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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 22. September 2016

SUICIDE SQUAD (3D, 2016)

Regie und Drehbuch: David Ayer, Musik: Steven Price
Darsteller: Will Smith, Margot Robbie, Joel Kinnaman, Cara Delevingne, Viola Davis, Jared Leto, Jai Courtney, Jay Hernandez, Adewale Akinnuoye-Agbaje, Ike Barinholtz, Adam Beach, Karen Fukuhara, Alain Chanoine, David Harbour, Common, Scott Eastwood, Shailyn Pierre-Dixon, Aidan Devine, Kenneth Choi, Ezra Miller, Ben Affleck
Suicide Squad
(2016) on IMDb Rotten Tomatoes: 26% (4,8); weltweites Einspielergebnis: $749,2 Mio.
FSK: 16, Dauer: 123 Minuten.

Nach den umwälzenden Geschehnissen aus "Batman v Superman" will Amanda Waller (Viola Davis, "Glaubensfrage"), Leiterin der streng geheimen Regierungsoranisation ARGUS, endlich ein lange gehegtes Vorhaben umsetzen: Eine Handvoll von inhaftierten Superschurken – teils Metawesen mit übermenschlichen Kräften – soll durch eine Mischung aus Drohungen (ihnen wird ein Mini-Sprengsatz implantiert, den Waller jederzeit per Smartphone hochgehen lassen kann) und Versprechungen (Haftverkürzung) dazu bewegt werden, ihre Fähigkeiten für das Gute einzusetzen. Vorgesehen für das "Suicide Squad" sind der unfehlbare Scharfschütze Deadshot (Will Smith, "Focus"), Jokers durchgeknallte Gespielin Harley Quinn (Margot Robbie, "The Wolf of Wall Street"), der raubeinige australische Bankräuber Captain Boomerang (Jai Courtney, "Jack Reacher"), Kletterexperte Slipknot (Adam Beach, "Flags of our Fathers"), der Feuerteufel Diablo (Jay Hernandez, "World Trade Center"), Killer Croc (Adewale Akinnuoye-Agbaje, "G.I. Joe") und Enchantress (Cara Delevingne, "Margos Spuren"). Letztere – ein uraltes Metawesen mit gewaltigen magischen Kräften, das den Körper einer jungen Archäologin übernommen hat – hat jedoch andere Pläne, setzt sich vor dem Einsetzen des Chips ab und erweckt ihren Bruder Incubus (Alain Chanoine) wieder zum Leben, mit dem sie die Menschheit dafür vernichten will, daß sie sich vor Jahrtausenden gegen sie wandte und beide in einem Artefakt einsperrte. Das restliche Team, angeführt von Oberst Rick Flag (Joel Kinnaman, "RoboCop"), soll Enchantress und Incubus aufhalten …

Kritik:
Als DCs "Suicide Squad" im Sommer 2016 in die Kinos kam, war dank einer hervorragenden Werbekampagne die Vorfreude selbst bei skeptischen Anhängern von Comicverfilmungen groß. Es folgte erste Ernüchterung, als die Kritiken ähnlich miserabel ausfielen wie wenige Monate zuvor bei "Batman v Superman" und auch die Einspielergebnisse nach einem Rekordauftakt heftig einbrachen. Jedoch: Bei den Kinogängern kam die erste Comicadaption des sonst eher auf realistische Stoffe spezialisierten Regisseurs und Drehbuch-Autors David Ayer ("Herz aus Stahl") gar nicht so schlecht an, was dann doch zu einer überraschend langen Laufzeit führte. Letzten Endes spielte "Suicide Squad" so mehr ein als "Man of Steel" und auch nur deshalb deutlich weniger als "Batman v Superman", weil er anders als das Duell der Comicikonen keine Starterlaubnis in China erhielt (wo "Batman v Superman" alleine auf fast $100 Mio. kam). Ich kann beide Seiten verstehen. Denn einerseits haben die Kritiker vollkommen Recht: "Suicide Squad" ist nicht im herkömmlichen Sinne ein guter Film. Dafür ist die Handlung zu banal und die Figurenzeichnung zu grob, zudem sorgen einige fragwürdige Drehbuchentscheidungen – die allerdings möglicherweise gar nicht Ayer anzulasten sind, sondern den vom Studio nach der heftigen Kritik an "Batman v Superman" angeordneten Nachdrehs, weil ihnen Ayers Version hartnäckigen Gerüchten zufolge zu düster war – für wiederholtes Stirnrunzeln. Andererseits kann ich aber auch gut nachvollziehen, daß viele Zuschauer durchaus zufrieden sind mit dem fertigen Film, da dieser mit schillernden Charakteren und exzellenten Spezialeffekten für zwei Stunden oberflächliche, aber gute Unterhaltung sorgt.

