Regie: Denis Villeneuve, Drehbuch: Jon Spaihts, Denis
Villeneuve und Eric Roth, Musik: Hans Zimmer
Darsteller: Timothée Chalamet, Oscar Isaac, Rebecca
Ferguson, Josh Brolin, Jason Momoa, Stellan Skarsgård, Dave Bautista, Stephen
McKinley Henderson, Sharon Duncan-Brewster, Chen Chang, Javier Bardem, Zendaya,
Charlotte Rampling, David Dastmalchian, Benjamin Clementine, Babs Olusanmokun
FSK: 12, Dauer: 156 Minuten.
80 Jahre lang hat das aktuell von Baron Wladimir (Stellan
Skarsgård, "Thor") angeführte Haus Harkonnen den lebensfeindlichen Wüstenplaneten Arrakis
beherrscht und die einheimischen Fremen brutal unterdrückt, um das allein
auf Arrakis vorkommende Spice abzubauen. Diese Wundersubstanz hat auf ihre
Nutzer nicht nur körperliche Auswirkungen wie eine fast endlose Lebensspanne,
vor allem ist sie unerläßlich für interstellare Raumfahrt. Nun hat der
Imperator jedoch die Verantwortung für Arrakis und die Spice-Produktion vom
Haus Harkonnen auf das Haus Atreides übertragen, dessen nobles Oberhaupt Herzog
Leto (Oscar Isaac, "Ex Machina") auf Zusammenarbeit mit den Fremen
setzen will. Gemeinsam mit Leto reisen seine Frau Lady Jessica (Rebecca Ferguson,
"Mission: Impossible – Fallout"), ihr einziger Sohn Paul (Timothée
Chalamet, "Little Women") sowie der legendäre Waffenmeister Gurney
Halleck (Josh Brolin, "Deadpool 2") nach Arrakis, wo Pauls Mentor
Duncan Idaho (Jason Momoa, "Aquaman") und der Assassinenmeister
Thufir Hawat (Stephen McKinley Henderson, "Manchester by the Sea") alles vorbereitet haben. Schon kurz nach der Ankunft stellt sich jedoch
heraus, daß es sich in Wirklichkeit um eine perfide Falle für das dem Imperator
zu mächtig gewordene Haus Atreides handelt – eine Falle, der Letos Sohn
und seine Mutter Lady Jessica gerade so entgehen. Sie hoffen, Hilfe bei den
Fremen unter ihrem Anführer Stilgar (Javier Bardem, "Skyfall") zu
finden …
Kritik:
Frank Herberts im Jahr 1965 erschienener Roman "Der Wüstenplanet"
gilt als Meisterwerk des Science Fiction-Genres und zog nicht nur etliche
Fortsetzungen nach sich (nach seinem Tod führten sein Sohn Brian und
der genreerprobte Kevin J. Anderson die Reihe fort), sondern auch mehrere
(versuchte) Adaptionen für Kino oder TV. So brachte der "Twin
Peaks"-Schöpfer David Lynch 1984 im Zuge des Erfolgs der originalen
"Star Wars"-Trilogie "Der Wüstenplanet" auf die große
Leinwand, eine farbenfrohe, aber relativ lose und arg komprimierte Version der
Vorlage, die bei den Kritikern durchfiel und das Publikum polarisierte. Meinem
Eindruck nach fiel Lynchs Werk bei Kennern der Vorlage zumeist durch,
während "Uneingeweihte" dem exzentrischen Film deutlich mehr
abgewinnen konnte – so übrigens auch ich. In den Jahren 2000 und 2003 gab es
zwei durchaus sehenswerte TV-Miniserien ("Dune – Der
Wüstenplanet" und "Children of Dune"), dazu kamen über die
Jahrzehnte hinweg etliche im Vorfeld gescheiterte Projekte, von denen jener
bereits in den 1970er Jahren geplanten des chilenischen Kino-Visionärs Alejandro
Jodorowksy ("El Topo")
bis heute am meisten nachgetrauert wird – wieder vermehrt, seit 2013 Frank
Pavich in seinem hochgelobten Dokumentarfilm "Jodorowskys Dune" das ziemlich weit fortgeschrittene Konzept (u.a. mit dem späteren
"Alien"-Szenen- und Kostümbildner HR Giger) vorstellte. Ein Problem
aller Adaptionen war natürlich, daß eine adäquate Umsetzung der von Herbert
erdachten SciFi-Welten erstens technisch lange Zeit nur schwer möglich und
zweitens selbstredend ausgesprochen teuer gewesen wäre. Daher ist es nicht
überraschend, daß zu einer Zeit, in der die Technik weit fortgeschritten
ist, endlich ein neuer Kinoversuch gestartet wurde – und mit dem allseits hochrespektierten
Kanadier Denis Villeneuve wurde dafür ein Filmemacher gefunden, der mit "Blade Runner
2049" und "Arrival" bereits mehrfach sein Talent für
intelligente Science Fiction mit Tiefgang nachgewiesen hat.
