Regie: Jon Watts, Drehbuch: Chris McKenna und Erik Sommers, Musik:
Michael Giacchino
Darsteller: Tom
Holland, Zendaya, Benedict Cumberbatch, Jacob Batalon, Marisa Tomei,
Jon Favreau, Alfred Molina, Jamie Foxx, Willem Dafoe, Thomas Haden
Church, Rhys Ifans, Andrew Garfield, Tobey Maguire, Benedict Wong,
J.K. Simmons, Tony Revolori, Angourie Rice, Martin Starr, J.B.
Smoove, Hannibal Buress, Arian Moayed, Charlie Cox, Tom Hardy
FSK: 12, Dauer: 149
Minuten.
Ja, es ist wirklich
passiert: Nachdem Spider-Man (Tom Holland, "Die versunkene Stadt Z") in
London den Fake-Superheld Mysterio und seine Drohnenarmee besiegt
hat, wurde er von dem Videoblogger J.J. Jameson (J.K. Simmons, "La
La Land") als 17-jähriger Peter Parker geoutet und anhand eines
manipulierten Videos als Mörder von Mysterio angeprangert. Für
Peter und seine Freunde MJ (Zendaya, "Dune") und Ned (Jacob
Batalon, "Tage wie diese") ist das ein Schock, auch Tante May (Marisa Tomei,
"The Wrestler") und Happy Hogan (Jon Favreau, "Iron
Man 3") müssen damit erstmal zurechtkommen, zumal Peter gar wegen diverser vermeintlicher Verfehlungen als Spider-Man
angeklagt wird. Zwar werden die Klagen schnell fallengelassen
und viele verehren Peter alias Spider-Man weiterhin als Held, von
anderen schlägt ihm dagegen Abneigung und sogar Haß entgegen, weil
er den edlen Mysterio ermordet habe. Schließlich wendet sich Peter
in seiner Not an seinen Mit-Avenger Doctor Strange (Benedict
Cumberbatch, "The Power of the Dog"), der tatsächlich einen Ausweg kennt: Mit einem Zauber
kann er dafür sorgen, daß alle Menschen Peters
Superhelden-Identität vergessen! Leider mißlingt der Zauber, da
Peter währenddessen immer mehr Personen einfallen, die von der
Wirkung ausgeschlossen sein sollen – und dummerweise stellt sich
bald heraus, daß es sogar einige problematische Nebenwirkungen gibt.
Durch den gescheiterten Zauber sind nämlich einige Spider-Man-Gegner aus
anderen Universen in dieses hereingezogen worden, wo sie nun Peter
ans Leder wollen ...
Kritik:
Es ist also soweit:
Das Marvel Cinematic Universe tritt nun endgültig in die Phase ein,
in der das Multiversum eine entscheidende Rolle spielt. Ansatzweise
war das ja bereits in "Avengers: Endgame" der Fall (mit Lokis "Wiederbelebung" durch Zeitreise), unter den
Disney+-Serien befaßte sich das animierte "What if …"
noch stärker damit und in "Spider-Man: No Way Home" bringt
Jon Watts in seinem dritten "Spider-Man"-Film nacheinander
erstmals auf der großen Leinwand Figuren aus früheren cineastischen
Inkarnationen der freundlichen Spinne aus der Nachbarschaft ins MCU.
Hätte ich den unmittelbar an die spektakuläre finale Enthüllung von "Spider-Man: Far From Home" anknüpfenden "No Way Home" zum Kinostart gesehen, hätte ich mich mit Sicherheit schwergetan, eine
angemessene Kritik ohne riesengroße Spoiler zu verfassen. Nun, rund fünf
Monate kann ich im Folgenden wohl zumindest problemlos
auf die in größeren Rollen auftretenden Gäste aus den früheren
"Spider-Man"-Filmen eingehen kann – echte
Cameos werde ich nicht erwähnen. Der lange
geheimnisumwitterte Zusammenprall des MCU-Spidey mit Sam Raimis
"Spider-Man"-Trilogie von 2002 bis 2007 und den beiden "The
Amazing Spider-Man"-Filmen von 2012 und 2014 sorgte naturgemäß
für Hochspannung bei den zahllosen Fans des Franchises und machte
"No Way Home" mit einem Einspielergebnis von sagenhaften
fast $1,9 Milliarden zum global dritterfolgreichsten MCU-Vertreter
(nach "Avengers: Endgame" und "Avengers: Infinity
War"). Und das Beste ist: "Spider-Man: No Way Home"
ist nicht einfach nur ein selbstzweckhaftes Festival des Fanservice,
sondern ein richtig guter Film, der die Gäste aus den anderen
Universen sinnvoll in die Handlung integriert!
Die seit
langem als Team arbeitenden Drehbuch-Autoren Chris McKenna und Erik
Sommers ("Jumanji: Willkommen im Dschungel", "Ant-Man
and the Wasp"), die bereits für die vorherigen
"Spider-Man"-Solofilme im MCU verantwortlich zeichneten,
haben diesbezüglich ganze Arbeit geleistet. Fünf frühere
Spidey-Antagonisten bringen sie zurück: Dr. Otto "Doc Ock"
Octavius (Alfred Molina, "Prince of Persia"), Max "Electro" Dillon (Jamie Foxx,
"Django Unchained"), Norman "Grüner Kobold"
Osborn (Willem Dafoe, "Der Leuchtturm"), Flint "Sandman"
Marko (Thomas Haden Church, "Killer Joe") und Dr. Curt
"Lizard" Connors (Rhys Ifans, "Radio Rock
Revolution"). Überraschenderweise gelingt es Peter mit der
Hilfe seiner Freunde recht schnell, das Quintett einzufangen und
für den Rücktransport in ihre Universen vorzubereiten, als alle
eine überraschende Erkenntnis befällt: Zumindest einige der fünf
Kreaturen wurden unmittelbar vor ihrem Tod ins MCU-Universum gezogen – sie zurückzuschicken würde also bedeuten, sie
direkt in den Tod zu schicken. Während Doctor Strange damit keine
Probleme hat, stellt sich Peter dank des Einflusses seiner Tante May
gegen ihn und will zumindest versuchen, dem Quintett zu helfen, indem
es sie wieder in einfache Menschen zurückverwandelt und damit ihr Schicksal
verändert (ja, über die Logik kann man streiten). Damit werden die
fünf einstigen Antagonisten auf unerwartete Weise sogar zu einer Art
Verbündeten von Peter (wobei Sandman sich ja bereits in Raimis
"Spider-Man 3" mit "seinem" Peter Parker
versöhnte), welche mit ihm zusammenarbeiten müssen, um ihr Leben zu
retten – was einigen leichter fällt als anderen.
Die Ex-Bösewichte dergestalt in die Handlung einzubinden, erweist sich als
ausgesprochen clevere Idee, da man so teilweise neue Facetten an
ihnen entdeckt und der Storyverlauf relativ unvorhersehbar
bleibt. Natürlich geht letztlich etwas schief und Peter erhält aus
den anderen Universen noch überraschende Unterstützung, aber
wie genau sich das abspielt, ist richtig gut gemacht. Obwohl "No
Way Home" insgesamt klar düsterer ausfällt als die beiden
vorherigen Solofilme mit Tom Holland, macht der Film durchgehend viel
Spaß, zumal das Multiversum von den beiden Autoren für zahlreiche
meist gelungene Gags, Zitate und Anspielungen genutzt wird (unabhängig vom Multiversum, aber trotzdem toll: Die Freiheitsstatue von New York ist gerade wegen Bauarbeiten gesperrt, da ihre Fackel durch einen Captain America-Schild ersetzt wird!).
Fanservice, ja, aber wirklich gut und clever gemachter Fanservice mit reichlich denkwürdigen Momenten!
Ganz tadellos ist "No Way Home" allerdings nicht.
