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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 2. November 2017

POLDARK (TV-Serie, 2016, 2. Staffel)

Regie: William Sinclair, Charlie Palmer und Richard Senior, Drehbuch: Debbie Horsfield, Musik: Anne Dudley
Darsteller: Aidan Turner, Eleanor Tomlinson, Heida Reed, Luke Norris, Jack Farthing, Caroline Blakiston, Kyle Soller, Gabriella Wilde, John Nettles, Ruby Bentall, Richard Harrington, Beatie Edney, Phil Davis, John Hollingworth, Richard Hope, Pip Torrens, Max Willis, Tristan Sturrock, Ed Browning, Henry Garrett, Hugh Skinner, Mark Frost, Amelia Clarkson, Sebastian Armesto, John Macneill, Turlough Convery, Lewis Peek, Richard McCabe, Alexander Morris, Lewis Peek, Isabella Parriss, Patrick Ryecart, Rose Reynolds, Gracee O'Brien, Crystal Leaity, Robin Ellis, Michael Culkin, Matthew Wilson
 Poldark
(2015) on IMDb Rotten Tomatoes: 80% (6,7); FSK: 12, Dauer: 576 Minuten.
Nach der eskalierten Plünderung des vor seinem Land gekenterten Warleggan-Handelsschiffs muß sich Ross Poldark (Aidan Turner, "Der Hobbit") vor Gericht für diverse schwere Vergehen verantworten, wobei Schiffseigner George Warleggan (Jack Farthing, "The Riot Club") auch vor Betrug und Bestechung nicht zurückschreckt, um seinen Erzrivalen endlich loszuwerden. Doch nach einer ausgesprochen wechselhaften Verhandlung kommt Ross frei und kann sich wieder seinen Bergbau-Geschäften zuwenden. Bedauerlicherweise entwickeln die sich jedoch immer schlechter – auch dank der Quertreibereien der Warleggans –, weshalb Ross sich auf eine riskante Zusammenarbeit mit dem Schmuggler Mr. Trencrom (Richard McCabe, "Notting Hill") einläßt. Immerhin läuft es privat etwas besser, denn Ross und seine Ehefrau Demelza (Eleanor Tomlinson, TV-Serie "The White Queen") haben sich wieder mit seinem Cousin Francis (Kyle Soller, "The Trip to Spain") und dessen Gattin Elizabeth (Heida Reed, TV-Serie "Lava") – Ross' erster großer Liebe – versöhnt, Ross und Francis arbeiten nun sogar gemeinsam in der alten Familienmine. Ein tragisches Unglück beendet jedoch die (trotz der finanziellen Sorgen) kurze Phase relativer Sorglosigkeit – und eine große Dummheit führt zu einer ernsthaften Ehekrise zwischen Ross und Demelza. Derweil steht George dicht davor, all seine (wenig ehrenhaften) Ziele zu erreichen …