Bedauerlich finde ich vor allem, daß "Suicide Squad" in einer ziemlich entscheidenden Hinsicht regelrecht feige vorgeht: indem die im Zentrum stehenden Superschurken des Teams – obwohl allesamt vielfache Mörder! – im Lauf der gut zwei Stunden immer sympathischer gezeichnet werden und sich am Ende unrealistischerweise sogar so verhalten, daß man es nicht anders als "heldenhaft" bezeichnen kann. Natürlich ist es bei einem ja durchaus gewagten Konzept wie dem von "Suicide Squad" unerläßlich, daß die Figuren ambivalent dargestellt werden und zumindest einer oder zwei sogar zu Identifikationsfiguren für das Publikum aufgebaut werden – obwohl das hier nicht mal nötig wäre, da mit Rick Flag und seiner kampfstarken "Assistentin" Katana (Karen Fukuhara in ihrem Filmdebüt) zwei Charaktere mit dem Selbstmordkommando unterwegs sind, die zumindest nominell klar zu den "Guten" gehören. David Ayer schießt so oder so jedenfalls weit über das Ziel hinaus, indem er kein Teammitglied richtig "böse" bleiben läßt. So wird Deadshot schon als liebender Vater eingeführt, der immer einen lockeren Spruch auf den Lippen hat (was ich – als Nicht-Kenner der Comicvorlage – übrigens unpassend finde; seine grimmige Seite, die er vor allem in den Kampfsequenzen offenbart, gefällt mir wesentlich besser), während Harley Quinn  schön und charismatisch ist und zwar völlig durchgeknallt, dabei aber niemals richtig böse. Der körperlich entstellte Killer Croc offenbart sich bald als klassischer "harte Schale, weicher Kern"-Typ, Diablo ist ein räuiger Sünder, der seine Kräfte gar nicht mehr einsetzen will und Captain Boomerang und Slipknot sind einfach Rabauken. Vermutlich dachte Ayer, es würde reichen, Enchantress und den Joker (Jared Leto, "Dallas Buyers Club") – der nicht zum Squad gehört, sondern an Harleys Befreiung arbeitet – zu den Bösewichten des Films zu machen. Aber erstens rechtfertigt die bloße Existenz der beiden Oberschurken nicht eine vollkommen unglaubwürdige und überhastete Entwicklung aller Squad-Mitglieder zu Quasi-Helden und zweitens spielen Enchantress und der Joker dafür zu kleine Rollen.

