Originaltitel: About Time
Regie und Drehbuch: Richard Curtis, Musik: Nick Laird-Clowes
Darsteller: Domhnall Gleeson, Rachel McAdams, Bill Nighy,
Lindsay Duncan, Lydia Wilson, Richard Cordery, Margot Robbie, Will Merrick,
Joshua McGuire, Tom Hollander, Vanessa Kirby, Richard Griffiths, Richard E.
Grant, Tom Hughes
Rotten Tomatoes: 71% (6,4); weltweites Einspielergebnis:
$87,1 Mio.
FSK: 0, Dauer: 123 Minuten.
Just zu seinem 21. Geburtstag erfährt Tim Lake (Domhnall
Gleeson, "Anna Karenina") von seinem Vater (Bill Nighy, "Zorn der Titanen"), daß alle männlichen Mitglieder der Familie durch die Zeit
reisen können, allerdings nur innerhalb ihrer eigenen Lebensspanne. Natürlich
reagiert Tim ungläubig, doch wie er schnell herausfindet, funktioniert es tatsächlich. Fortan nutzt
Tim diese außergewöhnliche Fähigkeit – die allerdings ein paar Beschränkungen
hat –, um Fehler schnell auszubügeln. Das hat er ehrlich gesagt vor allem in
Liebesdingen auch dringend nötig, denn beim Flirten stellt sich Tim stets reichlich
unbeholfen an. Mit Hilfe der Zeitreisen erobert er schließlich das Herz der schönen Mary (Rachel McAdams, "Midnight in Paris") und versucht
nebenbei auch, seinen – bis auf den Vater unwissenden – Familienmitgliedern und
Freunden zu helfen. Doch manches läßt sich auch mit Zeitreisen nicht wieder
heilmachen ...
Kritik:
Eine Warnung vorweg: Wenn es um den neuseeländischen (aber seit langem in Großbritannien arbeitenden) Regisseur und
Drehbuch-Autor Richard Curtis geht, dann bin ich nicht objektiv. Gut, so
formuliert ist das kaum bemerkenswert, schließlich gehört die Subjektivität ja
zum Wesen von Rezensionen. Aber bei Curtis bin ich ganz besonders hilflos, denn
ich kann seinem ganz besonderen Stil einfach nicht widerstehen. Ein Curtis-Film ist schamlos
romantisch (Andrew Lincolns stumme Liebeserklärung an Keira Knightley in
"Tatsächlich ... Liebe" ist wohl die bezauberndste, die ich im Kino je sehen
durfte) und mitunter hemmungslos albern (ich erinnere an Bill Nighys göttliche
Performance als alternder Rockstar ebenfalls in "Tatsächlich ...
Liebe"), er präsentiert ein Füllhorn liebenswerter Figuren, die man am
liebsten sofort adpotieren (oder heiraten) würde und er steckt voller
spritzigem Wortwitz. Professionelle Kritiker sehen das in der Regel nicht ganz
so begeistert und beschweren sich über mangelnde Substanz, zu viel Kitsch und
einen erschreckenden Mangel an Originalität. Womit sie in der bloßen Theorie vollkommen richtig liegen. Nur ändert das nichts daran, daß ich mit wenigen Ausnahmen auf
alles stehe, was Curtis je gemacht hat: Ich verehre seine frühe Comedy-Serie
"Black Adder" mit Rowan Atkinson, als Kind habe ich "Mr.
Bean" geliebt (und mag ihn noch heute), seine romantischen Kinokomödien
"Vier Hochzeiten und ein Todesfall", "Notting Hill" und
(auch als Regisseur) "Tatsächlich ... Liebe" gehören für mich zum
Besten, was das Genre hergibt (nur mit den beiden "Bridget Jones"-Filmen
konnte ich mich nie so ganz anfreunden). Auch der Fernsehfilm "G8 auf
Wolke Sieben", die Rock-Komödie "Radio Rock Revolution" (seine
zweite Regiearbeit), die "Doctor Who"-Episode "Vincent and the
Doctor" – in der er schon einmal die Zeitreise-Thematik trainieren konnte – sowie Spielbergs Erster Weltkriegs-Epos "Gefährten" haben bei
mir Bestnoten abgestaubt. Was auch immer Richard Curtis in seinen Drehbüchern
anstellen mag: Er trifft bei mir genau den richtigen Nerv. "Alles eine
Frage der Zeit" macht da keine Ausnahme, auch wenn die Zeitreise-Romanze
von seinen drei Regiearbeiten dann doch diejenige ist, die mich am wenigsten begeistern kann.
