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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 24. Oktober 2024

GRETEL & HÄNSEL (2020)

Regie: Osgood Perkins, Drehbuch: Rob Hayes, Musik: Rob
Darsteller: Sophia Lillis, Samuel J. Leakey, Alice Krige, Jessica De Gouw, Charles Babalola, Fiona O'Shaughnessy, Donncha Crowley, Giulia Doherty
Gretel & Hansel (2020) on IMDb Rotten Tomatoes: 62% (6,2); weltweites Einspielergebnis: $22,3 Mio.
FSK: 16, Dauer: 87 Minuten.
Die Lage im Märchenland ist alles andere als märchenhaft: Die Pest wütet und hat auch das Leben des Vaters von Gretel (Sophia Lillis, "Es") und ihrem kleinen Bruder Hänsel (Samuel J. Leakey) gefordert. Da ihre Mutter (Fiona O'Shaughnessy, TV-Serie "Halo") nicht über diesen Verlust hinwegkommt und zudem ihre Kinder nicht mehr ernähren kann, schickt sie die beiden kurzerhand fort. Ein hilfsbereiter Jäger (Charles Babalola, "Legend of Tarzan") rät den Kindern, sich an die "Waldmenschen" zu wenden, bei denen Hänsel das Holzfällen lernen könne und Gretel die Kräuterkunde. Bevor sie ihr Ziel erreichen, stoßen die Geschwister auf ein seltsames Haus mitten im Wald, durch dessen Fenster sie eine Vielzahl an leckeren Speisen erkennen können. Das Haus gehört einer alten Frau (Alice Krige, "Silent Hill"), die das Duo aufnimmt und sich schon bald als Hexe herausstellt. Sie macht Gretel, die offenbar latente übernatürliche Fähigkeiten besitzt, zu ihrer Schülerin – doch nachts wird Gretel von schlimmen Alpträumen und Visionen geplagt und mutmaßt deshalb zunehmend, daß die Hexe in Wirklichkeit nichts Gutes mit ihr und ihrem Bruder im Sinn hat ...

Kritik:
Bevor Osgood "Oz" Perkins, Sohn des "Psycho"-Stars Anthony Perkins, im Jahr 2024 mit dem gefeierten Horrorthriller "Longlegs" sein Durchbruch als Regisseur gelang, hinterließ er bereits mit einigen anderen Genrewerken seine Spuren, die nicht allzu viele Zuschauer in die Kinos lockten, aber recht wohlwollend rezensiert wurden. Neben "Die Tochter des Teufels" (2015) und "I Am the Pretty Thing That Lives in the House" (2016) sticht dabei "Gretel & Hänsel" hervor, mit dem Oz Perkins sich seinen ersten landesweiten US-Kinostart sichern konnte. Zu einem Publikumsliebling mauserte sich seine ungewöhnliche, mit leichten feministischen Elementen angereicherte Version des Grimmschen Märchenklassikers allerdings nicht, was sich in erster Linie mit einem zu starken Fokus auf eine stimmungsvolle Atmosphäre erklären läßt. Die hat "Gretel & Hänsel" zwar über weite Strecken zu bieten, vergißt darüber aber die Geschichte und die Charaktere. Da zudem das Tempo allzu gemächlich ist und Perkins' formale Experimente mit einer Mischung aus hochwertigen Bildkompositionen und billig wirkenden Handkamera-Aufnahmen sowie einigen anachronistischen Elementen alles andere als rund wirkt, funktioniert sein Film insgesamt leider nicht sonderlich gut. Oder anders formuliert: "Gretel & Hänsel" ist ein Arthouse-Horrorfilm, der zwar oft schön aussieht und auch gut klingt, dabei aber über weite Strecken einfach nur langweilig ist.

"Gretel & Hänsel" beginnt mit einem gelungenen Prolog, in dem Gretel ihrem kleinen Bruder dessen Lieblingsmärchen vom "Kind mit der pinken Haube" erzählt. Dessen Leben wurde als Baby von einer Hexe gerettet, die allerdings auch einige ihrer Kräfte auf das Mädchen übertrug – mit üblen Folgen. Dieses makabre Märchen im (Horror-)Märchen spielt im Verlauf der weniger als eineinhalbstündigen Filmdauer immer wieder eine Rolle, doch im Mittelpunkt stehen nach dem Prolog natürlich die leidgeprüften Geschwister. Nachdem diese von ihrer Mutter verstoßen wurden, machen sie sich im Wald auf die Suche nach einem neuen Zuhause, was zunächst interessant anzusehen ist. Vor allem die Kameraarbeit von Galo Olivares ("Alien: Romulus") sorgt immer wieder für große Augen, denn ihm gelingt es auch dank der Unterstützung der verträumten Musik des Franzosen Rob ("Horns"), trotz aller metaphorischer und tatsächlicher Düsternis den Wald wie einen buchstäblich märchenhaften Ort aussehen zu lassen. Allerdings wirkt die Inszenierung von "Gretel & Hänsel" bereits zu diesem frühen Zeitpunkt nicht so ganz stimmig, was vor allem mit dem gelegentlichen Wechsel – speziell in bedrohlichen Szenen – zur Handkamera zusammenhängt. Der Kontrast zwischen den edlen Hochglanz-Bildern und den billig wirkenden, wackligen Handkamera-Aufnahmen ist mit Sicherheit gewollt, funktioniert für mich aber nicht wirklich, sondern reißt eher aus dem Geschehen heraus.

Generell scheinen Regisseur Perkins solche Kontraste aber wichtig zu sein, wie auch einige Anachronismen zeigen. Das beginnt bei Gretels zumindest auf mich als Laien ziemlich modern wirkender Frisur (die auch zu professionell wirkt für eine bettelarme Familie, die sich garantiert keinen Barbier leisten kann) und findet seinen Höhepunkt beim modernistischen Hexenhaus mit seinen extrem spitz zulaufenden Giebeln, das wie ein Fremdkörper im Wald wirkt – wobei das im Kontext der Geschichte sogar Sinn ergibt. Leider nimmt Perkins ab der Ankunft der Geschwister beim Hexenhaus noch einmal deutlich das Tempo aus der sowieso schon recht gemächlich erzählten Geschichte heraus. Die genreerfahrene Alice Krige überzeugt zwar als vordergründig freundliche Hexe, die aber erkennbar Hintergedanken hat, ebenso wie Sophia Lillis als aufrechte, vom verlockenden Angebot der Hexe aber durchaus in Versuchung geführte Gretel, weshalb die Interaktionen zwischen beiden nicht unspannend sind. Letztlich geschieht jedoch einfach zu wenig und daran können auch Gretels ziemlich blutige Alpträume und das überhastet wirkende Finale nicht viel ändern. Irgendwie wirkt der gesamte Film gedämpft und emotionsarm – das paßt zwar dazu, daß alles wie ein verwunschener (Alp-)Traum erscheint, aber dem Unterhaltsamkeitsgrad ist es nicht eben zuträglich. Kurzum: "Gretel & Hänsel" ist trotz seiner interessanten Ansätze und der kurzen Laufzeit einfach zu langweilig inszeniert, um beim Publikum für Freude zu sorgen.

Fazit: "Gretel & Hänsel" ist ein prinzipiell interessantes Horrormärchen mit schönen Bildern und guter Besetzung, das aber auf Dauer einfach langweilt.

Wertung: 5 Punkte.
 
 
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