Beim Joker empfinde ich das allerdings durchaus als angenehm, denn mit ihm ergeht es mir in etwa so wie mit Jesse Eisenbergs Lex Luthor in "Batman v Superman": In fast jeder Szene, in der die beiden vorkommen, nerven sie mich. Angesichts der hohen Erwartungshaltung, die im Vorfeld hinsichtlich Jared Letos Interpretation des Kult-Bösewichts herrschte, ist das Resultat wahrlich eine Enttäuschung. Jene Verrücktheit und Unberechenbarkeit, die Batmans Erzfeind seit jeher auszeichnen, sind zwar vorhanden, was Letos Joker jedoch weitgehend abgeht, ist die Bedrohlichkeit. Schon sein Aussehen ist für meinen Geschmack recht unspektakulär, zu "normal", und wenngleich Leto sichtlich alles gibt, reicht er bei weitem nicht an die manische Brillanz eines Heath Ledger (in "The Dark Knight") oder eines Jack Nicholson (in Tim Burtons "Batman") heran. Deshalb war es vermutlich eine gute Entscheidung, daß laut Leto die meisten seiner Szenen aus dem Film herausgeschnitten wurden (wobei ich die theoretische Möglichkeit nicht unerwähnt lassen will, daß dieser Joker mit einer größeren Rolle vielleicht überzeugender gewirkt hätte). Deutlich besser sieht es beim eigentlichen Bösewicht von "Suicide Squad" aus: Enchantress ist eine sehr beeindruckende Erscheinung, eine übermächtige Antagonistin mit spektakulären Kräften, gewissermaßen eine Kombination aus dem Urmutanten Apocalypse in "X-Men: Apocalypse" und der Marvel-Superheldin Scarlet Witch. Ex-Model Cara Delevingne hat genau das richtige, irgendwie "außerweltlich" wirkende Gesicht für diese Rolle und auch wenn im Showdown ihre schlangenartigen Bewegungen und Zuckungen manchmal etwas übertrieben wirken (und sie in der zweiten Filmhälfte generell zu wenig zu tun bekommt), gelingt es ihr, Enchantress zu einer ziemlich denkwürdigen Superschurkin zu machen – unterstützt von den überzeugenden Spezialeffekten, die die Kräfte von Enchantress und ihrem Bruder spektakulär in Szene setzen. Genau genommen so spektakulär, daß ein zusammengewürfeltes Team aus B-Superschurken eigentlich keine Chance gegen sie haben dürfte, aber diese Problematik ist ja nicht neu im Genre …

Dafür kristallisiert sich auch anhand von Enchantress eine Stärke heraus, mit der DC endlich und auch langfristig gegen das bislang in allen wichtigen Punkten führende Marvel Cinematic Universe punkten könnte: starke Frauen! Klar, bei Marvel gibt es mit Black Widow und Scarlet Witch zwei populäre Avengers, nur sind die nunmal zwei unter vielen Superhelden, aus denen sie nur selten hervorstechen, außerdem haben sie noch nicht einmal eigene Solofilme erhalten. Bei DC hingegen war bereits in "Batman v Superman" Wonder Woman überraschend der gar nicht so heimliche Star (und Lois Lane ist natürlich ebenfalls nicht zu verachten), in "Suicide Squad" kommen Harley Quinn und Enchantress (auch wenn sie, wie erwähnt, nach starkem Auftakt zu wenige Szenen erhält) hervorragend zur Geltung. Etwas weniger ausgeprägt trifft das auf Katana zu, auf andere Art und Weise macht auch die knallharte Amanda Waller Eindruck. Und da ein erster Wonder Woman-Solofilm 2017 in die Kinos kommt und ein von Harley Quinn angeführter Film mit einem Ensemble aus weiblichen Superhelden und Superschurken sich in Vorbereitung befindet, könnte und sollte DC das Potential seiner Frauenfiguren noch stärker ausschöpfen (ein "Suicide Squad 2" ist übrigens ebenfalls schon sicher).

Aber um von diesen eher grundsätzlichen Erwägungen wieder zurückzukommen auf "Suicide Squad": Leider offenbart David Ayer in dramaturgischer Hinsicht ungewohnte Schwächen. Der Beginn des Films ist zwar unterhaltsam und temporeich in Szene gesetzt, jedoch wirken die Rückblenden, mit denen die Schurken vorgestellt werden (inklusive einiger netter Superhelden-Cameos) recht ideen- und lieblos aneinandergeklatscht. Für so etwas scheinen die DC-Filme wirklich kein Händchen zu haben, denn bereits in "Batman v Superman" sorgte ja die wenig aufregende Vorstellung der neuen Superhelden Flash, Cyborg und Aquaman für Enttäuschung bei den Fans. Ein so unnötiger wie nerviger Fauxpas unterläuft "Suicide Squad" außerdem, indem – vermutlich aus Zeitgründen – nur ein einziges Mitglied des Selbstmordkommandos keine eigene Einführungs-Vignette erhält; da muß man wahrlich kein Genie sein, um zu ahnen, wer wohl wenig später als Demonstrationsobjekt für die Wirksamkeit der explosiven Implantate herhalten wird müssen … Ein weiteres Ärgernis ist, daß ausgerechnet zwei der spannendsten Figuren am Ende von "Suicide Squad" (wahrscheinlich; bei Comicadaptionen kann man das ja nie mit letzter Gewißheit sagen) ihr Ende finden, während deutlich langweiligere dabei bleiben. Über die wenig geschmeidige Charakterentwicklung habe ich mich bereits zuvor ausgelassen, trotzdem muß noch ein weiteres Mal betont werden, wie übergangslos und unglaubwürdig die Verhaltensänderungen von Deadshot, Harley Quinn und Co. in ihrer Gesamtheit sind. Da zeigt sich eben wieder einmal das typische DC-Manko, daß zu viele neue Charaktere auf einmal in Ensemble-Filmen auf den Markt geschmissen werden anstatt sie in eigenen Solo-Geschichten oder zumindest als Nebenfiguren in anderen DC-Filmen einzuführen. Ein eklatanter Zeit- und Glaubwürdigkeitsmangel bei der Figurenzeichnung ist da nur logisch. Einzig Diablo bildet in "Suicide Squad" eine positive Ausnahme, da er von Jay Hernandez von Beginn an erfreulich differenziert dargestellt wird und daher auch keine charakterliche 180°-Wende vollführt.

Während "Suicide Squad" inhaltlich also erhebliche Schwächen offenbart, kann man ihm in den Action- und Kampfsequenzen nicht viel vorwerfen. Lediglich Enchantress' Schergen hätten ruhig abwechslungsreicher gestaltet werden können, aber auch so machen die gewohnt professionell choreographierten Kämpfe mit unauffälligem, aber soliden 3D-Einsatz viel Laune und profitieren vom durch die unterschiedlichen Einzelkämpfer bedingten Abwechslungsreichtum. Während der unfehlbare Deadshot etwa für ein wahres Kugelfeuerwerk sorgt, agiert Killer Croc mit roher Gewalt, an seiner Seite schnetzelt sich Katana elegant durch die Gegnermassen und Captain Boomerang prügelt sich rücksichtslos nach vorne – und wenn dann auch noch Diablo seine feurigen Fähigkeiten zum Einsatz bringt, wirkt das besonders beeindruckend. Ein Highlight ist zudem die musikalische Untermalung, wobei der sehr gefällige Actionscore von Steven Price ("Gravity") nur die zweite Geige spielt und einem energetischen, exzellent zusammengestellten Pop- und Rock-Soundtrack das Rampenlicht überläßt. Der umfaßt unter anderem "Sympathy for the Devil" von den Rolling Stones, "House of the Rising Sun" von den Animals, "Without Me" von Eminem, "Bohemian Rhapsody" von Queen, "Fortunate Son" von Creedence Clearwater Revival und "Seven Nation Army" von den White Stripes, wird meines Erachtens sogar noch effektiver eingesetzt als dies beim offensichtlichen Vorbild "Guardians of the Galaxy" der Fall war und ist damit ein wesentlicher Baustein für das letztlich ordentliche Gesamtpaket namens "Suicide Squad".

Fazit: "Suicide Squad" ist eine spaßige Comicadaption, die für DC wieder einen kleinen Schritt in die richtige Richtung darstellt, bei der Handlung und vor allem bei den wenig glaubwürdig agierenden Figuren aber noch reichlich Verbesserungsbedarf an den Tag legt.

Wertung: Knapp 7 Punkte.


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