Originaltitel:
A Farewell to Arms
Regie: Franz Borzage, Drehbuch: Benjamin Glazer und Oliver
H.P. Garrett, Musik: Milan Roder
Darsteller:
Gary Cooper, Helen Hayes, Adolphe Menjou, Mary Philips, Jack La Rue, Blanche
Friderici, Gilbert Emery, Mary Forbes, George Humbert
Europa während des Ersten Weltkrieges: Der Amerikaner
Frederic Henry (Gary Cooper, "Ein Mann wie Sprengstoff") ist als
Freiwilliger Teil der italienischen Armee und fungiert dort als Ambulanzfahrer.
Eines Tages lernt er im Hospital die hübsche englische Krankenschwester
Catherine Barkley (Helen Hayes, "Anastasia", "Airport") kennen und obwohl
Liebeleien streng verboten sind, verlieben sie sich unsterblich ineinander.
Frederic muß schon bald wieder an die Front, weshalb die Liebenden die lange Zeit bis
zu ihrem Wiedersehen mit Briefen überbrücken müssen, die durch unglückliche
Umstände jedoch beiderseits nie ihr Ziel erreichen.
Irgendwann hält Frederic die Ungewißheit nicht mehr aus und desertiert
kurzerhand, um sich inmitten der Wirren des Krieges auf die Suche nach Catherine – von
deren Schwangerschaft er noch nichts weiß – zu machen ...
Kritik:
Obwohl der Erste Weltkrieg – von dem damals niemand dachte,
er würde jemals das Wort "Erste" vorangestellt bekommen, schließlich
sollte es der "Krieg, um alle Kriege zu beenden" sein –
logischerweise ein extrem prägendes Ereignis des 20. Jahrhunderts war, scheint
es manchmal so, als wäre er schon fast vergessen. Das liegt neben der langen
Zeit, die seitdem vergangen ist, natürlich vor allem am Zweiten Weltkrieg mit
seinen noch umfassenderen und verheerenderen Verbrechen gegen die Menschheit mitsamt der anschließenden
politischen Umwälzungen. Das merkt man auch dem Film-Output zu beiden
Weltkriegen an, denn während bis heute jährlich Werke über den Zweiten
Weltkrieg in die Kinos kommen, wird der Erste Weltkrieg kaum noch behandelt.
Steven Spielbergs "Gefährten" war eine Ausnahme, auch die deutsche
Co-Produktion "Merry Christmas" – die wohl bekanntesten und auch
bedeutendsten Filme über den Ersten Weltkrieg dürften aber immer noch Stanley
Kubricks beklemmendes Meisterwerk "Wege zum Ruhm" aus dem Jahr 1957
und Lewis Milestones Remarque-Adaption "Im Westen nichts Neues"
(1930) sein. Naja, und David Leans "Lawrence von Arabien", der zwar
während dieses Krieges spielt, aber einen ganz anderen Schwerpunkt setzt. Zu
den zu Unrecht eher in Vergessenheit geratenen Klassikern zur Thematik zählt neben Dalton
Trumbos erschütterndem "Johnny zieht in den Krieg" (1971), dem
nostalgischen Geniestreich "Leben und Sterben des Colonel Blimp"
(1943) von Michael Powell und Emeric Pressburger sowie Jean Renoirs poetischem
"Die große Illusion" (1937) auch die Hemingway-Verfilmung "In
einem anderen Land". Es gibt noch eine neuere und bekanntere Version des
Stoffs aus dem Jahr 1957 mit Rock Hudson und Jennifer Jones, aber Frank
Borzages ("Tödlicher Sturm") Fassung gilt als die deutlich bessere.
Borzage hat die bewegende Story im Stil eines typischen
Hollywood-Epos in Szene gesetzt, sich dabei aber ehrlich gesagt etwas zu kurz
gefaßt. Hemingways knapp 400-seitiges Buch in gerade einmal 85 Minuten
abzuhandeln ist schon gewagt, zwangsläufig gehen dabei einige Feinheiten
verloren. Da Borzage aber versucht hat, möglichst viel Stoff in diese 85 Minuten zu
packen, wirkt der Film an vielen Stellen einfach gehetzt. Das ist wirklich
schade, denn es wäre sicherlich kein Problem gewesen, "In einem anderen
Land" um 20 oder 30 Minuten zu strecken und dafür die einzelnen Passagen
detaillierter sowie mit sanfteren Übergängen auszuspielen. Erst beim
melodramatischen Ende läßt sich Borzage plötzlich alle Zeit der Welt und
walzt es übertrieben aus. Da wäre eine etwas gleichmäßigere Verteilung der
inhaltlichen Schwerpunkte angeraten gewesen.
