzt er an der Seite von Glenn Close, Jeff Goldblum, Kevin Kline und Tom Berenger. Einen frühen Karrierehöhepunkt erreichte Hurt bereits 1986, als er für seine Hauptrolle als in Brasilien inhaftierter homosexueller Intellektueller in den 1970er Jahren in Héctor Babencos Drama "Kuß der Spinnenfrau" den OSCAR erhielt.
Diesem Triumph ließ William Hurt in den beiden folgenden Jahren zwei weitere OSCAR-Nominierungen folgen. Zunächst für die Rolle eines idealistischen Lehrers an einer Schule für hörgeschädigte Jugendliche in Randa Haines' romantischem Drama "Gottes vergessene Kinder", der sich in die gehörlose Putzfrau (Marlee Matlin) der Einrichtung verliebt; dann als charismatischer Nachrichtenmoderator in James L. Brooks' romantischer Komödie "Nachrichtenfieber" - beide Filme waren auch große kommerzielle Hits. Es folgten zwei weitere Filme von Regisseur Lawrence Kasdan mit dem romantischen Drama "Die Reisen des Mr. Leary" (1988) und der Komödie "Ich liebe dich zu Tode" (1990) sowie Woody Allens Komödie "Alice" (1990) und Randa Haines' "Der Doktor - Ein gewöhnlicher Patient" (1991), doch damit war Hurts Zeit als "Leading Man" in Hollywood weitgehend Geschichte. Von Beginn der 1990er Jahre an lebte er einige Jahre mit der französischen Schauspielerin Sandrine Bonnaire in deren Heimat zusammen und drehte in Europa u.a. mit Wim Wenders ("Bis ans Ende der Welt", 1991), Luis Puenzo ("Die Pest", 1992), Chantal Akerman ("Eine Couch in New York", 1996) und István Szabó ("Sunshine - Ein Hauch von Sonnenschein", 1999) sowie parallel weiterhin in den USA, allerdings blieben die ganz großen Erfolge aus und er agierte häufig "nur noch" als wichtiger Nebendarsteller wie in Nora Ephrons "Michael" (1996) mit John Travolta oder Alex Proyas' "Dark City" (1998) mit Rufus Sewell.
Nach der Jahrtausendwende fand William Hurt endgültig seine Nische als immer zuverlässiger und auch in Nebenrollen beeindruckender Schauspieler in vielen guten Filmen wie Spielbergs "A.I. - Künstliche Intelligenz" (2001), M. Night Shyamalans "The Village" (2004), Stephen Gaghans "Syriana" (2005), Robert De Niros "Der gute Hirte" (2006), Sean Penns "Into the Wild" (2007) oder Ridley Scotts "Robin Hood" (2010), zudem holte er sich 2006 für seinen kurzen, aber furchterregenden Auftritt als eiskalter Gangster, der in David Cronenbergs meisterhafter Graphic Novel-Adaption "A History of Violence" seinen eigenen Bruder (Viggo Mortensen) töten will, seine vierte und letzte OSCAR-Nominierung. Immer häufiger trat Hurt nun auch in hochwertigen TV-Produktionen wie der exzellenten Justizthriller-Serie "Damages" (ab 2009) mit Glenn Close und Rose Byrne, der Miniserie "Moby Dick" (2011), den TV-Filmen "Too Big to Fail" (2011) und "Challenger - Ein Mann kämpft für die Wahrheit" (2013), der Spionageserie "Condor" (2018) und David E. Kelleys Justizserie "Goliath" (ab 2016) mit Billy Bob Thornton auf, wobei er für "Damages" und "Too Big to Fail" jeweils eine Emmy-Nominierung einheimste. Und nicht zu vergessen: William Hurt war fast von Beginn an Teil des Marvel Cinematic Universe, auch wenn nach seinem ersten Auftritt als General Thaddeus "Thunderbolt" Ross in "Der unglaubliche Hulk" (2008) acht Jahre vergingen, ehe er die Rolle (nun allerdings befördert zum Außenminister) in vier weiteren MCU-Abenteuern - darunter dem epischen Zweiteiler "Avengers: Infinity War" und "Avengers: Endgame", bis heute weltweit auf Platz 5 respektive 2 der Filme mit dem höchsten Einspielergebnis aller Zeiten - verkörperte, zuletzt 2021 in "Black Widow". Obwohl Hurt bereits 2018 an Prostatakrebs erkrankte, drehte er bis zuletzt fleißig Filme und TV-Serien, die IMDb listet alleine drei Projekte im Pre-Production-Status, an denen er mitwirken wollte.
Am 13. März 2022 starb William Hurt im Alter von 71 Jahren in Portland im US-Bundesstaat Oregon an den Folgen seiner Krebserkrankung. R.I.P.
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