Regie: Zack Snyder, Drehbuch: Chris Terrio, David S. Goyer,
Musik: Hans Zimmer und Junkie XL (Tom Holkenborg)
Darsteller:
Ben Affleck, Henry Cavill, Gal Gadot, Jesse Eisenberg, Amy Adams, Jeremy Irons,
Laurence Fishburne, Holly Hunter, Tao Okamoto, Callan Mulvey, Scoot McNairy,
Harry Lennix, Diane Lane, Kevin Costner, Lauren Cohan, Jeffrey Dean Morgan,
Michael Shannon, Robin Atkin Downes, Michael Cassidy, Emily Peterson, Neil
deGrasse Tyson, Anderson Cooper, Patrick Wilson (Stimme), Carla Gugino
(Stimme), Ezra Miller, Ray Fisher, Jason Momoa
18 Monate nach Supermans (Henry Cavill, "Krieg der Götter") verlustreichem Sieg über General Zod: Superman wird von den
meisten Menschen verehrt, von manchen gar geradezu angebetet, doch es gibt auch
Widerstand. Nachdem eine Rettungsaktion für seine Reporter-Freundin Lois Lane
(Amy Adams, "American Hustle") in Afrika scheinbar schwerwiegende
Kollateralschäden verursacht hat, versucht ein Senatsausschuß unter Führung von
Senatorin Finch (Holly Hunter, "Das Piano") den Superhelden davon zu
überzeugen, nicht mehr auf eigene Faust zu handeln. Unterstützung wird dem
Ausschuß vom jungen, exzentrischen Unternehmer-Genie Lex Luthor (Jesse
Eisenberg, "The Social Network") angeboten, der eine Kryptonitwaffe
entwickeln will, die Superman töten könnte. Der befaßt sich unterdessen mit
einem anderen Superhelden, denn Batmans (Ben Affleck, "Gone Girl") zunehmend brutales
Selbstjustiz-Vorgehen gegen Gothams Unterwelt ist Superman ein Dorn im
Auge. Batman wiederum, der Supermans Kampf gegen General Zod mit eigenen Augen
in Metropolis miterlebt hat, hält den Kryptonier zumindest auf lange Sicht für eine
Bedrohung für die Menschheit …
Kritik:
Beginnen wir mit der guten Nachricht: Zack Snyders "Batman v
Superman: Dawn of Justice" ist kein Totalausfall. Die schlechte Nachricht:
Er ist auch kein guter Film. Stattdessen erweist sich das mit Spannung
erwartete Superhelden-Aufeinandertreffen als qualitativ zwar konsequente, aber hoffnungslos überfrachtete
Fortsetzung des mittelmäßigen ersten Superman-Abenteuers mit Henry Cavill
"Man of Steel". Selbstverständlich muß das unter dem Strich als eine klare
Enttäuschung gewertet werden, denn die Hoffnung, daß Regisseur Snyder aus
den bei "Man of Steel" begangenen Fehlern – allen voran dem großen
Actionschwerpunkt, der ganz erheblich zu Lasten von Story und Figurenzeichnung
ging – die richtigen Konsequenzen gezogen hat, wurde in keiner Weise erfüllt. Nun will ich das gar nicht einer
grundsätzlichen Unbelehrbarkeit Snyders zuschreiben, schließlich hat er mit
seiner gelungenen "Watchmen"-Adaption schon bewiesen, daß er auch
anders kann. Das hauptsächliche Problem dürfte die Ungeduld von DC Comics und
Warner Bros. sein, die hier im Grunde genommen versuchen, den immensen
Vorsprung, den sich Erzrivale Marvel in den letzten Jahren mit seinem immer
ausufernderen, aber eben auch immer erfolgreicheren "Marvel Cinematic
Universe" rund um "The Avengers" und "Guardians of the Galaxy"
erarbeitet hat, mit einem einzigen riesigen Schritt aufzuholen. Ein
ambitioniertes Vorhaben; ein (wenig überraschend) zu amibitioniertes,
das das Potential des Duells zwischen den beiden ikonischen Protagonisten zwar immer
wieder aufblitzen läßt, insgesamt aber regelrecht unter sich begräbt.
Tatsächlich sind die 150 Minuten dermaßen vollgepackt mit
Exposition, daß lange überhaupt kein richtiger Erzählfluß aufkommen will. Zu
Beginn reiht sich eine Szene scheinbar wahllos und ohne direkte Verknüpfung an
die nächste, weil die Heerscharen an wichtigen Figuren und Handlungssträngen ja
irgendwie eingeführt werden müssen – etwas, wofür Marvel mit seiner
strategisch-vorsichtigen Vorgehensweise jeweils eigene Solofilme für die diversen
Superhelden nutzte, muß hier zwangsläufig kollektiv in den ersten 30 Minuten
verbraten werden. Da Snyder sein Markenzeichen – die getragene,
pathosgetränkte Inszenierung (samt dramaturgisch wenig zielführenden
Visionen, Träumen, Vor- und Rückblenden), die manchmal das Gefühl erweckt, der ganze Filme wäre in
bedeutungsschwangerer Zeitlupe gedreht worden – nicht aufgeben will, ergibt
sich eine kuriose Kombination aus häufig zu sehr in die Länge gezogenen
Einzelszenen und einem insgesamt dennoch gehetzten Eindruck. Darunter hat
ausgerechnet die eigentliche Hauptfigur Superman – immerhin ist es die
Fortsetzung von "Man of Steel" – zu leiden, die über weite Strecken
zur reinen Nebenfigur verkommt und als Reporter Clark Kent gar noch weniger
zu tun hat. Lediglich Amy Adams rettet mit einer wieder einmal hervorragenden
Leistung als Lois Lane diesen Handlungsstrang vor der vollkommenen Beliebigkeit.
