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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Dienstag, 23. Juni 2020

Nachruf: Joel Schumacher (1939-2020)

Normalerweise ist es kein allzu gutes Zeichen, wenn man als Filmemacher vor allem für seine größten künstlerischen Flops bekannt ist - doch obwohl die wohl berühmtesten Filme des US-amerikanischen Regisseurs, Drehbuch-Autors und (zu Beginn seiner Karriere) Kostümbildners Joel Schumacher der kommerziell immerhin noch erfolgreiche "Batman Forever" (1995) und die in jeder Hinsicht gescheiterte Fortsetzung "Batman & Robin" (1997; in den IMDb Flop 100 aktuell auf Platz 70 ...) sind, ist Schumacher trotzdem eine durchaus beeindruckende Karriere gelungen mit einigen großen Hits und richtig guten Filmen. Gestern starb Joel Schumacher in seiner Geburtsstadt New York im Alter von 80 Jahren.

Um ehrlich zu sein, war ich nie ein großer Anhänger von Joel Schumachers Werk. Er hat ein paar Filme gedreht, die ich sehr mag; ein paar, die ich überhaupt nicht mag; und dazu viele, die ich ziemlich mittelmäßig finde. Der primäre Grund für meine Skepsis gegenüber Schumacher-Filmen liegt in seinem ganz eigenen Stil, Geschichten zu erzählen, nämlich meist mit lediglich einem Mindestmaß an Subtilität in Verbindung mit dem unbedingten Willen, Unterhaltsamkeit vor Tiefgang zu setzen. Dieses Vorgehen kam manchen seiner Filme zweifellos zugute - gerade sein bitterböser Selbstjustiz-Thriller "Falling Down" mit Michael Douglas als Biedermann, dem das Leben und die Gesellschaft dermaßen übel mitspielen, daß er irgendwann komplett den Nerv verliert und Amok läuft, würde ohne Schumachers Stil kaum so gut funktionieren. Anderen Filmen dagegen schadete der Schumacher-Touch eindeutig, womit wir wieder bei den beiden überkandidelten "Batman"-Flops wären, aber auch seiner ebenso pompösen wie seelenlosen Adaption von Andrew Lloyd Webbers Hit-Musical "Das Phantom der Oper" (2004) mit Gerard Butler und Emmy Rossum.

Nach einigen Jahren als Kostümbildner (u.a. bei Woody Allens "Der Schläfer" aus dem Jahr 1973) wechselte Schumacher - der sich, was für die damalige Zeit noch ungewöhnlich war, früh zu seiner Homosexualität bekannte - rasch zu Regie und Drehbuch, seinen ersten Kinofilm brachte er dann 1981 mit der SciFi-Komödie "Die unglaubliche Geschichte der Mrs. K." in die Lichtspielhäuser. Die meisten Kritiker konnten wenig mit diesem Film anfangen, was sich auch bei seinen nächsten Werken - inklusive seinem ersten kommerziellen Erfolg mit dem Coming of Age-Film "St. Elmo's Fire" (1985) - nicht großartig änderte. Erst 1987 machte Schumacher mit der stylishen Vampir-Horrorkomödie "The Lost Boys" mit Kiefer Sutherland nachhaltig auf sich aufmerksam, mit der er erstmals Rezensenten und Publikum für sich gewinnen konnte. Die bedeutendste Dekade in der Karriere des Joel Schumacher waren zweifellos die 1990er Jahre, in denen er zahlreiche Erfolge wie den Mysteryfilm "Flatliners" (1990) mit Julia Roberts, "Falling Down", den kontrovers diskutierten reißerischen Thriller "8mm" (1999) mit Nicolas Cage oder die spannenden John Grisham-Verfilmungen "Der Klient" (1994) mit Susan Sarandon und "Die Jury" (1996) mit Sandra Bullock und Matthew McConaughey verbuchte. Für McConaughey bedeutete die Rolle als idealistischer Südstaaten-Anwalt den Durchbruch, nach seiner eigenen Einschätzung hätte er ohne Joel Schumacher und "Die Jury" - der übrigens mein Lieblingsfilm von Schumacher ist - vielleicht nie eine Weltkarriere mitsamt OSCAR-Gewinn hingelegt.

Es hätte also ein sehr erfolgreiches Jahrzehnt für Schumacher sein können - wären da nicht die beiden "Batman"-Filme gewesen, die (v.a. der zweite) seiner Karriere nachhaltig schadeten. Nachdem auch die Actionkomödie "Bad Company" im Jahr 2002 böse floppte und zwei Jahre später "Das Phantom der Oper" ebenfalls klar unter den Erwartungen blieb, konnte sich Joel Schumacher Big Budget-Filme abschminken. Immerhin machte er aus der Not eine Tugend und konzentrierte sich auf deutlich kleinere Filme, mit denen er sich aus seiner Komfortzone herausbewegte und bewies, daß er auch ohne viel Geld spannende und unterhaltsame Filme inszenieren konnte. Das trifft auf das (leider vom Publikum komplett ignorierte) Vietnamkriegs-Ausbildungs-Drama "Tigerland" (2000) ebenso zu wie auf den cleveren, größtenteils in einer Telefonzelle spielenden Thriller "Nicht auflegen!" (2002) mit Colin Farrell oder das Biopic "Die Journalistin" (2003) mit Cate Blanchett. Als sich dann aber mit dem Horrorfilm "Blood Creek" (2009), dem Jugend-Actiondrama "Twelve" (2010) und dem Psychothriller "Trespass" (2011) mit Nicolas Cage und Nicole Kidman die kommerziellen wie auch qualitativen Mißerfolge häuften, konnte sich Joel Schumacher nicht mehr davon erholen und seine Karriere fand - bis auf zwei Episoden, die er für die Netflix-Serie "House of Cards" inszenierte - ein recht abruptes Ende.

Am 22. Juni 2020 starb Joel Schumacher in New York an den Folgen einer Krebserkrankung. R.I.P.
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