Regie: Maria Schrader, Drehbuch: Jan Schomburg und Maria Schrader,
Musik: Tobias Wagner
Darsteller: Maren
Eggert, Dan Stevens, Sandra Hüller, Wolfgang Hübsch, Hans Löw,
Annika Meier, Falilou Seck, Jürgen Tarrach, Marlene-Sophie Haagen,
Henriette Richter-Röhl
Rotten Tomatoes: 96%
(7,6); weltweites Einspielergebnis: $1,1 Mio.
FSK: 12, Dauer: 108
Minuten.
Dr. Alma Felser
(Maren Eggert, "Die Unsichtbaren") ist eine etwas spröde
Wissenschaftlerin, die im Berlin der nahen Zukunft eher widerwillig der
Teilnahme an einer Studie zustimmt, um im Gegenzug mehr
Forschungsgelder für ihr eigenes Projekt zu erhalten. Im Rahmen
der Studie soll Alma drei Wochen lang den humanoiden Roboter Tom
(Dan Stevens, "The Guest") auf Herz und Nieren testen, der
ganz auf sie zugeschnitten und als ihr perfekter Partner konzipiert
ist. Alma hält das Ganze für Mumpitz und behandelt Tom wie
eine Maschine, zumal der Roboter zunächst etliche Fehler macht, da
seine Künstliche Intelligenz ja erst lernen muß, was genau Alma mag
und was nicht. Trotzdem kann die Wissenschaftlerin eine gewisse
Faszination für den gutaussehenden und immer freundlichen Tom mit seinem leichten britischen Akzent nicht verhehlen. Nach und nach gewöhnt Alma sich an Toms durchaus angenehme Gesellschaft und nimmt ihn auch
zur Arbeit oder zu einer Party mit, wo er – ohne daß die
Anwesenden merken würden, daß er kein Mensch ist – sehr gut
ankommt. Alma, die noch unter ihrer Trennung von Julian (Hans Löw,
"Hedi Schneider steckt fest") leidet, beginnt sich zu
fragen, wie es wäre und welche konkreten Folgen es hätte,
mit einem humanoiden Roboter zusammenzuleben ...
Kritik:
Die
gebürtige Hannoveranerin Maria Schrader war in den 1990er
Jahre eine der gefragtesten Schauspielerinnen Deutschlands, sie
arbeitete häufiger mit den Regisseuren Dani Levy ("Stille
Nacht", "Meschugge") und Doris Dörrie ("Keiner
liebt mich", "Bin ich schön?") zusammen und spielte
teils auch nach der Jahrtausendwende in Filmen wie dem
Golden Globe-nominierten "Aimée und Jaguar", "Emil
und die Detektive", "Rosenstraße" und Agnieszka
Hollands für den Auslands-OSCAR nominiertem "In Darkness" tragende Rollen.
In den 2010er Jahren verlegte sich Schrader mehr aufs Fernsehen,
wo sie vor allem mit der hochgelobten Serie "Deutschland
83/86/89" Erfolge feierte. Dennoch wurden die großen Kinorollen nach der Jahrtausendwende weniger, was vermutlich
ein Grund dafür ist, daß sich Schrader ab 2007 und mit zunehmendem
Erfolg als Regisseurin und Drehbuch-Autorin versuchte. Speziell mit
dem Stefan Zweig-Biopic "Vor der Morgenröte" errang sie
2016 auch internationale Aufmerksamkeit, die ihr wohl den
Regiejob bei der gefeierten Netflix-Miniserie "Unorthodox"
und in der Folge sogar einen Emmy einbrachte. Der Erfolgslauf
setzt sich mit der auf einer Kurzgeschichte von Emma Braslavsky
basierenden philosophisch-romantischen Tragikomödie "Ich bin
dein Mensch" fort, die weltweit großartige Kritiken einheimste
und als deutscher OSCAR-Beitrag des Kinojahres 2021 erwählt
wurde.
