Regie: Tim Fywell, Jessica Hobbs und Richard Laxton,
Drehbuch: Abi Morgan, Musik: Harry Escott
Darsteller: Stellan Skarsgård, Nicola Walker, Adeel Akhtar,
Lesley Manville, Georgina Rich, Jim
Norton, Owen Teale, Eddie Marsan, Turlough Convery, Sorcha Cusack, Steve Nicolson, Peter Bankole, Josef Altin, Franz
Drameh, Pippa Bennett-Warner, Lydia Leonard, Souleiman Bock, Shannon Tarbet, Anamaria Marinca
Rotten Tomatoes: 100% (8,8); FSK: 16, Dauer: 349 Minuten.
Der vor vielen Jahrzehnten aus Schweden eingewanderte Londoner Kriminalinspektor John River (Stellan Skarsgård, "The Avengers") ist nicht ganz normal: Er unterhält sich regelmäßig mit Verstorbenen, was keine übernatürliche Fähigkeit ist, sondern eine nie genau diagnostizierte psychische Störung. Mit seinem seltsamen Verhalten ist er bei der Polizei und im Privatleben ein Außenseiter, den Job behält er wohl nur, weil er ein solch brillanter Ermittler ist. Doch als seine langjährige Partnerin bei der Polizei, Jackie "Stevie" Stevenson (Nicola Walker, TV-Serie "Spooks") – die zudem seine einzige echte Freundin und vielleicht noch etwas mehr war –, auf offener Straße erschossen wird, droht Rivers Leben zusammenzubrechen. Aufrecht hält ihn nur die, leider wenig erfolgversprechende, Suche nach dem Mörder, bei der er gegen seinen Willen von seinem neuen Partner Ira King (Adeel Akhtar, "The Big Sick") unterstützt wird. Auch seine direkte Vorgesetzte Chrissie Read (Lesley Manville, OSCAR-nominiert für "Der seidene Faden") steht zu River, während Polizeipräsident McDonald (Owen Teale, TV-Serie "Game of Thrones") ihn am liebsten loswerde würde und deshalb verfügt, daß er sich von Polizeipsychologin Rosa Fallows (Theater-Schauspielerin Georgina Rich) untersuchen lassen muß …
Der vor vielen Jahrzehnten aus Schweden eingewanderte Londoner Kriminalinspektor John River (Stellan Skarsgård, "The Avengers") ist nicht ganz normal: Er unterhält sich regelmäßig mit Verstorbenen, was keine übernatürliche Fähigkeit ist, sondern eine nie genau diagnostizierte psychische Störung. Mit seinem seltsamen Verhalten ist er bei der Polizei und im Privatleben ein Außenseiter, den Job behält er wohl nur, weil er ein solch brillanter Ermittler ist. Doch als seine langjährige Partnerin bei der Polizei, Jackie "Stevie" Stevenson (Nicola Walker, TV-Serie "Spooks") – die zudem seine einzige echte Freundin und vielleicht noch etwas mehr war –, auf offener Straße erschossen wird, droht Rivers Leben zusammenzubrechen. Aufrecht hält ihn nur die, leider wenig erfolgversprechende, Suche nach dem Mörder, bei der er gegen seinen Willen von seinem neuen Partner Ira King (Adeel Akhtar, "The Big Sick") unterstützt wird. Auch seine direkte Vorgesetzte Chrissie Read (Lesley Manville, OSCAR-nominiert für "Der seidene Faden") steht zu River, während Polizeipräsident McDonald (Owen Teale, TV-Serie "Game of Thrones") ihn am liebsten loswerde würde und deshalb verfügt, daß er sich von Polizeipsychologin Rosa Fallows (Theater-Schauspielerin Georgina Rich) untersuchen lassen muß …
Kritik:
Als ich dieses Blog Anfang 2012 startete und "Der
Kinogänger" benannte, da war es eigentlich dazu gedacht, sich
ausschließlich Filmen zu widmen – nomen est omen. Seit ich gelegentlich
Rezensionsexemplare von TV-Serien angeboten bekomme, mache ich allerdings gerne hin
und wieder eine Ausnahme (siehe "Victoria", "Poldark" oder
"The Missing"), bin ich doch auch ein bekennender Serienfan. Die
vorliegende Rezension ist dennoch eine Premiere, denn es ist das erste Mal, daß
ich eine (Mini-)Serie bespreche, die ich im TV gesehen habe – weil sie mich so
begeistert und nachhaltig beeindruckt hat! Bei der von der BBC und Netflix
produzierten und im deutschen Free-TV von Arte ausgestrahlten sechsteiligen Miniserie "River"
handelt es sich auf den ersten Blick um eine typische Kriminalserie mit
melancholischem "Scandic Noir"-Anstrich. Doch nach und nach offenbart
sich, daß die von der Drehbuch-Autorin Abi Morgan (deren leider nach zwei
Staffeln eingestellte historische Journalismusserie "The Hour" mit
Romola Garai, Ben Whishaw und Dominic West ich ebenfalls sehr empfehlen kann)
ersonnene Geschichte viel tiefer geht und John Rivers Ermittlungen nur den Rahmen
für eine intensive Charakter- und Trauerstudie sowie eine anrührende
unkonventionelle Liebesgeschichte setzen.
