Originaltitel:
Pirates of the Caribbean: Dead Men Tell No Tales
Regie: Joachim Rønning und Espen Sandberg, Drehbuch: Jeff
Nathanson, Musik: Geoff Zanelli
Darsteller: Johnny Depp, Brenton Thwaites, Kaya Scodelario,
Javier Bardem, Geoffrey Rush, Kevin McNally, David Wenham, Golshifteh Farahani, Stephen Graham, Martin Klebba,
Angus Barnett, Giles New, Adam Brown, Bruce
Spence, Anthony De La Torre, Alexander Scheer, Paul McCartney, Orlando Bloom, Keira Knightley
Etwa 20 Jahre, nachdem Will Turner (Orlando Bloom, "Die drei Musketiere") sich geopfert hat und sich dem Fluch unterwarf, auf ewig
als untoter Pirat das Geisterschiff "Flying Dutchman" zu
kommandieren, ist sein Sohn Henry Turner (Brenton Thwaites, "Oculus") – inzwischen ein
stattlicher junger Mann und Soldat der britischen Marine – auf der Suche nach
einem Weg, den Fluch zu brechen. Tatsächlich stößt er auf eine uralte Legende über
Poseidons Dreizack, der angeblich jeden Meeresfluch brechen kann. Ebenfalls auf
der Suche ist die forsche Astronomin Carina (Kaya Scodelario, "Maze Runner"), die ob
ihres enormen Wissens unglücklicherweise regelmäßig von dummen Männern der
Hexerei bezichtigt wird und nun kurz vor der öffentlichen Exekution steht.
Da sie mehr über den Dreizack weiß als Henry, muß dieser sie retten – und läuft
dabei zufällig dem seit Jahren vom Pech verfolgten Captain Jack Sparrow
(Johnny Depp, "Black Mass") über den Weg, der gerade einen
spektakulären Bankraub ebenso spektakulär in den Sand gesetzt hat. Zusammen
fliehen sie und machen sich auf die Jagd nach dem Dreizack – verfolgt vom
Geisterpiraten Salazar (Javier Bardem, "Skyfall"), der noch eine
Rechnung mit Jack offen hat und auf der Suche nach ihm Captain Barbossa (Geoffrey
Rush, "The Warrior's Way") und seiner mittlerweile die Meere
beherrschenden Piratenflotte in die Quere kommt …
Kritik:
Ich gebe es offen zu: Ich bin erklärter Fan der "Fluch der
Karibik"-Reihe. Gut, offiziell heißt sie inzwischen auch in Deutschland
(wie das ursprünglich titelgebende Disneyland-Fahrgeschäft) "Pirates of
the Caribbean", aber für mich wird es immer die "Fluch der
Karibik"-Reihe bleiben – schon weil die beiden ersten (und zumindest
bislang besten) Filme in Deutschland so betitelt waren. Als Fan war ich
natürlich gespannt, wie das große Comeback sechs Jahre nach dem eher
mißglückten Neuanfang mit "Fremde Gezeiten" ausfallen würde. Ein
Comeback, dessen klares Ziel es offensichtlich war, den Anhängern der Reihe
wieder mehr von dem zu bieten, was sie so lieben (und was ihnen "Fremde
Gezeiten" nur bedingt bot). Das merkt man schon daran, daß die
Antagonisten wieder schauerliche Geisterpiraten sind, vor allem aber an der
mehr als willkommenen Rückbesinnung auf viele beliebte Figuren der Original-Trilogie. Während "Fremde
Gezeiten" ja außer Captain Jack, seinem haßgeliebten Erzrivalen Captain
Barbossa und Jacks treuem Gefährten und Steuermann Gibbs (Kevin McNally) komplett auf neues
Personal setzte, holt "Salazars Rache" etliche weitere "Black
Pearl"-Crewmitglieder zurück sowie – wenngleich nur kurz bis extrem
kurz – die ursprünglichen Protagonisten Will und Elizabeth Turner (Keira Knightley, "Anna Karenina"). Selbst
der (sinnfreie, aber amüsante) Auftritt von Ex-Beatle Paul McCartney als Jacks
Onkel baut auf der Gastrolle von Rolling Stones-Legende Keith Richards als
Jacks Vater im Trilogiefinale "Am Ende der Welt" auf. Jede Menge
Fanservice also, der bei den Anhängern der Reihe überwiegend gut
ankommen dürfte, gleichzeitig aber nur ansatzweise die sehr dünne Story wie auch die
generell kaum existente Weiterentwicklung von Filmwelt und Charakteren verdecken kann
– was übrigens die mäßigen Rezensionen der professionellen Kritiker erklärt, für die
solche objektiven Schwächen eben mehr im Vordergrund stehen als für echte Fans.
