Nachdem ich in
Teil 1 meiner großen OSCAR-Vorschau 2018 die Hauptkategorien analyisiert und
prognostiziert habe, folgen im zweiten Teil die 13 Nebenkategorien überwiegend aus
den technischen Bereichen:
Kamera:
- Roger A.
Deakins, "Blade
Runner 2049"
- Bruno
Delbonnel, "Die
dunkelste Stunde"
- Hoyte van Hoytema,
"Dunkirk"
- Rachel
Morrison, "Mudbound"
- Dan Laustsen,
"Shape
of Water
- Das Flüstern des Wassers"
Davon habe ich gesehen und kann daher selbst beurteilen: Alle außer "Mudbound".
Favorit: Roger Deakins. Es sieht gut aus, daß der
altgediente Kameramann Roger Deakins im 14. Anlauf endlich den ersten OSCAR
erhält - allerdings darf er sich auch nicht zu sicher sein, denn die Konkurrenz
ist groß. Zweifellos hätte Deakins den Academy Award für die grandiosen
Bildkompositionen in "Blade Runner 2049" verdient, das gilt
jedoch ebenso für Dan Laustsens elegant schwebende, sich ständig in Bewegung
befindliche Kameraführung in "Shape of Water" und für Hoyte van
Hoytemas fast gegensätzliche, hektisch-immersive Bilder im Kriegsthriller
"Dunkirk". Und wie man liest, soll auch Rachel Morrison - die erste
nominierte Kamerafrau der OSCAR-Historie! - in "Mudbound" exzellente
Arbeit geleistet haben. Nur Bruno Delbonnel dürfte chancenlos sein,
ansonsten ist das eine erfreulich offene Kategorie mit Vorteilen für Deakins.
Gewinnen sollte: Schwere Entscheidung, aber ich stimme für den Dänen Dan Laustsen.
Gewinnen
wird: Roger Deakins für
"Blade Runner 2049".
Ausstattung:
- Sarah
Greenwood und Katie Spencer, "Die
Schöne und das Biest"
- Dennis
Gassner und Alessandra Querzola, "Blade Runner 2049"
- Sarah
Greenwood und Katie Spencer, "Die dunkelste Stunde"
- Nathan Crowley und Gary Fettis, "Dunkirk"
- Paul Denham
Austerberry, Shane Vieau und Jeff Melvin, "Shape of Water - Das Flüstern
des Wassers"
Gesehen: Alle.
Favorit: "Shape of
Water". Hier dürfte außer dem
favorisierten "Shape of Water" einzig "Blade Runner 2049"
eine reelle Chance besitzen, aber del Toros märchenhaft ausgestattete
düster-romantische Außenseiterballade sollte die Nase vorn haben.
Gewinnen sollte: "Shape of Water".
Gewinnen
werden: Paul Denham Austerberry,
Shane Vieau und Jeff Melvin für "Shape of Water - Das Flüstern des
Wassers".
- Jacqueline
Durran, "Die Schöne und das Biest"
- Jacqueline
Durran, "Die dunkelste Stunde"
- Mark Bridges,
"Der
seidene Faden"
- Luis Sequeira, "Shape of Water - Das Flüstern
des Wassers"
- Consolata Boyle, "Victoria & Abdul"
Gesehen: Alle
außer "Victoria & Abdul".
Favorit: "Der seidene Faden". Wenn schon ein
Modefilm für die besten Kostüme nominiert ist, dann sollte er im Normalfall
auch gewinnen - klingt etwas sehr simpel gedacht, dürfte hier aber zutreffen, weil die opulenten 1950er Jahre-Kreationen in der Tat selbst für einen Modelaien
sehr eindrucksvoll aussehen und bereits viele Preise gewonnen haben. Druck macht aber der letzte Woche überraschend mit dem von der Kostümbildner-Gilde vergebenen CDG Award bedachte "Shape of Water", Außenseiterchancen hat "Die Schöne und das Biest".
Gewinnen sollte: "Der seidene Faden".
Gewinnen wird:
Mark Bridges für "Der seidene Faden".
Visuelle Effekte:
- John Nelson, Gerd Nefzer, Paul Lambert und Richard
R. Hoover, "Blade Runner 2049"
- Christopher Townsend, Guy Williams, Jonathan Fawkner
und Dan Sudick, "Guardians of the Galaxy Vol.
