Die Kombination aus Fußball-Europameisterschaft und den anhaltenden Folgen der letztjährigen Hollywood-Streiks sorgt für meine vermutlich kürzeste Kino-Monatsvorschau aller Zeiten. Außer Hollywood-Großproduktionen trauen sich kaum Werke mit einigermaßen Zuschauerpotential in die deutschen Kinos - aber zumindest können dafür fast alle anlaufenden Filme mit mindestens guten Kritiken protzen:
5./6. Juni:
"Bad Boys:
Ride or Die":
Seit seinem
OSCAR-Skandal 2022 hat sich Will Smith weitgehend aus der
Öffentlichkeit zurückgezogen und mit der wenig Aufsehen erregenden
AppleTV+-Produktion "Emancipation" auch nur einen Film
veröffentlicht. Gut zwei Jahre später könnte Smith nun aber sein
großes Comeback feiern mit einer Actionkomödien-Reihe, die ihm
offensichtlich sehr am Herzen liegt – immerhin ist "Ride or
Die" bereits der vierte Teil des 1995 begonnenen Franchises. Und
die Erfolgsaussichten sind gar nicht mal schlecht, überzeugte doch
der dritte Teil "Bad Boys for Life" 2020 nach 17-jähriger
Pause mit dem (nicht inflationsbereinigt) besten Einspielergebnis der
Reihe und blieb in Deutschland auch nach Zuschauerzahlen mit gut 1,8
Millionen nicht weit von den knapp 2,1 Millionen des zweiten Teils
entfernt. Dazu kommt, daß die großen Kinostarts im Mai fast alle
mehr ("The Fall Guy", "Furiosa") oder weniger
stark ("Planet der Affen: New Kingdom") enttäuschten und
die Zeit somit reif ist für einen richtig großen Blockbuster. Auf
der anderen Seite sorgt jedoch in Europa die
Fußball-Europameisterschaft dafür, daß die Aufmerksamkeit vieler
Kinofans vorübergehend in andere Bahnen gelenkt wird. Wie auch
immer: Regie führten wie beim auch von den Kritikern gut
aufgenommenen direkten Vorgänger Adil El Arbi und Bilall Fallah, mit
Chris Bremner ist auch einer der Drehbuch-Autoren wieder mit von der
Partie. Die beiden alternden Cops Mike (Smith) und Marcus (Martin
Lawrence) ermitteln diesmal in einem großen Polizei-Korruptionsfall,
nachdem ihr verstorbener ehemaliger Captain Howard (Joe Pantoliano)
beschuldigt wird, jahrelang für die rumänische Mafia gearbeitet zu
haben. Mike und Marcus wollen die Unschuld des Captains beweisen,
werden aber schon bald selbst beschuldigt!
"King's
Land":
Nikolaj Arcels ("Die
Königin und der Leibarzt") hochgelobte und vielfach
ausgezeichnete Verfilmung eines Bestsellers von Ida Jessen ist ein
westernartiges Historiendrama, das Mitte des 18. Jahrhunderts spielt.
Als der dänische König die Heidelandschaft von Jütland
kolonialisieren lassen will, erregt er damit nur wenig Begeisterung
bei seiner Bevölkerung – immerhin gilt besagtes Land als unfruchtbar und wird u.a. von
Wölfen und skrupellosen Straßenräubern bewohnt. Erst nach ein paar
Jahren wagt der Soldat Ludvig (Mads Mikkelsen, "The Salvation") das Abenteuer, sich
trotz aller Gefahren in Jütland anzusiedeln.
"They See
You":
Das Kino-Regiedebüt
von M. Night Shyamalans Tochter Ishana (die zuvor bereits einige
Episoden der von ihrem Vater verantworteten AppleTV+-Serie "Servant"
inszenierte) ist ein Mystery-Thriller über die 28-jährige
Künstlerin Mina (Dakota Fanning, "Once Upon a Time in …
Hollywood"), die sich im Westen Irlands in einem geheimnisvollen
Wald verirrt. Auf der Suche nach Unterschlupf trifft sie auf drei
Menschen, die sich ebenfalls verirrt haben und ihr erzählen, daß
sie jede Nacht von mysteriösen Kreaturen beobachtet und verfolgt
werden. Klingt nach einem typischen Shyamalan-Stoff ...