Ich jedenfalls habe das Kino zufrieden verlassen, wenn auch keineswegs
rundum glücklich.
In meinen Augen ist "Salazars Rache" – diesmal im übrigen kompetent, aber nicht übermäßig inspiriert inszeniert vom norwegischen
"Kon-Tiki"-Duo Joachim Rønning und Espen Sandberg – klar
schwächer als die ersten beiden Filme (wobei ich den etwas überambitionierten
zweiten Teil erst nach wiederholter Sichtung richtig ins Herz geschlossen
habe), aber ebenso deutlich besser als der vierte und in etwa auf dem
gleichen qualitativen Niveau wie Teil 3 – wobei das kurioserweise derjenige
"Pirates of the Caribbean"-Film ist, der stilistisch und inhaltlich wohl die wenigsten Ähnlichkeiten zu "Salazars Rache" aufweist. Wer die liebenswert-exzentrischen "Fluch der Karibik"-Charaktere über die Jahre so sehr ins Herz geschlossen hat, daß er sich (wie ich) auch freuen würde, ihnen einfach nur bei ihrem
Alltagstreiben zuschauen zu dürfen, für den habe ich gute Nachrichten: Genau
das passiert in der ersten Filmhälfte letztlich! Nachdem der Prolog mit Will Turner und
der erste kurze Auftritt des von Javier Bardem mit sichtlichem Overacting-Genuß
verkörperten Salazar die turbulente Jagd auf Poseidons Dreizack in Gang gesetzt haben,
gerät diese nämlich erstmal sehr weit in den Hintergrund. Stattdessen lernen wir
die neuen jungen Helden Henry und Carina kennen und wir erfahren, wie es Captain
Jack, seiner Crew und Captain Barbossa in der Zwischenzeit ergangen ist. Das
bedeutet im Klartext, daß wir dem selbstverständlich sturzbetrunkenen, als Folge seiner Pechsträhne noch etwas unleidlicheren Jack bei
den spitzfindigen Streitereien mit seiner eher widerwilligen Mannschaft
zusehen, bei den obligatorischen Schäkereien mit der Frauenwelt und ganz
konkret bei einem dreisten Banküberfall. Der resultiert in einer
haarsträubenden Verfolgungsjagd, die sehenswert choreographiert ist und wohlige
Erinnerungen an die berühmte Mühlrad-Sequenz im Finale des zweiten Teils weckt,
jedoch – wie der gesamte Film – nicht ganz dessen
Raffinesse erreicht. Sehr unterhaltsam ist es dennoch und auch Henry und
Carina werden geschickt eingebunden und harmonieren gut mit Jack (sowie später
Barbossa). Gleichwohl ist unübersehbar, daß die beiden Neuankömmlinge fast genauso eingesetzt werden wie Will und Elizabeth in "Fluch der
Karibik" – nämlich als schlagfertige, noble Gegenpole zum ja nicht
wirklich heroischen Jack –, weshalb sie nur bedingt eigenes Profil entwickeln
können. Henrys Eigenständigkeit wird noch zusätzlich dadurch untergraben, daß
er primär der Sohn von Will und Elizabeth ist, wohingegen Carina durch
ihre wissenschaftlichen Kenntnisse immerhin einen interessanteren Hintergrund erhält – der
wenig überraschend bei der Suche nach dem Dreizack eine wichtige
Rolle spielt …
Erst in der zweiten Filmhälfte nimmt ebendiese Suche Fahrt
auf, wenn die Hauptfiguren endlich zusammengefunden haben und die Bedrohung
durch Salazar immer näher kommt. Der ist zwar nicht so großartig wie es Barbossa (der hier lange im Hintergrund bleibt, aber Geoffrey Rush trotzdem ein paar Möglichkeiten zum Glänzen gibt)
im ersten Film war, kann aber mit Davy Jones aus dem zweiten oder Blackbeard
aus dem vierten Teil durchaus mithalten – auch wenn es vielleicht klüger
gewesen wäre, seine durchaus spannende und die Rezeption seiner Taten
relativierende Hintergrundgeschichte nicht erst ganz am Schluß zu enthüllen.
