Originaltitel: Valerian and the City of a Thousand Planets
Regie und Drehbuch: Luc Besson, Musik: Alexandre Desplat
Regie und Drehbuch: Luc Besson, Musik: Alexandre Desplat
Darsteller: Dane DeHaan, Cara Delevingne, Sam Spruell, Clive
Owen, Rihanna, Kris Wu, Ethan Hawke, Alain Chabat, Herbie Hancock, Sam Douglas,
Matthieu Kassovitz, Stefan Konarske, Rutger Hauer, Louis
Leterrier, Olivier Megaton
Als Sprecher in der Originalfassung: John Goodman, Elizabeth Debicki
Als Sprecher in der Originalfassung: John Goodman, Elizabeth Debicki
FSK: 12, Dauer: 138 Minuten.
Wir schreiben das 25. Jahrhundert irdischer Zeitrechnung: Auf dem von
Ozeanen und riesigen Muschelgebilden dominierten Planeten Mül lebt das primitive Volk der androgynen humanoiden Pearls unter der Führung von Kaiser Haban-Limaï (Elizabeth Debicki, "Everest") in Harmonie mit der
Natur. Durch puren Zufall findet eines Tages oberhalb von Mül eine Raumschlacht
statt, in deren Folge ein gigantisches Raumschiff wie ein Meteorit auf Mül
abstürzt und den ganzen Planeten in einer tödlichen Feuerwelle zerstört. Nur
einige Dutzend Pearls überleben, da sie sich rechtzeitig in ein kleineres,
kurz zuvor und erheblich sanfter bruchgelandetes Raumschiff retten können. 30
Jahre später träumt der intergalaktische Spezialagent Major Valerian (Dane DeHaan,
"The Amazing Spider-Man 2") von der Vernichtung Müls und ahnt, daß das mehr als ein bloßer Traum war. Doch zunächst muß sich der
notorische Frauenheld mit seiner neuen, ebenso schönen wie selbstbewußten Partnerin
Sergeant Laureline (Cara Delevingne, "Suicide Squad") um einen berüchtigten
Hehler (John Goodman, "Kong: Skull Island") kümmern, der den wohl letzten noch lebenden Transmutator in seine
Finger bekommen hat – eine niedliche kleine Kreatur, die jede Substanz, die man
ihr gibt, unendlich vervielfältigen kann. Nach Vollendung der Mission
fliegen Valerian und Laureline zu der ursprünglich von der Menschheit
erschaffenen Raumstation Alpha, die in den vergangenen 400 Jahren auch von Tausenden
außerirdischen Spezies besiedelt und ausgebaut wurde, damit alle vom
versammelten und vereinten Wissen profitieren können. In der Praxis befindet
sich Alpha allerdings inmitten einer Wirtschaftskrise, zudem gibt es einen
mysteriösen, sich ausbreitenden "radioaktiven Fleck" in den
Eingeweiden der Station – und der Transmutator,
den Valerian und Laureline zu Commander Arün Filitt (Clive Owen,
"Sin City") bringen sollen, erweist sich als noch immer
ausgesprochen begehrt …
Kritik:
Als George Lucas 1977 sein Science Fiction-Märchen
"Krieg der Sterne" in die Kinos brachte, war es bekanntlich eine globale Sensation, die Hollywood und die gesamte Filmbranche prägen und
verändern sollte. Was in den folgenden vier Jahrzehnten nur die wenigstens wußten:
Neben J.R.R. Tolkiens "Der Herr der Ringe" zählt zu Lucas'
offensichtlichsten Inspirationsquellen auch die außerhalb ihrer Heimat recht unbekannte französische Comicreihe "Valérian et
Laureline" (in der deutschen Übersetzung wurde daraus "Valerian und Veronique") von Pierre Christin und Jean-Claude
Mézières. Die Reihe brachte es von 1967 (da noch als Teil eines wöchentlichen
Comicmagazins) respektive 1970 (erstmals als eigenständiger Comic aufgelegt)
bis 2013 auf immerhin 23 Ausgaben – einer ihrer größen Fans war und ist
erklärtermaßen Frankreichs seit den 1980er Jahren erfolgreichster und
bekanntester Filmemacher Luc Besson ("Im Rausch der Tiefe"). Sein exzentrischer Science Fiction-Hit
"Das fünfte Element" aus dem Jahr 1997 zollte den Comics bereits
Hommage, deren tatsächliche Verfilmung Besson aber lange für einen aus technischen
Gründen unerfüllbaren Wunschtraum hielt – erst James Camerons
3D-Spektakel "Avatar" überzeugte Besson davon, daß eine adäquate Adaption nun
möglich sein könnte. Zwar hat es dann noch mal ein paar Jährchen gedauert,
aber schließlich konnte Luc Besson seinen Traum erfüllen und aus der
Comicvorlage den mit Abstand teuersten europäischen Film aller Zeiten machen
(mit einem Budget von fast €200 Mio.). Und "Valerian – Die Stadt der
tausend Planeten" weiß vor allem visuell zu beeindrucken, wohingegen
Luc Besson als Drehbuch-Autor erzählerisch hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt.
Gewisse Ähnlichkeiten zu "Star Wars" speziell im
Kreaturendesign sind also klar erkennbar, geklaut hat Besson aber trotzdem
nicht, da er eben auf die Comicvorlage zurückgreift. Generell ist das
"Worldbuilding", das Besson speziell im ersten Filmdrittel betreibt,
die große Stärke von "Valerian". Beginnend mit einem sehr
stimmigen Vorspann, der zu den zwar oft verwendeten, aber immer noch grandiosen
Klängen von David Bowies "Space Oddity" nahezu wortlos zeigt, wie die 2020 geschaffene Raumstation Alpha über die Jahre, Jahrzehnte und
schließlich sogar Jahrhunderte hinweg zuerst immer mehr irdische Nationen, dann
auch außerirdische Vertreter willkommen heißt und dabei so sehr wächst, daß sie
irgendwann den Erdorbit verlassen und in den Weltraum treiben muß, entführt uns
Luc Besson in eine ausgesprochen spannende und vielseitige Zukunft. Bis wir die
beiden Protagonisten dieser Geschichte treffen, dauert es auch nach dem Prolog noch eine Weile, stattdessen lernen wir ausführlich das
ätherisch anmutende, androgyne Volk der Pearls kennen, das auf dem Planeten Mül
im Einklang mit der Natur eine geradezu paradiesische Existenz führt (und nur
ein kleines bißchen an die Na'vi aus "Avatar" erinnert) –
bis die zerstörerischen, destruktiven Kräfte des Krieges unvermittelt alles
zerstören. Es ist mutig, einen für das Mainstream-Publikum gedachten Film dermaßen unkonventionell
zu eröffnen, die Zuschauer ohne Erklärung in eine außerirdische Welt voller
exotischer Bewohner, aber ohne echte Bezugspersonen zu werfen. Doch der Kniff
funktioniert, da man rasch in diese faszinierend fremde, aber doch nicht
spektakulär andere Welt eintaucht – nur um wenig später umso brachialer aus ihr
herausgerissen zu werden.
Schnitt zu Valerian und Laureline, die auf ihrem Raumschiff
an einem holographisch projizierten Strand in legerer Badekleidung relaxen – und mit unablässigem neckischen Geplänkel eine ganz neue Tonart
anschlagen, die bedauerlicherweise deutlich konventioneller, gewissermaßen
irdischer daherkommt als das bis dahin Gesehene. Valerian wird als ein notorischer
Frauenheld eingeführt (wobei das letztlich nur behauptet wird, nicht
gezeigt), ein leichtlebiger, großspuriger, aber in seinem Beruf sehr
guter Draufgänger. Als Sympathieträger kann der Weltraumagent nur bedingt
herhalten, zumal die Besetzung der Rolle mit Dane DeHaan etwas zum
Stirnrunzeln einlädt. Natürlich ist DeHaan ein guter Schauspieler, wie er in
Filmen wie "Chronicle", "A Cure for Wellness" oder auch als
Bösewicht in "The Amazing Spider-Man 2" nachwies – aber für einen Weltraumagenten
mit neunjähriger Berufserfahrung sieht er schlicht und ergreifend arg jung aus.
Zudem fällt es schwer, ihn sich als kampfstarken Actionhelden vorzustellen, wobei
es durchaus möglich ist, daß Besson ihn gerade deswegen engagiert hat, weil er
eben nicht den üblichen Vorstellungen einer solchen Figur entspricht. An der
Ähnlichkeit zum Comic-Valerian kann es jedenfalls nicht gelegen haben, denn die ist
erstaunlich gering ausgeprägt. Auch Cara Delevingne ist optisch nicht unbedingt
eine Doppelgängerin der Comic-Laureline, den Geist der Vorlage hat Besson
allerdings bei beiden Hauptfiguren recht gut eingefangen. Denn ja, auch in den
Comics (oder zumindest im ersten Band, welcher der einzige ist, den ich gelesen
habe) wirkt Valerian recht großspurig, während die vernünftige, moralische und schlagfertige Laureline der heimliche Star ist – weshalb es
übrigens umso unverständlicher ist, daß sie in Bessons Film schlichtweg aus dem
Titel gestrichen wurde.