Natürlich ist es logisch, daß Superman als einzige Filmfigur, die bereits zuvor
eingeführt wurde, angesichts der vielen Neulinge (neben Lex Luthor gibt es
sogar noch einen weiteren Bösewicht, zudem werden die weiteren DC-Filme
angeteasert) etwas an den Rand gedrückt wird, so extrem wie in "Batman v
Superman" dürfte das aber niemals passieren. Selbst die in der Theorie sehr
interessanten Fragestellungen über Recht, Gerechtigkeit und
Verantwortlichkeit, die der Film eingangs noch aufwirft, versanden schnell. Henry
Cavill kann einem da eigentlich nur leid tun.
Daß auf der anderen Seite der rein rechnerisch vermutlich
auch nicht länger auf der Leinwand zu sehende Batman wesentlich interessanter
erscheint, kommt aber nicht von ungefähr. Einmal war Batman natürlich
schon immer der deutlich komplexere Superheld als der unverwundbare Kryptonier
Superman; im vorliegenden Film dürfte aber ebenfalls eine große Rolle spielen, daß Ben
Affleck eigens seinen mit dem Drehbuch-OSCAR ausgezeichneten "Argo"-Autor Chris Terrio
hinzuholte, um die Batman-Passagen aufzupeppen. Das ist Terrio vortrefflich
gelungen, weshalb Ben Affleck schauspielerisch auch wesentlich mehr zeigen darf
als Henry Cavill. Sein Bruce Wayne ist eine konsequente Weiterführung
dessen, was Christian Bale in Christopher Nolans (der übrigens immer noch
als Produzent beteiligt ist) "Dark Knight"-Trilogie begonnen hat.
Dieser Bruce Wayne ist nach 20 Jahren der Verbrechensbekämpfung in Gotham müde
und desillusioniert geworden, er greift immer öfter zur Flasche und geht auch
zunehmend brutal vor; seine Prinzipien scheinen nicht mehr so eisern zu sein zu Beginn seiner Superhelden-Karriere. Das ist glaubwürdig hergeleitet und von Ben Affleck überzeugend
dargestellt, auch sein großes Mißtrauen Superman gegenüber – dessen Kampf gegen
General Zod in "Man of Steel" ein Hochhaus der Wayne Corporation
zerstörte und einem engen Freund von Bruce das Leben kostete, wie wir im Prolog
erfahren – ist absolut nachvollziehbar. Umgekehrt gilt das leider nicht wirklich und so kommt eine der nicht wenigen Drehbuchschwächen von "Batman v
Superman" zum Vorschein: Obwohl Batman seit 20 Jahren aktiv ist (wie
mehrfach betont wird), scheint Superman – dessen Alter Ego ja immerhin ein
Reporter ist – keine Ahnung von ihm, seinen Taten und seiner Motivation zu
haben, deshalb will er ihn aufhalten. Das wirkt so konstruiert, um einen
Konflikt zwischen Superman und Batman zu schüren, wie es nunmal ist. Subtil geht
anders, glaubwürdig auch. Eine kluge Entscheidung war es hingegen, Batman technisch
etwas umzurüsten. Speziell der Batsuit wirkt eher wie eine schwere
Ritterrüstung, was naturgemäß Batmans Agilität einschränkt, ihn dafür aber noch
schwerer verwundbar macht. So wird das Duell zwischen Superman und Batman in
mehrfacher Hinsicht zum Kampf der Philosophien: Der strahlende, messiasgleiche
Held Superman gegen den dunklen Rächer und Anti-Helden Batman; der agile,
leichtfüßige, fliegende Superman gegen den schwerfälligen, schlagkräftigen, technisch hervorragend ausgestatteten Batman. Wunderbar.
