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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Dienstag, 1. Februar 2022

ETERNALS (2021)

Regie: Chloé Zhao, Drehbuch: Chloé Zhao, Patrick Burleigh, Ryan Firpo und Kaz Firpo, Musik: Ramin Djawadi
Darsteller: Gemma Chan, Richard Madden, Salma Hayek, Angelina Jolie, Kumail Nanjiani, Lia McHugh, Don Lee, Barry Keoghan, Lauren Ridloff, Brian Tyree Henry, Kit Harington, Harish Patel, David Kaye (Stimme), Bill Skarsgård (Stimme), Haaz Sleiman, Esai Daniel Cross, Patton Oswalt, Harry Styles, Mahershala Ali (Stimme)
Eternals (2021) on IMDb Rotten Tomatoes: 47% (5,6); weltweites Einspielergebnis: $402,1 Mio.
FSK: 12, Dauer: 156 Minuten.
Vor 7000 Jahren wurden von Arishem, einem Mitglied der uralten und gottgleichen Celestials, zehn sogenannte Eternals zur Erde geschickt, alterslose und mit Superkräften ausgestattete humanoide Wesen. Ihre Aufgabe war und ist es, die Menschen vor den Deviants zu schützen, gefährlichen außerirdischen Predatoren. Nachdem es den von der Heilerin Ajak (Salma Hayek, "Killer's Bodyguard") angeführten Eternals im 16. Jahrhundert gelang, die letzten Deviants zu töten, gingen sie ihrer Wege und verteilten sich über die ganze Erde. Doch nun müssen sich Sersi (Gemma Chan, "Maria Stuart, Königin von Schottland"), Ikaris (Richard Madden, TV-Serie "Bodyguard"), Thena (Angelina Jolie, "Maleficent"), Kingo (Kumail Nanjiani, "The Big Sick") und die anderen wieder zusammenschließen, denn die Deviants sind zurück und richten wiederum große Zerstörung an, zumal sie stärker denn je zuvor zu sein scheinen. Als wäre das nicht schon schlimm genug, stellt sich heraus, daß nicht weniger als die Zerstörung des gesamten Planeten Erde unmittelbar bevorsteht und den Eternals von Arishem befohlen wird, keinesfalls einzugreifen. Während einige von ihnen sich an den Befehl halten wollen, suchen andere nach einem Weg, die über die Jahrtausende hinweg und trotz allem doch irgendwie liebgewonnene Menschheit vor dem schlagartigen Aussterben zu bewahren ...

Kritik:
Kritiker des Marvel Cinematic Universe – speziell solche aus der Filmbranche selbst – werfen diesem erfolgreichsten Kino-Franchise aller Zeiten gerne vor, die einzelne Teile seien alle gleich und die Figuren und ihre Schicksale würden kaum Emotionen beim Publikum hervorrufen. Nun, gerade Letzteres ist ein Vorwurf, den jeder nur lächerlich finden kann, der etwa "Avengers: Endgame" in einem vollbesetzten Kinosaal gesehen hat – emotionaler kann ein Kinoerlebnis kaum ausfallen! Aber das läßt sich eben kaum nachvollziehen, wenn man nur ein paar MCU-Filme gesehen hat und somit nicht die jahrelange, von Marvel-Mastermind Kevin Feige penibel gestaltete gemeinsame Reise von Superhelden, ihren menschlichen Helfern und den Millionen Zuschauern weltweit angetreten hat. Zudem zeichnet sich das MCU gerade durch den großen Abwechslungsreichtum aus, so werden zahlreiche Genres abgedeckt vom Kriegsfilm ("Captain America") über Heistkomödien ("Ant-Man"), Fantasy- ("Shang-Chi"), SciFi- ("Guardians of the Galaxy") und Mysteryfilmen ("Doctor Strange") bis hin zu klassischem Superhelden-Actionkino (z.B. "Iron Man"). Dennoch sind die Vorwürfe zugegebenermaßen nicht komplett von der Hand zu weisen, ist eine gewisse Marvel-Formel doch klar erkennbar, deren einzelne Elemente sich in allen oder sehr vielen MCU-Vertretern wiederfinden – allen voran der Humor, der selbst in den düstersten Werken nie zu kurz kommt, und leider auch die Tatsache, daß fast jeder MCU-Film mit einer spektakulären Finalschlacht endet (Ausnahmen wie "Doctor Strange" gibt es). Aber ganz offensichtlich kommt das bei einem Großteil des Publikums hervorragend an, das sowohl das Gewohnte als auch die regelmäßigen neuen Facetten zu schätzen weiß. Zu denen trägt "Eternals" von der OSCAR-Gewinnerin Chloé Zhao ("Nomadland") bei, denn hier erfahren wir im Grunde genommen, wie ein Marvel-Film aussähe, hätte ihn William Shakespeare geschrieben. Zugegeben, die Handlung wäre dann sicherlich komplexer, dennoch wirkt "Eternals" wie eine Shakespeare-Version des MCU, was Zhao mit einer betont melodramatischen Inszenierung unterstreicht. Das Resultat ist leider nicht ganz rund und bescherte dem MCU die bis dahin schwächsten Kritiken, unterhält aber trotz nicht wirklich nötiger Überlänge die meiste Zeit über gut.

Die wohl größte Leistung von Regisseurin Chloé Zhao ist es, eine Handlung, die 7000 Jahre und ein zehnköpfiges zentrales Figurenensemble umspannt, kohärent in zweieinhalb Stunden zu packen und dabei sogar jedem einzelnen Charakter gerecht zu werden. Die zehn Eternals sind dabei weitgehend gleichgestellt, lediglich Sersi und Ikaris stechen erkennbar hervor. Es erweist sich als clever, daß die Eternals zwar gemeinsam vorgestellt werden (als sie erstmals auf die Erde kommen), die Handlung dann aber in die Gegenwart springt, als sie sich über den gesamten Planeten verstreut haben – denn auf diese Weise kommt es zu einem klassischen "Wir stellen das Team zusammen"-Handlungsstrang á la "The Avengers", in dessen Verlauf wir die außerirdischen Superhelden besser kennenlernen. Und die sind mit ihren unterschiedlichen Kräften allesamt spannend: Sersi kann Materie durch Berührung verwandeln (z.B. einen Bus in Rosenblüten), Ikaris erweist sich als Superman-Pendant, das fliegen kann und aus den Augen Laserstrahlen verschießt, Kingo – der seine "Freizeit" genutzt hat, um gefeierter Bollywood-Star zu werden – attackiert Feinde mit Energieprojektilen. Die jugendliche Sprite (Lia McHugh, "The Lodge") erschafft meisterhafte Illusionen, die gehörlose Makkari (Lauren Ridloff, TV-Serie "The Walking Dead") ist rasend schnell, Druig (Barry Keoghan, "The Green Knight") könnte theoretisch die gesamte Menschheit gleichzeitig gedanklich beherrschen und Phastos (Brian Tyree Henry, "Hotel Artemis") ist ein Technikgenie. Dann sind da noch Thena – die griechische Kriegsgöttin Athene höchstpersönlich! –, ihr superstarker Begleiter Gilgamesh (Don Lee, "Train to Busan", wo er unter seinem koreanischen Namen Ma Dong-seok agierte) und die Anführerin Ajak, die über außergewöhnliche (Selbst-)Heilungskräfte verfügt. Ein äußerst vielseitiges Team also, das gegen jegliche Gefahren gewappnet sein sollte – gäbe es da nicht durchaus gewisse interne Spannungen, speziell hinsichtlich des Schicksals der Menschheit. Besonders Druig ist vom "Nichteinmischungsbefehl" schon seit Jahrhunderten genervt, aber auch Sersi und Makkari würden das Ende der Menschheit gern verhindern, wohingegen Ikaris, Sprite und Kingo dafür plädieren, einfach weiterhin Arimeshs Befehlen zu folgen (zumal das Überleben der Menschheit sehr wohl auch negative Konsequenzen nach sich ziehen würde).

Die Schauspieler sind allesamt gut ausgewählt, wobei Angelina Jolie als antike Kriegsgöttin Athene eine besonders gute Idee war und Kingo mit seinem menschlichen Butler Karun (Harish Patel, "Run Fatboy Run") für den Großteil des Humors sorgt. Man kann darüber diskutieren, wie gut dieser zum sonst bierernsten Ton der wie gesagt offen shakespearesken Inszenierung paßt, für sich genommen geraten die einzelnen Szenen aber ziemlich amüsant (und natürlich hat der Barde seine Dramen auch oft mit komischen Nebenfiguren gewürzt). Rein logisch ist es außerdem fragwürdig, warum der gottgleiche Arimesh Eternals kreiert, die einen schottischen oder hispanischen Akzent haben oder gehörlos sind oder sogar ein niemals alterndes Kind – Antworten darauf erhalten wir leider nicht, wobei den Filmemachern die Problematik zumindest klar zu sein scheint, immerhin darf Sprite einmal die gleiche Frage stellen. Letztlich ist es ja auch kein Problem und man kann sich über die in jeder Hinsicht vielfältige Zusammenstellung des Teams freuen, aber unerwähnt sollte der Logik- und Glaubwürdigkeitsmangel nicht bleiben. Dafür ist es umso schöner, daß Gemma Chan und Richard Madden als die beiden noch etwas zentraleren Protagonisten so gut funktionieren. Gerade ob des sonstigen hochkarätigen Casts ist es schon bemerkenswert, zwei speziell im Kino deutlich unbekannteren Schauspielern die wichtigsten Rollen zu überlassen, doch Gemma Chan – die hiermit bereits ihren zweiten Auftritt im MCU hat, denn in "Captain Marvel" spielte sie die ebenfalls außerirdische Nebenrolle der Minn-Erva – gibt als empathische Sersi eine exzellente Identifikationsfigur für das Publikum ab, während Richard Madden als strahlender, edler Held überzeugt und sich durchaus nicht hinter dem "echten" Superman Henry Cavill verstecken muß. Mein persönlicher Favorit ist allerdings der von Barry Keoghan schön miesepetrig, aber dennoch charismatisch verkörperte Druig.

Nachdem ich nun ganze zwei Abschnitte auf die Figuren verwendet habe, dürfte implizit auch schon klar sein, warum "Eternals" trotzdem nicht zu den besten MCU-Filmen zählt: Wer so viel Zeit für die Vorstellung seines Ensembles benötigt, der hat nicht mehr allzu viel Raum für eine spannende Story. Selbst die Figurenzeichnung bleibt letztlich notgedrungen recht oberflächlich, eine eindeutige Entwicklung durchläuft kaum einer der Superhelden innerhalb der 150 Minuten – und bei der Handlung sieht es noch schlechter aus. Denn so unterhaltsam das Rekrutieren der einzelnen Eternals an den verschiedensten Orten auch ausfällt, kann es die ausgesprochen dünne Kernhandlung doch nicht überdecken und die zu Beginn häufigen Rückblenden bremsen das sowieso überschaubare Erzähltempo zusätzlich aus (speziell den wenig erhellenden Blick auf die Eternals in Babylon hätte man auch komplett streichen können). Die Bedrohung ist zwar unmittelbar und gewaltig, aber zugleich sehr abstrakt. Einen richtigen Bösewicht, auf den man sich konzentrieren könnte, gibt es nicht, dafür sind die Deviants als persönlichkeitslose Alien-Raubtiere zu generisch. Immerhin gibt es einige überraschende Wendungen, die sogar ziemlich gut funktionieren, dennoch ist die Geschichte weit davon entfernt, komplex oder auch nur ansatzweise originell zu sein. Und natürlich mündet alles auch hier in eine fulminante finale Schlacht, die jedoch wirklich spektakulär und abwechslungsreich ausfällt – den verschiedenen Fähigkeiten der Eternals sei es gedankt. Generell sieht "Eternals" ausgesucht edel aus und Chloé Zhao und ihr Kameramann Ben Davis ("Three Billboards ...") haben zahlreiche grandiose Bilder geschaffen, die man idealerweise auf der größtmöglichen Kinoleinwand genießen sollte; zur melodramatischen shakespearesken Überhöhung trägt außerdem die schöne Filmmusik von "Game of Thrones"-Komponist Ramin Djawadi bei. Grundsätzlich können sich wie erwartet auch die zahllosen Spezialeffekte der $200 Mio.-Produktion sehen lassen, nur das Design der allzu offensichtlich computergenerierten Deviants erreicht meines Erachtens nicht das übliche Marvel-Niveau. Alles in allem ist "Eternals" ein ambitioniertes Superhelden-Actiondrama, das fraglos seine Schwächen hat und überlang geraten ist, aber einen ganzen Haufen spannender neuer Figuren mit enornem Potential für zukünftige Abenteuer einführt (in den zusätzlichen Szenen im Abspann kommen sogar noch weitere dazu!), optisch und akustisch auf der ganzen Linie überzeugt und letztlich auch ordentlich unterhält. Und wir wollen nicht vergessen, daß die Einführung neuer Superhelden im MCU häufig ein wenig zäh gerät ("Thor", "Captain America", "Ant-Man") und diese erst in den folgenden Filmen zu großer Form auflaufen. Hoffen wir, daß dies auch bei den Eternals der Fall ist.

Fazit: Chloé Zhaos "Eternals" ist ein überambitioniertes, überlanges Superhelden-Actiondrama mit ungewohnt ernstem Tonfall, grandioser Technik und einem überzeugenden Ensemble, das aber von einer allzu generischen Story ausgebremst wird.

Wertung: 7 Punkte.
 
 
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