Gevatter Tod schwingt seine Sense im Jahr 2016 weiterhin ausgesprochen enthusiastisch, nun hat er damit auch noch Bud Spencer getroffen, der im Alter von 86 Jahren in Rom verstarb. Wie vermutlich alle Kinder (oder zumindest alle Jungs) habe auch ich die Filme mit Bud Spencer und/oder Terence Hill geliebt. Was gibt es es an denen nicht zu lieben: Zwei sympathische ewige Kindsköpfe, der eine gutaussehend und immer mit einem lockeren Spruch auf den Lippen, der andere dick und grummelig, aber mit dem sprichwörtlichen Herzen aus Gold - und zusammen prügeln sie den Fieslingen in herrlich albernen Slapstick-Kämpfen das Böse aus dem Leib. Einfach toll!
Klar, wenn man erwachsen wird, bemerkt man irgendwann, daß nur eher wenige dieser Filme höheren cineastischen Ansprüchen genügen, daß sie außerdem fast alle nach dem gleichen reichlich vorhersehbaren Schema funktionieren; zumindest in den deutschen Synchron- und Schnittfassungen, denn weil die gewollt humorvollen Filme der beiden in ganz Europa solche Riesenhits waren, versuchte man in Deutschland, auch ihre ernsthafteren, oft noch vor ihrem Durchbruch gedrehten Filme zu "klamaukisieren". Paradebeispiel dafür ist "Hügel der blutigen Stiefel" (1969), eigentlich ein ziemlich typischer Italo-Western, der in der Bundesrepublik Jahre später um eine Viertelstunde gekürzt und mit einer gnadenlosen "Schnoddersynchronisation" á la Rainer Brandt (TV-Serie "Die Zwei") unterlegt wurde, um ihn als "Zwei hau'n auf den Putz" neu zu veröffentlichen. Apropos Western: Besagte Filme, die höheren qualitativen Ansprüchen genügen, stammen ebenfalls aus diesem Genre. "Die rechte und die linke Hand des Teufels" (1970) und die ein Jahr darauf folgende Fortsetzung "Vier Fäuste für ein Halleluja" '(beide von Enzo Barboni geschrieben und inszeniert) sind nicht nur die beiden Werke, die die beispiellose Erfolgssträhne des Duos mit allein in Deutschland teils mehr als 10 Millionen Kinozuschauern pro Film starteten. Sie sind zweifellos auch die überzeugendsten Beweise dafür, daß man mit Spencer und Hill nicht nur erfolgreiche, sondern eben auch richtig gute Filme drehen konnte.
Und dieses Rezept funktionierte nicht nur in Western, sondern in wechselnder Qualität in den verschiedensten Genres, oft zusammen, teilweise auch Spencer oder Hill alleine. In "Freibeuter der Meere" (1970) waren sie Piraten, in "Zwei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle" (1972) Piloten und Glücksritter in Südamerika, in "Zwei Missionare" (1974) waren sie ... äh, nunja, was wohl?, in "Zwei außer Rand und Band" (1976) wurden sie unfreiwillig zu US-Polizisten. Solo ermittelte Spencer in der "Plattfuß"-Reihe als italienischer Polizei-Kommissar, wurde für "Hector, der Ritter ohne Furcht und Tadel" zum Ritter, agierte in "Sie nannten ihn Mücke" (1978) als Ex-American Football-Spieler und in "Der Bomber" (1982) als Ex-Boxer, wurde in "Aladin" (1986) zu einem unkonventionellen Flaschengeist und in "Banana Joe" (1981) zum südamerikanischen Bananenbauer - achja, und nicht zu vergessen seine Episode als Ziehvater eines außerirdischen Jungen in "Der große mit seinem außerirdischen Kleinen" (1978) und der Fortsetzung "Buddy haut den Lukas" (1980). Yep, Bud Spencer war ein vielbeschäftigter Mann in den 1970er und 1980er Jahren.
Und doch war er so viel mehr als "nur" ein erfolgreicher Schauspieler, und gerade deshalb habe ich auch als Erwachsener, der seit mittlerweile bestimmt 20 Jahren keinen seiner alten Filme mehr gesehen hat (aber trotzdem sehr froh war, ihn dank seiner Nebenrolle in der deutschen Komödie "Mord ist mein Geschäft, Liebling" wenigstens ein Mal auf der großen Kinoleinwand erleben zu dürfen), nie die Verbundenheit zu ihm verloren. Denn nach und nach fand ich heraus, daß Carlo Pedersoli, wie er eigentlich hieß, vor seiner Filmkarriere ein Olympia-Schwimmer und Wasserball-Nationalspieler war (angesichts seiner Statur in seinen Schauspieler-Jahren kaum vorstellbar, aber wahr!), ein Jura-Studium abschloß, ein paar Jahre lang als Schlager-Komponist und -Sänger durch Italien tourte und später sogar eine Fluglinie gründete sowie als leidenschaftlicher Erfinder einige Patente anmeldete. Nicht zu vergessen seine regelmäßigen Auftritte in deutschen Talkshows, in denen er sich stets humorvoll und bescheiden präsentierte (er sah sich beispielsweise nie als einen richtigen Schauspieler) und ungemein sympathisch rüberkam.
Dieses Jahr sollte Bud Spencer übrigens noch einmal in einem echten Italo-Western mitwirken: Regie-Altmeister Enzo G. Castellari wollte für "Keoma Rises", eine sehr späte Fortsetzung seines ausgezeichneten Klassikers "Keoma" aus dem Jahr 1976 mit dem Titeldarsteller Franco Nero, Tomas Milian ("Der Gehetzte der Sierra Madre", "Von Angesicht zu Angesicht") und eben Spencer drei der größten noch lebenden Stars des Genres vereinen - da sich der Film laut IMDb noch in der Präproduktionsphase befindet, dürfte Spencer wohl leider nicht mehr dazu gekommen sein, seine Szenen abzudrehen. Schade, denn das wäre doch ein sehr passender Schlußpunkt für seine großartige Karriere gewesen.
Ruhe in Frieden, Carlo, ich und viele Millionen andere Fans werden dich vermissen.
Ein sehr schöner Nachruf. Ich bin immer noch traurig...
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