Regie: Antoine Bardou-Jacquet, Drehbuch: Dean Craig
Darsteller:
Ron Perlman, Rupert Grint, Robert Sheehan, James Cosmo, Tom Audenaert, Erika Sainte, Stephen Campbell Moore, Jay Benedict, Kevin Bishop
FSK: 16, Dauer: 97 Minuten.
1969: Das Wettrennen zwischen USA und Sowjetunion zur
ersten bemannten Mondlandung ist längst zu einem Wettkampf der Ideologien im
Kalten Krieg geworden – umso wichtiger ist es für die Amerikaner (gerade
angesichts des wenig erfolgreich verlaufenden Vietnam-Konflikts), daß bei der
Apollo 11-Mission mit Neil Armstrong und Buzz Aldrin nichts schiefgeht. Und um
das zu garantieren, wäre ein Plan B nicht schlecht. Also schickt die CIA den
traumatisierten Vietnam-Rückkehrer Kidman (Ron Perlman, "Pacific Rim") mit einem Geldkoffer nach London, wo er den Regisseur Stanley
Kubrick – der ein Jahr zuvor mit seinem Weltraum-Film "2001: Odyssee im
Weltraum" für Furore sorgte – dazu überreden soll, eine fingierte
Mondlandung zu inszenieren, die im Falle eines Scheiterns der echten Mission im
Fernsehen gezeigt werden soll. Durch eine unglückliche Verwechslung gerät
Kidman allerdings nicht an Kubricks Agent, sondern an den glücklosen
Bandmanager Jonny (Rupert Grint aus der "Harry Potter"-Reihe), der
mit dem Geldkoffer abhaut, weil er hohe Schulden bei dem fiesen Gangsterboß Dawson (James
Cosmo, TV-Serie "Game of Thrones") hat. Als Kidman seinen Fehler
bemerkt, will er das Geld natürlich unbedingt zurück; und einen Film braucht er
ja auch noch immer, doch zum Glück kennt Jonny den experimentellen deutschen Filmemacher
Renatus (Tom Audenaert), der in einem abgelegenen Anwesen eine eigene
Hippie-Kommune um sich geschart hat …
Kritik:
Verschwörungstheorien sind ja so eine Sache. Als neutraler
Beobachter kann man über etliche nur den Kopf schütteln, viele sind dagegen
richtig lustig (und selbstverständlich dürften einige zumindest einen wahren
Kern beinhalten) – problematisch kann es werden, wenn jemand so fanatisch an die Wahrheit abstrusester Theorien glaubt, daß er jegliche
Bodenhaftung verliert. Bei der Mondlandungs-Verschwörungstheorie dürfte das
kein Problem sein, denn mal ehrlich: Was würde es schon ändern, wenn sie sich
als wahr herausstellen würde? Genau das macht die Legende der von Meisterregisseur Stanley
Kubrick inszenierten Mondlandung wohl auch zu einer der beliebtesten, weil fast jeder die ikonischen TV-Bilder kennt und weil die Vorstellung
einerseits höchst amüsant, letztlich aber völlig harmlos ist. Natürlich dauerte
es nicht lang, bis Hollywood die Thematik aufgriff; bereits 1978
kam Peter Hyams' "Unternehmen Capricorn" in die Kinos – okay, darin
geht es um eine Fake-Marslandung, aber die Stoßrichtung ist klar –, während es in
vielen anderen Filmen, Serien oder Videospielen deutliche Anspielungen gibt. Bevor
die ganze Angelegenheit aber vielleicht doch in Vergessenheit zu geraten droht, hat der
britische Drehbuch-Autor Dean Craig ("Die Trauzeugen") die
Verschwörungstheorie als Basis für die vom Franzosen Antoine
Bardou-Jacquet in seinem Langfilm-Debüt inszenierte schwarze Komödie
"Moonwalkers" hergenommen. Fairerweise müßte die jedoch eher einen anderen
Titel tragen: "Ron Perlman mies gelaunt unter Hippies". Denn
ausgehend von der Verschwörungs-Prämisse entwickelt sich rasch eine irre, drogengeschwängerte Komödie mit überraschenden Gewaltspitzen im Stil der Filme von Guy
Ritchie – das ist vor allem dank Ron Perlman sehr amüsant, hat jedoch mit einigen
Schwächen zu kämpfen.
