Mittwoch, 7. Mai 2025

THUNDERBOLTS* (2025)

Alternativtitel: Thunderbolts – The New Avengers
Regie: Jake Schreier, Drehbuch: Eric Pearson und Joanna Calo, Musik: Son Lux
Darsteller: Florence Pugh, Sebastian Stan, Julia Louis-Dreyfus, Wyatt Russell, Hannah John-Kamen, Lewis Pullman, David Harbour, Olga Kurylenko, Geraldine Viswanathan, Wendell Pierce, Chris Bauer, Violet McGraw
Thunderbolts* (2025) on IMDb Rotten Tomatoes: 88%; weltweites Einspielergebnis nach dem Startwochenende: $162,1 Mio.; FSK: 12, Dauer: 127 Minuten.
Seit dem Heldentod ihrer Ziehschwester Natasha Romanoff (Scarlett Johansson) im Kampf gegen Thanos erfüllt Yelena Belova (Florence Pugh, Disney+-Serie "Hawkeye") für die zwielichtige neue CIA-Direktorin Contessa Valentina Allegra de Fontaine (Julia Louis-Dreyfus, "Black Panther: Wakanda Forever") meist blutige Geheimaufträge. Da Valentina aufgrund ihrer früheren Beteiligung an der noch zwielichtigeren O.X.E. Group, die u.a. mit illegalen Menschenversuchen in Verbindung gebracht wird, stark unter politischem Druck steht, sollen Yelena und andere sämtliche Belege für die Machenschaften von O.X.E. zerstören – um dann selbst von der Contessa final beseitigt zu werden. So kommt es, dass sich Yelena, der kurzzeitige Captain America John "U.S. Agent" Walker (Wyatt Russell, Disney+-Serie "The Falcon and the Winter Soldier"), die Diebin Ava "Ghost" Starr (Hannah John-Kamen, "Ant-Man and the Wasp") und die ehemalige Widow Antonia "Taskmaster" Dreykov (Olga Kurylenko, "Black Widow") in einem riesigen Tresor in einer abgelegenen Lagerhalle wiederfinden, der sich als perfide Falle für sie entpuppt. Außerdem stoßen sie dort auf einen depressiven Zivilisten namens Bob (Lewis Pullman, "Top Gun: Maverick"), der keine Ahnung hat, wie er dorthin gekommen ist. Nachdem die Einzelgänger es geschafft haben, durch Teamwork zu entkommen, wollen sie Valentina zur Rechenschaft ziehen. Unterstützung erhalten sie dabei von Yelenas enthusiastischem Ziehvater Alexei "Red Guardian" Shostakov (David Harbour, "Black Widow") und dem jüngst zum Kongreßabgeordneten gewählten Bucky "Winter Soldier" Barnes (Sebastian Stan, "Captain America"), der es schon länger auf die Contessa abgesehen hat. Doch die Dinge entwickeln sich etwas anders als gedacht ...

Kritik:
Vermutlich wird niemand glücklicher darüber sein, dass die weitgehend vom Pech verfolgte Phase 5 des Marvel Cinematic Universe mit "Thunderbolts*" endlich ihr Ende findet, als Marvel selbst. Zwar gab es mit James Gunns Abschiedsgeschenk (vor seinem endgültigen Wechsel zum großen Rivalen DC) "Guardians of the Galaxy Vol. 3" und der geglückten Einführung zweier etablierter und äußerst beliebter Charaktere ins MCU in "Deadpool & Wolverine" auch Höhepunkte. Doch denen stehen mit "Ant-Man 3", "The Marvels" und "Captain America 4" drei Werke gegenüber, die bei Kritikern und Fans bestenfalls mittelmäßíg ankamen und auch kommerziell mehr oder weniger stark enttäuschten. Die gute Nachricht: "Thunderbolts*" des bis dato vorwiegend im Indie-Bereich aufgefallenen Regisseurs Jake Schreier ("Robot & Frank") beschließt Phase 5 mit einem weiteren echten Highlight, das man so von dieser bunt zusammengewürfelten Truppe aus bisherigen Nebencharakteren (bis auf Bucky vielleicht) nicht unbedingt erwarten durfte – wobei die Aufklärung des Sternchens im Titel ganz am Ende des Films schon zeigt, warum man sich so viel Mühe gegeben hat.