Drei größere Probleme ergeben sich: Erstens wirkt es wenig
glaubwürdig, wie bereitwillig Doctor Strange einen offensichtlich
dermaßen gefährlichen Zauber einsetzt, nur um Peter und seinen
Freunden das Leben etwas leichter zu machen. Klar, wir kennen Stephen
Strange als risikobereiten, sehr selbstbewußten und eher
regelaversen Typen, dem so etwas grundsätzlich schon zuzutrauen ist
– und Peters Störungen ergeben als Grund für das totale Mißlingen
des Zaubers ebenfalls Sinn. Trotzdem: Als Ursache für etwas so
buchstäblich Welterschütterndes wie die Öffnung des Multiversums
wirkt "Bitte laß die Leute vergessen, daß ich
Spider-Man bin" ziemlich albern. Ähnlich sieht es später damit
aus, daß Peter sich gegen Doctor Strange wendet und damit – wenn
auch aus idealistischen Gründen heraus – noch einmal sehr viel
riskiert, nachdem er bereits mitansehen mußte, wie sehr das in die
Hose gehen kann. Positiv hervorzuheben ist allerdings, daß in der
Story sehr wohl auf Peters Verantwortung für alles, was passiert,
eingegangen wird, was diesen mutmaßlich noch längere Zeit im MCU
beschäftigen wird.
Der letzte größere
Kritikpunkt ist das Fehlen eines ernstzunehmenden
Oberschurken. So sehr man sich als Fan über das Wiedersehen mit Doc
Ock, Grünem Kobold und Co. freuen mag, bleibt doch festzuhalten:
Alle haben bereits einmal gegen einen Spider-Man verloren und sind –
obwohl nun natürlich zunächst klar in der Überzahl – nur bedingt
glaubwürdig als Bedrohung für einen Spider-Man, der zuvor immerhin (wenn auch nicht allein) gegen einen gewissen Thanos triumphierte.
Dieser Punkt ließ sich angesichts der Prämisse vermutlich kaum
verhindern; man hätte vielleicht zusätzlich zu den Rückkehrern
einen neuen, noch stärkeren Schurken einführen können, aber das
Ensemble ist sowieso schon groß genug, weshalb dann andere Figuren
noch stärker an den Rand gedrängt worden wären. Insofern ist die
gewählte Lösung nicht perfekt, aber absolut in Ordnung. Wie eigentlich immer im MCU keinen Grund zur Kritik liefern derweil die Spezialeeffekte.
Gerade wenn man sich vorher nochmal die alten Spidey-Filme angesehen
hat, fällt auf, welch großen Schritt nach vorne der CGI-Einsatz in
den letzten 15, 20 Jahren gemacht hat, am deutlichsten
ist das wohl an Sandman zu erkennen. Auch die 3D-Effekte sind tadellos
und "No Way Home" ist tatsächlich der erste 3D-Film seit vielen Jahren, bei dem mir keinerlei
Probleme wie Unschärfen oder Ghosting aufgefallen sind. Die Actionsequenzen und
die Kämpfe sind erstklassig und mit etlichen Referenzen an die
früheren Filme choreographiert und inszeniert und werden von der
treibenden Musik von Michael Giacchino ("Doctor Strange") passend untermalt. Auch die
Besetzung funktioniert wieder tadellos: Tom Holland, Zendaya
und Jacob Batalon sind sympathisch wie eh und je und harmonieren
wunderbar miteinander, Marisa Tomei bleibt als Tante May Stimme
der Vernunft im Hintergrund, Jon Favreau sorgt als leicht
tollpatschiger Happy Hogan für Lacher und die fünf hochkarätigen
Bösewicht-Darsteller (von denen Ifans und Haden Church aber
nicht am Set waren, sondern die CGI-Rollen nur sprechen) machen
ebenfalls einen gewohnt guten Job. Sehr interessant ist natürlich
zudem die Frage, wie es weitergehen wird, denn das Ende von "No Way
Home" läßt das MCU durchaus (vermutlich) permanent verändert
zurück. Mal abwarten, wann und wo und wie genau wir Tom Holland als Spider-Man
wiedersehen werden ...
Fazit:
"Spider-Man: No Way
Home" ist ein äußerst unterhaltsames Superhelden-Abenteuer,
das Heroen und Schurken aus früheren Spidey-Inkarnationen gut
durchdacht in eine spannende Handlung integriert.
Wertung:
8,5 Punkte.
Bei
Gefallen an meinem
Blog würde ich mich über die Unterstützung von "Der Kinogänger"
mittels etwaiger Bestellungen über einen der amazon.de-Links in den
Rezensionen oder über das amazon.de-Suchfeld in der
rechten Spalte freuen, für die ich eine kleine Provision erhalte.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen