Ich muß sagen, die laufende Awards Season macht wirklich Spaß. Immer wenn man denkt, es würde sich doch endlich ein klarer Favorit für die wichtigste OSCAR-Kategorie "Bester Film" herauskristallisieren, gibt es bei der nächsten wichtigen Preisverleihung auf dem Weg zu den Academy Awards den nächsten Überraschungssieg. Zuletzt sah es nach den Auszeichnungen der diversen Branchenvertretungen danach aus, als würde sich das Ganze zumindest auf einen Zweikampf zwischen den beiden relativ klassischen OSCAR-Stoffen "Spotlight" (von Beginn an leichter Favorit) und "The Big Short" (der in den letzten Wochen stark aufkam) zuspitzen; die Schauspielergilde trug nicht unerheblich dazu bei, als sie letztes Wochenende – ich vermeldete es bislang nur via Twitter – "Spotlight" den SAG Award für das beste Ensemble (ihr Pendant zur "Bester Film"-Kategorie) zusprach. Doch gestern fand der Reigen der Branchenehrungen ihren Abschluß und Höhepunkt mit der Preisverleihung der Regisseursgilde DGA und die Vorzeichen waren klar: Wenn Adam McKay ("The Big Short") oder Tom McCarthy ("Spotlight") gewinnen, dann wird der jeweilige Film sich wahrscheinlich auch den OSCAR-Gewinn krallen – vor allem, wenn es "Spotlight" ist, der dann die Schauspieler UND die Regisseure hinter sich wüßte und damit zwei der größten Gruppen, die auch über die Vergabe der Academy Awards entscheiden.
Aber hey, das wäre ja langweilig gewesen und so entschied die DGA, stattdessen Alejandro González Iñárritu für "The Revenant" zu ehren, jenen Film, der sich trotz der größten Anzahl an OSCAR-Nominierungen (12) und eines ziemlichen Triumphzugs bei den Golden Globes zuletzt (ebenso wie "Mad Max: Fury Road") nach einigen Awards Season-Stationen ohne wichtige Siege in eine Art Außenseiterposition zurückgedrängt sah. Nun ist es wieder mindestens ein Dreikampf ("Mad Max" hat sicher die schlechtesten Karten, ich würde ihn aber nicht komplett abschreiben) und v.a. die so ausgeprägt selten zuvor erlebte Unentschlossenheit der einzelnen Branchenteile (die Produzenten wählten "The Big Short", die Schauspieler "Spotlight" und die Regisseure "The Revenant") sorgt für höchste Spannung in den drei Wochen bis zur OSCAR-Verleihung. Zumal sogar ein historischer OSCAR-Rekord näherrückt, denn für Iñárritu wäre ein Sieg in der Kategorie "Beste Regie" der zweite hintereinander (nach "Birdman")!
Der Vollständigkeit halber will ich auch noch die Gewinner der Schauspieler-Kategorien bei den letztwöchtigen SAG Awards nennen, die allerdings anders als beim "Besten Film" großteils den Status Quo zementieren:
Bester Hauptdarsteller: Leonardo DiCaprio, "The Revenant"
Hauptdarstellerin: Brie Larson, "Raum"
Nebendarsteller: Idris Elba, "Beasts of No Nation"
Nebendarstellerin: Alicia Vikander, "The Danish Girl"
DiCaprio und Larson sind weiter klare Topfavoriten in ihren Kategorien, Vikander hat ebenfalls sehr gute Chancen. Die einzige Überraschung des Abends war Idris Elba, der ja bekanntlich für die OSCARs gar nicht erst nominiert wurde, was die Rassismus-Diskussion stark befeuerte, in Wirklichkeit aber höchstwahrscheinlich "nur" mit einem inoffiziellen Boykott des Netflix-Films zusammenhing, den viele Academy-Mitglieder nicht als Kinofilm werten (da er ja nur in wenigen Kinos gezeigt wurde und parallel bei Netflix verfügbar war). Für die OSCARs bleibt Sylvester Stallone ("Creed") aussichtsreichster Kandidat, aber Elbas Sieg bei den SAG Awards sorgt dafür, daß wenigstens diese Darsteller-Kategorie noch einigermaßen offen bleibt.
Sämtliche Sieger inklusive jener aus dem TV-Bereich gibt es auf der SAG Awards-Homepage, alle DGA-Gewinner auf der DGA-Homepage.
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