Besonders erfreulich an "Thunderbolts*" ist, dass die von Eric Pearson ("Thor: Tag der Entscheidung") und Kino-Debütantin Joanna Calo (Netflix-Serie "BoJack Horseman") ersonnene Geschichte zwar die üblichen "schräge Außenseitertruppe rauft sich zusammen"-Tropen weitgehend erfüllt, sich mit ihnen aber keineswegs begnügt. Während die erste Hälfte, in der sich unsere teils mehr, teils weniger liebenswerten Antihelden dank Valentinas Falle kennenlernen, noch weitgehend wie erwartet abläuft, entfaltet die Story in der zweiten Hälfte ungeahnte Stärken und beglückt das MCU endlich mal wieder mit einem denkwürdigen Antagonisten. Damit ist wohlgemerkt nicht Valentina gemeint, die zwar definitiv keine Heldin ist, aber letztlich weiterhin sehr ambivalent bleibt – nein, die Rede ist von "Void". Über den kann ich leider nicht allzu viel ohne große Spoilergefahr schreiben, aber er ist ein äußerst ungewöhnlicher und umso beängstigenderer Gegenspieler, den man nicht einfach wie die meisten MCU-Bösewichte mit brachialer Kraft besiegen kann. Hier spielt vielmehr eine starke psychologische Komponente hinein, weshalb der vom Tod ihrer Ziehschwester Natasha immer noch traumatisierten Yelena eine Schlüsselrolle zukommt. Ein wenig erinnert der originelle Showdown an jenen von "Doctor Strange", auf jeden Fall bietet er eine willkommene Abwechslung zu den üblichen actionlastigen dritten Akten der meisten Superhelden-Filme.

Daß Yelena die eindeutige Haupt-Protagonistin von "Thunderbolts*" ist, erweist sich auch deshalb als sehr kluge Entscheidung, weil ihre Darstellerin Florence Pugh wieder einmal eine glänzende schauspielerische Leistung abliefert. Auch wenn ihre eher unfreiwilligen Mitstreiter allesamt ihre Rollen gut erfüllen, ist doch Yelena (gemeinsam mit ihrem Ziehvater) klar das Herz der Truppe und des Films. Ihr von Pugh mehr als überzeugend verkörperter Kampf gegen das Trauma, gegen die Depression und ihre Suche nach Erfüllung und einem Sinn im Leben machen Yelena zu einer ausgesprochen nahbaren Figur, deren Entwicklung das Publikum mit viel Sympathie verfolgt (und die hoffentliche die nächsten MCU-Jahre stark prägen wird). Ihre Beziehung zum rätselhaften und unter ähnlichen Problemen leidenden Bob, der in Yelena Beschützergefühle weckt, verleiht der Geschichte eine zusätzliche emotionale Ebene, zumal Florence Pugh und Lewis Pullman gut miteinander harmonieren. Zwar mag man einwenden, dass die Depressions-Thematik letztlich doch nicht allzu sehr unter die Oberfläche geht – aber wir befinden uns immer noch in einem Marvel-Superheldenfilm und nicht in einem Arthouse-Drama und angesichts dessen ist das absolut in Ordnung.

Actionfans kommen aber natürlich trotz der ausgeprägten psychologischen Note nicht zu kurz, speziell in der ersten Hälfte dürfen die Antihelden ausgiebig zeigen, was sie im Kampf so draufhaben. Durch den Fokus auf Yelena kommen ihre Mitstreiter zwar bisweilen etwas kurz, hohen Unterhaltungswert haben sie trotzdem und die ausgefeilten Kampf-Choreographien geben ihnen genügend Raum, um zu glänzen. Ein wenig schade ist es aber schon, dass Wyatt Russells John "U.S. Agent" Walker – der heimliche Star von "The Falcon and the Winter Soldier" – zwar grummelig, ungeduldig und bisweilen jähzornig ist, aber doch ziemlich eindeutig zu den Guten gehört, was seine Figur etwas beliebiger macht (im ersten Skriptentwurf war er noch als Antagonist vorgesehen). Auch Hannah John-Kamen als Ghost und vor allem Olga Kurylenko als Taskmaster hätte man zweifellos mehr zu tun geben können. Dafür sorgt David Harbour als Yelenas Ziehvater Red Guardian für Humor und der später dazustoßende Bucky verleiht der Truppe die nötige Ernsthaftigkeit und Erfahrung. Zudem überzeugt Julia Louis-Dreyfus einmal mehr als wieselige Contessa und deren zwischen den Stühlen stehende Assistentin Mel (Geraldine Viswanathan, "Drive-Away Dolls") hat auch einiges zu tun; insgesamt ein gut zusammengestelltes, sympathisches Ensemble. Bleibt zu hoffen, dass die Qualität von "Thunderbolts*" ein gutes Omen für die kommende Phase 6 des MCU ist, die im Sommer 2025 mit dem ersten Auftritt von "The Fantastic Four" eröffnet wird.

Fazit: "Thunderbolts*" ist ein äußerst unterhaltsames und dabei in der zweiten Hälfte überraschend tiefgründiges Superhelden-Abenteuer mit unverbrauchten Figuren, das Lust auf mehr macht.

Wertung: 8,5 Punkte.


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