Das Zeitreise-Element in "Alles eine Frage der
Zeit" ist selbstverständlich ein reines Gimmick. Es gibt keinerlei
sinnvolle Erklärung dafür und einiges ist dermaßen unlogisch, daß es die nicht
geringe durchschnittliche Unlogik, die Zeitreise-Filmen sowieso immanent ist,
noch bei weitem übertrifft. Das ist ein bißchen ärgerlich, aber man muß sich
einfach damit abfinden, daß dies kein Zeitreise-Film ist, sondern eine
romantische Komödie, der die relativ willkürlich begrenzten Zeitreisen
etwas zusätzlichen Pep verleihen. Ein bißchen so wie bei Harold Ramis' Bill
Murray-Klassiker "Und täglich grüßt das Murmeltier", nur daß der
logischer war, weil Murray (fast) keinen Einfluß auf seine tägliche Zeitreise
hatte. Auch kann man an "Alles eine Frage der Zeit" kritisieren, daß
die Art und Weise, wie Tim seine Fähigkeit nutzt – ist es nicht letztlich eine
Art Betrug, wenn er seine Traumfrau nur deshalb rumkriegen kann, weil er seine
Fehler aus dem ersten (und gegebenenfalls auch dem zweiten oder dritten)
Versuch unbemerkt korrigieren kann? – niemals hinterfragt wird. Aber wer mit
einer solchen Denkweise an einen Curtis-Film herangeht, der kann es auch gleich
sein lassen. Richard Curtis will einfach nur mit Humor und Romantik gute Laune
bei seinem Publikum verbreiten. Und dieses Metier beherrscht kaum jemand so gut
wie er, auch mit "Alles eine Frage der Zeit".
Mutig ist dieses Mal seine Wahl des Hauptdarstellers, denn der Ire
Domhnall Gleeson ist bislang alles andere als ein zugkräftiger Star und zudem fünf Jahre jünger als Hauptdarstellerin Rachel McAdams (was in Filmen immer noch sehr ungewöhnlich ist, sofern es nicht direkt in der Story
thematisiert wird – was hier nicht der Fall ist). Der Sohn des beliebten "The Guard"-Hauptdarstellers Brendan Gleeson hat sich in den letzten Jahren
konsequent in der Hollywood- bzw. Brit-Hierarchie hochgedient mit Nebenrollen
in "True Grit", "Alles, was wir geben mußten",
"Dredd" oder den letzten beiden "Harry Potter"-Filmen sowie
einer kleinen Hauptrolle in "Anna Karenina", nun bekommt er erstmals
eine Chance in zentraler Position. Und er macht seine Sache gut. Zwar ist er kein
ausgemachter Charmebolzen wie Curtis' früherer Lieblingsdarsteller Hugh
Grant, in seiner Naivität und Schusseligkeit kommt Gleeson als Tim allerdings ungeheuer
sympathisch rüber und harmoniert zudem gut mit seiner Leinwandpartnerin
McAdams. Auch die gewohnt schrägen Nebenfiguren sind gut besetzt,
wobei erwartungsgemäß vor allem Bill Nighy als Tims Vater hervorsticht, auch
wenn sein großes Talent in dieser Rolle eher wenig gefordert wird. Dennoch: Die
gefühlvollen Vater-Sohn-Szenen sind sehr anrührend in Szene gesetzt, wie die
Familienszenen generell. Innerhalb kürzester Zeit hat man das Gefühl, daß man
zu dieser wunderbar skurrilen Leinwandfamilie gehört, man fiebert und liebt und
lacht und leidet entsprechend mit.
Eine Besonderheit von "Alles eine Frage der Zeit"
ist übrigens, daß er nicht – wie die meisten Genrekollegen – dann endet, wenn die
Liebenden final zueinanderfinden. Nein, das geschieht hier bereits gegen Mitte
des Films, doch Richard Curtis zeigt erfrischenderweise auch, wie es weitergeht. Nicht
bis zum Lebensende, aber es geht doch um einige Jahre (weshalb es ein bißchen
irritierend ist, daß gar nicht erst versucht wird, die Charaktere in dieser
Phase etwas älter aussehen zu lassen). Auch das ist zwar von der Story her nicht
überragend originell, eigentlich sogar ziemlich alltäglich, aber damit umso
unmittelbarer nachvollziehbar, was den Identifikationsgrad des Publikums mit den Figuren
nur noch weiter erhöht. Selbstverständlich unterlegt Curtis seinen
Film auch wie immer mit eingängigen Popsongs, deren musikalisches Spektrum von den
Sugababes über Ellie Goulding bis hin zu Nick Cave & The Bad Seeds reicht. Bei anderen Filmemachern wirkt so etwas oft
einfallslos oder anbiedernd, aber Curtis hat einfach ein hervorragendes Gespür dafür,
welches Lied zu welcher Szene paßt. Ein bißchen wie bei Tarantino, bloß eben in
der Mainstream-Version. Und wenn es so richtig gefühlvoll wird, dann werden die Popsongs durch atmosphärische Klaviermelodien von Filmkomponist Nick Laird-Clowes (Kopf der britischen Folkrock-Band The Dream Academy) abgelöst.
Fazit: "Alles eine Frage der Zeit" ist eine
typisch britische romantische Komödie ohne großen Tiefgang, die mit viel
Gefühl und viel Humor alles dafür tut, um ihrem Publikum zwei Stunden lang
eine richtig schöne Zeit zu bereiten – was wunderbar gelingt, sofern man mit der
richtigen Erwartungshaltung herangeht.
Wertung: 8,5 Punkte.
Wertung: 8,5 Punkte.
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