Eigentlich bespreche ich ja auf "Der Kinogänger" – Nomen est omen – nur Filme, aber wenn mir (wie in diesem Fall von Kazé Anime) ein Rezensionsexemplar zugesandt wird, schrecke ich natürlich auch nicht vor einer TV-Serie zurück. Zumal, wenn es sich nur um die ersten drei Folgen handelt und der Zeitaufwand somit nicht größer ist als bei einem Kinofilm.
Regie: Seiji Kishi und Hitoshi Kimura, Drehbuch: Tōka
Machida und Jun Kumagi, Musik: Makoto Yoshimori
Der 17-jährige Nice ist ein ziemlich fauler Teenager, der es
sich am liebsten einfach gut gehen läßt. Murasaki ist vier Jahre älter und
ziemlich das Gegenteil von Nice: ein fleißiger und betont verantwortungsbewußter junger
Mann. Gemeinsam führen die beiden die Detektei Hamatora in Yokohama. Was
sie dazu befähigt? Sie sind sogenannte Minimum Holder – Besitzer eines
"Minimum-Gens", das ihnen eine übermenschliche Fähigkeit verleiht.
Bei Nice handelt es sich um Schallgeschwindigkeit, bei Murasaki um gewaltige Greifkraft. Doch sind
sie bei weitem nicht die einzigen Minimum Holder, und so treffen sie bei ihren Aufträgen
immer wieder auf andere übermenschlich Begabte – und auf einen
Serienmörder, der Minimum Holder grausam tötet und ihnen die Gehirne entfernt …
Kritik:
Um das gleich vorwegzuschicken: Ich bin alles andere als ein
Anime-Experte. Allerdings bin ich kein kompletter Neuling, da ich schon
zahlreiche japanische Animations-Kinofilme gesehen und teilweise auch hier
rezensiert habe ("Wie der Wind sich hebt", "Die Reise nach Agartha", "Belladonna", "Blue Exorcist: The Movie") und mir im Lauf der Jahre einige der
gelegentlich im deutschen Free-TV gezeigten Anime-Serien für Erwachsene zu
Gemüte führte. Meine Favoriten in dieser Hinsicht sind bislang "Black Lagoon"
und "Samurai Champloo", beides Serien, die gleichermaßen mit
Humor, sympathischen Charakteren und interessanten Storylines aufwarten können.
Nach den ersten drei Folgen kommt das auf eine Mischung aus Action, Comedy und
ein bißchen Horror setzende "Hamatora – The Animation" zwar nicht an
deren Qualität heran, macht aber ohne Frage Spaß.
Kazé Anime selbst beschreibt "Hamatora" auf seiner
Homepage als Mischung aus den Comic-Mutanten "X-Men" und den
humorvollen Krimiserien "The Mentalist" und "Leverage"; mir
kam als erster Vergleich dagegen die TV-Serie "Heroes" in den Sinn. Hier
wie dort geht es um ganz normale Menschen, die übernatürliche Fähigkeiten entwickeln
und diese entweder für das Gute oder für das Böse einsetzen. Zugegeben, anders
als bei "Heroes" lernen sie bereits als Kinder an einer Akademie,
damit umzugehen (was dann tatsächlich eher an die "X-Men" erinnert,
wo das dank Professor X zumindest auf einige der Mutanten zutrifft). Da es
sich bei den beiden zentralen "Hamatora"-Figuren Nice und Murasaki jedoch um
Akademie-Abbrecher handelt, die nun auf eigene Faust handeln, sind sie quasi in
jeder nur denkbaren Hinsicht Außenseiter – ganz wie die "Heroes".