2"
- Stephen
Rosenbaum, Jeff White, Scott Benza und Mike Meinardus, "Kong:
Skull Island"
- Ben Morris,
Mike Mulholland, Neal Scanlan und Chris Corbould, "Star
Wars Episode VIII: Die letzte Jedi"
- Joe Letteri,
Daniel Barrett, Dan Lemmon und Joel Whist, "Planet
der Affen: Survival"
Gesehen: Alle.
Favorit: "Planet der Affen: Survival".
Vermeintlich eine der klarsten Kategorien, da "Planet der Affen:
Survival" nicht nur die Motion Capture-Technologie weiter perfektioniert
hat, sondern auch ansonsten mit großartigen Spezialeffekten protzt. Da dürfte
selbst Dauer-Nominee "Star Wars" keine Chance haben, einzige echte
Konkurrenz ist "Blade Runner 2049", der ebenfalls ein paar brillante
Effekte vorzuweisen hat, aber über die gesamte Dauer gesehen nicht ganz so sehr
beeindruckt wie "Planet der Affen". Was für Denis Villeneuves SF-Epos
spricht, ist allerdings, daß es bei den Academy-Mitgliedern generell gut
anzukommen scheint, wie die insgesamt fünf OSCAR-Nominierungen beweisen -
"Planet der Affen: Survival" hat dagegen nur diese einzige vorzuweisen und
blieb in anderen Kategorien (Kamera, Musik) unberücksichtigt. Bei "Shape
of Water" gilt einmal mehr: Eine echte Siegchance hat er nur im Fall eines unwahrscheinlichen Triumphzuges quer über alle Kategorien hinweg.
Gewinnen sollte: "Planet der Affen: Survival".
Gewinnen
werden: John Nelson, Gerd Nefzer
(ein Deutscher), Paul Lambert und Richard R. Hoover für "Blade
Runner 2049".
Schnitt:
- Paul Machliss
und Jonathan Amos, "Baby
Driver"
- Lee Smith,
"Dunkirk"
- Tatiana S.
Riegel, "I, Tonya"
- Sidney
Wolinsky, "Shape of Water - Das Flüstern des Wassers"
- Jon Gregory, "Three Billboards Outside Ebbing,
Missouri"
Gesehen: Alle
außer "I, Tonya".
Favorit: "Dunkirk". Kriegsfilme haben beim
Schnitt immer gute OSCAR-Aussichten, das ist bei Christopher Nolans schnell
geschnittenem Thriller nicht anders. Dennoch zählt die Kategorie in diesem Jahr
zu den umkämpftesten, speziell Edgar Wrights kleines Wunderwerk "Baby
Driver" darf man nicht unterschätzen - spätestens seit dem unerwarteten
Sieg bei den BAFTA Awards! Eine kleine Chance hat auch hier "Shape of
Water", "Three Billboards ..." und "I, Tonya" dürften
dagegen keine Rolle spielen.
Gewinnen sollte: "Dunkirk".
Gewinnen
wird: Lee Smith für
"Dunkirk".
Musik:
- Hans Zimmer,
"Dunkirk"
- Jonny
Greenwood, "Der seidene Faden"
- Alexandre Desplat, "Shape of Water - Das
Flüstern des Wassers"
- John Williams, "Star Wars Episode VIII: Die
letzten Jedi"
- Carter Burwell, "Three Billboards Outside
Ebbing, Missouri"
Gehört: Alle.
Favorit: Alexandre Desplat. Desplats
träumerisch-verspielter Score profitiert davon, daß er als Sprachersatz für die
beiden stummen Protagonisten eine besonders prominente Rolle innehat - und zudem richtig gut ist. Die Musik-Kategorie ist allerdings gerne mal für eine
Überraschung gut und die Konkurrenz ist groß - so groß sogar, daß mein
persönlicher Lieblings-Score des Jahres (Michael Giacchinos "Planet der Affen: Survival") gar nicht erst nominiert wurde. Hans Zimmers
"Dunkirk"-Musik harmoniert kongenial mit dem Geschehen auf der
Leinwand, könnte aber darunter leiden, daß sie für sich genommen nicht so eingängig
wirkt wie viele andere Filmmusiken des deutschen Starkomponisten. Und Jonny
Greenwood, sonst eher für rockige Klänge gewohnt, überrascht mit einem
gefühlvollen, pianolastigen Score, der die Stimmung in "Der seidene
Faden" perfekt einfängt und unterstreicht. Ja, die Konkurrenz ist
ausgesprochen stark, da dürften der unverwüstliche John Williams und
Carter Burwell trotz ebenfalls sehr guter Arbeit nur geringe Siegchancen
besitzen.
