Regie:
Michael Matthews, Drehbuch: Brian Duffield, Matthew Robinson, Musik: Marco
Beltrami und Marcus Trumpp
Darsteller:
Dylan O'Brien, Jessica Henwick, Michael Rooker, Ariana Greenblatt, Ellen Hollman, Dan Ewing,
Tre Hale, Bruce Spence, Melanie Zanetti (Stimme)
Altersempfehlung: 12, Dauer: 109 Minuten.
Als ein großer Asteroid auf Kollisionskurs mit der Erde
alles Leben zu vernichten droht, gelingt es der Menschheit tatsächlich, ihn
rechtzeitig mit Raketen zu zerstören. Nicht ganz so schöne Nebenwirkung: Die Chemikalien in
den Raketen fallen auf die Erde zurück und sorgen dafür, daß die irdische Fauna
– genau genommen nur die Kaltblüter – zu riesigen Monstern mutiert, von denen
viele Appetit auf Menschenfleisch haben. Diesen Kampf können die Menschen nicht
gewinnen, weshalb ein Großteil der Menschheit innerhalb kurzer Zeit ausgerottet
wird und sich die meisten Überlebenden in unterirdische
"Kolonien" zurückziehen. In einer dieser Kolonien lebt seit sieben
Jahren Joel Dawson (Dylan O'Brien, "Maze Runner"), der allerdings zu
seinem Leidwesen bis auf seine Kochkünste nicht viel in die kleine Gemeinschaft
einbringen kann, da er beim Anblick der Mutanten zuverlässig in Schockstarre
verfällt und somit nicht zum Kampf taugt. Dennoch beschließt Joel eines Tages, den
Bunker zu verlassen und sich alleine auf den Weg zu einer 85 Meilen entfernten
Kolonie zu machen, in der – wie er per Funk vor einiger Zeit erfahren hat –
seine große Liebe Aimee (Jessica Henwick, "Underwater") wohnt. Seine
Reise wäre schon bald blutig beendet, doch zum Glück findet er Unterstützung
bei dem Hund "Boy" sowie den seit längerem auf der Oberfläche
lebenden Clyde (Michael Rooker, "Guardians of the Galaxy") und Minnow
(Ariana Greenblatt, "Avengers: Endgame"). Von ihnen lernt Joel genug, um zumindest eine reelle Chance zu haben, das Ziel seines Weges lebendig zu erreichen …
Kritik:
An dystopischen Filmen herrscht in Hollywood wahrlich kein
Mangel, wie unzählige Beispiele von "Die Tribute von Panem" über "Blade
Runner" oder "Gattaca" bis hin zu den zahlreichen Zombiefilmen
belegen. Angesichts realer Probleme wie dem immer bedrohlicheren
Klimawandel oder weltweiten Pandemien sollte man meinen, daß die Zuschauer eher
an fröhlicheren Stoffen als Abwechslung von der harten Realität interessiert
wären, aber nein: Während Komödien im Hollywood-Kino inzwischen beinahe ein Nischendasein fristen (in Europa sieht es etwas anders aus), kommen
dystopische Stoffe in Kino und TV ("The Handmaid's Tale", "The Walking Dead") häufig
glänzend an. In diese deprimierende Thematik ein wenig Humor einzubringen kann
dabei nicht schaden – "Zombieland" und Fortsetzung lassen grüßen –,
weshalb sich Paramount viel von dem seit 2012 (zunächst unter dem
Titel "Monster Problems", der mir besser gefallen
hätte) geplanten humorvollen Monsterabenteuer "Love and Monsters"
versprach, zumal sich das Budget mit rund $30 Mio. in Grenzen hielt. Dann kam
aber dummerweise kurz vor dem globalen Kinostart im Frühjahr 2020 die Corona-Pandemie dazwischen, weshalb der Film des südafrikanischen Regisseurs
Michael Matthews ("Five Fingers for Marseille") in den fast allen
Ländern direkt beim Streamingdienst Netflix veröffentlicht wurde. Das ist
schade, denn "Love and Monsters" ist trotz eines eklatanten Mangels
an Originalität unterhaltsam ausgefallen, sieht trotz seiner
überschaubaren Produktionskosten richtig gut aus und hätte es sehr wohl verdient, auf einer großen Leinwand gesehen zu werden.
Wenngleich "Love and Monsters" eindeutig viele
Genre-Vorbilder hat, die dem Skript von Brian Duffield ("The
Babysitter") und Matthew Robinson ("Lügen macht erfinderisch") zur Inspiration dienten, sind die Parallelen zu den beiden
beliebten "Zombieland"-Filmen von Ruben Fleischer am offensichtlichsten – wobei
das angesichts deren Qualität ja nicht das Schlechteste ist. So etabliert
"Love and Monsters" wie "Zombieland" zu Beginn auf
humorvolle Art und Weise einige Überlebensregeln, wenn auch etwas weniger pointiert.
