Regie: Brad
Peyton, Drehbuch: Carlton Cuse, Musik: Andrew Lockington
Darsteller:
Dwayne Johnson, Carla Gugino, Alexandra Daddario, Paul Giamatti, Ioan Gruffudd, Hugo
Johnstone-Burt, Art Parkinson, Archie Panjabi, Colton Haynes, Kylie Minogue, Will Yun Lee
Als infolge eines gewaltigen Erdbebens die Hoover-Talsperre
zwischen Nevada und Arizona bricht und zahlreiche Menschen in den Tod reißt, ist
das eine Katastrophe. Was aber niemand außer dem Seismologen Prof. Lawrence Hayes
(Paul Giamatti, "Barney's Version") und seinem Assistenten Dr. Kim
Park (Will Yun Lee, "Wolverine – Weg des Kriegers") – die seit langem
an einem Verfahren zur Vorhersage von Erdbeben tüfteln – ahnt: Das war nur der
Anfang! Entlang der durch ganz Kalifornien (unter weiter) führenden San Andreas-Verwerfung
gibt es unzählige Nachbeben, die den gesamten Bundesstaat verwüsten und in
Chaos stürzen. Der erfahrene Hubschrauber-Rettungspilot Ray Gaines (Dwayne
Johnson, "Hercules") befindet sich gerade auf dem Weg nach San
Francisco – die vom ersten Beben am stärksten getroffene Großstadt –, als er einen
telefonischen Hilferuf seiner getrennt von ihm lebenden Frau Emma (Carla
Gugino, "Sin City") erhält, die sich gerade in einem Restaurant auf
der obersten Etage eines Hochhauses in Los Angeles aufhält, als die
Stadt ebenfalls von einem Beben getroffen wird. Doch nicht allein Emma muß Ray retten, auch die gemeinsame Tochter Blake (Alexandra Daddario, "Percy Jackson"),
die in San Francisco ihr Studium beginnen will, benötigt dringend Hilfe …
Kritik:
Kaum ein anderes Genre eignet sich so sehr für eine
möglichst große Kinoleinwand wie der Katastrophenfilm. Schließlich steht
spektakuläre Zerstörung unweigerlich im Mittelpunkt eines Katastrophenfilms,
ganz gleich ob es um gewaltige Stürme ("Twister", "Der
Sturm"), Eiszeiten ("The Day After Tomorrow"), drohende Flugzeugabstürze
("Airport"), Vulkanausbrüche
("Dante's Peak", "Pompeii"), Schiffshavarien ("Titanic", "Die
Höllenfahrt der Poseidon"), Tsunamis ("The Impossible"), (drohende) Meteoriteneinschläge
("Armageddon", "Deep Impact") oder eben um gewaltige Erdbeben ("San Francisco",
"Erdbeben") geht. Mehr als für jedes andere Genre gilt für
Katastrophenfilme allerdings auch die Devise: Kennt man einen, kennt man alle!
Gut, das ist natürlich übertrieben, im Kern aber schon richtig; man kann zwar
in den Details variieren, aber die grundsätzlichen Storyelemente unterscheiden
sich kaum. Fast immer geht es um einige Menschen – meist eine verstreute Familie, manchmal
eine Zweckgemeinschaft Fremder –, die vor der jeweiligen Katastrophe fliehen
und auch deren Nachwirkungen halbwegs heil überstehen müssen, während es um sie
herum mächtig kracht und rummst.
"San Andreas" macht da keine Ausnahme; ganz im
Gegenteil scheint es sogar das erklärte Ziel von Drehbuch-Autor Carlton Cuse
gewesen zu sein, jedes nur denkbare Katasrophenfilm-Klischee zu bedienen. Falls
es sein Ziel war, dann hat er es jedenfalls erreicht … Das ist umso
enttäuschender, als Cuse im TV-Bereich bereits vielfach bewiesen hat, daß er
einiges drauf hat, schrieb oder schreibt er doch für Qualitätsserien wie
"Lost", "Bates Motel" oder jüngst "The Returned"
(ein Remake der international gleichnamigen französischen Serie). Vielleicht
wollte er bei seinem Kinodebüt ja um jeden Preis unnötige Risiken vermeiden,
aber wenigstens ein Hauch von Originalität wäre doch nett gewesen. Die
Marschrichtung gibt bereits der Prolog an, in dem der Protagonist Ray während einer
Prä-Erdbeben-Rettungsaktion als unglaublich toller Hecht etabliert wird. Zu dem
Zeitpunkt nahm ich das noch schmunzelnd hin, schließlich ist diese Art
der Helden-Einführung zwar uralt, aber durchaus bewährt.
