Donnerstag, 8. Februar 2024

VENOM: LET THERE BE CARNAGE (2021)

Regie: Andy Serkis, Drehbuch: Kelly Marcel, Musik: Marco Beltrami
Darsteller: Tom Hardy, Woody Harrelson, Michelle Williams, Stephen Graham, Naomie Harris, Reid Scott, Peggy Lu, Reece Shearsmith, Scroobius Pip, Little Simz, J.K. Simmons, Tom Holland
Venom: Let There Be Carnage (2021) on IMDb Rotten Tomatoes: 57 % (5,4); weltweites Einspielergebnis: $506,9 Mio.
FSK: 12, Dauer: 98 Minuten.
Eigentlich haben sich der Reporter Eddie Brock (Tom Hardy, "Dunkirk") und sein außerirdischer Symbiont Venom inzwischen ganz gut mit ihrer Koexistenz arrangiert – Eddie beschert sie gar einen Karrieresprung, als Venom nach einem Interview mit dem Serienmörder Cletus Kasady (Woody Harrelson, "Zombieland 2") ein entscheidendes Detail auffällt. Nach einem emotionalen Streit darüber, daß Eddie Venom einfach keine menschlichen Gehirne verspeisen läßt, gehen sie dennoch getrennte Wege. Das ist denkbar schlechtes Timing, denn kurz zuvor hatten Eddie und Venom bei einem letzten Besuch im Todestrakt bei Cletus diesen unwissentlich "infiziert", weshalb auch der wahnsinnige Serienkiller nun einen Symbionten namens Carnage mit sich trägt. Dergestalt gelingt Cletus leicht der Ausbruch aus dem Gefängnis und nachdem er seine mit einer übernatürlichen Fähigkeit ausgestattete Kindheitsfreundin Frances "Shriek" Barrison (Naomie Harris, "Skyfall") aus der geheimen Ravencroft-Anstalt befreit hat, will er sich an Eddie rächen sowie an Detective Patrick Mulligan (Stephen Graham, "The Irishman"), der für Shrieks Gefangenschaft verantwortlich zeichnet. Mit Hilfe von Eddies Ex-Frau Anne (Michelle Williams, "Greatest Showman") und ihrem Verlobten Dan (Reid Scott, "Late Night") müssen sich Eddie und Brock wieder zusammenraufen, um Cletus, Carnage und Shriek zu besiegen ...

Kritik:
Seit Sony sich mit Disney/Marvel auf eine Einbindung seiner "Spider-Man"-Filme in das Marvel Cinematic Universe geeinigt hat, versucht das japanisch-amerikanische Filmstudio, aus dessen enormer Popularität mit eigenen Spin-Offs zu Figuren aus dem Spidey-Umfeld daraus Kapital zu schlagen. Der erste Versuch war Antiheld "Venom" und erwies sich trotz mediokrer Kritiken als großer kommerzieller Erfolg. Mit "Morbius" hatte Sony weniger Glück, die Vampirstory mit Jared Leto floppte an den Kinokassen und fiel auch inhaltlich weitgehend durch. Mit "Kraven the Hunter" mit Aaron Johnson ist ein weiteres Spin-Off in Vorbereitung, doch zuvor kam mit "Let There Be Carnage" ein zweites "Venom"-Abenteuer in die Kinos (im Sommer 2024 folgt bereits "Venom 3"). Dieses Mal übernahm Motion Capture-Spezialist Andy "Gollum" Serkis die Regie (seine dritte Regiearbeit nach "Solange ich atme" und "Mogli"), am Abschneiden von "Let There Be Carnage" hat sich gegenüber dem Vorgänger jedoch nicht viel geändert: Die Rezensionen fielen wiederum mittelmäßig aus – wenn auch einen Tick besser – und die Einspielergebnisse gingen zwar vor allem wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie recht deutlich zurück, waren aber immer noch gut. Das dürfte in erster Linie daran liegen, daß es unglaublich viel Spaß macht, dem ungleichen Duo Eddie/Venom bei seinen Kabbeleien zuzuhören und -sehen. Weshalb es umso ärgerlicher ist, daß dieser größte Pluspunkt der "Venom"-Filme durch die zwischenzeitliche Trennung der beiden ein Stück weit ausgehebelt wird – denn die nur wenig einfallsreiche Story rund um Cletus Kasady kann das nicht wettmachen.

"Let There Be Carnage" eröffnet mit einem Rückblick auf die Vorgeschichte von Cletus Kasady und seiner großen Liebe Frances alias "Shriek". Die ist nicht uninteressant und recht tragisch, hebt sich aber letztlich nicht sonderlich von anderen Bösewicht-Origins ab. Leider entpuppt sich ein wichtiger Punkt, den man eher als Stärke von "Venom 2" erwarten würde, als ziemlich große Schwäche: Woody Harrelson! Der dreifache OSCAR-Nominee ist zweifellos ein toller Schauspieler und hat eigentlich ein Händchen für die Darstellung übertriebener "Larger than Life"-Charaktere (z.B. in "Natural Born Killers", "7 Psychos", "Planet der Affen: Survival" oder auch den "Zombieland"-Filmen); als Kletus Kasady übertreibt er es für meinen Geschmack mit dem Grimassieren, weshalb man den brutal-verrückten Serienkiller mit der tragischen Herkunft selbst in einer Comicverfilmung als Oberbösewicht der Geschichte nie wirklich ernst nehmen kann. Shriek funktioniert etwas besser, kommt aber erst in der zweiten Filmhälfte zum Zug. Generell hält das Drehbuch von Kelly Marcel ("Saving Mr. Banks") das Duell zwischen Gut und Böse recht simpel und geradlinig, was sogar recht gut funktioniert und in der mit gut eineinhalb Stunden für einen Film dieser Art ziemlich kurzen Laufzeit keine Langeweile aufkommen läßt.

Die große Stärke von "Venom 2" ist aber, wie erwähnt, weiterhin die Kombination von Venom und Eddie Brock. Die beiden sind ein echtes Traumpaar und sorgen mit ihren schwarzhumorig geschriebenen Dialogen immer wieder für humoristische Highlights – weshalb es so ärgerlich ist, daß sie vom Skript zwischenzeitlich getrennt werden. Tom Hardy spielt die (Doppel-)Rolle jedenfalls immer noch mit sichtlicher Freude und auch Michelle Williams fügt sich wieder gut in die Handlung ein; etwas zu kurz kommt dagegen Stephen Graham als Detective Mulligan. Der Showdown von "Venom 2" in einer prächtigen Kathedrale wurde von Andy Serkis sehenswert und erwartungsgemäß sehr actionreich inszeniert, gerät mitunter aber recht unübersichtlich und läßt abseits des Schauplatzes echte Alleinstellungsmerkmale vermissen. Insgesamt ein passendes Ende für einen soliden Anti-Superhelden-Film, der ordentlich unterhält, aber wenig Erinnerungswürdiges mit sich bringt. Das wird sich hoffentlich im nächsten Teil ändern, der möglicherweise endlich ein Zusammentreffen mit Spider-Man mit sich bringen wird. Das deutet jedenfalls eine zusätzliche Szene im Abspann an  wobei nicht bekannt ist, ob die sich wirklich auf "Venom 3" oder auf einen anderen Film aus Sonys "Spider-Man"-Universum bezieht.

Fazit: "Venom: Let There Be Carnage" ist wie sein Vorgänger ein solider und kurzweiliger Anti-Superhelden-Film, der erzählerisch wenig Neues bringt, dafür aber von der spaßigen Interaktion zwischen Protagonist Eddie und seinem titelgebenden Symbionten lebt.

Wertung: 6,5 Punkte.
 
 
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