Regie: David Koepp, Drehbuch: John Kamps und David Koepp,
Musik: David Sardy
Darsteller: Joseph Gordon-Levitt, Michael Shannon, Dania
Ramirez, Jamie Chung, Wolé Parks, Aasif Mandvi, Christopher Place, Anthony
Chisholm, Henry O, Aaron Tveit, Boyce Wong, Brian Koppelman

Wilee (Joseph Gordon-Levitt, "Looper", "The Dark Knight Rises") ist ein hochintelligenter
junger Mann, der längst als Anwalt arbeiten könnte, sein Jura-Studium jedoch
abgebrochen hat, da ihm vor der Vorstellung graut, jeden Tag im Anzug
ins Büro zu gehen. Stattdessen arbeitet er nun als Fahrradkurier in New York
und ist für seinen todessehnsüchtig erscheinenden Fahrstil berühmt-berüchtigt.
Deshalb wird ausdrücklich er von seiner früheren Kommilitonin Nima (Jamie Chung,
"Sucker Punch") angefordert, um einen für sie ungeheuer
wichtigen Umschlag nach Chinatown zu bringen. Doch auch ein korrupter Cop (Michael
Shannon, "Man of Steel") hat es auf das wertvolle Objekt abgesehen und zeigt wenig Skrupel bei seinen Versuchen, es
Wilee abzujagen ...
Kritik:
Schon Star-Regisseur James Cameron hat in seiner recht
kurzlebigen TV-Serie "Dark Angel" mit Jessica Alba das
Unterhaltungspotential von Fahrradkurieren als Actionhelden erkannt. Sein
Kollege David Koepp ("Das geheime Fenster", "Wen die Geister
lieben", Drehbuch-Autor von "Jurassic Park" und
"Spider-Man") hat die Science-Fiction-Elemente von "Dark
Angel" komplett über Bord geworfen und die unmotorisierten Zweirad-Raser
zum Mittelpunkt eines unkomplizierten, aber effektiven Action-Thrillers gemacht.
Daß dieses Vorgehen funktioniert, liegt vor allem an zwei
Dingen: den beiden Hauptdarstellern und den äußerst temporeich inszenierten
Verfolgungsjagden durch die vielbefahrenen Straßen von New York. Senkrechtstarter Joseph Gordon-Levitt
beweist als tougher Kurier einmal mehr seine große Vielseitigkeit, die auch vor
dem Actiongenre nicht halt macht. Sein Wilee ist trotz bescheidener
Charaktertiefe ein charismatischer Held, der von seinem Gegenspieler aber sogar
noch übertroffen wird. Daß ein Michael Shannon im Berserker-Modus
OSCAR-verdächtig ist, bewies er bereits in Sam Mendes' Beziehungsdrama
"Zeiten des Aufruhrs", in "Premium Rush" darf er
seiner ungeheuren Spielfreude nun vollends freien Lauf lassen. Aus diesen beiden
starken Polen entwickelt sich ein ungemein unterhaltsames Katz-und-Maus-Spiel,
das einige Drehbuchschwächen vergessen macht.
Denn die sind sehr wohl vorhanden. Im Grunde genommen könnte
man die Handlung von "Premium Rush" ohne inhaltlichen Verlust auch so
zusammenfassen: Person A soll ein Objekt zu Person B bringen, wogegen Person C
etwas hat. Dieses karge Storygerüst läßt sich kaum auf Spielfilmlänge von 90
Minuten strecken. David Koepp versucht es trotzdem und mittels einiger cleverer
Tricks und Rückblenden gelingt es ihm sogar ziemlich gut. Beispielsweise führt er einen
weiteren Fahrradkurier namens Manny (Newcomer Wolé Parks) ein, der mit Wilee um die
Zuneigung ihrer attraktiven Kollegin Vanessa (Dania Ramirez,
"American Pie – Das Klassentreffen", "Quarantäne") buhlt.
Und für den nötigen Humor sorgt vor allem ein namenloser Fahrrad-Polizist (gespielt vom
hauptberuflichen Stuntman Christopher Place), den Wilee früh im Film abhängt und
der das als eine Art Kriegserklärung wertet. Durch diese kleinen
Nebenhandlungsstränge kommt "Premium Rush" schließlich tatsächlich
auf fast genau eineinhalb Stunden, allerdings schleichen sich im
Handlungsverlauf auch einige Längen ein. Ein straffer 80-Minüter wäre wahrscheinlich die bessere Wahl gewesen und hätte zu einer noch höheren Wertung geführt.
Glücklicherweise gibt es aber ja noch die bereits angesprochenen
Verfolgungsjagden, die die Storyschwächen übertünchen. Actionsequenzen mit
Radfahrern sieht man nicht allzu oft in Hollywood, insofern gibt es auf jeden
Fall einen Innovativitätsbonus, der durch die gelungene Choreographie ebenso ausgebaut wird wie durch einige Technikspielereien: So wird etwa die
Strecke, die Wilee fährt, immer wieder wie mit einem Navigationsgerät grafisch nachvollzogen, außerdem berechnet Wilee im Kopf
blitzschnell, auf welcher Route er schadlos durch den dichten Verkehr kommt.
Dies illustriert Koepp, indem er wiederholt und ziemlich drastisch die Folgen
einer falschen Entscheidung skizziert – was dank der übertriebenen Darstellung
eher amüsant als erschreckend wirkt und ein wenig an die phantasievollen
Todesfälle der ersten beiden "Final Destination"-Filme erinnert. Die Handlung
wie auch die Einbindung der modernen Technik weisen zudem stilistische
Parallelen zu David R. Ellis' Action-Thriller "Final Call" mit Chris
Evans und Kim Basinger aus dem Jahr 2004 auf.
Fazit: "Premium Rush" ist ein temporeicher, geradliniger
Action-Thriller mit zwei wunderbaren Hauptdarstellern, einem guten Schuß Humor
und zahllosen rasanten Verfolgungsjagden, die recht erfolgreich die
nihilistische Story und einige Klischees wettmachen.
Wertung: 7,5 Punkte.
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