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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Mittwoch, 11. Juni 2025

GLADIATOR II (2024)

Regie: Sir Ridley Scott, Drehbuch: David Scarpa, Musik: Harry Gregson-Williams
Darsteller: Paul Mescal, Denzel Washington, Pedro Pascal, Connie Nielsen, Joseph Quinn, Fred Hechinger, Tim McInnerny, Alexander Karim, Peter Mensah, Sir Derek Jacobi, Matt Lucas, Lior Raz, Rory McCann, Yuval Gonen
IMDb: 6,5, Rotten Tomatoes: 70%; weltweites Einspielergebnis: $462,2 Mio.
FSK: 16, Dauer: 148 Minuten.
Als der römische General Justus Acacius (Pedro Pascal, "The Equalizer 2") mit seinen Truppen im Auftrag der Zwillingskaiser Geta (Joseqh Quinn, "A Quiet Place: Tag Eins") und Caracalla (Fred Hechinger, "Der denkwürdige Fall des Mr. Poe") die letzte freie numidische Stadt erobert, zählt auch der junge Krieger Hanno (Paul Mescal, "All of Us Strangers") zu den Gefangenen. Auf dem Weg nach Rom fällt Hanno dem Sklavenhändler Macrinus (Denzel Washington, "Fences") auf, der ihn zum Gladiator ausbilden lässt. Aufgrund seines kämpferischen Könnens und seiner Aggressivität wird Hanno auch im Colosseum von Rom schnell zum Publikumsliebling – allerdings denkt er nur daran, Rache an General Acacius zu nehmen. Was niemand weiß: In Wirklichkeit ist Hanno ein waschechter Römer, nämlich Lucius, Enkel des legendären Kaisers Marcus Aurelius und Sohn von Lucilla (Connie Nielsen, "Wonder Woman"), die Lucius nach dem gewaltsamen Tod von Marcus Aurelius' Sohn und Nachfolger Commodus zu seinem Schutz in die Ferne geschickt hatte. Inzwischen ist Lucilla ausgerechnet mit General Acacius verheiratet und plant mit ihm eine Revolution gegen die launischen und inkompetenten Zwillingskaiser, unter denen Rom immer weiter verkommt ...

Kritik:
Um es gleich ganz klar zu sagen: Für mich ist "Gladiator" aus dem Jahr 2000 der beste Sandalenfilm aller Zeiten, den ich deshalb auch beinahe ein halbes Dutzend Mal im Kino gesehen habe (ich war zu der Zeit Student und hatte die Zeit …). Bei diesem Film kam im positivsten Sinne alles zusammen: ein Regisseur Ridley Scott auf dem Höhepunkt seines Schaffens; ein Drehbuch-Autor John Logan, der mit seinem grandiosen Skript den Durchbruch in Hollywood schaffte; ein Hauptdarsteller Russell Crowe, der eine wie für ihn geschaffene Rolle mit einer selten gesehenen Aura verkörperte und dafür mit einem OSCAR gewüridgt wurde; ein Joaquin Phoenix, der mit Kaiser Commodus eine der besten Bösewicht-Rollen der Filmgeschichte meisterte und damit endgültig aus dem langen Schatten seines jung verstorbenen großen Bruders River trat; und natürlich der wohl beste Soundtrack von Hans Zimmer (gemeinsam mit Lisa Gerrard), der vor allem die zahlreichen Kampfszenen noch einmal auf ein höheres Level hievte. Angesichts dessen habe ich der späten Fortsetzung von "Gladiator" natürlich gespannt, aber auch mit einer gehörigen Portion Skepsis entgegengeblickt. Und nein, natürlich erreicht "Gladiator II" seinen Vorgänger bei weitem nicht, aber immerhin ist dem inzwischen weit in seinen 80ern steckenden Ridley Scott eine ordentliche Fortsetzung gelungen, die im Großen und Ganzen gut zu unterhalten weiß – vor allem dank Denzel Washington.

