So wollte ich das neue Jahr nicht beginnen – mit einem Nachruf auf einen Schauspieler, der mir vor allem dank einer Rolle sehr ans Herz gewachsen ist. Denn Wayne Rogers ist tot. Wenn mich jemand nach der besten Comedy-Serie aller Zeiten fragt, dann kommt meine Antwort wie aus der Pistole geschossen: "M*A*S*H" selbstverständlich! Zwar habe ich die auf Robert Altmans OSCAR-gekrönter Kult-Kriegssatire "M.A.S.H." basierende Serie, die beim US-Sender CBS unglaubliche elf Jahre lang auf höchstem humoristischen Niveau von den tragikomischen Erlebnissen einer Gruppe Ärzte in einem chirurgischen Feldlazarett während des Korea-Krieges erzählte, erst relativ spät entdeckt (im Jahr 2001; und das, man mag es kaum glauben, dank des sonstigen Call-In-Senders 9live – was beweist, daß selbst der allergrößte Mist ab und zu mal einen glitzernden Diamanten ans Tageslicht spülen kann!), dafür aber umso inniger lieben gelernt.
Obwohl ich alle Schauspieler und Figuren, die in den elf Jahren vorübergehend oder permanent zur Stammbesetzung der Serie zählten, sehr mag, liegen meine größten Sympathien doch bei den Mitwirkenden an den ersten drei Staffeln. Das liegt einmal an Lt. Col. Henry Braymore Blake (wunderbar verkörpert vom leider schon lange verstorbenen McLean Stevenson) – und an Wayne Rogers' Verkörperung des in Altmans Film von Elliott Gould gespielten Captain John Francis Xavier McIntyre, meist "Trapper John" genannt. Gemeinsam mit Alan Aldas "Hawkeye" Pierce war Trapper John das Herz der Serie, die beiden leichtlebigen besten Freunde brachten die beiden konservativen, von den militärischen Regeln besessenen Major Burns (Larry Linville, auch schon lange tot) und Major "Hot Lips" Houlihan (Loretta Swit) mit ihren Streichen und Respektlosigkeiten regelmäßig zum Wahnsinn und das treue Publikum ebenso regelmäßig zum Lachen. Doch da "M*A*S*H" eben nicht nur irgendeine gute Comedy-Serie ist, sondern die meiner Ansicht nach beste Comedy-Serie aller Zeiten, war keineswegs alles immer nur witzig. Immerhin war der Korea-Krieg Schauplatz des Geschehens und so balancierte die Serie (fast) immer geschickt auf dem schmalen Grat zwischen Komödie und Drama, die Streiche von Hawkeye und Trapper John waren vor allem eine Gegenreaktionen auf die Schrecken des Krieges, deren Zeugen sie im Operationssaal beinahe täglich wurden. Und diese Ambivalenz zwischen tödlicher Ernsthaftigkeit auf der einen Seite und oft kindischem Rumgealbere auf der anderen, die brachten Wayne Rogers (als der optimistischere) und Alan Alda (als der Zyniker) perfekt auf den kleinen Bildschirm, zumal sie wunderbar miteinander harmonierten. Dennoch rückte Hawkeye immer mehr ins Zentrum der Episoden, weshalb sich Rogers dazu entschied, nach der dritten Staffel auszusteigen (ebenso wie Blake-Darsteller Stevenson). Sein Ersatz BJ Hunnicutt (Mike Farrell) war ein starker Ersatz, trotzdem habe ich Trapper John (der übrigens in den 1980er Jahren sogar eine eigene, auch in Deutschland beliebte Arztserie namens "Trapper John, M.D." erhielt; da wurde die Rolle dann von Pernell Roberts verkörpert, nachdem Rogers ablehnte und stattdessen drei Jahre lang als Hauptdarsteller einer anderen Arztserie namens "House Calls" anheuerte, für die er immerhin seine einzige Golden Globe-Nominierung erhielt) und Wayne Rogers sehr nachgetrauert.
Schauspielerisch war "M*A*S*H" der mit Abstand größte Triumph für Wayne Rogers. Zwar war er gern gesehener Gast in anderen TV-Serien und hatte auch die eine oder andere Nebenrolle in Kino- und TV-Filmen (am bekanntesten davon dürfte der Thriller "Das Attentat" mit Alec Baldwin von 1996 sein, vor "M*A*S*H" hatte er sogar einen kurzen Auftritt in "Der Unbeugsame" mit Paul Newman), aber an "M*A*S*H" reichte nichts heran. Hervorheben möchte ich dennoch Frank D. Gilroys Tragikomödie "Sechs Jazzer im Dreivierteltakt" aus dem Jahr 1985, in der sechs befreundete Amateur-Musiker ein zweiwöchiges Engagement ergattern. Als der Bassist krank ausfällt, heuern sie übergangsweise einen professionellen Musiker an, der ihnen jedoch (ungewollt) vor Augen führt, wie mittelmäßig sie eigentlich sind. Wayne Rogers spielt den charismatischen Autoverkäufer Marty Flynn, und obwohl "Sechs Jazzer im Dreivierteltakt" kein Meisterwerk ist, sondern "nur" ein kleiner, unspektakulärer, aber ungemein sympathischer Low Budget-Film, ist er mir dank Rogers' ebenso einfühlsamer wie gewohnt witziger Verkörperung schnell ans Herz gewachsen.
2003 beendete Wayne Rogers seine Karriere als Schauspieler – und konzentrierte sich noch stärker auf seine zweite Karriere in der Finanzwelt, die er bereits in den 1970er Jahren sehr erfolgreich begonnen hatte. So gründete er unter anderem seine eigene Finanzberatungsfirma "Wayne Rogers & Co." und war ab 2012 noch bis zur Woche seines Todes vier Jahre lang wöchentlich als Experte in der TV-Finanzsendung "Cashin' In" zu sehen.
An Silvester, also am 31. Dezember 2015, starb Wayne Rogers im Alter von 82 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung.
R.I.P.
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