Tatsächlich
ist "Ich bin dein Mensch" ein gelungener Film, der in der
ersten Hälfte sehr witzig ausfällt und in der zweiten zunehmend zum
Nachdenken anregt – diese Zweiteilung mag nicht hundertprozentig
rund wirken, ergibt aber eine unkonventionelle, gut gespielte
Geschichte mit einem ziemlich hohen Unterhaltungswert. Mir persönlich
gefällt die locker-leichte erste Hälfte besser – vielleicht gerade deshalb, weil
ich "Ich bin dein Mensch" eher als Film erwartet hatte, der
häufig zum Schmunzeln anregt denn als Komödie mit wirklich richtig
lustigen Szenen und Dialogen. Doch genau die gibt es in der ersten
Hälfte, in der sich Alma zunächst betont bockig gibt und den armen
Tom einerseits wie eine (hochmoderne) Haushaltsmaschine behandelt,
ihn andererseits aber auch immer wieder reizt und provoziert. Zwar
nimmt Tom das gelassen hin – so ist er nunmal programmiert –,
trotzdem sorgen seine anfänglichen, zutiefst
klischeehaften Annäherungsversuche ebenso für Lacher wie sein merkwürdiges Verhalten in der Öffentlichkeit. In dieser
Phase hat Schraders Film etwas von einer Culture Clash-Komödie,
immerhin ist für Tom ja alles neu und trotz seiner ausgefeilten
Programmierung muß er noch viel in der Praxis erlernen – und das
führt immer wieder zu für das Publikum amüsanten Szenen und
Dialogen. Ab einem Schlüsselmoment in der Mitte des Films, der für
Alma einen beruflichen Rückschlag bedeutet, wandelt sich die
heitere, mit der Annäherung von Alma und Tom sogar zunehmend
romantische Atmosphäre jedoch und der Humor tritt – leider –
immer mehr in den Hintergrund. Stattdessen wird die Handlung nun von
Almas Frustration geleitet, die neben dem beruflichen Rückschlag
auch von privaten Entwicklungen rund um ihren
Ex-Lebensgefährten wie auch um ihren geistig abbauenden Vater
gespeist wird. Das ist immer noch präzise beobachtet und gut gespielt,
aber eben nicht mehr so unterhaltsam wie die erste Filmhälfte, zumal
das Drehbuch von Maria Schrader und Jan Schomburg ("Über uns
das All") es versäumt, rechtzeitig stärker auf die
gesellschaftlich-philosophischen Fragen rund um hochentwickelte
humanoide Roboter wie Tom einzugehen. Die werden zwar durchaus
aufgeworfen, so richtig und dann gesammelt aber eigentlich erst in
Almas Abschlußbericht für die Studie, und das ist doch ziemlich
spät. Etwas weniger von Almas privaten Problemen und dafür
eine intensivere Auseinandersetzung mit den auch moralischen Fragen
rund um humanoide Roboter wäre in meinen Augen besser gewesen.
Daß
"Ich bin dein Mensch" insgesamt trotzdem gut funktioniert
und sowohl unterhält als auch zum Nachdenken anregt, was man selbst
tun würde, gäbe es solche humanoiden Roboter wie Tom wirklich (was nur eine Frage der Zeit sein dürfte), sowie darüber, welche
gesellschaftlichen Konsequenzen das haben könnte (würden sich am
Ende alle für den einfachen programmierten Roboter entscheiden
anstatt für komplizierte "echte" Beziehungen? Und könnte
das am Ende sogar zum Aussterben der Menschheit führen, weil sich
kaum noch jemand fortpflanzt?), liegt neben Maria Schraders
souveräner Regie und dem Drehbuch – das etwas an
themenverwandte Filme wie "Her" oder "Robot & Frank" erinnert –
natürlich an den glänzenden Darstellern. Maren Eggert erhielt bei
der Berlinale sogar den Silbernen Bären für die beste
Schauspielerin und der britische Hollywood-Star ("Die Schöne und das Biest") Dan Stevens spielt
seine Rolle ebenso überzeugend. Eggerts Performance ist etwas nuancierter, da Alma als Mensch nun einmal ein breiteres
emotionales Spektrum hat, doch Stevens überzeugt als buchstäblich
un-menschlich freundlicher, romantischer und immer zuvorkommender Tom
ebenfalls auf der ganzen Linie. Der mit vier Deutschen Filmpreisen
prämierte "Ich bin dein Mensch" ist übrigens in Deutsch
gedreht worden, Stevens spricht also tatsächlich Deutsch und das
nahezu perfekt mit einem leichten britischen Akzent (für
dessen Existenz bei Tom es übrigens eine sehr witzige Erklärung
gibt) – das ist für ihn auch nicht das erste Mal, denn seine erste
Kinorolle hatte Stevens 2009 in Kai Wessels Hildegard Knef-Biopic "Hilde"
an der Seite von Heike Makatsch. Etwas stiefmütterlich werden
sämtliche Nebenrollen behandelt, höchstens Sandra Hüller
("Toni Erdmann") entwickelt als für Tom zuständige Unternehmensvertreterin ein wenig
Profil, wobei der Clou an ihrer Rolle ziemlich vorhersehbar ist.
Insgesamt ist "Ich bin dein Mensch" aber schlicht und
ergreifend ein guter Film, der das intellektuelle Potential seiner
Prämisse nicht ganz ausreizt, aber trotzdem einige kluge Denkanstöße
gibt.
Fazit:
Maria Schraders "Ich bin dein Mensch" ist eine
futuristische romantische Tragikomödie mit zwei starken
Hauptdarstellern, die phasenweise ungemein lustig ist, jedoch in der
zweiten Hälfte zunehmend ins Dramatische kippt.
Wertung:
7,5 Punkte.
Bei
Gefallen an meinem
Blog würde ich mich über die Unterstützung von "Der Kinogänger"
mittels etwaiger Bestellungen über einen der amazon.de-Links in den
Rezensionen oder über das amazon.de-Suchfeld in der
rechten Spalte freuen, für die ich eine kleine Provision erhalte.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen