Originaltitel:
Raya and the Last Dragon
Regie: Don
Hall und Carlos López Estrada, Drehbuch: Qui Nguyen, Adele Lim, Musik: James
Newton Howard
Sprecher der Originalfassung: Kelly Marie Tran, Awkwafina,
Gemma Chan, Izaac Wang, Daniel Dae Kim, Benedict Wong, Sandra Oh, Lucille
Soong, Dichen Lachman, Sung Kang, François Chau, Alan Tudyk
FSK: 0, Dauer: 107 Minuten.
Einst führten die menschlichen Bewohner des Landes Kumandra
ein idyllisches Leben mit den Drachen. Doch als böse Geister namens Druun Kumendra heimsuchen und jedes
Lebewesen versteinern, das sie berühren, können weder Mensch noch Drache viel
ausrichten. Den letzten fünf überlebenden Drachen gelingt es jedoch, ihre Magie
in einer magischen Kugel zu vereinen, auf diese Weise die Druun zu vertreiben
und die Versteinerungen rückgängig zu machen – nur die Drachen bleiben aus
irgendeinem Grund versteinert. Anstatt das große Opfer der Drachen zu ehren,
bekriegen sich jedoch die fünf nach Drachen-Körperteilen benannten menschlichen
Stämme Herz, Klaue, Kamm, Zahn und Schweif fortan. 500 Jahre später will
Benja (Daniel Dae Kim, "Hellboy – Call of Darkness"), Anführer des Herz-Stammes, der die magische
Drachen-Kugel bewacht, endlich wieder Frieden in Kumandra herstellen – doch er
wird verraten, dabei zerbirst die Kugel in fünf Teile und die Druun kehren zurück! In den folgenden sechs Jahren befindet sich Benjas Tochter Raya (Kelly
Marie Tran, "Star Wars Episode VIII"), stets verfolgt von ihrer
Zahn-Erzfeindin Namaari (Gemma Chan, "Captain Marvel"), auf der Suche nach der letzten Drachin Sisu (Awkwafina, "Ocean's
8"), die einer alten Legende zufolge nicht versteinert wurde, sondern in einen
tiefen Schlaf fiel. Tatsächlich wird Raya fündig und macht sich mit Sisu auf
den Weg, um die fünf Splitter der Drachen-Kugel zu vereinen und auf diese Weise
die Druun endgültig zu vernichten …
Kritik:
Es ist noch gar nicht so lange her, da waren alle
"Disney-Prinzessinnen" in den Zeichentrick- und Animationsfilmen weiß,
man denke nur an Schneewittchen, Cinderella oder
Belle aus "Die Schöne und das Biest". Seit den 1990er Jahren bemühen
sich Disney sowie das zugekaufte Studio Pixar aber erkennbar um mehr Diversität in ihren Animationsfilmen,
wie man an Jasmine aus "Aladdin", Pocahontas, Tiana aus
"Küß den Frosch" (die erste afroamerikanische Disney-Prinzessin) oder Mulan
gut erkennen kann. "Raya und der letzte Drache" schenkt uns nun mit der kampfstarken Raya nach Mulan die zweite asiatische
Disney-Prinzessin, zumindest im weiteren Sinne. Denn die Welt, in der der Film der Regisseure Don Hall ("Baymax") und Carlos López Estrada
("Blindspotting") sowie den Drehbuch-Autoren Adele Lim ("Crazy Rich")
und Qui Nguyen (Amazon-Serie
"Botschaften von Anderswo") spielt, ist fiktiv, aber sehr deutlich von der (südost-)asiatischen Kultur
geprägt – weshalb in der Originalfassung eine fast ausnahmslos
asiatischstämmige Besetzung für die Sprechrollen ausgewählt wurde. Die macht
ihre Sache denn auch ausgezeichnet, muß allerdings damit zurechtkommen, daß die
Story von "Raya und der letzte Drache" abseits einer durchaus
überraschenden Wendung vor dem dritten Akt allzu vorhersehbar und wenig
einfallsreich daherkommt – der Fokus auf ein relativ junges Publikum ist
angesichts der wenig komplexen Handlung unübersehbar. Zu einem Höhepunkt in
Disneys langer, oft glorreicher Animationsgeschichte wird "Raya und der
letzte Drache" auf diese Weise nicht, für gute Unterhaltung sorgt er aber
allemal.