Der größte Schwachpunkt von "Batman v Superman" in
erzählerischer Hinsicht ist derweil Lex Luthor. Das einzige, was an Lex Luthor
funktioniert, ist sein Darsteller. Jesse Eisenberg macht einen guten Job, daran
kann kein Zweifel bestehen; an die Leistung von Heath Ledger in "The Dark Knight" reicht er jedoch nicht heran. Warum ich jetzt
ausgerechnet Ledgers OSCAR-prämierte Darstellung des Joker als Vergleich für
eine ganz andere Figur heranziehe? Nun, ganz einfach: Weil das Drehbuch diesen
Lex Luthor als eine billige Kopie des Joker gestaltet. Lex ist total irre,
er schwankt zwischen kindlicher Begeisterung und tödlicher Bedrohlichkeit, er
ist ein Chaot mit einem unbändigen Haß auf Superhelden. Es gibt sogar einzelne
Szenen, die direkt aus "The Dark Knight" stammen könnten, nur daß bei
Lex die Gesichtsbemalung fehlt (dafür paßt die Frisur ganz gut). Die Frage muß erlaubt sein: Wenn man
aus einem bewährten Oberbösewicht wie Lex Luthor – früher bereits hervorragend verkörpert
von Gene Hackman (in "Superman" und "Superman II"), Kevin Spacey ("Superman Returns") und Michael
Rosenbaum (in der TV-Serie "Smallville") – unbedingt zur einer Joker-Kopie
machen will … warum nimmt man dann nicht gleich den Joker? Weil der gerade mit
den Dreharbeiten zu "Suicide Squad" beschäftigt war? Nein, dieser Lex
Luthor funktioniert einfach nicht, nicht als Figur und auch nicht als
Bösewicht. Denn Lex' ganz, ganz fieser Plan, dessen Vorbereitungen im
Mittelpunkt des sich wie Kaugummi ziehenden zweiten Aktes von "Batman v
Superman" stehen, ist so uninspiriert und vorhersehbar, daß man es
kaum glauben möchte. Zudem sind auch bei diesem Plan die Parallelen zum
Vorgehen des Joker in "The Dark Knight" – der ja mit Batman und
Harvey Dent ebenfalls zwei eigentliche Verbündete aufeinanderhetzte – mehr als
offensichtlich, nur eben dramaturgisch und vor allem psychologisch mindestens
zwei Klassen schlechter. Die scheinbar für das neue DC-Kinouniversum
charakteristische Humorlosigkeit (ich habe genau einen Gag gezählt, Martha Kent
sei dank), die ich grundsätzlich gar nicht mal kritisieren will – gerade als
Abgrenzungsmöglichkeit gegenüber Marvel – ist da auch nicht
wirklich hilfreich.
So langweilt man sich also in diesem Mittelteil dem
unvermeidlichen Showdown entgegen, der selbstverständlich und wie schon in
"Man of Steel" viel zu lang geraten ist, dabei aber immerhin einige echte
Höhepunkt zu bieten hat. Hierbei ist an erster Stelle Wonder Woman alias Diana
Prince zu nennen, die ihren ersten Auftritt bei einer von Lex Luthor gegebenen
Party hat, bei der erstmals Superman, Batman, Wonder Woman (natürlich alle drei
in Form ihrer zivilen Alter Egos) und Lex Luthor aufeinandertreffen. Eine
Szene, die episch sein und die Funken sprühen lassen sollte, in Wirklichkeit
jedoch reichlich bieder daherkommt – abgesehen von der tollen Musik von Hans
Zimmer und Junkie XL (alias Tom Holkenborg), die speziell Wonder Woman und Lex
Luthor richtig schöne, einprägsame Leitmotive auf den Leib geschrieben haben.
Gal Gadot ("Fast & Furious 4-7") jedenfalls, deren Besetzung als Wonder Woman bei Comicfans durchaus
kontrovers diskutiert wurde, macht als Amazonenprinzessin eine ausgesprochen
gute Figur (wenngleich sie zugegebenermaßen schauspielerisch noch nicht sehr gefordert wird) und erhöht die Vorfreude auf ihren ersten Solofilm im
Sommer 2017. Hinsichtlich des überlangen Finales will ich eigentlich gar nicht
ins Detail gehen, verraten darf ich aber sicherlich, daß die Spezialeffekte
nahezu makellos sind (wohingegen der 3D-Einsatz wie so häufig kaum Mehrwert
bringt) und die letzte Phase des Kampfes – endlich! – genau so episch ausfällt
wie man es sich nur wünschen konnte. Auch hier muß ich noch einmal ausdrücklich
die Musik loben, die mit ihrer Wucht zumindest ansatzweise den
infolge der beschriebenen Drehbuchschwächen bestehenden Mangel an emotionaler
Bindung zu den Figuren kompensieren kann. Zwar läßt sich für Filmmusik-Kenner recht genau sagen, welche Teile des Scores von Zimmer stammen und welche von
Holkenborg, im Zusammenspiel ergibt sich aber eine wundersame Symbiose, die
speziell die Actionsequenzen – ähnlich wie bei "Gladiator",
Zimmers wohl berühmtestem Soundtrack – auf ein höheres Unterhaltungslevel
hievt.
Fazit: "Batman v Superman: Dawn of Justice"
ist für sich genommen ein eher durchwachsenes Superhelden-Abenteuer, das wieder mal zu stark auf Action und zu wenig auf Handlung setzt; als Ausgangspunkt
für die kommenden "Justice League"-Filme und diversen Soloabenteuer
der DC-Superhelden bietet er aber recht vielversprechende Ansätze, die auf
eine qualitativ bessere Zukunft hoffen lassen.
Wertung: 6,5 Punkte.
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