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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Mittwoch, 23. Oktober 2013

ALLES EINE FRAGE DER ZEIT (2013)

Originaltitel: About Time
Regie und Drehbuch: Richard Curtis, Musik: Nick Laird-Clowes
Darsteller: Domhnall Gleeson, Rachel McAdams, Bill Nighy, Lindsay Duncan, Lydia Wilson, Richard Cordery, Margot Robbie, Will Merrick, Joshua McGuire, Tom Hollander, Vanessa Kirby, Richard Griffiths, Richard E. Grant, Tom Hughes
About Time
(2013) on IMDb Rotten Tomatoes: 71% (6,4); weltweites Einspielergebnis: $87,1 Mio.
FSK: 0, Dauer: 123 Minuten.

Just zu seinem 21. Geburtstag erfährt Tim Lake (Domhnall Gleeson, "Anna Karenina") von seinem Vater (Bill Nighy, "Zorn der Titanen"), daß alle männlichen Mitglieder der Familie durch die Zeit reisen können, allerdings nur innerhalb ihrer eigenen Lebensspanne. Natürlich reagiert Tim ungläubig, doch wie er schnell herausfindet, funktioniert es tatsächlich. Fortan nutzt Tim diese außergewöhnliche Fähigkeit – die allerdings ein paar Beschränkungen hat –, um Fehler schnell auszubügeln. Das hat er ehrlich gesagt vor allem in Liebesdingen auch dringend nötig, denn beim Flirten stellt sich Tim stets reichlich unbeholfen an. Mit Hilfe der Zeitreisen erobert er schließlich das Herz der schönen Mary (Rachel McAdams, "Midnight in Paris") und versucht nebenbei auch, seinen – bis auf den Vater unwissenden – Familienmitgliedern und Freunden zu helfen. Doch manches läßt sich auch mit Zeitreisen nicht wieder heilmachen ...

Kritik:
Eine Warnung vorweg: Wenn es um den neuseeländischen (aber seit langem in Großbritannien arbeitenden) Regisseur und Drehbuch-Autor Richard Curtis geht, dann bin ich nicht objektiv. Gut, so formuliert ist das kaum bemerkenswert, schließlich gehört die Subjektivität ja zum Wesen von Rezensionen. Aber bei Curtis bin ich ganz besonders hilflos, denn ich kann seinem ganz besonderen Stil einfach nicht widerstehen. Ein Curtis-Film ist schamlos romantisch (Andrew Lincolns stumme Liebeserklärung an Keira Knightley in "Tatsächlich ... Liebe" ist wohl die bezauberndste, die ich im Kino je sehen durfte) und mitunter hemmungslos albern (ich erinnere an Bill Nighys göttliche Performance als alternder Rockstar ebenfalls in "Tatsächlich ... Liebe"), er präsentiert ein Füllhorn liebenswerter Figuren, die man am liebsten sofort adpotieren (oder heiraten) würde und er steckt voller spritzigem Wortwitz. Professionelle Kritiker sehen das in der Regel nicht ganz so begeistert und beschweren sich über mangelnde Substanz, zu viel Kitsch und einen erschreckenden Mangel an Originalität. Womit sie in der bloßen Theorie vollkommen richtig liegen. Nur ändert das nichts daran, daß ich mit wenigen Ausnahmen auf alles stehe, was Curtis je gemacht hat: Ich verehre seine frühe Comedy-Serie "Black Adder" mit Rowan Atkinson, als Kind habe ich "Mr. Bean" geliebt (und mag ihn noch heute), seine romantischen Kinokomödien "Vier Hochzeiten und ein Todesfall", "Notting Hill" und (auch als Regisseur) "Tatsächlich ... Liebe" gehören für mich zum Besten, was das Genre hergibt (nur mit den beiden "Bridget Jones"-Filmen konnte ich mich nie so ganz anfreunden). Auch der Fernsehfilm "G8 auf Wolke Sieben", die Rock-Komödie "Radio Rock Revolution" (seine zweite Regiearbeit), die "Doctor Who"-Episode "Vincent and the Doctor" – in der er schon einmal die Zeitreise-Thematik trainieren konnte – sowie Spielbergs Erster Weltkriegs-Epos "Gefährten" haben bei mir Bestnoten abgestaubt. Was auch immer Richard Curtis in seinen Drehbüchern anstellen mag: Er trifft bei mir genau den richtigen Nerv. "Alles eine Frage der Zeit" macht da keine Ausnahme, auch wenn die Zeitreise-Romanze von seinen drei Regiearbeiten dann doch diejenige ist, die mich am wenigsten begeistern kann.

