Regie: Tom Ford, Drehbuch: David Scearce und Tom Ford,
Musik: Abel Korzeniowski und Shigeru Umebayashi
Darsteller:
Colin Firth, Julianne Moore, Nicholas Hoult, Matthew Goode, Ginnifer Goodwin,
Lee Pace, Jon Kortajarena, Ryan Simpkins, Teddy Sears, Paulette Lamori
Rotten Tomatoes: 86% (7,4); weltweites Einspielergebnis:
$25,0 Mio.
FSK: 12, Dauer: 101 Minuten.
Los Angeles, 1962: Der Literaturprofessor George Falconer
(Colin Firth, "Dame, König, As, Spion") ist ein gebrochener Mann. Seit
vor ein paar Monaten sein junger Lebensgefährte Jim (Matthew Goode, "Match Point") mit dem Auto tödlich verunglückt ist, zwingt George sich nur noch, gegenüber Kollegen, Studenten und Nachbarn eine gefaßte äußere
Fassade aufrecht-zuerhalten. Nicht einmal seine einzige echte Freundin Charlie
(Julianne Moore, "Crazy, Stupid, Love.") kann ihn wirklich
aufheitern, weshalb George inzwischen ernsthaft an Selbstmord denkt. Doch dann
macht ihm der attraktive Student Kenny (Nicholas Hoult, "Jack and the Giants") Avancen ...
Kritik:
Wer jemals bezweifelt hat, daß Filme Kunst sind (oder zumindest sein können), der sollte sich unbedingt "A Single Man" ansehen. Denn der amerikanische Modeschöpfer Tom Ford hat in seinem Regiedebüt ein absolutes Gesamtkunstwerk geschaffen, das es wahrlich in sich hat. Seine Verfilmung des Romans "Der Einzelgänger" von Christopher Isherwood (der bereits die Vorlage für das achtfach OSCAR-prämierte Musical "Cabaret" mit Liza Minnelli lieferte) ist aber keine einfache Kost für den durchschnittlichen Multiplex-Besucher – dafür ist die gesamte, von Ford und seinem katalonischen Kameramann Eduard Grau über weite Strecken in unterkühlten Sepiafarben gehaltene Inszenierung viel zu unrealistisch, undurchsichtig und artifiziell geraten und die (grandiose) Filmmusik von Abel Korzeniowski ("Terra") und Shigeru Umebayashi ("The Grandmaster") zu überbordend und dominant.
Wer jemals bezweifelt hat, daß Filme Kunst sind (oder zumindest sein können), der sollte sich unbedingt "A Single Man" ansehen. Denn der amerikanische Modeschöpfer Tom Ford hat in seinem Regiedebüt ein absolutes Gesamtkunstwerk geschaffen, das es wahrlich in sich hat. Seine Verfilmung des Romans "Der Einzelgänger" von Christopher Isherwood (der bereits die Vorlage für das achtfach OSCAR-prämierte Musical "Cabaret" mit Liza Minnelli lieferte) ist aber keine einfache Kost für den durchschnittlichen Multiplex-Besucher – dafür ist die gesamte, von Ford und seinem katalonischen Kameramann Eduard Grau über weite Strecken in unterkühlten Sepiafarben gehaltene Inszenierung viel zu unrealistisch, undurchsichtig und artifiziell geraten und die (grandiose) Filmmusik von Abel Korzeniowski ("Terra") und Shigeru Umebayashi ("The Grandmaster") zu überbordend und dominant.
"A Single Man" ist aber auch ein Rätsel. Ein expressionistisches, mit
Symbolen geradezu überladenes Werk (wenn etwa, nachdem George per Telefon die
Nachricht vom Tod seines Lebensgefährten erhalten hat, das Prasseln des Regens
unvermittelt so stark anschwillt, daß es alle anderen Geräusche vollständig erstickt), das
Interpretationen nicht nur zuläßt, sondern ganz offensiv zu ihnen auffordert.
Um ehrlich zu sein, war es für mich sogar ein Heidenspaß (auch bei
wiederholter Sichtung des Films), zu versuchen, die unzähligen symbolischen
Bilder und Szenen zu interpretieren – oder auch nur herauszufinden, was Ford überhaupt
symbolisch gemeint haben könnte und was nicht. Die Künstlichkeit des gesamten
Projekts läßt sich neben diversen formalen Stilmitteln (etwa häufigen Zeitlupen
oder Schwarz-Weiß-Rückblenden, die wie Calvin-Klein-Werbespots wirken) auch
daran erkennen, daß jede einzelne Einstellung bis ins kleinste Detail hinein
durchkomponiert ist, beinahe wie bei Stanley Kubrick oder Terrence Malick. Lebensecht wirkt hier kaum etwas – abgesehen von der sehr einfühlsam präsentierten Gefühlswelt der zentralen Figuren –, doch das macht "A
Single Man" keinesfalls weniger beeindruckend. Eher im Gegenteil.
Beispielsweise ist es sehr augenfällig, daß so gut wie alle Neben- und
Statistenrollen von äußerlich makellos erscheinenden Menschen verkörpert werden,
die allesamt aussehen wie Models (gekleidet in entsprechende Designer-Klamotten,
versteht sich). Was sie vermutlich zumindest teilweise auch sind. Aber liegt
das nun darin begründet, daß Ford als Modedesigner daran gewöhnt ist, nur
mit den (zumindest nach den nicht immer nachvollziehbaren Maßstäben der
Modeindustrie) schönsten Menschen zusammenzuarbeiten und er diese Gewohnheit auf sein Filmdebüt übertragen hat? Oder – noch banaler – steht Tom Ford
schlicht und ergreifend auf ausnehmend schöne Menschen und will deshalb nur sie in seinem
Film haben? Oder hat diese Besetzungspolitik doch einen etwas tieferen Sinn und soll
den Kontrast zwischen all den schönen Menschen und dem so erbarmungswürdigen
Innenleben der Hauptfigur des George Falconer betonen? Oder gar ganz allgemein den
Kontrast zwischen schönen Menschen und ihren (im Film ebenfalls wiederholt
angedeuteten) unschönen Eigenarten von Homophobie über Ignoranz bis hin zu
schlichter Destruktivität? Oder vielleicht alles zusammen? Antworten darauf muß
jeder für sich selbst finden, aber das macht einen Teil des großen Reizes von Tom Fords
Regiedebüt aus.
Ja, "A Single Man" ist ohne Zweifel ein Gesamtkunstwerk. Ein in
der heutigen Kinolandschaft außergewöhnliches Erlebnis. Und ein Meisterwerk. Ein Meisterwerk,
das nach seinem ebenso überraschenden wie genialen Ende – auch dank Colin
Firths begeisternder, einfühlsamer darstellerischen Leistung, die ihm seine erste
OSCAR-Nominierung einbrachte und in diesem Text eigentlich viel zu kurz kommt –
tief und lange nachhallt. Sofern man willens und in der Lage ist, sich auf den
unkonventionellen, durchaus prätentiösen Stil Tom Fords einzulassen.
Fazit: "A Single Man" ist ein sehr spezielles Arthouse-Melodram, das mit seiner virtuos zelebrierten Künstlichkeit ebenso fasziniert wie mit seiner sorgsamen Figurenzeichnung und Colin Firths intensiver Schauspielkunst.
Wertung: 10 Punkte.
Und wieder komplette Zustimmung!:-)
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