Originaltitel:
War on Everyone
Regie und Drehbuch: John Michael McDonagh, Musik: Lorne
Balfe
Darsteller: Alexander Skarsgård, Michael Peña, Tessa
Thompson, Theo James, Paul Reiser, Stephanie Sigman, Malcolm Barrett, David
Wilmot, Caleb Landry Jones, Jonathan David Dixon, Geoffrey
Pomeroy, Keith Jardine
FSK: 16, Dauer: 98 Minuten.
Terry Monroe (Alexander Skarsgård, "Melancholia")
und Bob Bolaño (Michael Peña, "Herz aus Stahl") sind zwei nicht
wirklich mustergültige Cops in New Mexico. Die beiden Partner fahren schon mal
einen Räuber, der sich ergeben hat, über den Haufen, behalten
beschlagnahmtes Geld und Drogen für sich selbst und erpressen Kriminelle.
Entsprechend unbeliebt sind sie bei ihren Vorgesetzten, auch wenn sich das
meiste nicht nachweisen läßt. Nur deshalb erhalten sie von Lieutenant Gerry
Stanton (Paul Reiser, "Aliens – Die Rückkehr") überhaupt noch eine
allerletzte Chance. Ihr Verhalten ändern Terry und Bob deshalb noch lange
nicht, aber immerhin kommen sie mehr oder weniger zufällig einem großen Coup
des einflußreichen britischen Lords James Mangan (Theo James, "Underworld:
Awakening") auf die Spur. Der allerdings läßt sich nicht so leicht
einschüchtern wie die Kleinkriminellen der Gegend …
Kritik:
Nachdem er mit seiner politisch inkorrekten Komödie "The Guard" und dem schwarzhumorigen Drama "Am Sonntag bist du tot"
zwei absolute Kritikerlieblinge schuf, wagte sich der irische Filmemacher John
Michael McDonagh für die actionreiche Buddy-Komödie "Dirty Cops – War on
Everyone" erstmals von der Grünen Insel herunter und drehte in den USA
(und ein paar Szenen in Island). Den rabenschwarzen Humor und die politische
Unkorrektheit nahm er mit, die schon in "The Guard" offensichtliche
Vorliebe für die frühen Filme von Quentin Tarantino mit philosophierenden Gangstern oder
Cops ebenso, wobei er die noch deutlich verstärkt auslebt. Was
"Dirty Cops" im Vergleich zu McDonaghs irischen Filmen
bedauerlicherweise über weite Strecken fehlt, sind richtig witzige Szenen. In
gewisser Weise könnte man sogar unterstellen, daß sich McDonagh bewußt dem
amerikanischen Komödienniveau der letzten Jahre angepaßt hat und deshalb
anstatt auf spritzig-intelligente Dialoge und skurrile Situationen stärker auf
oberflächlichen Humor setzt, der auch noch häufig unter die Gürtellinie geht.
Zum Glück findet der Film gegen Ende, wenn er sich auf seine (für sich genommen recht beliebige) Kriminalstory besinnt, zu sich und rettet sich damit noch
knapp über bloßes Mittelmaß.
Nicht nur Tarantino diente für "Dirty Cops" als
offensichtliches Vorbild, sondern auch die Buddy-Komödien der 1980er und 1990er
Jahre wie "Lethal Weapon" oder "Rush Hour". Damit ist
"Dirty Cops" nach Shane Blacks "The Nice Guys" die zweite
stilistisch rückwärtsgewandte Buddy-Komödie des Jahres 2016, ohne allerdings
die Qualität von Blacks Film zu erreichen. Denn so erfrischend es angesichts der
sonst immer öfter vorherrschenden politischen Korrektheit auf der Kinoleinwand für
viele Zuschauer sein mag, daß die beiden Protagonisten nach
Herzenslust über Minderheiten herziehen, keinen Satz ohne Fluch vollenden und
(abgesehen von Mord) so ziemlich all das tun, was man als Polizist eigentlich
verhindern sollte – politische Unkorrektheit allein macht noch keinen guten
Humor aus. Daß McDonagh dieses Spielfeld grundsätzlich beherrscht, hat er in
"The Guard" bewiesen (in dem der ältere weiße Dorfpolizist den eleganten
afroamerikanischen Bundesagenten regelmäßig brüskiert, das aber meist auf
unnachahmlich charmante und naive Art und Weise, sodaß man es ihm eigentlich
nie übel nehmen kann), auch in "Dirty Cops" zeigt er es in paar
Szenen mit aktuellen gesellschaftlichen Bezügen. Mein persönliches Highlight
zu dem brisanten Themenkomplex "Polizeigewalt (gegen Minderheiten)": Ein
S.W.A.T.-Team erschießt mehrere Kriminelle, die sich bereits ergeben haben, die
Schützen quittieren das, als sie darauf angesprochen werden, lediglich lakonisch mit einem kollektivem Schulterzucken – was Terry, Bob und Lt. Stanton
damit kommentieren, daß die Opfer dieses Mal wenigstens Weiße waren …
Was ich an den McDonagh-Brüdern (von Martin stammen
"Brügge sehen … und sterben?" und "7 Psychos") seit jeher mag,
ist, daß sie regelmäßig tolle Schauspieler für ihre Hauptrollen engagieren, die
in den großen Hollywood-Produktionen meist nur Nebenrollen spielen (Brendan
Gleeson, Sam Rockwell, Woody Harrelson, Don Cheadle, auch Colin Farrell). Dieser Linie bleibt
John Michael McDonagh in "Dirty Cops" treu, indem er die
titelgebenden Polizisten vom Schweden Alexander Skarsgård und dem
mexikanischstämmigen Michael Peña verkörpern läßt. Da ihre Charaktere leider
nicht die Tiefe der früheren McDonagh-Protagonisten erreichen, können sie auch
schauspielerisch nicht so sehr glänzen wie beispielsweise Brendan Gleeson in "Am Sonntag bist du tot", dennoch nutzen sie ihre Chance und
liefern eine gute Leistung ab. Während es übrigens zu Beginn noch so aussieht,
als wäre Bob der Normalere der beiden – immerhin hat er eine bezaubernde
Ehefrau (Stephanie Sigman aus "Spectre") und zwei Kinder, ist zudem
sehr belesen und im Gegensatz zu seinem Partner auch nicht ständig besoffen –,
zeigt sich im Handlungsverlauf, daß das in Wirklichkeit eher Terry ist.