Das Zeitreise-Element in "Alles eine Frage der Zeit" ist selbstverständlich ein reines Gimmick. Es gibt keinerlei sinnvolle Erklärung dafür und einiges ist dermaßen unlogisch, daß es die nicht geringe durchschnittliche Unlogik, die Zeitreise-Filmen sowieso immanent ist, noch bei weitem übertrifft. Das ist ein bißchen ärgerlich, aber man muß sich einfach damit abfinden, daß dies kein Zeitreise-Film ist, sondern eine romantische Komödie, der die relativ willkürlich begrenzten Zeitreisen etwas zusätzlichen Pep verleihen. Ein bißchen so wie bei Harold Ramis' Bill Murray-Klassiker "Und täglich grüßt das Murmeltier", nur daß der logischer war, weil Murray (fast) keinen Einfluß auf seine tägliche Zeitreise hatte. Auch kann man an "Alles eine Frage der Zeit" kritisieren, daß die Art und Weise, wie Tim seine Fähigkeit nutzt – ist es nicht letztlich eine Art Betrug, wenn er seine Traumfrau nur deshalb rumkriegen kann, weil er seine Fehler aus dem ersten (und gegebenenfalls auch dem zweiten oder dritten) Versuch unbemerkt korrigieren kann? – niemals hinterfragt wird. Aber wer mit einer solchen Denkweise an einen Curtis-Film herangeht, der kann es auch gleich sein lassen. Richard Curtis will einfach nur mit Humor und Romantik gute Laune bei seinem Publikum verbreiten. Und dieses Metier beherrscht kaum jemand so gut wie er, auch mit "Alles eine Frage der Zeit".

Mutig ist dieses Mal seine Wahl des Hauptdarstellers, denn der Ire Domhnall Gleeson ist bislang alles andere als ein zugkräftiger Star und zudem fünf Jahre jünger als Hauptdarstellerin Rachel McAdams (was in Filmen immer noch sehr ungewöhnlich ist, sofern es nicht direkt in der Story thematisiert wird – was hier nicht der Fall ist). Der Sohn des beliebten "The Guard"-Hauptdarstellers Brendan Gleeson hat sich in den letzten Jahren konsequent in der Hollywood- bzw. Brit-Hierarchie hochgedient mit Nebenrollen in "True Grit", "Alles, was wir geben mußten", "Dredd" oder den letzten beiden "Harry Potter"-Filmen sowie einer kleinen Hauptrolle in "Anna Karenina", nun bekommt er erstmals eine Chance in zentraler Position. Und er macht seine Sache gut. Zwar ist er kein ausgemachter Charmebolzen wie Curtis' früherer Lieblingsdarsteller Hugh Grant, in seiner Naivität und Schusseligkeit kommt Gleeson als Tim allerdings ungeheuer sympathisch rüber und harmoniert zudem gut mit seiner Leinwandpartnerin McAdams. Auch die gewohnt schrägen Nebenfiguren sind gut besetzt, wobei erwartungsgemäß vor allem Bill Nighy als Tims Vater hervorsticht, auch wenn sein großes Talent in dieser Rolle eher wenig gefordert wird. Dennoch: Die gefühlvollen Vater-Sohn-Szenen sind sehr anrührend in Szene gesetzt, wie die Familienszenen generell. Innerhalb kürzester Zeit hat man das Gefühl, daß man zu dieser wunderbar skurrilen Leinwandfamilie gehört, man fiebert und liebt und lacht und leidet entsprechend mit.

Eine Besonderheit von "Alles eine Frage der Zeit" ist übrigens, daß er nicht – wie die meisten Genrekollegen – dann endet, wenn die Liebenden final zueinanderfinden. Nein, das geschieht hier bereits gegen Mitte des Films, doch Richard Curtis zeigt erfrischenderweise auch, wie es weitergeht. Nicht bis zum Lebensende, aber es geht doch um einige Jahre (weshalb es ein bißchen irritierend ist, daß gar nicht erst versucht wird, die Charaktere in dieser Phase etwas älter aussehen zu lassen). Auch das ist zwar von der Story her nicht überragend originell, eigentlich sogar ziemlich alltäglich, aber damit umso unmittelbarer nachvollziehbar, was den Identifikationsgrad des Publikums mit den Figuren nur noch weiter erhöht. Selbstverständlich unterlegt Curtis seinen Film auch wie immer mit eingängigen Popsongs, deren musikalisches Spektrum von den Sugababes über Ellie Goulding bis hin zu Nick Cave & The Bad Seeds reicht. Bei anderen Filmemachern wirkt so etwas oft einfallslos oder anbiedernd, aber Curtis hat einfach ein hervorragendes Gespür dafür, welches Lied zu welcher Szene paßt. Ein bißchen wie bei Tarantino, bloß eben in der Mainstream-Version. Und wenn es so richtig gefühlvoll wird, dann werden die Popsongs durch atmosphärische Klaviermelodien von Filmkomponist Nick Laird-Clowes (Kopf der britischen Folkrock-Band The Dream Academy) abgelöst.

Fazit: "Alles eine Frage der Zeit" ist eine typisch britische romantische Komödie ohne großen Tiefgang, die mit viel Gefühl und viel Humor alles dafür tut, um ihrem Publikum zwei Stunden lang eine richtig schöne Zeit zu bereiten – was wunderbar gelingt, sofern man mit der richtigen Erwartungshaltung herangeht.

Wertung: 8,5 Punkte.


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