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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Montag, 13. Mai 2019

Nachruf: Doris Day (1922-2019)

Ihr letzter Filmauftritt liegt mehr als 50 Jahre in der Vergangenheit, ihren letzten TV-Auftritt als Schauspielerin (in ihrer fünf Staffeln überdauernden Serie " The Doris Day Show") hatte sie 1973, also vor mehr als 45 Jahren - es ist kein Wunder, daß viele Menschen dachten, Doris Day wäre schon längst verstorben. Dabei war die Blondine mit dem extremen Sauberfrau-Image auch nach ihrem Abschied von Kino und Fernsehen putzmunter und kümmerte sich unauffällig, aber hingebungsvoll u.a. mit einer eigenen Stiftung um den Tierschutz, außerdem betätigte sie sich immer wieder mal in ihrer ersten Profession: als Sängerin. Nun ist sie im stolzen Alter von 97 Jahren tatsächlich verstorben und so verliert die Filmwelt einen weiteren der wenigen noch verbliebenen Stars aus "Hollywoods Goldener Ära".

Noch als Teenager begann Doris Day während des Zweiten Weltkrieges eine Gesangskarriere, die ihr 1944 mit "Sentimental Journey" sogar einen Nummer 1-Charthit einbrachte. Doris Day war mit Anfang 20 ein Star, und was passiert mit einem Star dieses Alters in den USA? Ihn ereilt der Ruf von Hollywood. Das war bei Doris Day nicht anders und sie unterschrieb einen mehrjährigen Vertrag bei Warner Bros.; die Tatsache, daß sie sehr hübsch war und deshalb von vielen Männern angehimmelt wurde, aber zugleich nicht zu schön und zudem so sympathisch, daß auch die Frauen sie liebten, war selbstredend hilfreich. Gleich in ihrem Debüt, dem wenig erinnerungswüdigen, aber angenehm dahinplätschernden romantischen Musical "Zaubernächte in Rio" (1948) unter der Anleitung des "Casablanca"-Regisseurs Michael Curtiz, spielte Day eine große Nebenrolle, in der sie auch singen durfte (und mit "It's Magic" einen weiteren Hit schaffte). Es folgten in den nächsten, äußerst arbeitsreichen Jahren mit stets mehreren Filmen pro Jahr Werke, in denen sie an der Seite von Leinwandgrößen wie Kirk Douglas und Lauren Bacall ("Der Jazztrompeter", 1950), James Cagney ("The West Point Story", 1950, "Nachtclub-Affären", 1955), Ginger Rogers ("Der Gefangene des Ku-Klux-Klans", 1951) und Frank Sinatra ("Man soll nicht mit der Liebe spielen", 1954) meist bereits die weibliche Hauptrolle spielte - die meisten dieser Filme haben ihre Qualitäten, doch Klassiker, an die man sich bis heute erinnert, sind aber eher nicht dabei.

Das sollte sich 1956 ändern, als Day zum ersten und einzigen Mal für Sir Alfred Hitchcock vor der Kamera stand: Durch das fabelhafte Thriller-Abenteuer "Der Mann, der zuviel wußte" wurde Doris Day als Leinwand-Ehefrau von James Stewart zum Weltstar, was auch ihrem begnadeten Vortrag von "Que Sera, Sera" zu verdanken ist - der fatalistische Ohrwurm gewann den OSCAR und sollte der Song sein, der immer mit dem Namen Doris Day verbunden war (auch, weil sie ihn später als Titelsong ihrer "The Doris Day Show" verwendete). Nachdem Day vorwiegend für Komödien und Musicals stand, konnte sie unter Hitchcocks Anleitung (und 1960 noch einmal in David Millers Mystery-Thriller "Mitternachtsspitzen") auch ihr Können in einem dramatischen Stoff beweisen, was ihr weitere Türen öffnete. Am wohlsten fühlte sich Day aber wohl doch in der Komödie, und so war es nur folgerichtig, daß ihr dieses Genre 1959 endgültig den letzten Schritt zum Hollywood-Olymp ermöglichte: Mit Michael Gordons "Bettgeflüster" ergatterte Day ihre einzige OSCAR-Nominierung und startete eine Reihe von einem halben Dutzend extrem erfolgreicher Komödien innerhalb weniger Jahre. Die liefen alle recht genau nach dem gleichen Muster ab, boten harm- und weitgehend anspruchslosen, aber höchst unterhaltsamen Spaß für die ganze Familie und griffen sogar über weite Strecken auf die gleiche Kernbesetzung zurück: In "Bettgeflüster" (in dem ein geteilter Telefonanschluß für romantische Verwicklungen sorgt), "Ein Pyjama für zwei" (1961, über zwei rivalisierende Werbeleute, zwischen denen die Funken sprühen) und "Schick mir keine Blumen" (1964, über einen Hypochonder, der glaubt, todkrank zu sein, und deshalb vor seinem Tod seiner Frau noch einen neuen Mann sucht ...) kabbelte sich Day höchst vergnüglich mit Rock Hudson und Tony Randall spielte jeweils die wichtigste Nebenrolle. In "Ein Hauch von Nerz" (1963, Cary Grant), "Was diese Frau so alles treibt" (1963, James Garner) und "Spion in Spitzenhöschen" (1966, Rod Taylor) wurden zwar die männlichen Hauptdarsteller ausgetauscht, inhaltlich und stilistisch blieb aber im Wesentlichen alles beim Alten. Warum auch ein Erfolgsrezept verändern? Aus damaliger Sicht waren die Filme übrigens sogar leicht feministisch angehaucht - Day durfte schließlich immer eine selbstbewußte Frau spielen, die meist auch beruflich erfolgreich war -, aus heutiger Perspektive wirken sie jedoch eher hoffnungslos altmodisch (so stellt sie am Ende meist fest, daß es doch viel wichtiger und schöner ist, sich um ihre Familie zu kümmern als um ihren Beruf). So ist eben der Lauf der Zeit, es ändert aber nichts am unverändert hohen Unterhaltungswert ihrer Komödien-Klassiker.

Ende der 1960er Jahre mußte Doris Day allerdings feststellen, daß eine gewisse Veränderung besagter Erfolgsrezeptur doch nicht die schlechteste Idee gewesen wäre, denn ihr Erfolg ließ immer weiter nach, weshalb sie sich verstärkt dem TV-Geschäft zuwandte, sich 1973 dann aber auch daraus weitestgehend zurückzog. In ihrer Karriere gewann Day vier Golden Globes (darunter 1989 den Cecil B. DeMille Award fürs Lebenswerk), einen Grammy für ihr Lebenswerk und viele weitere Auszeichnungen. Am 13. Mai 2019 verstarb Doris Day im Alter von 97 Jahren in Kalifornien an den Folgen einer Lungenentzündung.


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