Herzstück von "Raya und der letzte Drache" ist
zweifelsohne die von typischer Buddy-Movie-Dynamik geprägte Beziehung zwischen
Raya und Drachin Sisu – obwohl die beiden gar nicht so viel Zeit miteinander
verbringen, wie man meinen würde. Zunächst muß die unerschrockene Kriegerin
Sisu ja erstmal finden, und das dauert schon ein kleines Weilchen – und später
sind sie des öfteren voneinander getrennt. Das ist einerseits bedauerlich, weil
die spritzigen Dialoge zwischen dem ungleichen Duo viel Freude bereiten und es
ebenso Spaß macht zu sehen, wie die (nachvollziehbarerweise) recht zynische
Raya und die nach wie vor felsenfest an das Gute in den Menschen glaubende Sisu
voneinander lernen und aneinander wachsen. Andererseits ist es vielleicht
gar keine so schlechte Idee, die beiden nicht zu sehr in den Mittelpunkt zu
stellen und den ganzen Rest zu vernachlässigen. Dem Worldbuilding kommt das
jedenfalls zugute, denn trotz der klaren Anleihen bei der asiatischen Kultur
und dortigen Legenden sind Kumandra und die fünf Stämme bemerkenswert
detailreich und liebevoll gestaltet. An manchen Klischees kommt man zwar nicht
vorbei und angesichts der überschaubaren Zeit bleibt der Blick auf die Stämme
oberflächlich, auch die Nebenfiguren sind wenig tiefschürfend gezeichnet.
Dennoch wünschte man, die Filmemacher hätten ähnlich viel Mühe und Liebe in die
Handlung gesteckt wie in die Erschaffung dieser bildschönen Fantasywelt.
Denn die Story ist bis auf die erwähnte überraschende
Wendung ausgesprochen vorhersehbar und wenig einfallsreich, eine so ähnlich
schon vielfach gesehene, daher ein wenig uninspiriert wirkende Heldenreise ohne
nennenswerte Innovationen. Die Entwicklung von Rayas Erzrivalin Namaari
dürfte ebenfalls wirklich niemanden überraschen, und vielleicht wegen der asiatischen
Inspirationsquellen fallen doch einige stilistische und inhaltliche Parallelen zum
chinesischen Animationsfilm-Hit "White Snake – Die Legende der weißen
Schlange" aus dem Jahr 2019 ins Auge. Außerdem sprechen die Charaktere mitunter arg modern für eine Fantasywelt ("Princess Undercut") und die
für Disney-Filme so typische Moral von der Geschicht' wird in diesem Fall
besonders dick aufgetragen – für meinen Geschmack eindeutig zu dick und
offensichtlich an das ganz junge Publikum gerichtet. Dafür sind die
Nebenfiguren größtenteils interessant und sympathisch ausgefallen, wenn sie
auch recht blaß bleiben – den engagierten Sprechern
(der Originalfassung) ist es zu verdanken, daß dies nicht allzu sehr stört. Wobei
ironischerweise ausgerechnet die beiden Figuren, die gar nicht reden, am
besten funktionieren, nämlich Rayas treuer Tier-Gefährte Tuk Tuk (eine
überdimensionierte Mischung aus Gürteltier und Kugelassel; die Geräusche, die
Tuk Tuk von sich gibt, wurden von "Firefly"-Star Alan Tudyk
vertont) sowie das "Con Baby" Noi, das sich mit seinen
Gauner-Fähigkeiten als äußerst nützlich für Rayas Jagd auf die verbliebenen
Magie-Splitter erweist. Dennoch haben sich speziell Kelly Marie Tran (Raya),
Awkwafina (Sisu) und Gemma Chan (Namaari) viel Lob für ihre Sprecher-Leistungen
verdient. Die Animationsqualität von "Raya und der letzte Drache" ist
ausgezeichnet, sowohl die angesichts der Umstände recht düstere Fantasy-Welt
als auch die Figuren sehen sehr gut aus, ebenso die nebelhaften Druun (die
ursprünglich deutlich humanoider geplant waren, aber da hat man mit der
Umgestaltung die richtige Entscheidung getroffen). Einzig das Design
der Drachen finde ich ein bißchen gewöhnungsbedürftig, wobei das auch daran
liegen dürfte, daß ihr Bewegungsablauf irritierenderweise
frappierend an das Lama aus Disneys unterschätztem Zeichentrickfilm
"Ein Königreich für ein Lama" aus dem Jahr 2000 erinnert … Davon abgesehen gibt es
visuell kaum etwas zu bemängeln, die Musik von Altmeister James Newton Howard ("Die Tribute von Panem")
ist aber ein wenig unauffällig geraten. Insgesamt liefert Disney wieder einmal
gute Unterhaltung ab, hat diesmal aber inhaltlich etwas zu wenig zu bieten,
um gerade erwachsene Zuschauer voll überzeugen zu können.
Fazit: "Raya und der letzte Drache" ist ein
sehr schön gestalteter Animationsfilm für die ganze Familie, der vor allem mit
seiner phantasievollen Fantasy-Welt und guten Sprechern überzeugt, weniger
mit einer originellen Handlung oder ausgefeilten Figuren.
Wertung: Gut 7 Punkte.
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