Der Kinomonat Januar ist traditionell blockbusterfrei, schließlich sind die teuren Großproduktionen ja alle schon vor Weihnachten angelaufen. Dafür gibt es ein paar OSCAR-Kandidaten ("Hamnet", "Song Sung Blue", "Ein einfacher Unfall") und Arthouse-Highlights ("Der Fremde"), deutsche Jugend-Sequels ("Checker Tobi 3", "Die drei ???", "Woodwalkers 2"), etwas Horror ("28 Years Later 2", "Primate") sowie durchaus vielversprechende Hollywood-Mittelware wie "The Housemaid", "Greenland 2", "Send Help" und "Mercy":
1. Januar:
"Der
Fremde":
Der
französische Star-Filmemacher François
Ozon ("Frantz") adaptiert in seinem neuen Schwarzweiß-Drama
den gleichnamigen Roman des berühmten existentialistischen
Philosophen Albert Camus (der bereits 1967 von Luchino Visconti
verfilmt worden war). Benjamin Voisin ("Sommer 85") spielt
den Mittdreißiger Meursault, der im Jahr 1938 in Algerien als
gesellschaftlicher Außenseiter lebt – bis er wegen eines scheinbar
grundlosen Mordes im Gefängnis landet. In Rückblenden wird
geschildert, wie es dazu kam. Die Kritiken des beim Festival in
Venedig vorgestellten Films fielen überwiegend positiv aus.
"Holy Meat":
Die
absurde deutsche Komödie von Alison Kuhn (TV-Serie "Druck") spielt in einem
schwäbischen Dorf, dessen neuer dänischer Pfarrer Iversen (Jens Albinus, "Idioten")
die dortige, von der Auflösung bedrohte Pfarrgemeinde mit einer
spektakulären Aufführung der Passionsgeschichte retten will. Dafür
heuert er den in Berlin gescheiterten Theaterregisseur Roberto (Pit
Bukowski, "Das Kanu des Manitu") an, der allerdings nicht nur mit dem schwäbischen Dialekt
etwas überfordert ist ...
"Bon Voyage
– Bis hierhin und noch weiter":
In
der französischen Tragikomödie von Langfilm-Regiedebütantin Enya
Baroux geht es um die lebensmüde 80-jährige Marie (Hélène
Vincent, "Alles außer gewöhnlich"), die angesichts ihrer
Krebserkrankung ihrem Leben selbst ein Ende setzen will. Vorher will
sie mit ihrer zerstrittenen Familie noch eine letzte gemeinsame Reise
im Wohnmobil unternehmen, wofür sie eine angebliche Erbschaft in der
Schweiz (wo sie in Wirklichkeit Sterbehilfe in Anspruch nehmen will)
erfindet ...
8.
Januar:
"Greenland
2":
Im
von Kinoschließungen geprägten Corona-Herbst 2020 zählte der
US-Katastrophenfilm "Greenland" von Ric Roman Waugh ("Angel
Has Fallen") auch dank eines wohlwollenden Presseechos zu den
wenigen einigermaßen erfolgreichen Filmen. Da er auch im
Heimvideomarkt gut funktionierte, wurde schnell eine Fortsetzung
wiederum unter der Regie von Ric Roman Waugh bewilligt, die nun in die Kinos kommt. Nachdem Familie Garrity um Vater John (Gerard Butler, "Olympus Has Fallen")
und Mutter Allison (Morena Baccarin, "Serenity") in einem
Bunker auf Grönland den verheerenden Kometeneinschlag auf der Erde
überlebt hat, wagen sie sich nun wieder auf die Oberfläche und beginnen die Reise zurück auf den völlig verwüsteten europäischen
Kontinent.
"Song Sung
Blue":
Beim
US-Filmemacher Craig Brewer ist Musik eigentlich immer ein wichtiger
Teil seiner Filme: Ob "Hustle & Flow", "Black
Snake Moan", das "Footloose"-Remake oder "Dolemite
Is My Name", musikalisch geht es stets zu. So auch in
"Song Song Blue", einem auf einer gleichnamigen Doku von
2008 basierenden, positiv rezensierten Biopic über das
Musiker-Ehepaar Mike (Hugh Jackman, "Greatest Showman") und
Claire Sardina (Kate Hudson, "Glass Onion"), das in den
späten 1980er Jahren in den USA mit seiner Neil Diamond-Coverband
"Lightning & Thunder" bekannt wurde.