Nur ziehen sich solche Szenen eben konsequent bis zum
Ende hindurch: Selbstverständlich erweist sich Daniel (Ioan Gruffudd,
"King Arthur"), der reiche neue Freund von Rays Noch-Frau im
Ernstfall als egoistischer Feigling, natürlich findet Blake einen netten,
gleichaltrigen Helfer (Hugo Johnstone-Burt) samt vorwitzigem jüngeren Bruder
(Art Parkinson, "Dracula Untold"); und man kann darauf wetten, daß es
in jeder extrem brenzligen Situation unter Beteiligung der Protagonisten zu
einer Rettung in letzter Sekunde kommt, wohingegen dann, wenn ein gutes Ende
greifbar nahe erscheint, die nächste Katastrophe keine Minute auf sich
warten lassen kann. Und am Ende weht sowieso das
"Star-Spangled Banner" im Wind – gebeugt, aber nicht gebrochen! Nein, an Vorhersehbarkeit ist
"San Andreas" vom Anfang bis zum Schluß (übrigens mit einer sehr
hörenswerten, von Sia vorgetragenen Coverversion des The Mamas and the
Papas-Evergreens "California Dreamin'" während des Abspanns) beim
besten Willen nicht zu übertreffen, was angesichts der unwahrscheinlichen
Anzahl bedienter Klischees auch einige unfreiwillig komische Momente
miteinschließt. An der Klischeehaftigkeit ändert sich übrigens auch bei den Charakteren nichts,
jedoch sind die (bis auf den feigen Daniel)
wenigstens sehr sympathisch und überzeugend gespielt. Dwayne Johnson beweist einmal
mehr, wie gut er zum Actionhelden taugt (auch wenn er hier gar nicht sooo viel
zu tun hat), Paul Giamatti zieht die für das Genre obligatorische erklärende
Wissenschaftler-Rolle souverän durch und Carla Gugino und Alexandra Daddario
fungieren erfreulicherweise gar nicht ausschließlich als "eye candy",
sondern auch als akzeptabel starke Frauenfiguren.
Wenngleich die Storyentwicklung von Brad
Peytons ("Die Reise zur geheimnisvollen Insel") Film ausgesprochen
ärgerlich ist, ist sie doch nicht so entscheidend, wie sie es in anderen Genres
wären. Denn bei einem Katastrophenfilm sind die Spezialeffekte nunmal seit
jeher wichtiger als es Handlung oder Charaktere sind. Die können die
Gesamtqualität letztlich nur in Maßen beeinflussen, entscheidend ist die
Umsetzung der jeweiligen Katastrophe(n). Und in dieser Hinsicht macht "San
Andreas" eine richtig gute Figur. Dadurch, daß es sich nicht
"nur" um ein einzelnes großes Erdbeben handelt, sondern um eine ganze Reihe
davon infolge einer Kontinentalplatten-Verschiebung, bleibt das Tempo permanent
hoch und man hat kaum Zeit, um sich über die Storyklischees zu ärgern.
Der 3D-Einsatz des erst nachträglich konvertierten Films bleibt zwar eher
unauffällig, aber die Spezialeffekte selbst schinden mächtig Eindruck: Ob schwankende Hochhäuser, krachend einstürzende Brücken,
Hubschrauber-Bruchlandungen oder sogar ein Tsunami, es ist einfach immer etwas
los. Und obwohl Roland Emmerichs "The Day After Tomorrow" (vom Unterhaltungsgrad her einer
meiner Lieblings-Katastrophenfilme) offensichtliches strukturelles Vorbild war,
gibt es noch genügend kleine Variationen gegenüber früheren Filmen des Genres,
daß zumindest kein komplettes Déjà-vu-Gefühl aufkommt – meist wirken die
Naturkatastrophen und ihre Auswirkungen zudem authentischer als in vielen
anderen Katastrophenfilmen. Nunja, zumindest gilt das, solange es nicht gerade
wieder um eine der "Rettung im letzten Moment"-Sequenzen mit Ray
geht. Auch will ich nicht verschweigen, daß wieder einmal die Altersfreigabe
der Glaubwürdigkeit entgegensteht; denn obwohl durchaus einige Todesfälle
gezeigt werden (wenn auch niemals explizit), ist es doch sehr auffällig, daß es
sich bei "San Andreas" um einen familientauglichen Blockbuster handelt. Und da
liegen eben keine blutigen Leichen auf den Straßen, die stattdessen – nach
der jeweiligen Katastrophe, denn währenddessen wird natürlich in Massen blind
durch die Gegend gerannt – wie leergefegt sind. Das ist ein bißchen albern,
aber aus betriebswirtschaftlichen Gründen wohl nicht zu vermeiden.
Fazit: "San Andreas" ist ein aufregendes, bahnbrechendes
und extrem spannendes Action-Abenteuer – wenn man noch nie zuvor einen
Katastrophenfilm gesehen hat! Ansonsten bietet "San Andreas" auch
ohne einen Funken Eigenständigkeit zumindest grundsolide Unterhaltung mit
hervorragenden Spezialeffekten und einem sympathischen Cast.
Wertung: 6 Punkte (aber auch nur, wenn man eine
gewisse Sympathie für das Genre hegt).
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