Tatsächlich ist "Dune" ein
bemerkenswerter Film geworden, der in seiner zweieinhalbstündigen Laufzeit
auf Action weitgehend verzichtet, sich beim Erzählen der Story und der
Etablierung der vielen wichtigen Figuren viel Zeit läßt und sich vor allem im
gekonnten Worldbuilding hervortut. Kurzum: Villeneuves "Dune" ist ein
wunderschön gestaltetes Epos, das zwar vor lauter nötiger
Exposition selten wirklich mitreißend ist, aber ein hervorragendes
Fundament legt für hoffentlich folgende Fortsetzungen – immerhin deckt der
Film lediglich die Hälfte des ersten Buches von Frank Herbert ab! Um die
Dimensionen klarzumachen: Während Lynchs "Dune" in etwas mehr als zwei Stunden
das komplette erste Buch erzählt, nimmt sich Villeneuve satte
zweieinhalb Stunden Zeit, um gerade einmal etwa die Hälfte der Story abzuhaken!
Angesichts dessen ist klar, daß Villeneuve nicht Lynchs Fehler
wiederholt, seinen Film hoffnungslos zu überfrachten – und das ist eine gute
Nachricht für alle (abgesehen von reinen Actionfans, die sich vermutlich langweilen könnten). Das Figurenensemble von "Dune" ist beträchtlich
und trotz Villeneuves überlegter Herangehensweise kann sein Film nicht allen
gerecht werden. Das läßt sich wohl einfach nicht vermeiden, wird aber zumindest
(wie bei Lynch) durch die namhaften Schauspieler etwas kompensiert, gerade Jason
Momoa holt aus seinen vergleichsweise wenigen Szenen als Pauls Mentor und
Freund Duncan Idaho noch viel heraus (auch wenn es sehr ungewohnt ist, Momoa
ohne Bart zu sehen!), Gleiches gilt für Josh Brolin als Gurney Halleck. Selbstredend werden etliche Charaktere später in der Geschichte noch eine deutlich
größere Rolle spielen, so kommen die Fremen mit ihrem Anführer
Stilgar und der in Pauls Träumen auftauchenden Chani (Zendaya, "Greatest
Showman") in diesem Film noch kaum vor und auch die Bösewicht-Seite ist mit
Baron Harkonnen und seinem Neffen Glossu "die Bestie" Rabban (Dave Bautista, "Hotel
Artemis") deutlich unterrepräsentiert, während der Strippenzieher
Imperator Shaddam IV. sogar lediglich erwähnt wird.
