Originaltitel:
The Water Diviner
Regie: Russell Crowe, Drehbuch: Andrew
Anastasios und Andrew Knight, Musik: David Hirschfelder
Darsteller: Russell Crowe, Olga Kurylenko, Yilmaz Erdogan,
Cem Yilmaz, Jai Courtney, Dylan Georgiades, Ryan Corr, James Fraser, Ben
O'Toole, Jacqueline McKenzie, Isabel Lucas, Steve Bastoni, Damon Herriman
FSK: 12, Dauer: 112 Minuten.
Das idyllische Leben der australischen Farmerfamilie Connor
findet ein jähes Ende, als der Erste Weltkrieg ausbricht und die drei Söhne der
Familie als Soldaten in Europa ins Feld ziehen – wo sie nach der verheerenden
Schlacht von Gallipoli in der Türkei allesamt als gefallen gelten. Als nach dem
Krieg Mutter Eliza (Jacqueline McKenzie, "Deep Blue Sea") ihrem
Leben, von der Trauer überwältigt, ein Ende setzt, macht sich Witwer Joshua
(Russell Crowe, "Robin Hood") – in seiner Heimat bekannt dafür, versteckte Wasserquellen im Wüstenboden zu finden – auf den Weg
nach Europa. Dort will er auf dem Schlachtfeld die sterblichen Überreste seiner
Söhne finden und sie zuhause neben dem Grab ihrer Mutter beerdigen – angesichts von
etwa 100.000 Toten dieser Schlacht ein schier hoffnungsloses Unterfangen, das
durch die Bürokratie der britischen Besatzer zusätzlich erschwert wird. Doch
Joshua denkt nicht daran, aufzugeben; schließlich findet er mit Hilfe des
türkischen Majors Hasan (Yilmaz Erdogan, "Es war einmal in
Anatolien") heraus, daß sein ältester Sohn Art (Ryan Corr, "Wolf
Creek 2") in den türkischen Aufzeichnungen als Kriegsgefangener geführt
wird und somit tatsächlich noch leben könnte! Die einstigen Lager sind
inzwischen allerdings aufgelöst, das ganze Land versinkt im Chaos und überall brechen schwere
Kämpfe zwischen Türken und Griechen auf …
Kritik:
Außerhalb des australischen Kontinents dürften die meisten
Menschen nur wenig über die Mitwirkung von Soldaten aus Australien, Neuseeland
und Tonga am Ersten Weltkrieg wissen – tatsächlich kämpften sie jedoch an der
Seite der Alliierten und erlitten bei der Schlacht von Gallipoli gegen die
Truppen des mit dem Deutschen Kaiserreich und der Monarchie Österreich-Ungarn verbündeten
Osmanischen Reichs horrende Verluste, an die jedes Jahr mit einem nationalen
Gedenktag erinnert wird. Cineastisch hat die Schlacht bereits 1981 der
australische Meister-Regisseur Peter Weir ("Der Club der toten
Dichter", "Die Truman Show") in seinem preisgekrönten Kriegsdrama "Gallipoli" mit
einem sehr jungen Mel Gibson geschildert. Russell Crowe – ein gebürtiger Neuseeländer
– nimmt die Geschehnisse als Ausgangspunkt für sein Regiedebüt, das allerdings
weniger ein (Anti-)Kriegsfilm ist als eine Abenteuer-Geschichte über
Versöhnung im Rahmen eines Familiendramas. Das Resultat seiner Mühen ist
inszenatorisch etwas unausgewogen und nicht frei von inhaltlichen Schwächen,
überzeugt insgesamt aber mit einem feinen Gespür für Dramaturgie und gut
ausgearbeiteten zentralen Figuren.
Russell Crowe selbst verkörpert den tragischen Familienvater mit
gewohnter Souveränität, die Last, die auf den Schultern des einfachen Farmers
ruht, ist speziell in der ersten Filmhälfte regelrecht greifbar. Fast noch mehr
Eindruck hinterlassen aber die beiden türkischen Soldaten Major Hasan und
Sergeant Jemal (Cem Yilmaz, "G.O.R.A."), die eigentlich Lt. Colonel
Hughes (Jai Courtney, "Jack Reacher") dabei helfen sollen, die
unzähligen Opfer der Schlacht – die letztlich von den Türken
gewonnen wurde – zu identifizieren, damit sie einigermaßen würdig begraben
werden können. Diese vier gut gespielten Charaktere stehen ganz besonders für das löbliche
Versöhnungs-Motiv des Films. Wenngleich der Prozeß der emotionalen Annäherung
zwischen den noch vor kurzem verfeindeten Männern kaum mit Überraschendem
aufwartet, so ist er doch nachvollziehbar und sensibel in Szene gesetzt –
zum Katalysator wird vor allem Joshua Connor, dessen unbeirrbare Hartnäckigkeit
bei der Suche nach seinen Söhnen wider alle Bürokratievorschriften auf
beiden Seiten mit Empathie verfolgt und schließlich sogar aktiv unterstützt wird.