Als der sich unsterblich in eine Ex-Stripperin (Tessa Thompson aus
"Creed") verliebt, erweist er sich nämlich auf seine ganz spezielle
Art und Weise als wahrer Romantiker und wird im Zuge dessen zunehmend zur
treibenden Kraft des Duos.
Ein bißchen leidet übrigens auch "Dirty Cops" unter
dem "Suicide Squad"-Syndrom, bei dem vermeintlichen Fieslinge sich
nach und nach als eigentlich doch ganz dufte Kerle erweisen, die eigentlich nur
das Richtige tun wollen, wenn es wirklich darauf ankommt; aber da Bob und Terry
keine Comic-Bösewichte sind, sondern "nur" zwei korrupte Polizisten,
stört das hier nicht allzu sehr und es kommt auch nicht zu unrealistisch rüber.
Mal ganz abgesehen davon, daß es vermutlich ziemlich anstrengend wäre, eine
Komödie anzuschauen, deren zentrale Figuren von Anfang bis Ende tatsächlich
riesige Unsympathen sind (wobei das in Quentin Dupieuxs "Wrong Cops" ganz gut
geklappt hat, aber einen Dupieux-Film kann man auch nicht nach normalen
Maßstäben beurteilen …). Es macht einfach mehr Spaß, wenn Terry und Bob sich
wider alle Wahrscheinlichkeit mit ihrem betrügerischen Informanten Reggie
(Malcolm Barrett, "Dear White People") und dessen irischem Kumpel (McDonaghs Stammschauspieler David
Wilmot aus der TV-Serie "Ripper Street") anfreunden und amüsante Frotzeleien austauschen. Und auch Bobs
Beziehung zu seiner bemerkenswert nachsichtigen Gattin hat einige schöne Szenen
zu bieten. Die Bösewichte bleiben dagegen vergleichsweise blaß, wenngleich der
arrogante Lord Mangan und sein exzentrischer Helfer und Stripclub-Besitzer Russell Birdwell
(Caleb Landry Jones aus "X-Men: Erste Entscheidung") durchaus ein
interessantes Duo abgeben. Um wirklich Eindruck zu hinterlassen, haben sie
jedoch zu wenig Screentime. Dennoch führt ihre Mitwirkung nach einer unerwartet ernsten Storywendung natürlich zu einem
bleihaltigen Showdown, wobei sich die slapstickhafte Inszenierung der an sich recht brutalen Gewaltszenen wiederum erkennbar an Tarantinos "Reservoir Dogs"
oder "Pulp Fiction" orientiert. Ebenso tarantinoesk ist
die tolle Songauswahl ausgefallen, die so unterschiedliche
Interpreten wie The Clash, die Fun Lovin' Criminals und Roberta Fleck umfaßt
sowie gleich mehrere Lieder von Terrys Lieblingsmusiker, dem Countrysänger Glen Campbell. Alles in
allem ist "Dirty Cops" der bislang am wenigsten überzeugende
McDonagh-Film (womit ich mich auf beide Brüder beziehe), sehenswert ist er für Anhänger des Genres trotzdem.
Fazit: "Dirty Cops – War on Everyone" ist
eine altmodische Buddy-Komödie mit deutlichen Tarantino-Anleihen, die
von der Handlung her eher schwach auf der Brust ist und es bei den Gags vor
allem zu Beginn an Treffsicherheit missen läßt – doch die schrägen Figuren und ihre
spielfreudigen Darsteller sorgen dafür, daß sich der Film knapp über dem Genre-Durchschnitt
hält.
Wertung: 6,5 Punkte.
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