"Checker
Tobi 3 – Die heimliche Herrscherin der Erde":
Nachdem
im Jahr 2023 der zweite "Checker Tobi"-Film die
Zuschauerzahlen des ersten (von 2019) auf beinahe 1,4 Millionen mehr
als verdoppeln konnte, war ein schneller dritter Teil basierend auf
der lehrreichen Kinderserie die logische Folge. In dem will Tobi
(Tobias Krell) wissen, wer – buchstäblich – die tiefsten Spuren
im Erdreich hinterlassen hat und macht sich deshalb auf eine Reise rund um die Welt.
"Ein
einfacher Unfall":
Zu
den diesjährigen Favoriten auf den Auslands-OSCAR zählt das
hochgelobte, für Frankreich antretende Drama "Ein einfacher
Unfall" des iranischen Filmemachers Jafar Panahi ("Taxi
Teheran"). Darin erzählt er vom Aserbaidschaner Vahid (Vahid
Mobasseri), der lange ein politischer Gefangener im Iran war und seit
seiner Freilassung als Automechaniker arbeitet. Als eines Nachts nach
einem kleineren Autounfall Eghbal (Ebrahim Azizi) mit seiner Familie
an seiner Werkstatt anhält und den Wagen reparieren lassen will,
glaubt Vahid, in Eghbal seinen früheren Folterer wiederzuerkennen –
er ist sich aber nicht ganz sicher ...
"Rental
Family":
Brendan
Fraser spielt in Hikaris (TV-Serie "Tokyo Vice") mit viel
Lob bedachter japanisch-amerikanischer Tragikomödie den in Tokio
lebenden, wenig erfolgreichen Schauspieler Phillip. Um Geld zu
verdienen, läßt er sich als "Leihfamilie" anheuern und
gibt dann vor, beispielsweise Ehemann oder auch einfach nur Freund
seiner Auftraggeber zu sein. Dabei lernt Phillip die verschiedensten
Menschen kennen und auch eine Menge über sich selbst …
"Shogun"-Star Takehiro Hiro spielt Phillips Chef, Mari
Yamamoto (AppleTV-Serie "Monarch: Legacy of Monsters")
seine Kollegin Aiko.
15.
Januar:
"28 Years
Later – The Bone Temple":
Ein
halbes Jahr nach Danny Boyles lange erwartetem und sehr positiv
rezensierten Zombie-Sequel "28 Years Later" kommt bereits
die Fortsetzung mit dem Untertitel "The Bone Temple" in die
Kinos – inszeniert jedoch von Nia DaCosta ("Candyman"),
aber wiederum nach einem Drehbuch von Alex Garland. Im Mittelpunkt
der Geschichte stehen weiterhin der 12-jährige Spike (Alfie
Williams) – der seine relativ sichere Heimatinsel verlassen und
sich mehr oder weniger freiwillig der sektenartigen Gruppierung um
den psychopathischen Jimmy Crystal (Jack O'Connell, "Unbroken") angeschlossen hat
– und der von Ralph Fiennes verkörperte Dr. Ian Kelson. Zudem soll
"28 Days Later"-Star Cillian Murphy als Jim zurückkehren,
allerdings wohl nur kurz – er soll dann im bereits in Entwicklung
befindlichen dritten "28 Years Later"-Teil wieder die
Hauptrolle spielen.
"The
Housemaid – Wenn sie wüßte":
Nach
"Nur ein kleiner Gefallen" (plus Fortsetzung) bringt
US-Filmemacher Paul Feig mit "The Housemaid" eine weitere
Bestseller-Verfilmung in die Kinos, wobei die Adaption des Romans
"Wenn sie wüßte" von Freida McFadden in den USA bereits
über Weihnachten sehr erfolgreich und zu guten Kritiken anlief. In
dem erotischen Psychothriller spielt "Euphoria"-Star Sydney
Sweeney das titelgebende 27-jährige Hausmädchen Millie, das für
das wohlhabende Ehepaar Nina (Amanda Seyfried, "Mamma Mia!") und Andrew (Brandon
Sklenar, "Nur noch ein einziges Mal") arbeitet, dort aber schon bald in Intrigen und dunkle
Geheimnisse verstrickt wird.
"Extrawurst":
In
der neuen Komödie von Marcus H. Rosenmüller ("Wer früher
stirbt, ist länger tot") – basierend auf einem Theaterstück
– spielt Hape Kerkeling den Vorsitzenden eines Tennisclubs, der das
alljährliche Sommerfest vorbereitet. Eigentlich ist die
entsprechende Versammlung eine Routine-Veranstaltung – bis Melanie
(Anja Knauer) vorschlägt, für das einzige muslimische Mitglied des
Clubs, Erol (Fahri Yardim), einen zweiten Grill zu kaufen, da die
Grillprodukte von Muslimen ja nicht mit Schweinefleisch in Berührung
kommen dürfen. Der Beginn eines turbulenten Kulturkampfs im Kleinen
… Mit Christoph Maria Herbst, Friedrich Mücke und Milan Peschel.
