Regie und Drehbuch: David Ayer, Musik: Steven Price
Darsteller: Will Smith, Margot Robbie, Joel Kinnaman, Cara
Delevingne, Viola Davis, Jared Leto, Jai Courtney, Jay Hernandez, Adewale
Akinnuoye-Agbaje, Ike Barinholtz, Adam Beach, Karen Fukuhara, Alain Chanoine,
David Harbour, Common, Scott Eastwood, Shailyn Pierre-Dixon, Aidan Devine, Kenneth
Choi, Ezra Miller, Ben Affleck
FSK: 16, Dauer: 123 Minuten.
Nach den umwälzenden Geschehnissen aus "Batman v Superman"
will Amanda Waller (Viola Davis, "Glaubensfrage"), Leiterin der
streng geheimen Regierungsoranisation ARGUS, endlich ein lange gehegtes Vorhaben
umsetzen: Eine Handvoll von inhaftierten Superschurken – teils Metawesen
mit übermenschlichen Kräften – soll durch eine Mischung aus Drohungen (ihnen
wird ein Mini-Sprengsatz implantiert, den Waller jederzeit per Smartphone hochgehen lassen kann)
und Versprechungen (Haftverkürzung) dazu bewegt werden, ihre Fähigkeiten für
das Gute einzusetzen. Vorgesehen für das "Suicide Squad" sind der unfehlbare Scharfschütze
Deadshot (Will Smith, "Focus"), Jokers durchgeknallte Gespielin
Harley Quinn (Margot Robbie, "The Wolf of Wall Street"), der
raubeinige australische Bankräuber Captain Boomerang (Jai Courtney, "Jack Reacher"), Kletterexperte Slipknot (Adam Beach, "Flags of our
Fathers"), der Feuerteufel Diablo (Jay Hernandez, "World Trade
Center"), Killer Croc (Adewale Akinnuoye-Agbaje, "G.I. Joe") und
Enchantress (Cara Delevingne, "Margos Spuren"). Letztere – ein
uraltes Metawesen mit gewaltigen magischen Kräften, das den Körper einer jungen
Archäologin übernommen hat – hat jedoch andere Pläne, setzt sich vor dem Einsetzen
des Chips ab und erweckt ihren Bruder Incubus (Alain Chanoine) wieder zum
Leben, mit dem sie die Menschheit dafür vernichten will, daß sie sich
vor Jahrtausenden gegen sie wandte und beide in einem Artefakt einsperrte. Das
restliche Team, angeführt von Oberst Rick Flag (Joel Kinnaman,
"RoboCop"), soll Enchantress und Incubus aufhalten …
Kritik:
Als DCs "Suicide Squad" im Sommer 2016 in die Kinos
kam, war dank einer hervorragenden Werbekampagne die Vorfreude selbst bei
skeptischen Anhängern von Comicverfilmungen groß. Es folgte erste
Ernüchterung, als die Kritiken ähnlich miserabel ausfielen wie wenige Monate
zuvor bei "Batman v Superman" und auch die Einspielergebnisse nach
einem Rekordauftakt heftig einbrachen. Jedoch: Bei den Kinogängern kam die
erste Comicadaption des sonst eher auf realistische Stoffe spezialisierten
Regisseurs und Drehbuch-Autors David Ayer ("Herz aus Stahl") gar
nicht so schlecht an, was dann doch zu einer überraschend langen Laufzeit
führte. Letzten Endes spielte "Suicide Squad" so mehr ein als "Man of Steel" und auch nur deshalb deutlich weniger als "Batman v
Superman", weil er anders als das Duell der Comicikonen keine
Starterlaubnis in China erhielt (wo "Batman v Superman" alleine auf fast $100 Mio.
kam). Ich kann beide Seiten verstehen. Denn einerseits haben die Kritiker
vollkommen Recht: "Suicide Squad" ist nicht im herkömmlichen Sinne
ein guter Film. Dafür ist die Handlung zu banal und die Figurenzeichnung zu
grob, zudem sorgen einige fragwürdige Drehbuchentscheidungen – die allerdings
möglicherweise gar nicht Ayer anzulasten sind, sondern den vom Studio nach der
heftigen Kritik an "Batman v Superman" angeordneten Nachdrehs, weil ihnen Ayers
Version hartnäckigen Gerüchten zufolge zu düster war – für
wiederholtes Stirnrunzeln. Andererseits kann ich aber auch gut nachvollziehen,
daß viele Zuschauer durchaus zufrieden sind mit dem fertigen Film, da dieser mit
schillernden Charakteren und exzellenten Spezialeffekten für zwei Stunden
oberflächliche, aber gute Unterhaltung sorgt.
Bedauerlich finde ich vor allem, daß "Suicide
Squad" in einer ziemlich entscheidenden Hinsicht regelrecht feige vorgeht: indem
die im Zentrum stehenden Superschurken des Teams – obwohl allesamt vielfache
Mörder! – im Lauf der gut zwei Stunden immer sympathischer gezeichnet werden und
sich am Ende unrealistischerweise sogar so verhalten, daß man es nicht anders
als "heldenhaft" bezeichnen kann. Natürlich ist es bei einem ja durchaus gewagten Konzept wie dem von "Suicide Squad"
unerläßlich, daß die Figuren ambivalent dargestellt werden und zumindest einer
oder zwei sogar zu Identifikationsfiguren für das Publikum aufgebaut werden –
obwohl das hier nicht mal nötig wäre, da mit Rick Flag und seiner
kampfstarken "Assistentin" Katana (Karen Fukuhara in ihrem Filmdebüt) zwei
Charaktere mit dem Selbstmordkommando unterwegs sind, die zumindest nominell
klar zu den "Guten" gehören. David Ayer schießt so oder so jedenfalls
weit über das Ziel hinaus, indem er kein Teammitglied richtig "böse"
bleiben läßt. So wird Deadshot schon als liebender Vater eingeführt, der immer
einen lockeren Spruch auf den Lippen hat (was ich – als Nicht-Kenner der
Comicvorlage – übrigens unpassend finde; seine grimmige Seite, die er vor allem
in den Kampfsequenzen offenbart, gefällt mir wesentlich besser), während Harley
Quinn schön und charismatisch ist
und zwar völlig durchgeknallt, dabei aber niemals richtig böse. Der körperlich
entstellte Killer Croc offenbart sich bald als klassischer "harte Schale,
weicher Kern"-Typ, Diablo ist ein räuiger Sünder, der seine Kräfte gar nicht
mehr einsetzen will und Captain Boomerang und Slipknot sind einfach Rabauken.
Vermutlich dachte Ayer, es würde reichen, Enchantress und den Joker (Jared
Leto, "Dallas Buyers Club") – der nicht zum Squad gehört, sondern an
Harleys Befreiung arbeitet – zu den Bösewichten des Films zu machen. Aber erstens
rechtfertigt die bloße Existenz der beiden Oberschurken nicht eine vollkommen
unglaubwürdige und überhastete Entwicklung aller Squad-Mitglieder zu
Quasi-Helden und zweitens spielen Enchantress und der Joker dafür zu
kleine Rollen.
Beim Joker empfinde ich das allerdings durchaus als angenehm,
denn mit ihm ergeht es mir in etwa so wie mit Jesse Eisenbergs Lex Luthor in
"Batman v Superman": In fast jeder Szene, in der die beiden
vorkommen, nerven sie mich. Angesichts der hohen Erwartungshaltung, die im
Vorfeld hinsichtlich Jared Letos Interpretation des Kult-Bösewichts herrschte,
ist das Resultat wahrlich eine Enttäuschung. Jene Verrücktheit und
Unberechenbarkeit, die Batmans Erzfeind seit jeher auszeichnen, sind zwar
vorhanden, was Letos Joker jedoch weitgehend abgeht, ist die Bedrohlichkeit.