Kritik:
Die erste Staffel der romantischen britischen Historienserie "Poldark" war für mich eine sehr positive Überraschung, die mich (auch anhand des Cliffhangers) mit beträchtlicher Vorfreude die Fortsetzung erwarten ließ. Und auch die zweite Staffel, die aufgrund des großen Erfolges um zwei auf nun zehn Episoden aufgestockt wurde, macht ziemlich viel Spaß, indem sie sich den Großteil der Stärken bewahrt. Bedauerlicherweise sorgen einige inhaltliche Entscheidungen wie auch ein fehlender Mut zur Weiterentwicklung besagter Stärken allerdings für eine gewisse Ernüchterung. Staffel 2 von "Poldark" fühlt sich ein bißchen so an wie es bei etlichen zweiten Teilen unerwartet erfolgreicher Kinofilme der Fall ist: Man versucht, das Erfolgsrezept möglichst genau zu reproduzieren und vergißt darüber, daß die meisten Zuschauer mehr erwarten als eine bloße Kopie – so gut die auch gestaltet sein mag. Zugegeben, dieses Urteil klingt vermutlich härter, als es gemeint ist, zumal die zweite Staffelhälfte inhaltlich sehr wohl mutige Schritte geht. Das Problem ist nur, daß die mir fast ausnahmslos nicht sonderlich gut gefallen. Und das hat auch und vor allem mit dem Umgang mit den in der ersten Staffel noch so überzeugend und (abgesehen von den Antagonisten, versteht sich) sympathisch etablierten Charakteren zu tun, die plötzlich allesamt eine erschreckende Neigung zu schlechten Entscheidungen offenbaren. Ein passender Untertitel wäre denn auch "Die Staffel der dümmstmöglichen" Entscheidungen – und davon sind fast alle Sympathieträger betroffen, wobei Ross' vermutlich die allerdämlichste trifft und sein Cousin Francis die folgenschwerste (knapp vor seiner Gattin Elizabeth).
In der ersten Hälfte der Staffel ist von dieser bedenklichen Entwicklung zum Glück noch nicht viel zu spüren, wobei der eröffnende Zweiteiler mit dem Prozeß gegen Ross sowieso ziemlich für sich steht. Die Gerichtsverhandlung ist gut konstruiert und sie zementiert gleichermaßen Freund- und Feindschaften; allerdings leidet die Spannung ein bißchen darunter, daß man als Zuschauer selbstverständlich genau weiß, daß Ross NICHT zum Tode verurteilt werden wird (sonst wäre die Serie ja zu Ende). Dennoch leitet der Zweiteiler zur in meinen Augen besten Phase der Staffel über, auch wenn das womöglich zumindest teilweise meinem persönlichen Harmoniebedürfnis geschuldet ist. Denn bis zur Staffelmitte fühlt sich durch die Versöhnung von Ross und Demelza mit Francis und Elizabeth alles ziemlich harmonisch an, selbst die immer weiter wachsenden finanziellen Schwierigkeiten angesichts weiter unrentabler Minengeschäfte wirken so, als würden sie sich schon irgendwie bewältigen lassen. Dazu profitiert die Handlung von einer ausgeweiteten Rolle von Ross' im Laufe der ersten Staffel angekommenem Freund Dr. Dwight Enys (Luke Norris), dem seine eigene große Storyline mit einer sich anbahnenden, ziemlich komplizierten Romanze mit der gesellschaftlich deutlich über ihm stehenden reichen Erbin Caroline Penvenen – ebenso energisch wie charismatisch verkörpert von Gabriella Wilde ("Die drei Musketiere") – sehr gut tut. Caroline selbst ist eine zwar nicht gänzlich klischeefreie, aber doch erfreulich komplex und authentisch geschriebene Figur, die innerhalb der Staffel eine stets nachvollziehbare charakterliche Entwicklung durchläuft und mit ihrer sarkastischen Ader immer für einen amüsanten Spruch gut ist. Und daß mit Gabriella Wilde auch der populäre frühere "Inspector Barnaby"-Mime John Nettles in einer wiederkehrenden Rolle als Carolines Onkel Ray Penvenen zur Besetzung stößt, ist ein weiteres Plus.
Durch den tragischen Vorfall zur Staffelmitte ändert sich der Tonfall der Geschichte dann jedoch dramatisch. Ich will nicht zu viel darüber verraten, was genau passiert, doch letztlich war etwas in der Art wohl unvermeidbar (und ist vermutlich sowieso durch die Buchvorlage, die ich nicht gelesen habe, vorgegeben). Nur kommt es für meinen Geschmack in dramaturgischer Hinsicht mindestens eine Staffel zu früh, was auch damit zusammenhängt, daß erneut eine recht große Zeitspanne abgehandelt wird (es sollten mindestens zwei bis drei Jahre sein, seit Beginn der ersten Staffel müßten bereits sechs oder sieben Jahre vergangen sein). Jedenfalls zieht das Unglück die angesprochenen grottenschlechten Entscheidungen nach sich, die meiner Ansicht nach leider auch mehr oder weniger stark dem widersprechen, was wir zuvor über die Figuren gelernt haben. Ross' Handlungsweise mag noch einigermaßen nachvollziehbar sein – was sie keineswegs weniger dämlich macht –, doch wie sich Elizabeth innerhalb kürzester Zeit von einer starken und trotz widriger Umstände stets selbstbestimmten Person zu einem unsicheren Dummchen entwickelt, das sich von George Warleggan spielend leicht manipulieren läßt, ist wirklich unentschuldbar und läßt sich in diesem