Dafür sind er und seine teilweise sehr stark entstellte Geisterpiraten-Crew sensationell
animiert, wie überhaupt Kreaturendesign (untote Haie!) und Spezialeffekte großes Lob
verdient haben. In dieser Hinsicht haben die "Pirates of the
Caribbean"-Filme ja schon immer geglänzt, aber "Salazars Rache"
stellt tatsächlich noch einmal eine Steigerung dar; auch die nachträgliche
3D-Konvertierung ist gut gelungen. Leider trifft das, wie bereits angedeutet,
auf die Handlung weniger zu. Der neu ins Boot geholte Drehbuch-Autor Jeff
Nathanson ("Catch Me If You Can", "Aushilfsgangster") fängt zwar die Atmosphäre der Reihe
wie auch die Essenz der Figuren gut ein, kann aber im Kern nicht mit einer
interessanten Story aufwarten. So sehr man mit Henrys Versuch, seinen Vater von
dessen Fluch zu befreien, sympathisiert, ja sogar mitfiebert: Es ist einfach
nicht sonderlich spannend in Szene gesetzt. Manche Handlungsstränge verlaufen
sogar ins Nichts; wozu man beispielsweise die britische Marine wieder ins Spiel
bringen mußte, bleibt rätselhaft. Natürlich, die Briten gehören zur Reihe
einfach dazu, aber wenn man sie so stiefmütterlich behandelt wie hier, sollte man sie besser ganz weglassen – David Wenham ist als der Piratenjäger
Scarfield jedenfalls verschenkt und weckt höchstens wehmütige Erinnerungen an den viel besseren und
unvergessenen Commodore Norrington (Jack Davenport) aus der Original-Trilogie.
Nathanson hat in "Salazars Rache" noch nicht einmal
eine typische Schnitzeljagd integriert, stattdessen erreicht die bunt zusammengewürfelte Truppe –
sobald sie sich zusammengerauft hat – erstaunlich schnell das Ziel, was
in erster Linie Folge zahlreicher glücklicher, speziell in dieser Häufung
wenig glaubwürdiger Zufälle ist. Das ist natürlich nicht ganz neu bei Hollywood-Blockbustern,
aber gerade im Vergleich zu den Vorgängern, die eher zu
komplex konstruiert waren, wirkt es doch arg simpel und einfallslos. Das rasante
Erzähltempo, die witzigen Dialoge und die schmissige musikalische
Untermalung sorgen dafür, daß einem die Storyschwächen gar nicht so sehr
auffallen, ganz kaschiert werden sie jedoch nicht. Die Musik stammt diesmal
vom relativ unbekannten Geoff Zanelli ("Disturbia"), der
aber vom ersten Film an den deutschen Hauptkomponisten Hans Zimmer und Klaus
Badelt assistiert hatte und sich nun weitestgehend darauf beschränkt, die
eingängigen Melodien der vorherigen Teile zu variieren – das allerdings sehr
gekonnt. Während die Suche also enttäuschend ausfällt, weiß der spektakulär
inszenierte Showdown hingegen zu gefallen. Vor allem zeichnet er sich dadurch
aus, daß er einige der teils seit dem ersten Film laufenden Handlungsstränge
zu einem befriedigenden Ende bringt, wodurch "Salazars Rache" sogar als ein
runder Abschluß der Reihe gut funktionieren würde – auf jeden Fall deutlich besser als
"Am Ende der Welt" oder "Fremde Gezeiten". Angesichts der
Einspielergebnisse (die zwar im Vergleich zu "Fremde Gezeiten"
zurückgegangen sind, dank der außeramerikanischen Märkte aber immer noch gut
sind) besteht jedoch sehr wohl noch die Möglichkeit einer weiteren Fortsetzung.
Daß die Produzenten eine solche bereits im Hinterkopf haben, läßt auch die
zusätzliche Szene nach dem Abspann vermuten, die die Rückkehr einer
totgeglaubten Figur andeutet …
Fazit: "Pirates of the Caribbean: Salazars
Rache" ist ein sehr unterhaltsamer Piratenfilm, der sich wieder mehr auf
die großen humoristischen Stärken der Reihe konzentriert als der direkte
Vorgänger, dabei allerdings etwas zu sehr auf Nummer Sicher geht und es
deshalb versäumt, eine interessante Handlung einzuflechten.
Wertung: Aus der Perspektive eines Fans: 7,5 Punkte.
Objektiv betrachtet wohl eher 6,5.
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