Schon sein Aussehen ist für meinen Geschmack recht unspektakulär, zu
"normal", und wenngleich Leto sichtlich alles gibt, reicht er bei
weitem nicht an die manische Brillanz eines Heath Ledger (in "The Dark Knight") oder eines Jack Nicholson (in Tim Burtons "Batman") heran. Deshalb war es vermutlich eine gute Entscheidung, daß laut Leto die meisten seiner
Szenen aus dem Film herausgeschnitten wurden (wobei ich die
theoretische Möglichkeit nicht unerwähnt lassen will, daß dieser Joker
mit einer größeren Rolle vielleicht überzeugender gewirkt hätte).
Deutlich besser sieht es beim eigentlichen Bösewicht von "Suicide
Squad" aus: Enchantress ist eine sehr beeindruckende Erscheinung, eine
übermächtige Antagonistin mit spektakulären Kräften, gewissermaßen eine Kombination aus
dem Urmutanten Apocalypse in "X-Men: Apocalypse" und der
Marvel-Superheldin Scarlet Witch. Ex-Model Cara Delevingne hat genau das
richtige, irgendwie "außerweltlich" wirkende Gesicht für diese Rolle
und auch wenn im Showdown ihre schlangenartigen Bewegungen und Zuckungen
manchmal etwas übertrieben wirken (und sie in der zweiten Filmhälfte generell zu wenig zu tun bekommt), gelingt es ihr,
Enchantress zu einer ziemlich denkwürdigen Superschurkin zu machen – unterstützt von
den überzeugenden Spezialeffekten, die die Kräfte von Enchantress und ihrem Bruder spektakulär in Szene setzen. Genau genommen so spektakulär, daß
ein zusammengewürfeltes Team aus B-Superschurken eigentlich keine Chance gegen
sie haben dürfte, aber diese Problematik ist ja nicht neu im Genre …
Dafür kristallisiert sich auch anhand von Enchantress eine
Stärke heraus, mit der DC endlich und auch langfristig gegen das bislang in
allen wichtigen Punkten führende Marvel Cinematic Universe punkten könnte:
starke Frauen! Klar, bei Marvel gibt es mit Black Widow und Scarlet Witch zwei
populäre Avengers, nur sind die nunmal zwei unter vielen Superhelden,
aus denen sie nur selten hervorstechen, außerdem haben sie noch nicht einmal
eigene Solofilme erhalten. Bei DC hingegen war bereits in "Batman v
Superman" Wonder Woman überraschend der gar nicht so heimliche Star (und Lois Lane ist natürlich ebenfalls nicht zu verachten), in "Suicide
Squad" kommen Harley Quinn und Enchantress (auch wenn sie, wie erwähnt, nach starkem Auftakt zu wenige Szenen erhält) hervorragend zur Geltung. Etwas
weniger ausgeprägt trifft das auf Katana zu, auf andere Art und Weise macht auch die
knallharte Amanda Waller Eindruck. Und da ein erster Wonder Woman-Solofilm 2017
in die Kinos kommt und ein von Harley Quinn angeführter Film mit einem Ensemble
aus weiblichen Superhelden und Superschurken sich in Vorbereitung befindet,
könnte und sollte DC das Potential seiner Frauenfiguren noch stärker
ausschöpfen (ein "Suicide Squad 2" ist übrigens ebenfalls schon sicher).