22.
Januar:
"Die drei
??? – Toteninsel":
Nachdem
die ersten beiden Verfilmungen der beliebten Jugend(hör)buch-Reihe
mit neuer Besetzung 2023 ("Erbe des Drachen") und 2025 ("…
und der Karpatenhund") jeweils über eine Million junger
Zuschauer in die Kinos gelockt haben, folgt nun ein schneller dritter
Teil – basierend auf der 100. Folge sowohl der Buch- wie auch der
Hörspielreihe. Dabei bekommen es die Nachwuchsdetektive Justus
(Julius Weckauf), Peter (Nevio Wendt) und Bob (Levi Brandl) in den
Sommerferien mit einem mysteriösen Geheimbund um Professor Phoenix
(Andreas Pietschmann) zu tun, der illegale Ausgrabungen betreibt –
u.a. auf der im Volksmund "Toteninsel" genannten
Vulkaninsel Makatao.
"Mercy"
(3D):
Timur
Bekmambetovs ("Wächter der Nacht") 3D-Science
Fiction-Thriller spielt in der zunehmend gewalttätigen nahen
Zukunft, in der der Polizist Raymond (Chris Pratt) in Los Angeles
fälschlich wegen Mordes an seiner Ehefrau (Annabelle Wallis, "Die Mumie")
angeklagt wird. Eine KI-Richterin (Rebecca Ferguson, "Dune") soll das Urteil
über ihn fällen und Raymond hat nur 90 Minuten Zeit, um sie von
seiner Unschuld zu überzeugen ...
"Hamnet":
Das
hochgelobte Historiendrama von Chloè Zhao ("Eternals")
basiert auf dem preisgekrönten gleichnamigen Roman von Maggie
O'Farrell und zeigt, wie der junge William Shakespeare (Paul Mescal, "Gladiator II")
zu seinem späteren Meisterwerk "Hamlet" inspiriert wurde.
Das ist natürlich größtenteils erfunden respektive spekuliert,
abgesehen vom frühen Tod seines einziges Sohnes Hamnet (Jacobi
Jupe), der im Alter von 11 Jahren an der Pest verstarb. Die Trauer
darüber verarbeitet William mit dem Schreiben von "Hamlet".
Shakespeares Gattin Agnes wird von Jessie Buckley ("Die Misswahl") verkörpert, weitere
Rollen spielen Emily Watson, David Wilmot und Joe Alwyn.
"Die Stimme
von Hind Rajab":
Ebenso
wie "Hamnet" zählt auch Kaouther Ben Hanias ("Der
Mann, der seine Haut verkaufte") Dokudrama zu den
OSCAR-Kandidaten 2026 und geht für Tunesien aussichtsreich ins
Rennen um den Auslands-OSCAR. Im Film geht es um das titelgebende
5-jährige palästinensische Mädchen, das nach einem Angriff der
israelischen Armee auf Gaza-Stadt als einzige Überlebende seiner
Familie in deren Auto übrigblieb und über Stunden auf Rettung
hoffte – telefonisch verbunden mit der Hilfsorganisation
Palästinensischer Roter Halbmond. Zu hören sind die echten
Notrufaufnahmen von Hind, während die Mitarbeiter der
Hilfsorganisation von Schauspielern dargestellt werden.
"Die
progressiven Nostalgiker":
Rund
900.000 Franzosen wollten die Komödie von Langfilm-Regiedebütantin
Vinciane Millereau auf der großen Leinwand sehen, die in den 1950er
Jahren beginnt. Dort führt das ältere Ehepaar Michel (Didier Bourdon, "Jacky im Königreich der Frauen"), ein
Bankangestellter, und Hélène (Elsa Zylberstein, "Ein Glücksfall") mit den Kindern ein
einfaches, aber recht harmonisches Leben. Zumindest, bis sie als
Folge eines scheinbar harmlosen Vorfalls im Jahr 2025 landen! Nun ist
es Hélène, die Karriere macht, während der arbeitslose Michel sich
um die Kinder und das moderne Smart Home kümmern muß ...
"Ella
McCay":
Die
erste Regiearbeit des inzwischen 85-jährigen Altmeisters James L.
Brooks seit 2010 ("Woher weißt du, daß es Liebe ist?")
fiel bei den US-Kritikern leider trotz Starbesetzung durch und
floppte auch in den Kinos. Lob erhielt immerhin Hauptdarstellerin
Emma Mackey ("Tod auf dem Nil") für ihre Rolle einer idealistischen Politikerin Mitte
30, die nach dessen Abberufung nach Washington unerwartet das
Gouverneurs-Amt ihres Mentors (Albert Brooks) bis zum Ende der
Wahlperiode in 14 Monaten übernehmen und das mit ihrem Familienleben
vereinbaren muß. Mit Jamie Lee Curtis, Kumail Nanjiani, Ayo Edebiri,
Rebecca Hall, Woody Harrelson und Jack Lowden.
"Lesbian
Space Princess":
Ein
von der Kritik für seinen Einfallsreichtum und seinen (etwas an
"Rick and Morty" erinnernden) Humor gefeierter
australischer Animationsfilm für Erwachsene von den
Spielfilm-Regiedebütantinnen Emma Hough Hobbs und Leela Varghese.
Die queere Coming of Age-Geschichte handelt von – man ahnt es –
einer lesbischen Weltraumprinzessin, die erstmals ihren
Heimatplaneten verläßt, um ihre entführte Ex-Freundin – eine
Kopfgeldjägerin – aus den Händen einer Gruppierung
heterosexueller weißer Incels zu retten. Ich denke, man kann mit
Fug und Recht behaupten, daß dieser Film nichts für die
"Anti-Woke"-Fraktion ist ...
29.
Januar:
"Send Help":
Vier
Jahre nach seinem erfolgreichen MCU-Ausflug mit "Doctor Strange
2" meldet sich Horrorlegende Sam Raimi ("Tanz der Teufel")
zurück mit einem vielversprechenden schwarzhumorigen
Survival-Thriller. In "Send Help" spielt Rachel McAdams ("Game Night") die
unauffällige Angestellte Linda, die bei einem Flugzeugabsturz
gemeinsam mit ihrem jüngeren Vorgesetzten Bradley (Dylan O'Brien, "Love and Monsters")
auf einer menschenleeren Insel strandet. Eigentlich müssen beide
zusammenarbeiten, um bis zu einer möglichen Rettung zu überleben,
doch die berufliche Rivalität treibt beide immer wieder zu in dieser
Situation eigentlich unklugem rivalisierenden Verhalten.
"Woodwalkers
2":
2024
gingen immerhin gut 760.000 vermutlich überwiegend junge Menschen
ins Kino für Damian John Harpers Verfilmung der gleichnamigen
Jugendbuch-Fantasyreihe von Katja Brandis. Genügend für eine rasche
Fortsetzung, bei der die Regie allerdings zu "7
Zwerge"-Routinier Sven Unterwaldt wechselt. Am "Clearwater
High"-Internat in den Rocky Mountains beginnt ein neues
Schuljahr für die Gestaltwander-Schüler und der junge Carag (Emile
Chérif) bangt um seine an das Schulgelände angrenzende Heimat –
denn Carags früherer Mentor Andrew (Oliver Masucci, "Schachnovelle") möchte das
Naturschutzgebiet gewinnbringend verkaufen. Carag und einige
Mitschüler stellen sich gegen das Vorhaben, doch ein Spion unter
ihnen sorgt dafür, daß Andrew ihnen immer einen Schritt voraus ist
...
"Ach, diese
Lücke, diese entsetzliche Lücke":
Simon
Verhoevens ("Willkommen bei den Hartmanns") Adaption des
gleichnamigen tragikomischen Bestsellers von Joachim Meyerhoff
erzählt von Joachim (Bruno Alexander, Amazon-Serie "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo"), der an der Münchner
Schauspielschule aufgenommen wird und dafür in der mondänen Villa
seiner ziemlich exzentrischen Großeltern (Senta Berger und Michael
Wittenborn) in München einzieht. Zwischen diesem neuen Familienleben
und seiner Ausbildung auf der Schauspielschule begibt sich Joachim
auf die Suche nach sich selbst.
"Primate":
Überraschend
positive US-Kritiken erhielt dieser Tierhorrorfilm mit handgemachten
Gore-Effekten vom genreerfahrenen Briten Johannes Roberts ("47
Meters Down"), in dem ein idyllisch geplanter Familienurlaub auf
Hawaii mächtig schiefgeht, als der zahme Haustier-Schimpanse der
Familie sich mit Tollwut ansteckt und Amok läuft … Zu den
potentiellen Affenopfern zählen OSCAR-Gewinner Troy Kotsur ("Coda"),
Jessica Alexander (TV-Serie "Amadeus") und Johnny Sequoyah
(TV-Serie "Dexter: New Blood").
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