Gerade der Mangel an gut ausgearbeiteten Antagonisten – die
Harkonnen kommen primär als degenerierte, brutale Ausbeuter ohne
interessante charakterliche Facetten rüber, wenngleich der Baron zweifellos gerissen vorgeht – ist dramaturgisch nicht ganz
unproblematisch, doch dafür widmet Denis Villeneuve dem Oberhaupt des Haus
Atreides umso mehr Zeit. Oscar Isaac verkörpert Herzig Leto gewohnt
charismatisch als noblen und respektierten Anführer, der so ziemlich das Gegenteil des seine Macht auf Furcht begründenden Baron
Harkonnen ist und auf Diplomatie und gemeinsames Miteinander setzt anstatt auf
Krieg und Ausbeutung. Dabei ist er wohlgemerkt nicht naiv, immerhin genießt die
Armee von Haus Atreides nicht ohne Grund einen glänzenden Ruf und wird von
ihren Feinden gefürchtet – den Bemühungen von Männern wie Gurney Halleck,
Duncan Idaho oder Thufir Hawat sei es gedankt. Die Beziehung zwischen Leto
und seinem Sohn Paul wird natürlich ebenfalls intensiv beleuchtet, die nicht immer einfach ist
– der intelligente, aber eher zarte Paul legt wenig Wert darauf, dereinst
seinem Vater als Anführer nachzufolgen –, aber doch sehr liebevoll. Wichtig ist
ebenso Pauls Mutter Lady Jessica, da sie zum mysteriösen Frauenorden der
Bene-Gesserit gehört und als solche über mächtige mentale Kräfte verfügt
(beispielsweise kann sie andere Menschen mit "der Stimme" stark
beeinflussen), die sie – entgegen den Regeln – ihrem Sohn beibringt, den
wiederum manche Fremen deshalb für "den Ausgewählten" aus einer
uralten Prophezeiung halten. Timothée Chalamet spielt Pauls Reifung vom ernsten, jedoch relativ unbeschwerten Herzogssohn zur letzten Hoffnung des Haus Atreides feinfühlig und überzeugend und offenbart einmal mehr, warum er zu den talentiertesten Nachwuchsschauspielern in Hollywood gezählt wird. Dadurch, daß Villeneuve die komplizierte Geschichte mit Bedacht und ohne große Eile
erzählt, sollte man übrigens auch als jemand, der weder das Buch noch die früheren
Adaptionen kennt, gut mitkommen. Action spielt derweil, wie erwähnt, eine überraschend
kleine Rolle. Es gibt zwar eine ziemlich
spektakuläre Schlacht in der Filmmitte, aber selbst die fällt eher kurz aus –
tendentiell sogar zu kurz, denn so aufregend und visuell beeindruckend, wie sie
inszeniert ist, hätte ich gerne etwas mehr davon gesehen. Generell zählt
die Technik erwartungsgemäß zu den größten Stärken von "Dune", das
einfach sensationell gut aussieht – und daher unbedingt auf einer möglichst
großen Leinwand gesehen werden sollte! – und dank eines wieder einmal
klangvollen, auch hinsichtlich der eingesetzten Instrumente abwechslungsreichen und angemessen exotischen
Scores von Altmeister Hans Zimmer ("Interstellar") fast genauso gut klingt (obgleich ein richtiger
Ohrwurm fehlt). Insgesamt mag "Dune" inhaltlich noch ausbaufähig
sein, zumal es eben kein richtiges Ende gibt, sondern die Story mittendrin
abbricht; aber Denis Villeneuve hat trotzdem einen starken, intelligenten
Science Fiction-Film geschaffen, der Seinesgleichen sucht – und für die
geplante Fortsetzung sieht es anhand der frühen Einspielergebnisse
glücklicherweise gut aus.
Fazit: Denis Villeneuves "Dune" ist ein
technisch brillantes Science Fiction-Epos, das neben dem grandiosen Worldbuilding auch inhaltlich mit einer
komplexen, ruhig erzählten Story und interessanten Charakteren überzeugt,
erzählerisch aber noch Potential nach oben hat.
Wertung: 8,5 Punkte.
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