12./13. Juni:
"Alles steht
Kopf 2" (3D):
Die Pandemie hat das
langjährige Erfolgsstudio Pixar ziemlich aus der Spur gebracht,
wobei das auch mit den fragwürdigen Veröffentlichungsentscheidungen
des Mutterkonzerns Disney zusammenhängt. Jedenfalls blieben seit 2020
eigentlich alle Pixar-Werke hinter den kommerziellen Erwartungen
zurück, angefangen bei "Onward" bis hin zum immerhin ganz
ordentlich performenden "Elemental" – der letzte echte
Pixar-Hit war 2019 "Toy Story 4". Vielleicht ist es deshalb
folgerichtig, daß Pixar nun mal wieder auf eine Fortsetzung baut,
denn der OSCAR-prämierte "Alles steht Kopf" aus dem Jahr
2015 über die personifizierten Gefühle eines elfjährigen Mädchens
zählt zu den populärsten Filmen des Studios. Im Sequel ist Riley
inzwischen im Teenager-Alter angekommen, womit ihre Gefühlswelt
nachvollziehbarerweise noch viel stärker durcheinanderkommt als
zuvor. Und sogar ein paar neue Emotionen kommen dazu, etwa der
Zweifel oder der Neid … Regie führt diesmal Kelsey Mann, der seit
2013 an vielen Pixar-Filmen in verschiedenen Funktionen beteiligt war
und nun sein Kino-Regiedebüt feiert.
"Problemista":
Das Regiedebüt des
US-Komikers Julio Torres (hat u.a. drei Jahre lang für "Saturday
Night Live" geschrieben) ist eine mit viel Lob bedachte
surrealistische Komödie über einen jungen Spielzeugdesigner aus El
Salvador namens Alejandro (Torres), der einen Job beim
Spielzeug-Riesen Hasbro will. Nachdem seine Bewerbung abgelehnt wird,
kommt er bei einem Unternehmen unter, das reiche Menschen kryogenisch
einfriert, um sie irgendwann in der Zukunft aufzutauen … Weitere
Rollen spielen Tilda Swinton, Isabella Rossellini und RZA.
20. Juni:
"The
Bikeriders":
Fast durchgehend
gute Kritiken gab es auch (mal wieder) für den neuen Film des
renommierten US-Indie-Filmemachers Jeff Nichols ("Take
Shelter"). In dem stylishen Krimidrama "The Bikeriders"
geht es um eine Motorrad-Gang in den 1960er Jahren, die vom
charismatischen Johnny (Tom "Mad Max" Hardy) angeführt
wird. Mitglieder der "Vandals" sind auch die miteinander
verheirateten Kathy (Jodie Comer, "The Last Duel") und
Benny (Austin "Elvis" Butler). Der Film verfolgt über
mehrere Jahre hinweg die Entwicklung der Gang von einer kleinen,
lokalen Außenseitertruppe hin zu einer national tätigen kriminellen
Organisation mit diversen Ablegern und zeigt, wie sich diese
ungeplante Entwicklung auf die Privatleben der Mitglieder auswirkt.
"Sting":
Nichts für
Arachnophobiker: In Kiah Roache-Turners ("Wyrmwood")
überwiegend wohlwollend besprochenem australisch-amerikanischen
B-Horrorfilm findet die einsame 12-jährige Charlotte (Alyla Browne,
"Furiosa") in ihrem New Yorker Apartment eine kleine
Spinne, die aus einem merkwürdigen glühenden Objekt geschlüpft
ist. Charlotte behält "Sting" heimlich als Haustier –
allerdings wächst das Viech in atemberaubendem Tempo und entwickelt
einen unbändigen Hunger auf Haustiere und schließlich auch auf
Menschenfleisch!
27. Juni:
"A Quiet
Place: Tag Eins":
John Krasinskis "A
Quiet Place"-Horrorthriller-Reihe um eine Welt, in der die
Menschheit von brutalen außerirdischen Kreaturen mit extrem feinem
Gehör beinahe ausgerottet wurde, war zwar mit ihren ersten beiden
Teilen weltweit bei Kritikern und Publikum sehr erfolgreich – in
Deutschland hielt sich die Begeisterung der Kinogänger hingegen in
Grenzen. Weniger als 390.000 Zuschauer sammelte "A Quiet Place"
ein, die Fortsetzung scheiterte sogar hauchdünn an der Marke von
200.000 Besuchern. Vielleicht läuft es ja mit dem ersten Spin-Off
respektive Prequel etwas besser: Erstmals unter der Regie von Michael
Sarnoski ("Pig"), der auch das Drehbuch verfaßte, erleben
wir den Anfang der Alien-Invasion unmittelbar, nachdem dieser in der
Hauptreihe bereits in der Vergangenheit lag. Als Identifikationsfigur
des Publikums dient dabei die New Yorkerin Sam (Lupita Nyong'o,
"Little Monsters"), die inmitten des tödlichen Chaos ums
Überleben kämpft.
"Daddio –
Eine Nacht in New York":
Das Regiedebüt von
Christy Hall (Schöpferin der sehr guten, aber leider wegen der
Pandemie vorzeitig abgesetzten Netflix-Serie "I Am Not Okay with
This" mit Sophia Lillis) ist ein positiv rezensiertes
Indie-Kammerspiel über eine Frau (Dakota Johnson, "Bad Times at the El Royale"), die mit dem Taxi
vom New Yorker Flughafen zu ihrer Wohnung fährt. Dabei kommt sie mit
dem Taxifahrer (Sean Penn, "Die Dolmetscherin") ins Gespräch und nach und nach öffnen
sie sich einander zu immer persönlicheren Themen ...
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