Eine andere Facette der Versöhnung ergibt sich durch Joshuas Einquartierung in
dem kleinen Hotel der verwitweten Ayshe (Olga Kurylenko, "Oblivion"), die nach dem Verlust ihres Mannes in der gleichen Schlacht
nachvollziehbaren Haß auf alle Australier empfindet, sich aber durch das ähnliche Schicksal – und die Umtriebigkeit ihres gewitzten kleinen Sohns
Orhan (Dylan Georgiades) – bald mit ihrem bescheiden auftretenden Gast
verbunden fühlt.
So überzeugend, ja sogar liebevoll die wichtigsten
Charaktere gezeichnet sind, so ärgerlich ist gleichzeitig eine immer wieder zum
Vorschein kommende übertriebene Schwarzweißmalerei bei den Nebenfiguren.
Insbesondere in der zweiten Hälfte ist es mehr als fragwürdig, daß die Türken als
freiheitsliebende Vaterlandskämpfer dargestellt werden und die Griechen als
böse Räuber – möglicherweise ein Zugeständnis an die türkischen
Produktionspartner, das sich kommerziell auf jeden Fall gelohnt hat. Denn in
der Türkei, in der das Kino normalerweise wie in kaum einem anderen Land von
heimischen Produktionen dominiert wird und Hollywood nur gelegentliche
Achtungserfolge erringt, lief "Das Versprechen eines Lebens" mit beinahe
1,3 Millionen Zuschauern ausgesprochen erfolgreich (zum Vergleich: das waren
etwas mehr als bei den ersten beiden "Der Hobbit"-Teilen,
Superhelden-Filme scheitern sogar regelmäßig an der Millionenmarke). Und wenn wir
schon bei Kritikpunkten sind: In Sachen Subtilität muß Russell Crowe als
Regisseur definitiv noch einiges lernen. Nur ein harmloses Beispiel vom
Filmbeginn: Ich habe ja wirklich keine Probleme damit, wenn mir auf der
Leinwand ein richtig fieser Priester präsentiert wird, der gegenüber einem
Mann, der seine gesamte Familie verloren hat, keinerlei Mitgefühl zeigt und
sich sogar noch dafür bestechen läßt, daß die tiefgläubige Eliza Connor auf
geweihtem Boden begraben werden darf – daß dieser Kerl aber auch noch einen ziemlich
ausgeprägten Hitler-Scheitel hat, ist dann doch zu viel des Guten (bzw.
Schlechten) … Solch plakative Szenen gibt es immer wieder einmal, des weiteren nervt
Crowe mit dem gehäuften Einsatz inhaltlich vollkommen überflüssiger Zeitlupen.
Auf der Habenseite steht dafür wiederum die optische
Gestaltung, denn der OSCAR-gekrönte "Der Herr der Ringe"-Kameramann
Andrew Lesnie beweist in seinem leider letzten Film einmal mehr, welch gutes
Gespür er für epische Weitwinkel-Aufnahmen hat. Auch die Kostümbildner und
Ausstatter haben einen guten Job dabei gemacht, die Türkei des frühen 20.
Jahrhunderts zum Leben zu erwecken. Überhaupt hat mir die Einbettung der Handlung
in den historischen Nachkriegskontext sehr gefallen – diesem Aspekt hätte man
zwar durchaus noch mehr Tiefe verleihen können, dennoch setzen Crowe und sein
Team die latent bedrohliche Atmosphäre in diesem besiegten, aber immer noch
stolzen und um seine Zukunft als eigenständige Nation zwischen Ost und West
kämpfenden Reich überzeugend um. Gleichzeitig verläßt die zentrale Story von "Das Versprechen eines
Lebens" in der zweiten Hälfte zunehmend den Boden der Glaubwürdigkeit zugunsten
einer guten Erzählung. Das mag in mancher Hinsicht fragwürdig sein; so wird
etwa die Tragik von Joshuas Geschichte nur in vereinzelten, dann aber sehr bewegenden Szenen richtig überzeugend
transportiert, und auch über die Notwendigkeit der sich früh abzeichnenden
zarten Romanze zwischen Joshua und Ayshe kann man vortrefflich diskutieren.
Jedoch: In dramaturgischer Hinsicht funktioniert dieses Vorgehen, und so erweist
sich "Das Versprechen eines Lebens" als sehr unterhaltsamer und
temporeicher Abenteuerfilm mit Herz. Und Russell Crowe darf gerne öfters Regie
führen, solange er an seinen Schwächen arbeitet.
Fazit: "Das Versprechen eines Lebens" ist
ein kurz nach Ende des Ersten Weltkrieges in der besiegten Türkei angesiedelter
Abenteuerfilm, der mit seinen sympathischen Figuren und einer ausgeprägten Botschaft der Versöhnung punktet, die über manche inszenatorische Schwäche und
einen gewissen Mangel an Glaubwürdigkeit hinwegsehen lassen.
Wertung: 7,5 Punkte.
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