Mittwoch, 30. März 2022

BLOODSHOT (2020)

Regie: Dave Wilson, Drehbuch: Jeff Wadlow und Eric Heisserer, Musik: Steve Jablonsky
Darsteller: Vin Diesel, Eiza González, Guy Pearce, Sam Heughan, Alex Hernandez, Lamorne Morris, Toby Kebbell, Jóhannes Haukur Jóhannesson, Talulah Riley, Siddharth Dhananjay
Bloodshot (2020) on IMDb Rotten Tomatoes: 31% (4,6); weltweites Einspielergebnis: $39,9 Mio.
FSK: 16, Dauer: 110 Minuten.
Nach einer erfolgreichen Mission in Afrika macht der US-Elitesoldat Ray Garrison (Vin Diesel, "Riddick") mit seiner Frau Gina (Talulah Riley, "Radio Rock Revolution") Urlaub in Italien – wo sie von dem verrückten Terroristen Martin Axe (Toby Kebbell, "Destroyer") entführt werden, der nach einer erfolglosen Befragung zuerst Gina und dann Ray kaltblütig tötet. Fünf Jahre später wacht Ray allerdings wieder auf – nur ist er nicht mehr ganz er selbst, denn nach seinem Tod wurde sein Körper von der Army dem visionären Wissenschaftler Dr. Emil Harting (Guy Pearce, "Iron Man 3") überlassen, dem es mit seiner Naniten-Technologie tatsächlich gelang, Ray als eine Art Cyborg mit weit übermenschlichen Kräften ins Leben zurückzuholen. Zunächst fehlt Ray jede Erinnerung an sein früheres Leben, während er seine allesamt kriegsversehrten und ebenso von Dr. Harting "verbesserten" Leidensgenossen KT (Eiza González, "Baby Driver"), Dalton (Sam Heughan, TV-Serie "Outlander") und Tibbs (Alex Hernandez, TV-Serie "Hemlock Grove") kennenlernt. Doch langsam und bruchstückhaft erinnert sich Ray wieder an die zu seinem Tod führenden Geschehnisse und so macht er sich kurzerhand alleine auf den Weg, um mit seinen neuen Superkräften blutige Rache an Martin Axe zu üben ...

Kritik:
Seit das Marvel Cinematic Universe weltweit so ziemlich alle kommerziellen Rekorde bricht, suchen viele Studios ihren eigenen potentiellen Goldesel im Comicbereich. Natürlich sind die Marktführer Marvel und DC außen vor, da sie ja bereits ihre eigenen Kinouniversen aufgebaut haben (Marvel in den letzten 15 Jahren erfolgreicher als DC), aber es gibt ja noch zahlreiche kleinere, unabhängige Comicverlage. Einer der bekanntesten Comic-Indies ist der US-Verlag Valiant Comics. Valiant war in den 1990er Jahren zwischenzeitlich die Nummer 3 im seit jeher hart umkämpften US-Comicmarkt, ging allerdings 2004 pleite. 2012 gab es einen Neustart und seitdem hat sich Valiant mit dem – ähnlich dem MCU – stark ineinander verflochtenen "Valiant Universe" mit Reihen wie "Archer & Armstrong", "Shadowman" oder "X-O Manowar" erfolgreich zurückgemeldet. Ein weiterer Pfeiler des Valiant Universe ist der Cyborg-Exsoldat Bloodshot, und genau der wurde dazu auserkoren, das geplante Valiant Cinematic Universe zu eröffnen. Mit Vin Diesel konnte man einen zugkräftigen Namen für die Titelrolle gewinnen, zusätzlich engagiert sich Diesel sogar als Produzent. Nachdem der von Regiedebütant David S. F. Wilson (der Spezialeffekt-Experte war an "Avengers 2" beteiligt, ansonsten jedoch in erster Linie im Computerspielebereich tätig, wo er an Blockbuster-Spielen wie "Mass Effect 2", "Star Wars: The Old Republic" oder "BioShock Infinite" arbeitete) inszenierte "Bloodshot" an der Kinokasse floppte und nicht einmal sein überschaubares Budget von $45 Mio. einspielen konnte, sind die Pläne für das VCU allerdings bereits wieder in Gefahr. Zum Rettungsanker könnte werden, daß "Bloodshot" zu Beginn der Corona-Pandemie in die Kinos kam und die normalerweise sehr enttäuschenden Einspielergebnisse daher maßgeblich durch Kinoschließungen und sonstige Corona-Maßnahmen beeinträchtigt wurden – im Heimkinobereich lief das SF-Actionabenteuer offenbar besser, denn zumindest eine direkte Fortsetzung ist weiterhin fest eingeplant. Wobei man durchaus fragen darf, ob die wirklich nötig ist, denn wenngleich "Bloodshot" definitiv kein Rohrkrepierer ist, hat er doch kaum Alleinstellungsmerkmale gegenüber dem sonstigen Genre-Mittelware-Einheitsbrei vorzuweisen.

