Regie: Jaume Collet-Serra, Drehbuch: Michael Green, Glenn Ficarra und
John Requa, Musik: James Newton Howard
Darsteller: Dwayne
Johnson, Emily Blunt, Jack Whitehall, Jesse Plemons, Édgar Ramírez,
Veronica Falcón, Paul Giamatti, Quim Gutiérrez, Dani Rovira, Philipp Maximilian, Dan
Dargan Carter, Andy Nyman
Rotten Tomatoes: 63% (6,0); weltweites Einspielergebnis: $220,9 Mio.
FSK: 12, Dauer: 128
Minuten.
Im Jahre 1916,
während der Erste Weltkrieg in vollem Gange ist, bricht die
abenteuerlustige britische Botanikerin Dr. Lily Houghton (Emily
Blunt, "Mary Poppins’ Rückkehr") gemeinsam mit ihrem
jüngeren Bruder MacGregor (Jack Whitehall, "Der Nußknacker und
die vier Reiche") nach Südamerika auf. Dort will Lily die
sagenumwobenen "Tränen des Mondes" finden, die der
Überlieferung nach jede Krankheit heilen und damit auch die moderne
Medizin revolutionieren könnten. Für die Reise auf dem Amazonas
heuern sie vor Ort den großmäuligen Skipper Frank Wolff (Dwayne
Johnson, "San Andreas") an, welcher sie zum Zielort ihrer Suche
bringen soll. Allerdings ist nicht allein Lily auf der Jagd nach den
"Tränen des Mondes", sondern auch der skrupellose deutsche
Kronprinz Joachim (Jesse Plemons, "Bridge of Spies"), der die
Tränen kriegsentscheidend einsetzen will und den Amazonas mit
seinem eigenen, schwer bewaffneten U-Boot befährt. Doch es lauern
noch weitere Gefahren auf die Abenteurer, denn neben der eher
menschenfeindlichen Natur des Urwalds gibt es noch den laut Frank
kannibalistischen Stamm der Puka Michuna und angeblich sollen
irgendwo im Dschungel noch die untoten spanischen Konquistadoren
um Don Aguirre (Édgar Ramírez, "Zero Dark Thirty") ihr
verfluchtes und untotes Dasein fristen, die bereits vor 400 Jahren die
"Tränen des Mondes" suchten ...
Kritik:
Eine recht
eigenwillige Idee, die Disney seit vielen Jahren durchzieht, ist es,
sündteure Filme zu drehen, die auf Fahrgeschäften in den beliebten Disneyland-Vergnügungsparks basieren. Nun adaptiert Hollywood
bekanntlich seit jeher alles aus so ziemlich allen Bereichen (Bücher,
Comics, Podcasts, Zeitungsartikel, ...), was nicht bei drei auf dem
nächsten Baum ist – aber Vergnügungspark-Attraktionen? Das klingt
zunächst dämlich, allerdings nehmen die jeweiligen
Drehbuch-Autoren das natürlich nur als grobe Basis, aus der
dann eine (mehr oder weniger) eigenständige Geschichte entwickelt wird.
Das erfolgreichste Beispiel bisher ist die langlebige "Fluch der
Karibik"-Reihe, auch "Die Geistervilla" war trotz
mieser Kritiken recht einträglich, wogegen
"Mission to Mars", der Animationsfilm "Dinosaurier"
oder "Tomorrowland" kläglich an der Kinokasse scheiterten
(und auch bei den Rezensenten nicht allzu gut ankamen). Weitere
Produktionen wie "Tower of Terror" oder ein Reboot
von "Die Geistervilla" sind in Vorbereitung, doch zunächst
wollte man sich scheinbar primär an der Erfolgsformel von
"Fluch der Karibik" orientieren und schuf deshalb mit dem
übernatürlichen Amazonas-Abenteuer "Jungle Cruise" einen
Film, der sich sehr eng am großen Bruder orientiert.
Bedauerlicherweise etwas zu eng, denn viel Originalität
hat "Jungle Cruise" nicht zu bieten. Generell plätschert
die Story zwischen den Actionsequenzen eher vor sich hin – doch
zumindest hat man mit Dwayne Johnson und Emily Blunt ein glänzend
harmonierendes Hauptdarsteller-Duo gefunden, das dafür sorgt, daß
die Regiearbeit des für seine häufige Zusammenarbeit
mit Liam Neeson bekanntgewordenen Spaniers Jaume Collet-Serra
(z.B. "Unknown Identity") unterm Strich
ganz gut funktioniert.
Daß der Ex-Wrestler
und aktuell wohl global bestbezahlte Schauspieler Dwayne Johnson
eine äußerst charismatische Persönlichkeit ist, weiß man nicht erst seit
gestern – und Collet-Serra nutzt das richtigerweise weidlich
aus. Schauspielerisch sind wenig überraschend weder Emily Blunt noch Johnson oder die Nebendarsteller sonderlich gefordert, was zur
Abwechslung mal eine Abwechslung zu "Fluch der Karibik"
(der Hauptdarsteller Johnny Depp sogar eine verdiente
OSCAR-Nominierung einbrachte) darstellt, jedoch keine positive.
