So, nach meiner kleinen Pause muß ich noch die Ergebnisse der BAFTA Awards nachliefern und einordnen, die bereits am Sonntag verliehen wurden und eine hochgradig interessante Konstellation ablieferten. Zunächst: Natürlich haben bei dieser britischen Preisverleihungen britische Produktionen und Filmschaffende etwas größere Chancen als bei den US-Awards. Dennoch sind die BAFTA Awards ein guter Wegweiser für die in knapp eineinhalb Wochen stattfindenden OSCARs, da viele BAFTA-Mitglieder gleichzeitig stimmberechtigte Mitglieder der OSCAR-Academy sind. Aus dem aus "Gravity", "12 Years a Slave" und "American Hustle" bestehenden großen Favoriten-Trio für die Academy Awards ging keiner völlig leer aus; am schlechtesten schnitt David O. Russells 1970er Jahre-Gaunerkomödie ab, die sich aber doch zumindest über den Drehbuch-Preis freuen durfte. Dennoch verstärkt sich der Eindruck, daß "American Hustle" von den drei Top-Anwärtern auf den OSCAR für den besten Film des Jahres 2013 die schlechtesten Karten haben dürfte.
Der große Gewinner des Abends war dagegen eindeutig Alfonso Cuaróns Weltraum-Thriller "Gravity", der bemerkenswerte sechs Kategorien für sich entscheiden konnte: Regie, Musik, Kamera, Spezialeffekte, Ton und britischer Film (was allerdings sehr umstritten war, da es sich eigentlich um eine US-Produktion handelt, die aber teilweise in Großbritannien gedreht wurde). Zwar ging der Award für das beste Original-Drehbuch an "American Hustle" verloren, Sandra Bullock unterlag erwartungsgemäß ihrer größten Rivalin Cate Blanchett ("Blue Jasmine") und in einigen Nebenkategorien gab es ebenfalls andere Gewinner. Dennoch: Sechs Trophäen sind mit Abstand die meisten aller Filme. Schlecht sah es derweil für Steve McQueens historisches Drama "12 Years a Slave" aus: Nur ein einziger Award, und der (für Hauptdarsteller Chiwetel Ejiofor) wurde dadurch begünstigt, daß sein großer Gegenspieler Matthew McConaughey nicht im Rennen war, weil sein AIDS-Drama "Dallas Buyers Club" die Qualifikationsregeln für die BAFTA Awards nicht erfüllte. Selbst Michael Fassbender, der angesichts des Fehlens von McConaugheys Leinwandpartner Jared Leto als Favorit bei den Nebendarstellern galt, ging leer aus (stattdessen gewann Laiendarsteller Barkhad Abdi für sein beeindruckendes Filmdebüt in "Captain Phillips"), ebenso das adaptierte Drehbuch, das recht überraschend Stephen Frears' "Philomena" unterlag. Doch als alles bereits damit rechnete, daß angesichts des Verlaufs des Abends "Gravity" auch als Bester Film ausgezeichnet werden würde, ging diese wichtigste Auszeichnung tatsächlich an "12 Years a Slave"! Und so bleibt das OSCAR-Rennen weiterhin spannend. Daß es unterschiedliche Gewinner in den Kategorien "Bester Film" und "Beste Regie" geben wird (die meist an den gleichen Film gehen), ist sehr wahrscheinlich; auch die Möglichkeit, daß wie bei den BAFTA Awards eine Produktion die Königskategorie gewinnt, die nicht die meisten Trophäen insgesamt holt, ist sehr realistisch. Und vielleicht kommt am Ende ja doch noch ein Außenseiter ("The Wolf of Wall Street"? "Philomena"?) und überholt die sich gegenseitig die Stimmen wegschnappenden Favoriten auf der Außenbahn ...
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