Er war über Jahrzehnte hinweg einer der bekanntesten und beliebtesten Komiker weltweit: Jerry Lewis. Der als Nachkomme russischer Juden in Newark geborene Lewis brachte die Menschen mit spielerischer Leichtigkeit zum Lachen - obwohl er privat durchaus mit Dämonen zu kämpfen hatte (etwa einer Medikamentenabhängigkeit als Folge anhaltender Rückenprobleme) -, konnte aber ebenso in seinen vergleichsweise seltenen ernsten Rollen überzeugen. Heute starb Jerry Lewis im Alter von 91 Jahren.
Ich gebe zu, ich war nie ein großer Fan von Jerry Lewis. Bei seinen Auftritten in TV-Talkshows in gesetztem Alter fand ich ihn stets sehr unterhaltsam, doch in seinen in der Regel auf simple Prämissen aufgebauten Kinokomödien verlieren Lewis' fraglos unnachahmliche Grimassen und sein eher eindimensionaler, familienfreundlicher und repetitiver Slapstick-Humor auf Dauer ihre Wirkung. Das hat Lewis allerdings nicht daran gehindert, auf dem Höhepunkt seines Erfolges in den 1960er Jahren große Kassenhits wie "Hallo, Page!" und "Aschenblödel" (beide 1960) sowie die von ihm selbst inszenierten "Der Bürotrottel" (1961) und vor allem "Der verrückte Professor" (1963, gut 30 Jahre später mit einem sehr erfolgreichen Remake mit Eddie Murphy versehen) zu erzielen. All diese Filme haben sich ihren Erfolg mit einigen ungemein witzigen Szenen und einem stets alles gebenden Hauptdarsteller Jerry Lewis verdient, aber wie gesagt: Auf Dauer funktionieren sie meiner Meinung nach nur bedingt. Das liegt vermutlich auch daran, daß Lewis mit kürzeren Auftritten bekannt wurde, denn er begann seinen Aufstieg im Showbusiness als eine Art Stand-Up-Komiker, der gemeinsam mit dem Sänger und späteren "Rat Pack"-Mitglied Dean Martin den Durchbruch zu Superstars schaffte. Ich habe leider nur einige Ausschnitte ihrer Auftritte gesehen (und weiß gar nicht, ob viel mehr erhalten ist), aber wie sich Lewis und Martin in ihren komplett improvisierten Shows (zunächst auf der Bühne, dann im Fernsehen und in mehr als einem Dutzend Kinofilmen - sogar zu DC-Comichelden wurde das Duo!) mit ungeheurem Charisma gegenseitig die Bälle zuspielten, das ist ganz einfach von allerhöchstem Unterhaltungswert (wenn auch inhaltlich oft eine aus heutiger Sicht höchst politisch unkorrekte Macho-Show).
Daß Jerry Lewis mehr als "nur" Klamauk konnte, das zeigte er erst, als sich das Publikum erkennbar an seinen immer ähnlichen Komödien sattgesehen hatte und auch seine "The Jerry Lewis Show" bei NBC 1969 abgesetzt wurde. Oder zumindest wollte er es, doch die Zweiter Weltkriegs-Tragikomödie "The Day the Clown Cried" (1972) gelangte nie zur Aufführung. Lewis führte Regie, schrieb am Drehbuch mit und spielte die Hauptrolle eines deutschen Clowns, der einen ganz miesen Tag hat, an dem er zuerst mitbekommt, daß er gefeuert werden soll, sich daraufhin in einer Bar betrinkt, dort lautstark auf Hitler schimpft und prompt festgenommen und als politischer Häftling in ein KZ gebracht wird. Dort versucht er, die jüdischen Kinder von den grauenvollen Lagerzuständen abzulenken. Öffentlich gezeigt wurde der Film nie, da zunächst das Geld ausging (Lewis selbst finanzierte die letzten Drehtage) und dann herauskam, daß der Produzent, der das Projekt anstieß, nie die Rechte für das ursprüngliche Drehbuch erwarb. Und da die Autorin mit dem fertigen Film höchst unzufrieden war, darf dieser bis heute nicht gezeigt werden. Lewis selbst hat später übrigens den Film als "schlecht" bezeichnet, jedoch Roberto Benignis auf einer ähnlichen Prämisse aufbauenden OSCAR-Gewinner "Das Leben ist schön" als zwar von ihm geklaut, aber sehr gut gelobt.
Knapp zehn Jahre später konnte Lewis doch noch sein Können als ernsthafter Schauspieler beweisen, als ihn Martin Scorsese für seine satirische und sehr düstere Tragikomödie "King of Comedy" anheuerte, in der Lewis höchst überzeugend einen beliebten Entertainer spielt, der von einem von Robert De Niro verkörperten Stalker entführt wird (die Rolle bescherte ihm eine Nominierung bei den britischen BAFTA Awards). Der Film war seinerzeit ein kommerzieller Flop, gilt inzwischen aber als Klassiker. Anschließend absolvierte Jerry Lewis nur noch wenige, meist kurze Gastauftritte in Kino oder TV, abgesehen von der Titelrolle als alter Jazzpianist in dem Drama "Max Rose" aus dem Jahr 2013, wofür Lewis zwar viel Lob erhielt, der Film selbst aber nicht. OSCAR-Material waren Lewis' Filme zwar nie (immerhin wurde er 1966 für "Boeing, Boeing" für einen Golden Globe nominiert), seine unermüdliche wohltätige Arbeit wurde jedoch 2009 mit einem Ehren-OSCAR gewürdigt.
Am 20. August 2017 starb Jerry Lewis in Las Vegas mit 91 Jahren eines natürlichen Todes.
R.I.P.
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