Dennoch bietet "In einem anderen Land" fraglos
Unterhaltung auf ziemlich hohem Niveau. Wie es bei einem Film auf Grundlage eines
(von den eigenen Erfahrungen als Sanitäter im Krieg inspirierten) Buches von Ernest
Hemingway nicht anders zu erwarten ist, sind die tiefsinnigen und sprachlich
ausgefeilten Dialoge ein großes Highlight des Films: Es ist einfach eine
Freude, den schlagfertigen Rededuellen und den philosophischen Gedankengängen
der Charaktere zu lauschen. Bemerkenswert ist dabei, wie schnell die vier
wichtigsten Figuren trotz der Kürze des Films an Profil gewinnen. Der wie stets
große Würde ausstrahlende Gary Cooper und die zierliche Helen Hayes wirken
optisch, wenn sie nebeneinander stehen, dank eines gefühlten Größenunterschieds
von einem Meter (in Wirklichkeit waren es "nur" 39 cm) zwar eher wie
ein Vater mit seiner zehnjährigen Tochter; dennoch geben sie ein sehr schönes,
leidenschaftliches und sogar glaubwürdiges Liebespaar ab, dem man alles Glück
der Welt wünscht – bei einem Film, in dessen Zentrum diese Liebesgeschichte
unter extrem erschwerten Bedingungen steht, ist das naturgemäß ein entscheidender
Aspekt. Neben den beiden zentralen Liebenden sind ebenfalls ihre besten Freunde
interessant, der etwas selbstverliebte Chirurg Rinaldi (Adolphe Menjou,
"The Front Page") und Catherines Kollegin Helen "Fergie"
Ferguson (Mary Philips, "Prinz Eisenherz"), die das Liebespaar
unbedingt auseinanderbringen wollen. Wohlgemerkt aus wohlmeinenden Motiven, denn beide
sind überzeugt, daß die Beziehung erstens sowieso nicht funktionieren könne und
ihnen zweitens schade, da sie sie vom Wesentlichen (ihren Pflichten im Krieg) abhalte.
Dieser recht ausführlich geschilderte Handlungsstrang war
vermutlich auch dazu gedacht, die Zensurbehörde zu besänftigen. Zwar ist
"In einem anderen Land" ein Pre-Code-Film, der also in die Kinos kam,
bevor die Einhaltung des "Hays Codes" mit seinen strengen
Zensurvorschriften 1934 verpflichtend wurde; aber allzu deutliche Verstöße
gegen die moralischen Vorschriften konnten auch zu dieser Zeit bereits zu
Problemen führen. Und ein amerikanischer Offizier, der am laufenden Band gegen
die Vorschriften verstößt und dem die Liebe wichtiger ist als seine
militärische Pflicht – so etwas konnte man dem Publikum wohl nur zumuten, wenn
ihm gleichzeitig verdeutlich wird, wie schändlich ein solch egoistisches
Verhalten doch sei ... Zu Hemingways großer Verärgerung wurde sogar ein
alternatives Ende gedreht, das seiner Ansicht nach den Sinn der Geschichte
völlig entstellt. Die amerikanischen Kinos durften dann selbst entscheiden,
welches Ende sie ihrem Publikum präsentieren wollten; glücklicherweise ist das "echte"
Ende aber erhalten geblieben (es gibt mehr als genügend Filme, von denen nur
noch die zensierte Version existiert) und wird heutzutage standardmäßig
verwendet.
Trotz dieser (abgesehen vom alternativen Ende
dramaturgisch erstaunlich gut funktionierenden und somit kaum störenden)
Zugeständnisse ist es aber offensichtlich, daß "In einem anderen
Land" ein Pre-Code-Film ist, allen voran anhand einer für die damalige
Zeit sehr fortschrittlichen und zugleich gewagten Sequenz im Lazarett, die komplett aus der
Ich-Perspektive gefilmt ist und geradezu unerhört mit einem Kuß endet! Generell durfte sich
Kameramann Charles Lang ("Manche mögen's heiß", "Die glorreichen Sieben") richtig austoben und für
seinen Regisseur beeindruckende, dezidiert expressionistische
Schwarzweiß-Bildkompositionen kreieren, die die Wucht des Krieges (der
ansonsten kaum von Nahem gezeigt wird) so eindrücklich illustrieren wie kaum
ein Film zuvor. Dazu passend wird bereits während des Vorspanns das Geräusch
explodierender Bomben sehr effektvoll genutzt, um die jeweils nächste
"Seite" mit den Namen der Beteiligten zu markieren. Innovative Kniffe wie diese sind es, die auch dafür sorgen, daß Borzages Film einem im Gedächtnis bleibt.
Fazit: "In einem anderen Land" ist eine technisch eindrucksvolle Mischung aus überzeugtem Anti-Kriegsfilm und
epischer Romanze, die zwar teilweise deutlich von Ernest Hemingways Romanvorlage
abweicht und zu viel Handlung in 85 Minuten packen will, aber mit sorgfältiger
Figurenzeichnung und starker Besetzung gut und sogar recht anspruchsvoll
unterhält.
Wertung: Knapp 8 Punkte.
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