Die wichtigste Manifestation ist zweifellos Stevie, seine
ermordete Partnerin, die maßgeblich dafür verantwortlich war,
daß River "funktionierte". Nun findet River Trost in den Gesprächen
mit der toten Stevie, wiewohl er ganz genau weiß (und sie ihn sogar wiederholt
darauf hinweist), daß sie ein Produkt seiner Einbildungskraft ist. Doch als
River nach und nach herausfindet, daß er weniger über Stevie wußte, als er
dachte, daß sie offensichtlich Geheimnisse vor ihm hatte, die sie am Ende wohl
das Leben kosteten, da ist "seine" Stevie für ihn eine wichtige Hilfe,
um das zu rekapitulieren, was er erfahren hat. Außerdem scheint er nur dann
wenigstens ansatzweise glücklich zu sein, wenn er mit der meist gutgelauten,
immer schlagfertigen Stevie spricht – was natürlich unglaublich traurig ist,
wenn man genauer darüber nachdenkt, aber ihm wenigstens ein paar sorglose
Momente beschert. Das Gegenteil ist der Fall, wenn Thomas Neill Cream (Eddie
Marsan, "Atomic Blonde") ungefragt auftaucht, ein Serienmörder
aus dem 19. Jahrhundert, über den River gerade ein Buch liest. Cream reizt
River, er schikaniert und provoziert ihn und sein einziges Ziel scheint es zu
sein, den Ermittler endgültig jene feine Linie zum Wahnsinn überschreiten zu
lassen, von der er niemals zurückkehren könnte. Für seinen neuen Partner Ira
ist es verständlicherweise sehr gewöhnungsbedürftig, daß River immer wieder
scheinbar mit sich selbst redet und manchmal sogar zornig auf die Luft
einschlägt. Doch auch dank gewisser Schubser von außen kommen sich der nicht
per se unfreundliche, aber extrem eigenbrötlerische River und der
bewundernswert geduldige Ira langsam näher und damit auch in den Ermittlungen
weiter – wobei sie gelegentlich auch noch "normalen" Verbrechen
nachgehen müssen. Diese bilden die Momente von "River", die am ehesten
einer klassischen Krimiserie ähneln, doch letztlich bleiben sie – obwohl
durchaus interessant gestaltet, etwa der "Romeo und Julia"-Fall
in der Pilotfolge – im Hintergrund und dienen primär dazu, die
Figurenzeichnung der Protagonisten zu vertiefen und zudem ausreichend
Nebencharaktere einzuführen, um die Frage nach Stevies Mörder spannend zu
halten.
Bemerkenswerterweise gestalten sich die dergestalt
eingeführten Nebenhandlungsstränge etwa über die schwierige Ehe von Rivers
Vorgesetzter Chrissie Read mit dem Richter Tom (Michael Maloney) oder über die
Hinterbliebenen der aus einer Verbrecherfamilie stammenden Stevie allesamt
sehr interessant, sodaß trotz eines relativ langsamen Erzähltempos niemals so
etwas wie Langeweile aufkommt. Die melancholische Grundstimmung, die komplexen
Charaktere, die einsichtsreichen Dialoge und auch die abwechslungsreiche Musik
– John River ist passionierter Plattensammler, was wohlgemerkt wörtlich zu nehmen
ist, und Stevie will ihn immer wieder zum Singen und Tanzen ihres Lieblingsliedes "I Love to Love" von Tina Charles animieren –
nehmen einen als Zuschauer vollständig in Beschlag und ziehen einen tief hinein
in diese Welt voller Trauer und Schuld, aber auch Hoffnung. Für die steht unter
anderem Rivers widerwillige Bereitschaft, sich auf die Untersuchung durch die
empathische Psychologin Rosa einzulassen und sogar eine Gesprächsgruppe
von Menschen zu besuchen, die ebenfalls Stimmen hören. Daß Rivers Zustand, so sehr
er Irritationen bei seinen Mitmenschen auslösen mag, niemals für echte
Fremdschäm-Momente ausgenutzt wird, ist Morgan hoch anzurechnen, wie
überhaupt ihr Umgang mit sämtlichen Figuren der Serie von großer Einfühlsamkeit
geprägt ist, die sich auf die Schauspieler überträgt. Vor allem Stellan
Skarsgård zeigt eine mitreißende Performance als tieftrauriger John River, der
aber doch in seiner Interaktion mit Stevie so ausgelassen und fröhlich sein
kann – und Nicola Walker ist als Stevie das ideale Gegengewicht für die bleierne Schwere, die River meist mit sich herumträgt: fröhlich, unbeschwert,
trotz allem hoffnungsvoll. Nicht zuletzt durch Rivers Einwanderer-Vergangenheit
zeigt sich die Miniserie sogar politisch aktuell und gesellschaftskritisch,
denn bei der diverse Abgründe aufdeckenden Suche nach Stevies Mördern spielen
auch (legale und illegale) Immigranten eine Rolle, mit denen sich River stärker
identifizieren kann als die meisten anderen. Im Zentrum stehen jedoch letztlich
John River und sein Versuch, mit dem Tod des bisherigen Ankers in
seinem Leben fertigzuwerden, seiner einzigen echten Freundin, der er nie das
wahre Ausmaß seiner Gefühle zu gestehen den Mut fand. Und das Ende dieser sechsstündigen Geschichte ist so
perfekt, daß ich mir nicht einmal eine Fortsetzung wünsche (die Morgan auch nie
eingeplant hat) ...
Fazit: "River" ist eine komplexe,
tiefgründige und ungemein emotionale Geschichte über Trauer, Schuld und Liebe
im Kostüm einer Krimiserie, exzellent gespielt und voller Melancholie, aber
dennoch hoffnungsvoll. Eine der besten (Mini-)Serien der letzten Jahre!
Wertung: 10 Punkte.
Bei Gefallen an meinem Blog würde ich mich über die Unterstützung von "Der Kinogänger" mittels etwaiger Bestellungen über einen der amazon.de-Links in den Rezensionen oder über das amazon.de-Suchfeld oder das jpc-Banner in der rechten Spalte freuen, für die ich eine kleine Provision erhalte.
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