Auffällig ist schnell, daß Regisseur Bardou-Jacquet ein
richtig gutes Gespür für visuelle Gags hat. Immer dann, wenn im Film nicht
geredet wird, kann man sich eigentlich sicher sein, daß es richtig unterhaltsam
wird: wenn Kidman sauer wird (und das wird er schnell), in den absurd
übertriebenen Kampfszenen und vor allem in dem liebevoll-abstrus gestalteten Hippie-Anwesen, in dem schon der ständige
Drogenkonsum samt halluzinogener Trips dazu führt, daß Worte ihre Bedeutung
verlieren. Bardou-Jacquet weiß um die große charismatische Präsenz seines
Hauptdarstellers; so läßt er dem unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leidenden hartgesottenen Soldaten viel Raum, um völlig wortlos seinen
wenig positiven Gefühlen für das ihm völlig unverständliche "Swinging London" freien Lauf zu lassen –
allein die fassungslose Verachtung in Kidmans Blick, wenn er beispielsweise
die äußerst sexistischen Tischbeine im Büro des Kubrick-Agenten Derek (Stephen
Campbell Moore, "Der letzte Tempelritter") erblickt, ist einfach nur
köstlich; ganz zu schweigen von den irritierten Reaktionen auf die fortwährenden Annäherungsversuche der konsequent spärlich bekleideten Hippie-Braut Ella (Erika Sainte, "Familienbande"). Apropos "Swinging London": Das ist von Bardou-Jacquet ordentlich in
Szene gesetzt, so richtig kann "Moonwalkers" die in Filmen wie Michelangelo Antonionis "Blow
Up" zelebrierte, unnachahmliche Stimmung jener Ära aber nicht zum Leben
erwecken – was auch an einem Soundtrack liegt, der (vermutlich eine Frage der
Lizenzkosten) nur wenige prägende Sixties-Songs von Bands wie Jefferson Airplane
oder Creedence Clearwater Revival aufbieten kann.
Weniger gut als in den wortarmen Sequenzen sieht es aus –
beziehungsweise hört es sich an –, sobald die Figuren anfangen zu reden. Das
ist wohlgemerkt nicht die Schuld der Darsteller, die alles aus ihren zumeist
skurrilen Rollen herausholen. Ob das Robert Sheehan ("Chroniken der Unterwelt") als Jonnys
dauerbreiter Kumpel (und Kubrick-Double) Leon ist, Jay Benedict als
überzeichneter US-Colonel Dickford, James Cosmo als Gangsterboß mit einem Bastel-Faible
oder natürlich der selbstverliebte Künstler Renatus – für Amüsement sorgen sie
alle, womit der arme Rupert Grint als die noch normalste Person im Ensemble
fast ein wenig untergeht. Aber die Dialoge, die das handlungstechnisch sowieso dünne Drehbuch ihnen vorgibt, sind einfach nicht das Gelbe vom Ei. Der
einfallsreiche, verspielte visuelle Humor der wortlosen Szenen will nicht so recht passen zu den oft banalen Dialogen und den zotigen Gags auf
mäßigem Niveau. Natürlich gibt es ein paar witzige Oneliner und gelungene
popkulturelle Anspielungen, wenn quasi kein Satz ohne mindestens einen Gag
vergeht, aber insgesamt ist die Trefferquote eher mäßig. Diskutabel ist zudem
der hohe Gewaltgrad. Wie gesagt ist es überdeutlich, daß Guy Ritchies
Action-Komödien wie "Bube, Dame, König, GrAs" oder "Snatch"
Pate standen für "Moonwalkers", auch Tarantino war definitiv eine
Inspirationsquelle. Und weil Ron Perlman als harter Hund in einer ihm völlig fremden Welt so unfaßbar cool
rüberkommt und die gar nicht wenigen Kampfsequenzen mit abgetrennten Köpfen und
Blutfontänen in bester Shaw Brothers-Tradition so dermaßen hemmungslos übertrieben
sind, daß man sie absolut nicht ernstnehmen kann, funktioniert das gar nicht
so schlecht. Dennoch stellt sich die Frage: Mußte das wirklich sein? Letztlich
wirken die entsprechenden Szenen vor allem im grotesken Finale eher so, als
müßten sie Craigs fehlende Ideen zum Vorantreiben bzw. Beschließen der Handlung
ausbaden als daß sie sich wirklich harmonisch in den Film einfügen würden. Daß
einige Zuschauer durch den hohen Gewaltgrad abgeschreckt werden, davon kann man
ausgehen – und das ist schade, weil denen eine über weite Strecken wirklich unterhaltsame und in positivem Sinne alberne Geschichte entgeht.
Fazit: "Moonwalkers" ist eine
schwarzhumorige, an Zitaten reiche Komödie mit recht heftigen Gewaltspitzen, die mit dem wunderbar kantigen Hauptdarsteller Ron Perlman, vielen schrägen Nebenfiguren und einem guten Gespür für visuelle Gags für Unterhaltung sorgt – eine extrem dünne Handlung und eher schwache Dialoge verhindern,
daß daraus ein richtig guter Film wird.
Wertung: 6,5 Punkte.
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