Gewinnen sollte: Hans Zimmer knapp vor Jonny Greenwood.
Gewinnen
wird: Alexandre Desplat für
"Shape of Water - Das Flüstern des Wassers".
Filmsong:
- "Mighty River" von Mary J. Blige,
"Mudbound"
- "Mystery of Love" von Sufjan Stevens,
"Call Me by Your Name"
-
"Remember Me" von Kristen Anderson-Lopez und Robert Lopez, "Coco
- Lebendiger als das Leben!"
- "Stand
Up for Something" von Diane Warren, gesungen von Andra Day/Common,
"Marshall"
- "This Is
Me" von Benj Pasek/Justin Paul, gesungen von Keala Settle, "Greatest
Showman"
Gehört: Alle.
Favoriten: "Remember Me" und "This Is
Me". Ein enger Zweikampf: "Remember Me" von den "Die Eiskönigin"-Komponisten hat die meisten frühen Preise in der Awards Season
gewonnen, doch in den letzten Wochen kam die Selbstverwirklichungs-Hymne
"This Is Me" aus "Greatest Showman" immer stärker auf - für
sie könnte außerdem der nie erwartete Erfolg des nur mäßig gestarteten, dann jedoch über
viele Wochen hinweg unglaublich stabilen Musicals sprechen (wohingegen
"Coco" nach starkem Auftakt etwas hinter den hohen Erwartungen
zurückblieb). Sollte die Academy sich für viele politische Botschaften
entscheiden, könnte eventuell "Stand Up for Something" überraschen
(und Diane Warren im neunten Anlauf ihren ersten OSCAR bescheren), aber das
wäre ein sehr gewagter Tip.
Gewinnen sollte: Keine einfache Entscheidung, da mir alle fünf Songs gefallen ("Mighty River" noch am wenigsten), aber keiner wirklich herausragt. Ich denke, ich werde "Remember Me" und "Stand Up for Something" am stärksten die Daumen drücken.
Gewinnen
wird: "This Is Me" von
Benj Pasek und Justin Paul, gesungen von Keala Settle, aus "Greatest
Showman".
Ton:
- Julian Slater, Tim Cavagin und Mary H. Ellis,
"Baby Driver"
- Ron Bartlett,
Doug Hemphill und Mac Ruth, "Blade Runner 2049"
- Mark
Weingarten, Gregg Landaker und Gary A. Rizzo, "Dunkirk"
- Christian
Cooke, Brad Zoern und Glen Gauthier, "Shape of Water - Das Flüstern des
Wassers"
- David Parker,
Michael Semanick, Ren Klyce und Stuart Wilson, "Star Wars Episode VIII:
Die letzten Jedi"
Gehört: Alle.
Favoriten: "Dunkirk" vor "Baby Driver".
Wie beim Schnitt sollte es auch in beiden Tonkategorien auf ein Duell zwischen
"Baby Driver" und "Dunkirk" hinauslaufen, zumal die Sieger
hier häufig Kriegsfilme oder musiklastige Filme sind; womit beide Favoriten
abgedeckt wären. Ich glaube (wie die meisten Experten) trotzdem an
"Dunkirk", weil der Ton hier eine ganz wichtige Rolle dabei spielt,
das Publikum regelrecht ins Kriegsgeschehen hineinzuziehen.
Gewinnen sollte: "Dunkirk" ganz knapp vor "Baby Driver".
Gewinnen
werden: Mark Weingarten, Gregg
Landaker und Gary A. Rizzo für "Dunkirk".
Tonschnitt:
- Julian
Slater, "Baby Driver"
- Mark Mangini
und Theo Green, "Blade Runner 2049"
- Richard King
und Alex Gibson, "Dunkirk"
- Nathan
Robitaille und Nelson Ferreira, "Shape of Water - Das Flüstern des
Wassers"
- Matthew Wood
und Ren Klyce, "Star Wars Episode VIII: Die letzten Jedi"
Gehört: Alle.
Favoriten: "Dunkirk" und "Baby Driver".
Meist gehen die beiden Tonkategorien an den gleichen Film, was auch dieses Jahr
viele erwarten. Wenn "Baby Driver" jedoch einen OSCAR gewinnen kann,
dann wohl den für den Tonschnitt.