Ausmaß auch nicht durch ihre Zukunftsängste erklären. Womit wir übrigens gleich bei meinem nächsten Kritikpunkt sind: Wo ich in der ersten Staffel noch der Ansicht war, daß das Ekel George mit Ansätzen charakterlicher Ambivalenz ausgestattet ist, auf die bestimmt in der Fortführung der Handlung stärker eingegangen werden würde, belehrte mich Staffel 2 unglücklicherweise schnell eines Schlechteren: George ist nun endgültig zu einem Klischee-Bösewicht verkommen, zu einem hassenswerten Widerling mit Minderwertigkeitskomplex, dessen einziges Vergnügen im Leben es ist, anderen Menschen zu schaden. Selbst seine Gefühle für Elizabeth, die ihm anfangs noch menschliche Züge gaben, entpuppen sich nach und nach eher als reines Besitzdenken. Zugegebenermaßen kann man mit solch einer Karikatur dramaturgisch durchaus etwas anfangen, speziell die Fehde zwischen George und Ross erhebt sich in ungeahnte emotionale Höhen – in etwa vergleichbar mit der Beziehung zwischen Donald Trump (dem George charakterlich in der Tat auffallend ähnelt) und Hillary Clinton … Aber ob der ansonsten so erfreulich authentisch wirkenden Darstellung des vor allem für die einfachen Bürger schweren Lebens im ländlichen England des ausgehenden 18. Jahrhunderts ist eine solch extreme Figur einfach unnötig und sogar kontraproduktiv.
Bevor diese Rezension nun zu negativ klingt: Selbstredend gibt es immer noch Vieles, womit die zweite "Poldark"-Staffel punktet. Die Aufnahmen der wilden, ungezügelten Küstenlandschaft Cornwalls sind vielleicht sogar noch atemberaubender als zuvor, die bewußt natürlich gehaltene Ausleuchtung der Szenerie, häufig im Kerzen- oder Feuerschein, sorgt zusätzlich für zahllose wunderschöne Momentaufnahmen (die ich mit meinem in der Zwischenzeit gekauften, deutlich moderneren und größeren neuen Fernseher erstmals in voller Pracht genießen konnte). Dazu kommt Anne Dudleys weiterhin sehr gelungene, romantisch-emotionale Musik, die sich jedoch, wie die gesamte Staffel, etwas zu sehr auf bereits Bekanntes konzentriert und neue eingängige Melodien missen läßt. Dafür darf aber die wunderbare Eleanor Tomlinson als Demelza erneut als Sängerin glänzen, die die Herzen der Zuschauer zum Dahinschmelzen bringt. Inhaltlich ist es lobenswert, daß weiterhin ein großer Fokus auf die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedingungen gelegt wird, auch wenn die Bergbautätigkeiten und ihre Auswirkungen ein klein wenig in den Hintergrund rücken. Und obwohl ich kein großer Freund der Ehekrisen-Storyline in der zweiten Staffelhälfte bin, läßt sich doch nicht leugnen, daß diese zu einigen richtig starken und von Turner und Tomlinson glänzend gespielten Dialogen zwischen Ross und Demelza führt, die überraschend tief und einsichtsreich in die Materie eindringen anstatt sie lediglich alibihaft an der Oberfläche zu streifen. Das humoristische Highlight der Staffel ist derweil der herrliche verbale Kleinkrieg zwischen George und der inzwischen 95-jährigen, aber immer noch rüstigen Tante Agatha, der Darstellerin Caroline Blakiston ("Scoop") die Gelegenheit gibt, den Verdacht auszuräumen, eine bloße Kopie von Maggie Smiths Dowager Countess Violet aus "Downton Abbey" zu sein. So unbefriedigend und recht düster-pessimistisch die zweite Staffelhälfte auch verläuft – wenigstens endet sie mit einem deutlichen Hoffnungsschimmer und der Aussicht auf eine wieder etwas harmonischere dritte Staffel mit nachvollziehbareren Handlungsweisen der Protagonisten (wenngleich ich auf einen bereits eingeleiteten Handlungsfaden gerne verzichten würde, da er die bislang noch im Rahmen gehaltenen Seifenopern-Elemente der Serie weiter auszubauen droht). Angesichts des anhaltenden Erfolgs der Serie ist übrigens auch eine vierte Staffel bereits gesichert.

Fazit: Die zweite Staffel von "Poldark" überzeugt erneut mit tollen Bildern, guten Schauspielern und einer einnehmenden, zwischen grimmigem Realismus und wildromantischer Atmosphäre schwankenden Story, schneidet aber wegen etlicher fragwürdiger Entscheidungen sowohl der Serienmacher als auch der handelnden Figuren schwächer ab als die sehr gute erste.

Wertung: Knapp 7,5 Punkte.

Die zweite Staffel von "Poldark" ist am 1. September 2017 von Edel:Motion auf DVD und Blu-ray veröffentlicht worden. Zum umfangreichen Bonusmaterial zählen einige Sammelkarten, ein 45-minütiges Making-Of (das genau genommen eine Aneinanderreihung von ungefähr einem Dutzend kurzen Featurettes ist), zehn Minuten sehenswerte entfallene Szenen und ein Blick "Hinter die Kulissen". Anders als noch in der ersten Staffel gibt es diesmal erfreulicherweise (englische) Untertitel für die Serie, während das Bonusmaterial wiederum deutsch untertitelt ist. Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von Glücksstern-PR zur Verfügung gestellt.


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