Vin Diesel ist bekanntlich kein preisverdächtig guter Schauspieler (obwohl er ab und zu zeigt, daß er mit dem richtigen Stoff und dem richtigen Regisseur sehr wohl gut schauspielern kann, speziell in Sidney Lumets Justizdrama "Find Me Guilty" aus dem Jahr 2006), hat aber einen beeindruckenden Körperbau, eine prägnante Stimme und genügend Charisma, um zu einem erfolgreichen Actionstar in Filmen wie "Pitch Black" oder der langlebigen "Fast & Furious"-Reihe zu werden. Und auch die Figur Ray Garrison aka Bloodshot ist wie für Diesel gemacht – wenn man einmal davon absieht, daß er als mittlerweile Mittfünziger doch langsam etwas alt wird für eine so actionbetonte Rolle, die er im Idealfall über viele Jahre hinweg spielen sollte. Aber das ist Zukunftsmusik und für diesen ersten "Bloodshot"-Film noch kein Problem. Als sich langsam an seine tragische Vergangenheit erinnernder und angemessen traumatisierter Cyborg kann Diesel seine ganze Coolneß ausspielen, ohne dabei schauspielerisch sonderlich gefordert zu sein. Dabei merkt man durchaus, daß ihm die Rolle am Herzen liegt, denn er bemüht sich sichtlich, die Tragik seiner Figur dem Publikum emotional zu vermitteln, was ihm jedoch – auch wegen eines in dieser Hinsicht etwas unbeholfen wirkenden Drehbuchs – nur bedingt gelingt. Aber "Bloodshot" ist nun einmal ein Actionfilm, da stehen andere Elemente im Vordergrund. Und überraschenderweise kann Wilsons Debüt nicht nur in den Actionsequenzen punkten, sondern auch mit einer sich als überraschend clever und recht originell erweisenden Story. Den Twist zur Filmmitte, der fast alles auf den Kopf stellt, dürften so jedenfalls wenige Zuschauer vorhersehen können (sofern sie nicht mit der Comicvorlage vertraut sind, versteht sich) und er funktioniert zunächst einmal richtig gut.

Bedauerlicherweise holt "Bloodshot" aus dieser gelungenen Überraschung auf Dauer aber zu wenig heraus und konzentriert sich im dritten Akt stattdessen lieber auf massig Action, auffällig häufig in stylisher Zeitlupen-Optik gefilmt. Schade ist auch, daß die Nebenfiguren sehr blaß bleiben und sich spätestens nach dem Twist – mit Ausnahme vielleicht von Tibbs, dessen Potential letztlich aber doch verschenkt wird – komplett berechenbar verhalten. Das gilt ganz besonders für Dalton, der gleich als ziemliches Ekelpaket eingeführt wird und im Verlauf der gut eineinhalb Stunden nur noch schlimmer wird. Lamorne Morris ("Game Night") gibt als redseliger Hacker Wilfred Wigans einen klassischen humorvollen Sidekick ab, der allerdings mit seinem Geplapper auch ziemlich auf die Nerven gehen kann. Der eigentlich immer zuverlässige Guy Pearce beeindruckt derweil in seiner ambivalenten, aber klischeehaften Wissenschaftler-Rolle leider nur phasenweise und obwohl Toby Kebbell als bösartiger Terrorist Martin Axe alles gibt, fehlt generell ein richtig überzeugender Antagonist. Die Actionszenen sind dafür sehenswert umgesetzt mit – angesichts der Vergangenheit des Regisseurs wenig überraschend – guten, vielleicht etwas exzessiv eingesetzten Spezialeffekten, einer ordentlichen Kampfchoreographie (wenn auch nicht gut genug, um die Kämpfe nicht auf Dauer etwas monoton wirken zu lassen) und einer passend energetischen und rockigen Musik von Michael Bay-Spezi Steve Jablonsky ("Transformers"-Reihe). Spektakulär wird "Bloodshot" dabei nie und zu Begeisterungsstürmen reißt er erst recht nicht hin, aber er ist ein routinierter, nie langweilender Mid-Budget-Actionfilm mit einer typischen Superhelden-Originstory. Diese hakt letztlich die üblichen Plotpoints ab und wirkt damit wenig einfallsreich, zudem erinnert Bloodshot recht stark an den von Josh Brolin in "Deadpool 2" verkörperten Cable. Dennoch wird durchaus ein sehr solides Fundament für die geplante Fortsetzung gelegt – und ich erinnere daran, daß selbst das MCU mitunter so seine Probleme bei Origin-Filmen wie "Thor" oder "Captain America" hatte, um sich dann deutlich zu steigern. Die Chance auf ein besseres Sequel ist also absolut gegeben.

Fazit: "Bloodshot" ist ein mediokrer Comic-Actionfilm mit ordentlicher Besetzung, der zunächst mit einer cleveren Story überrascht, deren Potential aber nicht ausschöpft und sich stattdessen in solide inszenierten Actionorgien ergeht.

Wertung: 6 Punkte.
 
 
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