Gewinnen sollte: "Dunkirk".
Gewinnen
werden: Richard King und Alex
Gibson für "Dunkirk".
Makeup and
Hairstyling:
- Kazuhiro
Tsuji, David Malinowski und Lucy Sibbick, "Die dunkelste Stunde"
- Daniel Phillips und Lou Sheppard, "Victoria &
Abdul"
- Arjen Tuiten,
"Wunder"
Gesehen: Nur
"Die dunkelste Stunde".
Favorit: "Die dunkelste Stunde". Hauptdarsteller
Gary Oldman hat den legendären japanischen Maskenbildner Kazuhiro Tsuji eigens überredet,
aus dem Ruhestand zurückzukehren, damit er ihn überzeugend in den britischen
Kriegs-Premierminister Winston Churchill verwandelt - und das gelang so
vortrefflich, daß der Makeup-OSCAR für Tsuji und seine Kollegen
Formsache sein sollte. "Wunder" hat eine Minichance, "Victoria
& Abdul" nicht.
Gewinnen sollte: "Die dunkelste Stunde".
Gewinnen
werden: Kazuhiro Tsuji, David
Malinowski, Lucy Sibbick für "Die dunkelste Stunde".
Kurzfilm:
- DeKalb Elementary
- The Eleven O'Clock
- My Nephew Emmett
- The Silent Child
- Watu Wote: All of Us
Gesehen: Keinen.
Favoriten: "DeKalb
Elementary" und "The Silent Child". Die Kurzfilm-Kategorien sind - schon mangels
Bekanntheit - stets schwer vorherzusagen, doch die meisten Branchenexperten
sehen die genannten beiden Filme in der Frontstellung. Und da "DeKalb Elementary" von einer gerade noch verhinderten Schulschießerei 2013 handelt und das Massaker von Parkland kurz vor dem Ende der Stimmabgabe stattfand, könnte das den Ausschlag geben. Der deutsche Studenten-OSCAR-Gewinner
"Watu Wote" von Katja Benrath gilt dagegen als klarer Außenseiter.
Gewinnen wird: "DeKalb Elementary".
Animierter Kurzfilm:
- Dear Basketball
- Garden Party
- Lou
- Negative Space
- Es war einmal
... nach Roald Dahl, Teil 1
Gesehen: Keinen.
Favorit: "Dear Basketball". Dieser Kurzfilm hat
mit Abstand die meiste Öffentlichkeit gehabt, da er von Ex-Basketball-Star Kobe
Bryant geschrieben wurde, der in verfremdeter Form auch die Hauptrolle spielt
und spricht. Über die tatsächliche Qualität des Films gehen die Meinungen aber auseinander, außerdem könnten seine Chancen darunter leiden, daß im
Zuge der #MeToo-Debatte alte Vergewaltigungsvorwürfe gegen Bryant wieder zur
Sprache kamen. Vielleicht ist das ja die Chance für das deutsche Regietrio Max
Lang, Jan Lachauer und Bin-Han To mit der britischen Produktion "Es war
einmal ...", die allerdings nur Außenseiter ist. "Lou"
und "Garden Party" gelten als aussichtsreichste Herausforderer von
"Dear Basketball".
Gewinnen wird: "Garden Party".
Kurzdoku:
- Edith+Eddie
- Heaven is a traffic jam on the 405
- Heroin(e)
- Knife Skills
- Traffic Stop
Gesehen: Keinen.
Favoriten: "Heroin(e)",
"Edith+Eddie" und "Heaven Is a Traffic Jam on the 405". Der Streaming-Gigant Netflix könnte mit
"Heroin(e)" seinen zweiten OSCAR gewinnen, nachdem man bereits
letztes Jahr den Sieger bei den Kurzdokus stellte (mit "The White
Helmets"). Jedoch sehen die meisten Experten einen engen Dreikampf
voraus, so daß man letztlich wohl nur raten kann ...
Gewinnen wird: "Edith+Eddie".
Damit sind wir am Ende meiner großen OSCAR-Vorschau angelangt. Ausgehend von meinen Prognosen wird es ein Jahr ohne klaren Dominator, am besten würde "Shape of Water" mit nur vier OSCARs abschneiden, darunter dem wichtigsten für den besten Film. Die Gewinner und eine Analyse der Veranstaltung werde ich natürlich am Montag posten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen