Originaltitel:
Birds of Prey (and the Fantabulous Emancipation of One Harley Quinn)
Alternativtitel:
Harley Quinn: Birds of Prey
Regie:
Cathy Yan, Drehbuch: Christina Hodson, Musik: Daniel Pemberton
Darsteller:
Margot Robbie, Ewan McGregor, Jurnee Smollett-Bell, Rosie Perez, Ella Jay
Basco, Mary Elizabeth Winstead, Chris Messina, Steven Williams, Ali Wong, François Chau, Daniel Bernhardt, Dana
Lee, Matthew Willig, Bojana Novakovic
FSK: 16, Dauer: 109 Minuten.
Es ist aus zwischen Harley Quinn (Margot Robbie, "The
Wolf of Wall Street") und dem Joker – diesmal (angeblich) endgültig! Und
als Harley die Trennung mit einem spektakulären Knalleffekt bekannt gibt, weiß
ganz Gotham darüber Bescheid. Das bedeutet aber auch, daß Harley nicht mehr
unter dem Schutz des Jokers steht, sondern Freiwild ist für alle, die noch eine
Rechnung mit ihr offen haben – und das ist so ziemlich jeder Gangster der
Stadt sowie zahlreiche weitere Personen. Vor allem Gangsterboß Roman Sionis
(Ewan McGregor, "Doctor Sleeps Erwachen") aka Black
Mask kann es kaum erwarten, Rache zu üben, weshalb er seine rechte Hand
Victor Szasz (Chris Messina, "Argo") mit etlichen Schergen
losschickt, um sich Harley zu greifen. Die kann sich lediglich mit einem Deal vor dem
sicheren Tod retten, als sie mitbekommt, daß Roman auf der dringenden Suche nach
einem besonderen Diamanten ist, den die jugendliche Taschendiebin Cassandra
Cain (Ella Jay Basco) stibitzt hat. Harley soll nun den Diamanten im Tausch gegen
ihre Freiheit und Sicherheit zurückbringen. Dann entwickelt sie allerdings
nicht nur Beschützer-Gefühle gegenüber Cassandra, sondern trifft auch
auf die taffe Polizistin Renee Montoya (Rosie Perez, "The Dead Don't
Die"), Romans geheimnisvolle Fahrerin Dinah Lance
(Jurnee Smollett-Bell, TV-Serie "Lovecraft Country") und eine Armbrust-Killerin (Mary Elizabeth Winstead, "10 Cloverfield
Lane"), die bei den Gangstern von Gotham für Angst und Schrecken sorgt …
Kritik:
Als im Sommer 2016 David Ayers "Suicide Squad" in
die weltweiten Kinos kam, erwiesen sich die zur Weltrettung genötigten
DC-Bösewichte zwar als großer kommerzieller Erfolg, konnten qualitativ aber
weder die Kritiker noch Comic-Anhänger oder "normale" Kinozuschauer wirklich
überzeugen (wobei fairerweise erwähnt werden soll, daß der veröffentlichte Film
sehr wenig mit Ayers Vision zu tun hatte, da ihm das Projekt letztlich aus der
Hand genommen und eine ganz andere Schnittfassung auf die Leinwände
gebracht wurde). Nur in einem positiven Punkt waren sich fast alle einig: Die zweifach OSCAR-nominierte Australierin Margot Robbie war die ideale Besetzung
für Harley Quinn, die notorisch aufgekratzte und durchgeknallte Gefährtin des
nicht weniger durchgeknallten Oberbösewichts und Batman-Erzfeindes Joker. Dementsprechend war früh
klar, daß Harley einen eigenen Film erhalten würde – "Birds of Prey:
The Emancipation of Harley Quinn" war geboren. Zwar ist das kein richtiger
Solofilm für die gelernte Psychologin, sondern eher ein Ensemble-Stück von Super-Antiheldinnen, bei dem konsequenterweise auch hinter der Kamera
Frauen die Oberhand hatten, angefangen bei Regisseurin Cathy Yan ("Dead
Pigs") und Drehbuch-Autorin Christina Hodson ("Bumblebee"); aber
das kommt (leider) erst im letzten Drittel richtig zum Tragen und bis dahin
dominiert Harley die Geschichte klar, zumal sie auch als (unzuverlässige)
Erzählerin fungiert. So vielversprechend die Ausgangslage für "Birds of
Prey" war, letzten Endes ist dieses schwarzhumorige Action-Abenteuer leider trotz
einiger Stärken nicht viel besser ausgefallen als "Suicide Squad", an
den Kinokassen schnitt er sogar deutlich schlechter ab.
Daß "Birds of Prey" sein Potential niemals ausreizt, ist schon deshalb bedauerlich, weil er eigentlich viele Dinge richtig macht – nur dauert es viel zu lange,
bis der Film seinen Groove findet. So ist es theoretisch eine schöne Idee, die
flache, aber rasant inszenierte Story (in der Romans Diamant als ebenso
klassischer wie einfallsloser MacGuffin fungiert) von Harley als erratischer
Erzählerin präsentieren zu lassen, die praktischen Auswirkungen sind aber
weniger erfreulich. Die zahlreichen Handlungs- und Zeitsprünge (weil Harley immer
wieder einfällt, daß sie in ihrer Erzählung etwas Wichtiges vergessen hat)
unterstreichen zwar passend Harleys bedenklichen mentalen Zustand – noch
verstärkt durch ihre Trennung vom Joker –, bremsen den Film vor allem in der
ersten Hälfte aber immer wieder aus. Grundsätzlich macht es schon
Spaß, Harley bei ihren aberwitzigen, von Cathy Yan schön comichaft
übertrieben dargestellten Eskapaden zuzuschauen, zumal es ein paar herrliche Einfälle gibt (Harleys Haus-Hyäne Bruce hätte ebenso ein eigenes Spin-Off
verdient wie ihr Rollerderby-Hobby …), jedoch fehlt ein wenig die
Zielstrebigkeit, was es auf Dauer recht anstrengend macht. Diese Zeit hätte man vielleicht lieber verwenden sollen, um die zahlreichen weiteren Figuren näher
vorzustellen, die großteils kaum Profil entwickeln können. Teilweise
können das die engagierten Darsteller einigermaßen wettmachen, gerade Ewan
McGregor hat sichtlich Spaß daran, sich als sadistischer Psycho Roman Sionis
auszutoben, doch insgesamt bleibt die Figurenzeichnung bedauernswert dünn.
Besonders wenig Eindruck macht Romans brutale rechte Hand Victor Szazs – in der
TV-Serie "Gotham" in der Verkörperung von Anthony Corrigan noch ein
echter Scenestealer, hier zum generischen Schlagetot verkommen (wobei ich mangels Comic-Kenntnis nicht beurteilen kann, welche Version eher der Vorlage entspricht).
Viel besser sieht es auch auf der "Helden"-Seite
nicht aus: Rosie Perez macht noch das Beste aus der zynischen Polizistin Renee
Montoya, dagegen gelingt es nicht einmal der von mir an sich sehr geschätzten Mary
Elizabeth Winstead, ihre rachsüchtige Huntress allzu interessant zu
gestalten (was sicherlich auch damit zusammenhängt, daß sie von den "Birds
of Prey" mit Abstand die geringste Screentime hat). Wirklich positiv
bleibt lediglich Romans Fahrerin Dinah Lance im Gedächtnis, die von Jurnee
Smollett-Bell schön lakonisch verkörpert wird und eine sehr gute Chemie mit
Harley aufweist – nicht ohne Grund soll gerade sie 2022 oder 2023 ein eigenes
Spin-Off beim Streamingdienst HBO Max erhalten. So richtig gut funktioniert
"Birds of Prey" jedenfalls erst im letzten Drittel, als die
titelgebenden Damen endlich zusammenfinden in einem sehenswerten Showdown in passendem Setting (einem verlassenen
Vergnügungspark) und mit einfallsreich choreographierten, ziemlich brutalen
Kampfsequenzen, in denen vor allem Margot Robbie als Harley Quinn glänzt. Deren
Entwicklung ist insgesamt gut und glaubwürdig dargestellt und wird dem
Untertitel erfreulicherweise durchaus gerecht, denn im Verlauf reift Harley sichtlich, sie emanzipiert sich vom Joker und zeigt, daß
sie sehr wohl auch auf sich allein gestellt für herrlich anarchische Furore
sorgen kann. Ein Jahr nach "Birds of Prey" folgte für Harley ein
weiterer Einsatz in "The Suicide Squad", diesmal inszeniert von James
Gunn, von Kritikern und Fans gefeiert – aber kommerziell eher gefloppt
(was teils an den pandemischen Umständen lag und teils wahrscheinlich an dem
schlechten Eindruck, den der erste "Suicide Squad" hinterließ und an
den der fast identische Titel unklugerweise sofort erinnert). Bleibt zu
hoffen, daß es nicht Margot Robbies Abschiedsvorstellung in dieser Rolle war, denn das wäre definitiv ein Verlust.
Fazit: "Birds of Prey: The Emancipation of
Harley Quinn" ist ein anarchisches, sehr schräges Action-Abenteuer mit starker weiblicher
Prägung, das viele gute Ideen und eine wunderbare Hauptdarstellerin Margot Robbie
hat, aber an einer übermäßig dünnen Story leidet und erst im Schlußdrittel richtig
in Schwung kommt.
Wertung: 6,5 Punkte.
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