Aber um von diesen eher grundsätzlichen Erwägungen wieder
zurückzukommen auf "Suicide Squad": Leider offenbart David Ayer in
dramaturgischer Hinsicht ungewohnte Schwächen. Der Beginn des Films ist zwar
unterhaltsam und temporeich in Szene gesetzt, jedoch wirken die Rückblenden, mit denen die Schurken vorgestellt werden (inklusive
einiger netter Superhelden-Cameos) recht ideen- und lieblos
aneinandergeklatscht. Für so etwas scheinen die DC-Filme wirklich kein Händchen zu
haben, denn bereits in "Batman v Superman" sorgte ja die wenig
aufregende Vorstellung der neuen Superhelden Flash, Cyborg und Aquaman für
Enttäuschung bei den Fans. Ein so unnötiger wie nerviger Fauxpas unterläuft
"Suicide Squad" außerdem, indem – vermutlich aus Zeitgründen – nur
ein einziges Mitglied des Selbstmordkommandos keine eigene Einführungs-Vignette
erhält; da muß man wahrlich kein Genie sein, um zu ahnen, wer wohl wenig später
als Demonstrationsobjekt für die Wirksamkeit der explosiven Implantate
herhalten wird müssen … Ein weiteres Ärgernis ist, daß ausgerechnet zwei der
spannendsten Figuren am Ende von "Suicide Squad" (wahrscheinlich; bei
Comicadaptionen kann man das ja nie mit letzter Gewißheit sagen) ihr Ende
finden, während deutlich langweiligere dabei bleiben. Über die wenig geschmeidige Charakterentwicklung habe ich mich bereits zuvor ausgelassen, trotzdem
muß noch ein weiteres Mal betont werden, wie übergangslos und unglaubwürdig die
Verhaltensänderungen von Deadshot, Harley Quinn und Co. in ihrer Gesamtheit
sind. Da zeigt sich eben wieder einmal das typische DC-Manko, daß zu viele neue
Charaktere auf einmal in Ensemble-Filmen auf den Markt geschmissen werden
anstatt sie in eigenen Solo-Geschichten oder zumindest als
Nebenfiguren in anderen DC-Filmen einzuführen. Ein eklatanter Zeit- und
Glaubwürdigkeitsmangel bei der Figurenzeichnung ist da nur logisch. Einzig
Diablo bildet in "Suicide Squad" eine positive Ausnahme, da er von
Jay Hernandez von Beginn an erfreulich differenziert dargestellt wird und daher auch keine charakterliche 180°-Wende vollführt.
Während "Suicide Squad" inhaltlich also erhebliche
Schwächen offenbart, kann man ihm in den Action- und Kampfsequenzen nicht viel
vorwerfen. Lediglich Enchantress' Schergen hätten ruhig abwechslungsreicher gestaltet werden können, aber auch so machen die gewohnt
professionell choreographierten Kämpfe mit unauffälligem, aber soliden
3D-Einsatz viel Laune und profitieren vom durch die unterschiedlichen
Einzelkämpfer bedingten Abwechslungsreichtum. Während der unfehlbare Deadshot
etwa für ein wahres Kugelfeuerwerk sorgt, agiert Killer Croc mit roher Gewalt, an
seiner Seite schnetzelt sich Katana elegant durch die Gegnermassen und Captain
Boomerang prügelt sich rücksichtslos nach vorne – und wenn dann auch noch
Diablo seine feurigen Fähigkeiten zum Einsatz bringt, wirkt das besonders
beeindruckend. Ein Highlight ist zudem die musikalische Untermalung, wobei der
sehr gefällige Actionscore von Steven Price ("Gravity") nur die zweite
Geige spielt und einem energetischen, exzellent zusammengestellten Pop- und
Rock-Soundtrack das Rampenlicht überläßt. Der umfaßt unter anderem "Sympathy for
the Devil" von den Rolling Stones, "House of the Rising Sun" von
den Animals, "Without Me" von Eminem, "Bohemian Rhapsody"
von Queen, "Fortunate Son" von Creedence Clearwater Revival und "Seven Nation Army" von den White Stripes, wird meines
Erachtens sogar noch effektiver eingesetzt als dies beim offensichtlichen
Vorbild "Guardians of the Galaxy" der Fall war und ist damit ein
wesentlicher Baustein für das letztlich ordentliche Gesamtpaket
namens "Suicide Squad".
Fazit: "Suicide Squad" ist eine spaßige
Comicadaption, die für DC wieder einen kleinen Schritt in die richtige Richtung
darstellt, bei der Handlung und vor allem bei den wenig glaubwürdig
agierenden Figuren aber noch reichlich Verbesserungsbedarf an den Tag legt.
Wertung: Knapp 7 Punkte.
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