Während DeHaan zwar in vielen Kritiken nicht sonderlich gut
wegkommt – was meiner Ansicht nach eher eine Projektion dessen ist, daß
Valerian die erheblich uninteressantere der beiden
Hauptfiguren ist –, macht er seine Sache doch sehr ordentlich. Es ist ja nicht
seine Schuld, daß Besson ihm abgesehen von einigen Onelinern kaum gute
Dialogzeilen gönnt und auch in der Figurenzeichnung nicht wirklich in die Tiefe
geht. Laureline hat da etwas mehr Glück, sie wirkt deutlich stärker wie eine
echte Person anstatt eines Stereotyps, da sie auch mal zweifelt und mehr glaubwürdige
Emotionen zeigen darf als Valerian. Zudem kommt Laureline gerade im Kontrast zu
Valerian unheimlich sympathisch rüber, was natürlich auch an Cara
Delevingnes gutem Spiel und vor allem ihrem natürlichen Charisma liegt. Als
Bösewicht in "Suicide Squad" wurde das Ex-Model noch von vielen
kritisiert, hatte dort aber letztlich ein ähnliches Problem wie hier DeHaan:
Nach gutem Beginn wurde ihre Figur vom Drehbuch links liegengelassen und
funktionierte daher im Showdown nicht so richtig. Das lag nicht in
Delevingnes Verantwortung, die am Anfang zeigen durfte, was sie kann. In
"Valerian" nutzt sie ihre deutlich vergrößerten Möglichkeiten und
bringt sich mit engagiertem und empathischen Spiel für weitere
Hauptrollen in Stellung. Gute, starke Frauenrollen konnte Besson nunmal schon
immer schreiben ("Nikita", Mathilda in "Léon – Der Profi",
Leeloo in "Das fünfte Element", "Johanna von Orleans", "Lucy").
Um wieder auf den Film an sich zurückzukommen: Trotz des
unnötigen – für manche sicher sogar störenden – Liebesgeplänkels zwischen
Valerian und Laureline gelingt es Luc Besson insgesamt gut, echte Science
Fiction zu schaffen, farbenfroh, bunt und exzentrisch wie schon in "Das
fünfte Element". Jedoch tritt die Hauptstory im direkten Vergleich zu
Bessons erstem SciFi-Epos stärker in den Hintergrund, verkommt gar zu
bloßer, vorhersehbarer Staffage mit einem arg enttäuschenden Klischee-Bösewicht,
der kaum Szenen hat. Das ist bedauerlich und wer eine tiefgreifende
Handlung erwartet, der wird mit "Valerian" eher nicht glücklich werden. Je
nachdem, was genau man erwartet, kann Besson dieses nicht
unerhebliche Manko jedoch gut kompensieren durch die die Ideenvielfalt, mit der
er seinen Phantasien in den Details freien Lauf läßt. Einige Sequenzen von "Valerian"
sind für die Geschichte eigentlich überflüssig – wie die gesamte Passage mit Popstar Rihanna ("Das ist das Ende") als liebenswerter außerirdischer Verwandlungskünstlerin
Bubble und Ethan Hawke ("Boyhood") als ihrem schmierigen Chef –, machen aber richtig Spaß und
verdeutlichen, daß Besson das Science Fiction-Gefühl wichtiger war als die
Story an sich. Das kann man gut finden oder nicht, aber wenn man aufgeschlossen
an die Sache herangeht, kann man sich Luc Bessons spürbarer Begeisterung für die "Stadt der tausend Planeten" und die
außerirdischen Kreaturen kaum entziehen, wenn die musikalische Untermalung durch den sonst so zuverlässigen Alexandre Desplat ("Grand Budapest Hotel") auch enttäuschend beliebig ausfällt. Der mitunter etwas sehr alberne Humor
trifft dabei sicher nicht jedermanns Geschmack, aber das war bei "Das
fünfte Element" ja nicht anders. Dafür sind die 3D-Spezialeffekte und diverse technische Spielereien wie eine Verfolungsjagd in zwei verschiedenen Dimensionen gut bis
atemberaubend umgesetzt, einzig die Animation der Pearls finde ich nicht ganz so
flüssig und natürlich wie etwa bei Camerons Na'vi. Dennoch: Insgesamt
überwiegen die Stärken von Luc Bessons SciFi-Extravaganza in meinen Augen
eindeutig die Schwächen, weshalb ich mich über eine Fortsetzung mit dann stärkerem Storyschwerpunkt sehr freuen würde – allein, die frühen
Einspielergebnisse machen leider wenig Hoffnung, daß es überhaupt eine geben
wird ...
Fazit: "Valerian – Die Stadt der tausend
Planeten" ist ein visuell sehr eindrucksvolles SciFi-Spektakel, das die eher wenig
begeisternde Kernhandlung mit Ideenreichtum und einer starken weiblichen
Hauptrolle kompensiert.
Wertung: 7,5 Punkte.
Bei Gefallen an meinem Blog würde ich mich über die Unterstützung von "Der Kinogänger" mittels etwaiger Bestellungen über einen der amazon.de-Links in den Rezensionen oder über das amazon.de-Suchfeld oder das jpc-Banner in der rechten Spalte freuen, für die ich eine kleine Provision erhalte.
Bei Gefallen an meinem Blog würde ich mich über die Unterstützung von "Der Kinogänger" mittels etwaiger Bestellungen über einen der amazon.de-Links in den Rezensionen oder über das amazon.de-Suchfeld oder das jpc-Banner in der rechten Spalte freuen, für die ich eine kleine Provision erhalte.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen