Regie: Zack
Snyder, Drehbuch: Shay Hatten, Joby Harold und Zack Snyder, Musik: Tom
Holkenborg
Darsteller:
Dave Bautista, Ella Purnell, Omari Hardwick, Matthias
Schweighöfer, Tig Notaro, Garret Dillahunt, Nora Arnezeder, Raúl Castillo, Ana de la Reguera,
Samantha Win, Hiroyuki Sanada, Theo Rossi, Huma Qureshi, Richard Cetrone,
Athena Perample, Michael Cassidy, Sean Spicer, Donna Brazile
Als in der Glücksspiel-Metropole Las Vegas eine Zombieepidemie
ausbricht, gelingt es dem Militär, die Stadt schnell genug abzuriegeln und
einzumauern, um die Ausbreitung im ganzen Land zu verhindern. Einige Monate später soll Las
Vegas mitsamt der Untoten mittels einer Atombombe kurzerhand vom Erdboden getilgt werden,
was den zwielichtigen Casinobesitzer Tanaka (Hiroyuki Sanada, "Avengers:
Endgame") auf den Plan ruft. Er bietet dem Ex-Soldat Scott Ward (Dave
Bautista, "Hotel Artemis") – der sich beim Beginn der Katastrophe in
Las Vegas heldenhaft bewährt hatte – eine Millionensumme, damit dieser ein
Team zusammenstellt und vor dem Atombomben-Abwurf in Las Vegas eindringt, um
$200 Mio. aus dem Tresor seines Casinos zu holen. Nach
anfänglichem Zögern willigt Scott ein und versammelt seine früheren Kameraden
Vanderohe (Omari Hardwick, "Kick-Ass") und Maria Cruz (Ana de la
Reguera, "Cowboys & Aliens") um sich sowie den Zombiekiller-Youtuber Mikey Guzman (Raúl Castillo, "Cash Truck"), den deutschen
Safeknacker Ludwig Dieter (Matthias Schweighöfer, "What a Man")
und die Hubschrauberpilotin Marianne Peters (Tig Notaro, "Lucy in the
Sky"), welche die Truppe nach dem Coup wieder aus Las Vegas herausbringen
soll. Zu Scotts Verdruß schließt sich ihnen außerdem seine entfremdete
Tochter Kate (Ella Purnell, "Die Insel der besonderen Kinder") an,
die in der Stadt nach ihrer vermißten Freundin Geeta (Huma Qureshi, "Der
Stern von Indien") suchen will, zudem schickt Tanaka seinen
Sicherheitschef Martin (Garret Dillahunt, "Looper") mit und die
ortskundige Führerin Lily (Nora Arnezeder, "Paris, Paris") soll sie
in den verbotenen Bereich bringen. Dort angekommen, stellt sich heraus,
daß es sich hier nicht um "normale" Zombies handelt, sondern sie von einem intelligenten
Alpha namens Zeus (Richard Cetrone, "Sucker Punch") angeführt werden …
Kritik:
Wenn Filmemacher bei den Studios um die Finanzierung eines Projekts werben, müssen sie sich oft einiges einfallen lassen und selbst
Weltstars wie Guillermo del Toro können trotzdem am Ende scheitern (auf
"Hellboy 3" warten wir aus diesem Grund bis heute). Nun weiß ich
natürlich nicht, wie genau Zack Snyder den Netflix-Verantwortlichen für
"Army of the Dead" fast $100 Mio. aus der Tasche leiern konnte, aber
ich stelle mir das etwa so vor: Snyder: "Ocean's Eleven, mit
Zombies!" Netflix: "Hier ist das Geld!" Jedenfalls kann man
"Army of the Dead" als Musterbeispiel für den
Branchenbegriff "High Concept" sehen, der darauf hinausläuft, daß
sich die Prämisse eines gut vermarktbaren Films in einem kurzen Satz
respektive Slogan prägnant zusammenfassen läßt. Für Netflix sollte sich die Investition rentiert haben, sorgte "Army of the Dead" doch für viele
Schlagzeilen, ordentliche Kritiken und hohe Abrufzahlen.
Tatsächlich war die Vorfreude bei vielen Filmfreunden groß, immerhin begann
Snyder seine wechselhafte Kino-Karriere mit dem glänzenden Remake von George A.
Romeros Zombie-Klassiker "Dawn of the Dead"; und mit dem
vierstündigen "Snyder Cut" des kontroversen DC-Superheldenabenteuers
"Justice League" hatte der US-Regisseur sich nach seinen
eher verhalten aufgenommenen DC-Filmen "Man of Steel" und
"Batman v Superman" lautstark zurückgemeldet. Die Vorzeichen für
"Army of the Dead", bei dem Snyder die volle kreative Kontrolle
hatte, standen also richtig gut – dummerweise entpuppt sich der Actionfilm als auf unnötige zweieinhalb Stunden aufgeblähte Enttäuschung, die zwar nicht schlecht ist, aber
nicht ansatzweise so zügellos und einfallsreich ausfiel, wie es die
Prämisse und die Trailer hoffen ließen.
Ähnlich wie Snyders ambitionierter, jedoch nur bedingt
geglückter und kommerziell gefloppter "Sucker Punch" ist auch bei
"Army of the Dead" die größte Stärke gleich der Anfang. Stylishe Montagen
beherrscht Zack Snyder bekanntlich meisterlich (siehe auch
"Watchmen") und hier zeigt er ebenso effektiv wie hochgradig
unterhaltsam in einem kurzen, schön selbstironischen Prolog sowie den
folgenden Opening Credits, wie es zur Zombieepidemie in Las Vegas kam. Dazu
braucht es nicht einmal Dialoge, denn die Eröffnungssequenz ist mit Elvis Presleys "Viva Las Vegas" (in einer Coverversion) unterlegt und ansonsten tonlos, was in der
kontraintuitiven Verbindung mit den sehr splattrigen Bildern von
blutrünstig wütenden Zombies und heroisch dagegenhaltenden Männern und Frauen wunderbar funktioniert. Allein diese grandiose Sequenz
sollte eigentlich eine Jugendfreigabe verhindern, aber die Altersempfehlung liegt bei 16 Jahren – vermutlich auch deshalb,
weil die Gewaltexzesse so unwirklich erscheinen. Als
Zombiefilm-Fan bekommt man in diesen Anfangsminuten also genau das geboten, was man erwartet.
Umso enttäuschender ist es, daß die restlichen mehr als zwei Stunden damit
nicht ansatzweise mithalten können. Dabei ist es nur natürlich, daß Snyder
erstmal einen Gang zurückschaltet und nach und nach das bemerkenswert große
Figurenensemble einführt. Wie er das tut, ist aber weder sonderlich
einfallsreich noch allzu unterhaltsam. Eine ausgefeilte Figurenzeichnung zählte nie wirklich zu Snyders Stärken, daher funktionierte bei
"Dawn of the Dead" die Paarung mit Drehbuch-Autor James Gunn (der, siehe "Guardians of
the Galaxy", ein wahrer Meister im Gestalten denkwürdiger Charaktere ist) so gut. Tatsächlich fragte Snyder Gunn für
"Army of the Dead" sogar an, der war allerdings mit dem DC-Blockbuster
"The Suicide Squad" beschäftigt, weshalb Snyder das Skript mit Shay
Hatten ("John Wick: Kapitel 3") und Joby Harold ("King Arthur:
Legend of the Sword") verfaßte – mit bestenfalls mediokrem Resultat.
Die Drehbuch-Schwächen sind mannigfaltig, am schwersten
wiegt aber wohl, daß sich Snyder erstens nicht so richtig entscheiden kann, was
er will, und sich zweitens nicht ansatzweise so wild und ungezügelt in der
Inszenierung gibt, wie erhofft. Ein Rätsel bleibt
besonders, warum der Filmemacher die interessante "Gaunerfilm mit
Zombieepidemie"-Prämisse nicht ausreizt. Nicht einmal die für Heistfilme so klassische und bei Werken wie "Ocean's Eleven"
ungemein unterhaltsame Teamfindungsphase überzeugt richtig. Zwar gibt es
jede Menge Charaktere, die für sich genommen unkonventionell genug sind,
um Interesse zu wecken, aber Snyder arbeitet eben kaum eine der Figuren richtig
aus. Am ehesten ist das noch bei Scott und seiner Tochter Kate der
Fall, doch selbst diese schwierige Vater-Tochter-Beziehung bleibt bis zum Ende
so klischeehaft und vorhersehbar, daß man als Zuschauer kaum Emotionen in sie
investieren will. Beim Rest der Truppe sieht das noch schlimmer aus, einzig die
sich entwickelnde Bromance zwischen Vanderohe und Safeknacker Dieter sorgt für
gute Unterhaltung. Wobei die große Beliebtheit von Schweighöfers Figur beim internationalen Publikum (derentwegen er gar selbst das
Dieter-Prequel "Army of Thieves" inszenieren darf) sicherlich damit
zusammenhängt, daß ihm der deutsche Akteur bislang weitgehend unbekannt
war, denn letztlich spielt Schweighöfer fast den gleichen Typen, den er stets in seinen erfolgreichen deutschen Komödien verkörpert. Würde man Dieter
mit beispielsweise dem liebenswert-tolpatschigen Photographen Moritz aus
"Keinohrhasen" austauschen, würde man keine größeren Unterschiede
erkennen – wenn man davon absieht, daß Moritz vermutlich keine Safes knacken
könnte. Allerdings werden Dieters Fähigkeiten wie die gesamte Heiststory
sowieso recht oberflächlich beleuchtet. Wie gesagt: Dieser Aspekt der
Geschichte bleibt deutlich unterentwickelt. Und das ist gerade deshalb sehr
schade, da Snyder auch ansonsten nicht viel Originelles einfällt.
Klar, es gibt einige gelungene Sequenzen und die Idee mit
dem "Schichtensystem" bei den Zombies ist gut. Daß alle Untoten vom
intelligenten Alpha Zeus wie von einem Feldherren geleitet
werden können und es auch noch eine Zwischenstufe gibt – die von Zeus
verwandelten Zombies, darunter seine "Zombie-Königin" (gespielt von der Stuntfrau Athena
Perample) sind ebenfalls intelligent – ist ein spannender Einfall, dessen
Potential jedoch nicht ansatzweise ausgeschöpft wird. Da "Army of
the Dead" von Beginn an als Auftakt eines eigenen Zombie-Franchise bei
Netflix gedacht war, wird man das Gefühl nicht los, daß Zack Snyder etliche
Handlungselemente (die Roboter-Zombies? Vanderohes scheinbar aus dem Nichts
kommende Zeitschleifen-Theorie?) überhaupt nur deshalb anreißt, damit er sie in
etwaigen Fortsetzungen wieder aufgreifen kann. Es ist natürlich möglich, daß sich
diese Vorarbeit dann noch positiv auszahlt, bei "Army of the Dead"
selbst sorgt sie aber eher für Verdruß. So summiert sich die im Kern doch sehr
dünne Story auf eine Laufzeit von fast zweieinhalb Stunden und während man den
Abspann betrachtet, fragt man sich: Warum eigentlich? Positiv ist, daß man sich
in diesen knapp 150 Minuten nicht langweilt, aber aufregend,
spannend oder gar spektakulär wird es fast nie. In Verbindung mit den flachen Charakteren (die immer wieder zum Haareraufen dämlich
agieren), den zu häufig einfallslosen bis banalen Dialogen und
der auf Dauer doch recht generischen CGI-Action ergibt das einen höchst mittelmäßigen
Film, der immerhin richtig gut aussieht. Die musikalische Begleitung durch
eine passende Las Vegas-Songauswahl gefällt, der eigentliche Score von Tom
Holkenborg ("Mad Max: Fury Road") fällt hingegen erstaunlich
unauffällig aus. Und um noch einmal auf die grundsätzlich gute Besetzung
zurückzukommen: Generell fällt ein gewisses Typecasting auf, das neben
Schweighöfer vor allem die Komikerin Tig Notaro betrifft, die als
Hubschrauberpilotin mit knochentrockenem Humor auch nicht anders auftritt als
ihre Ingenieurin Jett Reno in der TV-Serie "Star Trek: Discovery" –
wobei ich gerne zugebe, daß es bei aller Einfallslosigkeit trotzdem gut
funktioniert. Am Rande bemerkt: Notaro ersetzte erst nach Abschluß der
eigentlichen Dreharbeiten zu ihren Kollegen Chris
D'Elia, der wegen Vorwürfen sexueller Belästigung komplett aus der Produktion
herausgeschnitten wurde – Notaro drehte ihren Part also fast vollständig
alleine vor der Greenscreen ab! Diese Notlösung geht ziemlich gut auf, denn
wenn man nicht davon weiß, dürfte man höchstens bei vereinzelten Szenen
Verdacht schöpfen (allen voran einer gegen Ende, die dazu führt, daß das
Schicksal einer Figur nicht hundertprozentig klar wird). Um schauspielerisch zu
glänzen, ist "Army of the Dead" sowieso der falsche Film, trotzdem
macht das internationale Ensemble seine Sache gut. Dave Bautista beweist im Zusammenspiel mit seiner Filmtochter Ella Purnell einmal mehr seine
Fähigkeiten als "Leading Man" (wobei er aber trotzdem weniger zur Geltung kommt als sonst oft selbst in kleinen Rollen wie in "Blade Runner 2049"), die Französin Nora Arnezeder hat als
Lily eine schöne Badass-Rolle und Garret Dillahunt spielt mal wieder sehr
gekonnt den Unsympathen – da gibt es wirklich nichts zu meckern. Würde das doch
nur auf den gesamten Film zutreffen …
Fazit: "Army of the Dead" ist ein
gut besetzter Zombie-Heistfilm, der aus seiner interessanten Prämisse zu wenig herausholt und nach ordentlichem Auftakt zu einem reichlich
mittelmäßigen Genrebeitrag verkommt.
Wertung: 6 Punkte.
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