Mittwoch, 9. Juni 2021

ARMY OF THE DEAD (2021)

Regie: Zack Snyder, Drehbuch: Shay Hatten, Joby Harold und Zack Snyder, Musik: Tom Holkenborg
Darsteller: Dave Bautista, Ella Purnell, Omari Hardwick, Matthias Schweighöfer, Tig Notaro, Garret Dillahunt, Nora Arnezeder, Raúl Castillo, Ana de la Reguera, Samantha Win, Hiroyuki Sanada, Theo Rossi, Huma Qureshi, Richard Cetrone, Athena Perample, Michael Cassidy, Sean Spicer, Donna Brazile
Army of the Dead (2021) on IMDb Rotten Tomatoes: 67% (6,1); Altersempfehlung: 16, Dauer: 148 Minuten.
Als in der Glücksspiel-Metropole Las Vegas eine Zombieepidemie ausbricht, gelingt es dem Militär, die Stadt schnell genug abzuriegeln und einzumauern, um die Ausbreitung im ganzen Land zu verhindern. Einige Monate später soll Las Vegas mitsamt der Untoten mittels einer Atombombe kurzerhand vom Erdboden getilgt werden, was den zwielichtigen Casinobesitzer Tanaka (Hiroyuki Sanada, "Avengers: Endgame") auf den Plan ruft. Er bietet dem Ex-Soldat Scott Ward (Dave Bautista, "Hotel Artemis") – der sich beim Beginn der Katastrophe in Las Vegas heldenhaft bewährt hatte – eine Millionensumme, damit dieser ein Team zusammenstellt und vor dem Atombomben-Abwurf in Las Vegas eindringt, um $200 Mio. aus dem Tresor seines Casinos zu holen. Nach anfänglichem Zögern willigt Scott ein und versammelt seine früheren Kameraden Vanderohe (Omari Hardwick, "Kick-Ass") und Maria Cruz (Ana de la Reguera, "Cowboys & Aliens") um sich sowie den Zombiekiller-Youtuber Mikey Guzman (Raúl Castillo, "Cash Truck"), den deutschen Safeknacker Ludwig Dieter (Matthias Schweighöfer, "What a Man") und die Hubschrauberpilotin Marianne Peters (Tig Notaro, "Lucy in the Sky"), welche die Truppe nach dem Coup wieder aus Las Vegas herausbringen soll. Zu Scotts Verdruß schließt sich ihnen außerdem seine entfremdete Tochter Kate (Ella Purnell, "Die Insel der besonderen Kinder") an, die in der Stadt nach ihrer vermißten Freundin Geeta (Huma Qureshi, "Der Stern von Indien") suchen will, zudem schickt Tanaka seinen Sicherheitschef Martin (Garret Dillahunt, "Looper") mit und die ortskundige Führerin Lily (Nora Arnezeder, "Paris, Paris") soll sie in den verbotenen Bereich bringen. Dort angekommen, stellt sich heraus, daß es sich hier nicht um "normale" Zombies handelt, sondern sie von einem intelligenten Alpha namens Zeus (Richard Cetrone, "Sucker Punch") angeführt werden …
 
Kritik:
Wenn Filmemacher bei den Studios um die Finanzierung eines Projekts werben, müssen sie sich oft einiges einfallen lassen und selbst Weltstars wie Guillermo del Toro können trotzdem am Ende scheitern (auf "Hellboy 3" warten wir aus diesem Grund bis heute). Nun weiß ich natürlich nicht, wie genau Zack Snyder den Netflix-Verantwortlichen für "Army of the Dead" fast $100 Mio. aus der Tasche leiern konnte, aber ich stelle mir das etwa so vor: Snyder: "Ocean's Eleven, mit Zombies!" Netflix: "Hier ist das Geld!" Jedenfalls kann man "Army of the Dead" als Musterbeispiel für den Branchenbegriff "High Concept" sehen, der darauf hinausläuft, daß sich die Prämisse eines gut vermarktbaren Films in einem kurzen Satz respektive Slogan prägnant zusammenfassen läßt. Für Netflix sollte sich die Investition rentiert haben, sorgte "Army of the Dead" doch für viele Schlagzeilen, ordentliche Kritiken und hohe Abrufzahlen. Tatsächlich war die Vorfreude bei vielen Filmfreunden groß, immerhin begann Snyder seine wechselhafte Kino-Karriere mit dem glänzenden Remake von George A. Romeros Zombie-Klassiker "Dawn of the Dead"; und mit dem vierstündigen "Snyder Cut" des kontroversen DC-Superheldenabenteuers "Justice League" hatte der US-Regisseur sich nach seinen eher verhalten aufgenommenen DC-Filmen "Man of Steel" und "Batman v Superman" lautstark zurückgemeldet. Die Vorzeichen für "Army of the Dead", bei dem Snyder die volle kreative Kontrolle hatte, standen also richtig gut – dummerweise entpuppt sich der Actionfilm als auf unnötige zweieinhalb Stunden aufgeblähte Enttäuschung, die zwar nicht schlecht ist, aber nicht ansatzweise so zügellos und einfallsreich ausfiel, wie es die Prämisse und die Trailer hoffen ließen.
 
Ähnlich wie Snyders ambitionierter, jedoch nur bedingt geglückter und kommerziell gefloppter "Sucker Punch" ist auch bei "Army of the Dead" die größte Stärke gleich der Anfang. Stylishe Montagen beherrscht Zack Snyder bekanntlich meisterlich (siehe auch "Watchmen") und hier zeigt er ebenso effektiv wie hochgradig unterhaltsam in einem kurzen, schön selbstironischen Prolog sowie den folgenden Opening Credits, wie es zur Zombieepidemie in Las Vegas kam. Dazu braucht es nicht einmal Dialoge, denn die Eröffnungssequenz ist mit Elvis Presleys "Viva Las Vegas" (in einer Coverversion) unterlegt und ansonsten tonlos, was in der kontraintuitiven Verbindung mit den sehr splattrigen Bildern von blutrünstig wütenden Zombies und heroisch dagegenhaltenden Männern und Frauen wunderbar funktioniert. Allein diese grandiose Sequenz sollte eigentlich eine Jugendfreigabe verhindern, aber die Altersempfehlung liegt bei 16 Jahren – vermutlich auch deshalb, weil die Gewaltexzesse so unwirklich erscheinen. Als Zombiefilm-Fan bekommt man in diesen Anfangsminuten also genau das geboten, was man erwartet. Umso enttäuschender ist es, daß die restlichen mehr als zwei Stunden damit nicht ansatzweise mithalten können. Dabei ist es nur natürlich, daß Snyder erstmal einen Gang zurückschaltet und nach und nach das bemerkenswert große Figurenensemble einführt. Wie er das tut, ist aber weder sonderlich einfallsreich noch allzu unterhaltsam. Eine ausgefeilte Figurenzeichnung zählte nie wirklich zu Snyders Stärken, daher funktionierte bei "Dawn of the Dead" die Paarung mit Drehbuch-Autor James Gunn (der, siehe "Guardians of the Galaxy", ein wahrer Meister im Gestalten denkwürdiger Charaktere ist) so gut. Tatsächlich fragte Snyder Gunn für "Army of the Dead" sogar an, der war allerdings mit dem DC-Blockbuster "The Suicide Squad" beschäftigt, weshalb Snyder das Skript mit Shay Hatten ("John Wick: Kapitel 3") und Joby Harold ("King Arthur: Legend of the Sword") verfaßte – mit bestenfalls mediokrem Resultat.
 
Die Drehbuch-Schwächen sind mannigfaltig, am schwersten wiegt aber wohl, daß sich Snyder erstens nicht so richtig entscheiden kann, was er will, und sich zweitens nicht ansatzweise so wild und ungezügelt in der Inszenierung gibt, wie erhofft. Ein Rätsel bleibt besonders, warum der Filmemacher die interessante "Gaunerfilm mit Zombieepidemie"-Prämisse nicht ausreizt. Nicht einmal die für Heistfilme so klassische und bei Werken wie "Ocean's Eleven" ungemein unterhaltsame Teamfindungsphase überzeugt richtig. Zwar gibt es jede Menge Charaktere, die für sich genommen unkonventionell genug sind, um Interesse zu wecken, aber Snyder arbeitet eben kaum eine der Figuren richtig aus. Am ehesten ist das noch bei Scott und seiner Tochter Kate der Fall, doch selbst diese schwierige Vater-Tochter-Beziehung bleibt bis zum Ende so klischeehaft und vorhersehbar, daß man als Zuschauer kaum Emotionen in sie investieren will. Beim Rest der Truppe sieht das noch schlimmer aus, einzig die sich entwickelnde Bromance zwischen Vanderohe und Safeknacker Dieter sorgt für gute Unterhaltung. Wobei die große Beliebtheit von Schweighöfers Figur beim internationalen Publikum (derentwegen er gar selbst das Dieter-Prequel "Army of Thieves" inszenieren darf) sicherlich damit zusammenhängt, daß ihm der deutsche Akteur bislang weitgehend unbekannt war, denn letztlich spielt Schweighöfer fast den gleichen Typen, den er stets in seinen erfolgreichen deutschen Komödien verkörpert. Würde man Dieter mit beispielsweise dem liebenswert-tolpatschigen Photographen Moritz aus "Keinohrhasen" austauschen, würde man keine größeren Unterschiede erkennen – wenn man davon absieht, daß Moritz vermutlich keine Safes knacken könnte. Allerdings werden Dieters Fähigkeiten wie die gesamte Heiststory sowieso recht oberflächlich beleuchtet. Wie gesagt: Dieser Aspekt der Geschichte bleibt deutlich unterentwickelt. Und das ist gerade deshalb sehr schade, da Snyder auch ansonsten nicht viel Originelles einfällt.
 
Klar, es gibt einige gelungene Sequenzen und die Idee mit dem "Schichtensystem" bei den Zombies ist gut. Daß alle Untoten vom intelligenten Alpha Zeus wie von einem Feldherren geleitet werden können und es auch noch eine Zwischenstufe gibt – die von Zeus verwandelten Zombies, darunter seine "Zombie-Königin" (gespielt von der Stuntfrau Athena Perample) sind ebenfalls intelligent – ist ein spannender Einfall, dessen Potential jedoch nicht ansatzweise ausgeschöpft wird. Da "Army of the Dead" von Beginn an als Auftakt eines eigenen Zombie-Franchise bei Netflix gedacht war, wird man das Gefühl nicht los, daß Zack Snyder etliche Handlungselemente (die Roboter-Zombies? Vanderohes scheinbar aus dem Nichts kommende Zeitschleifen-Theorie?) überhaupt nur deshalb anreißt, damit er sie in etwaigen Fortsetzungen wieder aufgreifen kann. Es ist natürlich möglich, daß sich diese Vorarbeit dann noch positiv auszahlt, bei "Army of the Dead" selbst sorgt sie aber eher für Verdruß. So summiert sich die im Kern doch sehr dünne Story auf eine Laufzeit von fast zweieinhalb Stunden und während man den Abspann betrachtet, fragt man sich: Warum eigentlich? Positiv ist, daß man sich in diesen knapp 150 Minuten nicht langweilt, aber aufregend, spannend oder gar spektakulär wird es fast nie. In Verbindung mit den flachen Charakteren (die immer wieder zum Haareraufen dämlich agieren), den zu häufig einfallslosen bis banalen Dialogen und der auf Dauer doch recht generischen CGI-Action ergibt das einen höchst mittelmäßigen Film, der immerhin richtig gut aussieht. Die musikalische Begleitung durch eine passende Las Vegas-Songauswahl gefällt, der eigentliche Score von Tom Holkenborg ("Mad Max: Fury Road") fällt hingegen erstaunlich unauffällig aus. Und um noch einmal auf die grundsätzlich gute Besetzung zurückzukommen: Generell fällt ein gewisses Typecasting auf, das neben Schweighöfer vor allem die Komikerin Tig Notaro betrifft, die als Hubschrauberpilotin mit knochentrockenem Humor auch nicht anders auftritt als ihre Ingenieurin Jett Reno in der TV-Serie "Star Trek: Discovery" – wobei ich gerne zugebe, daß es bei aller Einfallslosigkeit trotzdem gut funktioniert. Am Rande bemerkt: Notaro ersetzte erst nach Abschluß der eigentlichen Dreharbeiten zu ihren Kollegen Chris D'Elia, der wegen Vorwürfen sexueller Belästigung komplett aus der Produktion herausgeschnitten wurde – Notaro drehte ihren Part also fast vollständig alleine vor der Greenscreen ab! Diese Notlösung geht ziemlich gut auf, denn wenn man nicht davon weiß, dürfte man höchstens bei vereinzelten Szenen Verdacht schöpfen (allen voran einer gegen Ende, die dazu führt, daß das Schicksal einer Figur nicht hundertprozentig klar wird). Um schauspielerisch zu glänzen, ist "Army of the Dead" sowieso der falsche Film, trotzdem macht das internationale Ensemble seine Sache gut. Dave Bautista beweist im Zusammenspiel mit seiner Filmtochter Ella Purnell einmal mehr seine Fähigkeiten als "Leading Man" (wobei er aber trotzdem weniger zur Geltung kommt als sonst oft selbst in kleinen Rollen wie in "Blade Runner 2049"), die Französin Nora Arnezeder hat als Lily eine schöne Badass-Rolle und Garret Dillahunt spielt mal wieder sehr gekonnt den Unsympathen – da gibt es wirklich nichts zu meckern. Würde das doch nur auf den gesamten Film zutreffen …
 
Fazit: "Army of the Dead" ist ein gut besetzter Zombie-Heistfilm, der aus seiner interessanten Prämisse zu wenig herausholt und nach ordentlichem Auftakt zu einem reichlich mittelmäßigen Genrebeitrag verkommt.
 
Wertung: 6 Punkte.

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