Normalerweise veröffentliche ich an dieser Stelle lediglich Nachrufe auf Personen, die für mich persönlich irgendeine Bedeutung hatten (und sei es bloß die, daß ich sie gerne im Kino oder auf dem TV-Bildschirm sah). Götz George zählt eigentlich nicht dazu, schlicht und ergreifend deshalb, weil er überwiegend in deutschen Fernseh-Produktionen zu sehen war, die ich mir nur selten anschaue. Tatsächlich habe ich George nur in sechs Filmen gesehen: In Nebenrollen in den Karl May-Adaptionen "Der Schatz im Silbersee", "Unter Geiern" und "Winnetou und das Halbblut Apanatschi" in den 1960er Jahren sowie in seinen Hauptrollen in "Schtonk!", "Rossini" und "Nichts als die Wahrheit". Das reichte, um anzuerkennen, daß er ein guter Schauspieler war, jedoch nicht, um eine emotionale Verbindung zu ihm aufzubauen. Aber selbstverständlich war der Mann mit dem markanten Schnauzbart ein viel zu wichtiger Bestandteil der deutschen Filmbranche, als daß sein Tod in einem Filmblog ignoriert werden könnte. Denn bereits vor gut einer Woche starb Götz George im Alter von 77 Jahren nach kurzer Krankheit.
Ich will an dieser Stelle gar nicht groß auf seinen Karriereweg eingehen, weil ich dazu eben nicht wirklich viel zu sagen habe, was nicht sowieso schon in Wikipedia oder ähnlichen Quellen steht. Zu einer deutschen TV-Ikone wurde der Sohn der Theaterlegende Heinrich George aber natürlich durch die Kultrolle als ruppiger "Tatort"-Ermittler Horst Schimanski, der (mit Pausen) von 1981 bis 2013 gerne auch unter Einsatz seiner Körperlichkeit im Ruhrpott ermittelte und gar zwei sehr erfolgreiche Ausflüge auf die Kinoleinwand unternahm. Erst dieses Jahr versuchte ja Til Schweiger, die Reihe zurück ins Kino zu bringen, doch während die beiden George-Filme jeweils deutlich die Millionen-Grenze an Zuschauern knackten, floppte Schweigers Versuch "Tschiller: Off Duty" mit nicht einmal 300.000 Besuchern; alleine das zeigt, wie beliebt George und Schimanski in Deutschland waren und wohl auch noch immer sind.
Ansonsten erzielte George im Kino seine größten Erfolge erst im reiferen Alter in den 1990er Jahren. Ausgangspunkt dafür war Helmut Dietls OSCAR-nominierte Mediensatire "Schtonk!" (1992), in der er die Hauptrolle eines ehrgeizigen Hamburger Reporters spielt, der auf einen Fälscher hereinfällt, der ihm die angeblichen Hitler-Tagebücher andreht (die ganze Geschichte basierte auf der berühmt-berüchtigten Affäre um die von Konrad Kujau gefälschten und 1983 im "Stern" veröffentlichten Hitler-Tagebücher). Mit Dietl drehte er fünf Jahre später mit "Rossini" - in dem er einen berühmten Regisseur spielt - eine weitere erfolgreiche Satire. Seinen größten Triumph als Schauspieler feierte George 1995 als Serienmörder Fritz Haarmann in Romuald Karmakars Kammerspiel "Der Totmacher", für seine von allen Seiten gelobte, nuancenreiche Darbietung wurde er gar mit dem renommierten Darstellerpreis "Coppa Volpi" beim Filmfestival in Venedig geehrt. Mich persönlich beeindruckte George am meisten in Roland Suso Richters politischem Justizdrama "Nichts als die Wahrheit" aus dem Jahr 1999, in dem er in einem beklemmenden "Was wäre wenn"-Szenario sehr überzeugend den berüchtigten KZ-Arzt Josef Mengele verkörpert, der als alter Mann in Deutschland vor Gericht gestellt wird, jedoch keinerlei Reue zeigt. Hierzulande wurde der von George koproduzierte Film sehr kontrovers diskutiert; international kam er, meiner Meinung nach zu Recht, deutlich besser an (u.a. gewann George den Darstellerpreis des Brüsseler Festivals).
Mit Götz George verliert die deutsche Filmlandschaft ohne Zweifel einen ihrer größten Namen, einen Schauspieler, der in Komödien ebenso überzeugte wie in Dramen und der mit seinem Charisma und seiner unverstellten, kompromißlosen Art (wer, sofern alt genug, erinnert sich nicht an seinen legendären Polter-Auftritt in Thomas Gottschalks "Wetten, daß ..?" von 1998?) einfach ein echter Typ war. R.I.P.
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