Bei Fortsetzungen erfolgreicher Filme gibt es (verallgemeinert ausgedrückt) drei Herangehensweisen: Man versucht, den Vorgänger weitgehend zu kopieren; man geht bewusst ganz neue Wege (und riskiert damit, die Fans des Originals zu verprellen); oder man wählt einen Mischweg, der die Stärken des Vorgängers beibehält und behutsam erweitert. Bei "Gladiator II" sieht es lange nach der langweiligsten, der ersten Option aus, im Verlauf der knapp zweieinhalb Stunden schlägt das Drehbuch von David Scarpa ("Napoleon") aber doch noch ein paar willkommene Haken. Nach dem sehenswerten Vorspann, der in stilisierter animierter Form noch einmal grob die Handlung von "Gladiator" zusammenfasst, hält sich die Erzählstruktur zunächst allzu nahe an die des Vorgängers: Hanno verliert alles, wird zwangsweise zum Gladiator und sinnt auf Rache. Das ist alles routiniert inszeniert und gespielt, erreicht aber nie die erzählerische Wucht und emotionale Tiefe des ersten Teils. Was unter anderem daran liegt, dass die Rolle von Maximus aus "Gladiator" hier im Grunde genommen zweigeteilt ist: Während General Acacius praktisch jenem Maximus vor dem Verrat an ihm entspricht, verkörpert Hanno den Maximus nach diesem Verrat. Das ist prinzipiell ein interessanter Ansatz, hat aber den ungünstigen Nebeneffekt, dass auf diese Weise beide Figuren zu kurz kommen. Vor allem Acacius' Rolle hätte mehr Substanz verdient gehabt, obgleich Pedro Pascal es versteht, den General auch mit wenigen denkwürdigen Szenen sympathisch auszugestalten. Hanno respektive Lucius hat es etwas besser getroffen, aber im Vergleich zu Maximus wirkt sein Leidensweg beinahe harmlos – es ist nunmal etwas anderes, ob man wie Maximus innerhalb kürzester Zeit vom gefeierten Helden und Beinahe-Herrscher zum verzweifelten Sklaven abstürzt oder ob man wie Hanno dem Publikum fast von Beginn an als Sklave vorgestellt wird. Und so gut Paul Mescal seine Sache als Hanno auch macht – und er macht sie richtig gut! –, ist er eben doch kein Russell Crowe und hat (noch) nicht dessen Aura und Intensität. Dass das Drehbuch es ihm kaum erlebt, echte Verbindungen zu anderen Figuren aufzubauen (wie es bei Maximus u.a. mit seinen von Djimon Hounsou und Ralf Moeller verköperten Mit-Gladiatoren der Fall war), macht es für Mescal natürlich nicht leichter.

Generell bleibt "Gladiator II" in nahezu allen Aspekten mindestens einen Tick hinter dem Original zurück, teilweise sogar stärker. Beispielsweise reicht die anfängliche Schlacht in Numidien nicht ansatzweise an Maximus' Kampf gegen die Germanen heran und auch die Gladiatorenkämpfe sind trotz einiger netter Ideen nicht so ausgefeilt choreographiert und intensiv in Szene gesetzt wie im Vorgänger – und die Hunde-Affen-Hybriden, gegen die Hanno in seinem ersten Kampf antreten muss, sind dermaßen offensichtlich computergeneriert, dass es schon ärgerlich ist (wobei die Spezialeffekte ansonsten weitestgehend überzeugend ausfallen). Ähnlich sieht es mit der Musik aus, für die man zwar mit Harry Gregson-Williams ("Der Marsianer") einen Schüler von Hans Zimmer engagiert hat, der sich hörbar Mühe gibt, den Stil seines Mentors beizubehalten und dies auch schafft – für Gänsehautmomente sorgen letztlich aber doch nur jene kurzen Momente, in denen die ikonischen Melodien aus "Gladiator" recycelt werden. Und schließlich sind die verrückten Kaiser-Brüder nicht einmal ansatzweise so bedrohlich wie Joaquin Phoenix' Commodus und dessen sehr persönlicher Groll gegen Maximus, was Hannos Entwicklung etwas die Schärfe und Spannung nimmt.

In einem Punkt hat "Gladiator II" jedoch gegenüber "Gladiator" tatsächlich die Nase vorn: Denzel Washington, der für seine Leistung u.a. für einen Golden Globe nominiert wurde, verkörpert seine Rolle als intriganter Sklavenhändler und Gladiatoren-Ausbilder Macrinus mit sichtlicher Spielfreude und übertrifft damit noch Oliver Reeds Performance in ähnlicher Rolle aus dem Vorgänger. Was auch daran liegt, dass Macrinus vielschichtiger geschrieben ist als Reeds Proximo – und eigentlich alle anderen "Gladiator II"-Figuren. In einer insgesamt soliden, wenn auch weitgehend überraschungsarmen Handlung ist Macrinus zweifellos einer der wenigen Höhepunkte. Nicht unerwähnt bleiben soll übrigens, dass es neben Lucius (der aber nicht mehr wie im Original von Spencer Treat Clark verkörpert wird, obgleich der sehr wohl noch schauspielerisch aktiv ist – aber vermutlich passte seine eher schmächtige Statur nicht zu dem erwachsenen Lucius, der in "Gladiator II" gebraucht wird) noch zwei Rückkehrer gibt. Während die scheinbar kaum gealterte Connie Nielsen als Lucilla durchaus eine bedeutende Rolle spielt, fallen jedoch die kurzen Szenen mit der 85-jährigen britischen Theaterlegende Sir Derek Jacobi ("Anonymus") als Senator Gracchus eher in die Kategorie "Gastauftritt". Insgesamt hätte "Gladiator II" definitiv weit schlechter ausfallen können als es am Ende der Fall war – angesichts des versammelten Talents aber auch erheblich besser. So ist er ein durchaus sehenswerter Sandalenfilm, bei dem man aber nur selten den Gedanken abschütteln kann, dass der Vorgänger einfach noch viel besser war.

Fazit: "Gladiator II" ist ein solider, aufwendig produzierter und routiniert inszenierter Sandalenfilm mit guter Besetzung, der aber dem unausweichlichen Vergleich mit seinem gefeierten Vorgänger nie standhalten kann.

Wertung: 7 Punkte.

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