Das Drehbuch des erfahrenen Duos Glenn Ficarra und John Requa
("Focus"), das sich mit dem nicht weniger renommierten Michael Green ("Blade Runner
2049") zusammentat, bleibt storytechnisch ziemlich
einfallslos mit einer allzu konventionellen, arg linear
verlaufenden Handlung ohne größere Überraschungen, nutzt aber die
Talente der beiden Hauptdarsteller gut aus und sorgt für viele
spritzige Dialoge zwischen Lily und Frank in bester Screwball-Comedy-Manier. Die dabei nur dezent
angedeutete romantische Komponente funktioniert zwar nicht so ganz,
da die beiden eher wie platonische Kumpels wirken, aber das fällt
kaum ins Gewicht, weil die ständigen Kabbeleien der beiden und
Franks (das deutsche Synchronbuch stark fordernde) alberne
Wortspiele glänzend unterhalten. Interessanterweise
harmonierten Blunt und Johnson bei ihrer Promotiontour zum
Kinostart aber sogar noch besser miteinander als im Film,
weshalb ich hoffe, daß sie noch öfter zusammen drehen werden
(und das nicht nur in der bereits angekündigten "Jungle
Cruise"-Fortsetzung). Bei allem Lob für das Duo Blunt/Johnson
soll Jack Whitehall nicht vergessen werden, der als Lilys duldsamer Bruder
MacGregor in einer klassischen "comic relief"-Rolle sehr
sympathisch rüberkommt, mit gutem Comedy-Timing glänzt und
ebenfalls eine gute Chemie mit Blunt und Johnson beweist. Die übrigen
Rollen fallen dagegen deutlich ab, was dafür sorgt, daß einige
hochkarätige Schauspieler sträflich vernachlässigt werden. Das
gilt vor allem für Paul Giamatti ("Barney's Version") als Franks Geschäftsrivale Nilo
und für Édgar Ramírez als Don Aguirre, aber auch Jesse Plemons als
Haupt-Bösewicht Prinz Joachim kann sein Potential lediglich andeuten –
wobei Plemons' genüßlich überzeichnete Darstellung des
sadistischen deutschen Adeligen (im Originalton sogar mit recht guter deutscher Aussprache) durchaus Lob verdient.
Dennoch ist das
Fehlen eines wirklich ernstzunehmenden Bösewichts (wie es in "Fluch
der Karibik" Geoffrey Rushs Captain Barbossa war)
ein weiteres Problem von "Jungle Cruise", denn die
Aufteilung der Antagonisten-Rolle auf Prinz Joachim und Don Aguirre sorgt
dafür, daß beide erstens relativ profillos bleiben und zweitens
nicht die ganz große Gefahr für unsere wackere Helden ausstrahlen.
Dadurch bleibt die Story trotz einiger netter Ideen, der
amüsanten Dialoge und der nicht zu kurz kommenden handfesten Action mäßig spannend und kann das Publikum schwerlich fesseln. Wie für eine
Disney-Großproduktion üblich, gibt es gerade im actionreichen
Finale zahllose aufwendige Spezialeffekte zu bestaunen, die zumeist
überzeugend umgesetzt sind und einige schöne Bildkompositionen
ermöglichen – lediglich Franks Jaguardame Proxima ist recht
deutlich als (trotzdem gut gemachte) CGI-Kreatur zu erkennen. Die von
einem großen Orchester eingespielte Musik von James
Newton Howard ("Die Tribute von Panem") macht über weite
Strecken einen altmodisch-abenteuerlichen Eindruck, was zu
"Jungle Cruise" natürlich gut paßt. Eine Ausnahme bilden
die historischen Rückblenden zu den Konquistadoren, die mit einer
zweiteiligen, eigens von Howard und Metallica neu eingespielten
Instrumentalversion von Metallicas Megaballade "Nothing Else
Matters" unterlegt sind – wobei das beim Prolog in der Tat
balladesk ausfällt, während eine Schlüsselsequenz von
einer rocklastigen Interpretation des Songs begleitet wird – eine
ungewöhnliche Wahl, die überraschend gut funktioniert.
Insgesamt sorgt "Jungle Cruise" dank der Hauptdarsteller
und der gewohnt hochwertigen handwerklichen Machart für solide,
familientaugliche Abenteuerunterhaltung, die jedoch etwas zu monoton
und inhaltlich einfallslos ausfällt, um ihr Potential auch nur
einigermaßen ausschöpfen zu können – an das große Vorbild
"Fluch der Karibik" reicht Jaume Collet-Serras Film sowieso
nicht heran.
Fazit:
"Jungle Cruise" ist ein aufwendiges
Disney-Abenteuerspektakel, das inhaltlich eher mau ausfällt, aber
von seinem glänzend harmonierenden Hauptdarsteller-Duo Dwayne
Johnson und Emily Blunt (gerade so) vor der Beliebigkeit gerettet
wird.
Wertung:
6,5 Punkte.
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