Auch das Personal erinnert an das fast schon ikonische "Zombieland"-Quartett,
wobei Protagonist Joel Jesse Eisenbergs Columbus entspricht, der abgebrühte
Clyde Woody Harrelsons Tallahassee und seine junge Begleiterin Minnow Abigail
Breslins Little Rock – bei Joels großer Liebe Aimee paßt der
Vergleich nicht ganz so gut, aber mit etwas gutem Willen ist sie das Gegenstück zu Emma Stones Wichita. Dennoch gibt es genügend Unterschiede, um
"Love and Monsters" nicht als bloßen Nachahmer einzustufen. An erster
Stelle wäre zu nennen, daß der
Komödien-Anteil erheblich niedriger ist und der Film generell bodenständiger
wirkt – auf die stylishen Montagen und inszenatorischen Spielereien von
"Zombieland" verzichtet Regisseur Matthews weitgehend. Daß das
ziemlich gut funktioniert, hat vor allem zwei Gründe: die von Dylan
O'Brien sehr sympathisch verkörperte Identifikationsfigur Joel und das
phantasievoll-eklige Kreaturendesign, das "Love and Monsters" sogar eine
verdiente OSCAR-Nominierung für die visuellen Effekte einbrachte.
Joel gibt gerade deshalb einen so guten Protagonisten ab,
weil er kein strahlender Held ist, sondern ein ziemlicher Normalo ohne
besondere Fähigkeiten, der sich irgendwie durchschlägt und einen funktionierenden moralischen Kompaß hat. Daß er den Bunker überhaupt verläßt, ist höchst untypisch
für ihn, aber er ist nunmal auch ein hoffnungsloser Romantiker – und auch das
macht ihn ungemein sympathisch. Seine etwas andere (Coming of Age-)Heldenreise
durch das postapokalyptische Amerika hätte dabei gerne noch etwas einfallsreicher
gestaltet werden können, denn die durchaus vorhandenen Storywendungen sind für
erfahrene Kinogänger nicht wirklich überraschend, was auch am deutlich
übertriebenen Foreshadowing liegt (so ziemlich alles, was Joels
zwischenzeitliche Begleiter bezüglich der Monster ansprechen, ist irgendwann
von Bedeutung). Phasenweise wirkt es außerdem so, als hätte man die Laufzeit etwas
bemüht gestreckt, speziell die kurze, ziemlich für sich stehende Episode mit
dem humanoiden Roboter Mav1s (in der Originalfassung gesprochen von Melanie
Zanetti) wirkt inhaltlich eher überflüssig – ohne allerdings in irgendeiner Art
und Weise zu stören. Die restliche Besetzung macht wie O'Brien einen guten Job,
hat aber weit weniger Gelegenheit, ein eigenes Profil zu entwickeln –
dennoch hätte ich absolut nichts gegen ein Spin-Off über Michael Rookers Clyde
und Ariana Greenblatts Minnow einzuwenden … Eigentliches Highlight von
"Love and Monsters" sind aber die Kreaturen, denen mit der Klassifizierung
als "Monster" übrigens Unrecht getan wird – sie sind ja weiterhin
Tiere, die ihren Instinkten gehorchen, nur daß ob der veränderten Verhältnisse nun sie die Jäger und die Menschen das Futter sind. "Böse"
sind die überzeugend gestalteten "Monster" jedoch keinesfalls,
was der Film erfreulicherweise auch thematisiert. Das ist nur ein Beispiel
dafür, daß "Love and Monsters" zwar bei weitem kein perfekter Film
ist, aber das Herz definitiv am rechten Fleck hat und einfach gute Unterhaltung
bietet. Ich würde Joel gerne noch mehr Abenteuer in der Welt von "Love and
Monsters" erleben sehen, aber einer möglichen Fortsetzung oder dem von mir
gewünschten Clyde/Minnow-Spin-Off dürfte die Pandemie leider einen großen
Strich durch die Rechnung gemacht haben; denn ein kommerzieller Erfolg ist der
Film so fast ohne Kinoauswertung wahrscheinlich nicht geworden (wobei man
im Streaming-Zeitalter ja nie weiß, ob es nicht doch noch irgendwie weitergehen
kann, die Abrufzahlen bei Netflix waren wohl recht gut).
Fazit: "Love and Monsters" ist ein
unterhaltsamer und humorvoller dystopischer Abenteuerfilm, der zwar nicht mit
originellen Ideen punkten kann, dafür jedoch mit einem sehr sympathischen
Protagonisten und toll gestalteten Kreaturen.
Wertung: 7,5 Punkte.
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