Leider bietet die erste Folge "Das Ei des
Kolumbus" keinen idealen Einstieg in die Welt von "Hamatora". Statt
sich groß mit Erklärungen aufzuhalten, begnügen sich die Macher damit, das
Publikum einfach in die Geschichte hineinzuwerfen, was anfangs doch etwas irritiert
(wenn man nicht vorher das Prequel-Manga gelesen hat). Erst nach und nach –
und auch noch auf die weiteren Episoden verteilt – erfährt man mehr über die
Hintergründe sowohl dieser von den Minimum Holdern beeinflußten (aber ansonsten
in der japanischen Gegenwart angesiedelten) Welt und von den zentralen
Figuren. Das ist einerseits eine recht anspruchsvolle und nach der ersten
Konfusion geschickt durchgeführte Vorgehensweise, aber andererseits wäre
ein etwas gemächlicherer Einstieg mit wenigstens einer kurzen Vorstellung der
Protagonisten schon nett gewesen. Zu denen zählen übrigens neben Nice und
Murasaki auch einige Helfer und Freunde sowie ein permanent hungriges Mädchen ohne Erinnerung namens Hajime – und
der leitende Polizeibeamte Superintendent Art, der Hamatora regelmäßig Aufträge
mit einem Bezug zu Minimum Holdern zuschanzt. In den ersten drei Folgen können die
einzelnen Mitglieder dieses Ensembles naturgemäß noch nur sehr bedingt Profil
entwickeln, doch Entwicklungspotential ist auf jeden Fall vorhanden.
Selbiges trifft auf die Fälle der Detektei zu. Die sind
zunächst nicht allzu originell und werden relativ rasch abgehandelt, wobei es
zumindest regelmäßig zu recht spektakulär anzusehenden Kräftemessen der
Helden mit gegnerischen Minimum Holdern kommt. Außerdem ist
bereits innerhalb der ersten drei Folgen ein klarer qualitativer Aufwärtstrend
erkennbar, der auch vor ernsten, gesellschaftskritischen Themen (Mobbing,
Vorurteile, medizinische Experimente) nicht zurückschreckt – am
interessantesten und spannendsten ist jedoch die zunächst mysteriöse Rahmenhandlung rund
um den Minimum Holder-Serienkiller, die garantiert in den späteren Folgen immer
stärker in den Mittelpunkt rücken und dann vermutlich auch den Vergleich mit
"The Mentalist" rechtfertigen wird. Die Genremischung ist jedenfalls
erfrischend, auch wenn der Wechsel von bewußt überzogenen Comedy-Einlagen
(speziell von der ziemlich kindischen Nebenfigur Birthday) zu ernsthaften oder sogar
gruseligen Momenten manchmal arg abrupt daherkommt.
Fazit: "Hamatora – The Animation" ist (ausgehend von den ersten drei von insgesamt zwölf Episoden der ersten Staffel) eine
spaßige Anime-Serie, die auf den ersten Blick vorrangig auf leichte
Unterhaltung setzt, aber erfreulicherweise die leisen Zwischentöne bei
ernsten Themen nicht vernachlässigt – wobei die durchaus noch stärker in
den Vordergrund rücken dürfen.
Wertung: 7 Punkte, Tendenz steigend.
Vol. 1 von "Hamatora – The Animation" ist Anfang
April 2015 bei Kazé Anime auf DVD und Blu-ray erschienen. Zum Bonusmaterial
zählen neben einem Sammelschuber für die gesamte Staffel ein Booklet und Band 1
(von 3) des lesenswerten "Hamatora"-Prequel-Mangas, der auf fast 200
Seiten willkommene Hintergründe zur Entstehung der Detektei und zu den Figuren
liefert. Neben der deutschen Tonspur werden sich Puristen freuen, daß
auch die japanische Sprachfassung enthalten ist, deutsche Untertitel gibt es
natürlich ebenfalls. Da ich leider nicht Japanisch spreche, kann ich die Qualität der
deutschen Fassung nur bedingt beurteilen, aber kurze Stichproben zeigen
zumindest, daß die deutschen Stimmen den japanischen Vorbildern ziemlich stark
ähneln. Vol. 2 der Serie erscheint übrigens am 29. Mai, Band 2 des Mangas
Anfang Juni.
Bei Gefallen an meinem Blog würde ich mich über die Unterstützung von "Der Kinogänger" mittels etwaiger amazon.de-Bestellungen über einen der Links in den Rezensionen oder das amazon.de-Suchfeld in der rechten Spalte freuen.
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