Regie und Drehbuch: David Rühm, Musik: Bernd und Stefan
Jungmair
Darsteller:
Tobias Moretti, Jeanette Hain, Dominic Oley, Cornelia Ivancan, Karl Fischer,
David Bennent, Erni Mangold, Lars Rudolph, Anatole Taubman
Wien, 1932: Graf Geza von Közsnöm (Tobias Moretti, "Jud Süß – Film ohne Gewissen") ist zu Tode gelangweilt. Er hat – in seinen eigenen Worten –
alles gesehen und alles erlebt, seine Gattin Elsa (Jeanette Hain,
"Poll") nervt ihn mit ihrer Ichbezogenheit schon seit Jahren und
sogar das Essen ödet ihn einfach nur noch an. Hilfe sucht der Graf bei einem
Psychoanalytiker namens Sigmund Freud (Karl Fischer, "Gloomy
Sunday"), der die unglaublichen Geschichten seines neuen Patienten fasziniert
notiert. Was er nicht ahnt: So verrückt ist der Graf gar nicht … dafür ist er
ein Vampir! In Dr. Freuds Praxis findet der Graf tatsächlich neue Lebenslust,
allerdings auf gänzlich andere Art und Weise, als man meinen könnten. Ein
Gemälde dort zeigt des Grafen große Liebe Nadilla, die vor Jahrhunderten starb,
ihm aber versprach, eines Tages wiedergeboren zu werden. Als Graf Geza erfährt,
daß das Gemälde die Freundin des Künstlers Viktor (Dominic
Oley) zeigt, der für Dr. Freud die Träume und sexuellen Phantasien seiner
Patienten illustriert, sucht er den jungen Mann sofort auf. Und in der Tat:
Viktors selbstbewußte Freundin Lucy (Cornelia Ivancan, TV-Serie
"CopStories") ist Nadillas Ebenbild. Während der Graf Lucy auf sein
Anwesen bringt, um mithilfe eines Rituals ihre wahre Natur als Nadilla zum
Vorschein zu bringen, schickt er seine Frau Elsa zu Viktor, der sie
porträtieren soll – denn Vampire haben bekanntlich kein Spiegelbild, und da
Elsa vergessen hat, wie sie aussieht, würde sie alles tun, um endlich wieder in
ihr eigenes Gesicht zu blicken …
Kritik:
Genrefilme sind bekanntlich nicht wirklich die Domäne des
deutschsprachigen Kinos – oder besser gesagt: Sie sind es
nicht mehr, denn als die Filmbranche noch in den Kinderschuhen steckte, waren
es Visionäre wie Fritz Lang oder Friedrich Wilhelm Murnau, die wegweisende
Meisterwerke wie "Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens" oder
"Metropolis" schufen. Das ist, wie gesagt, verdammt lange her, heute
wird die hiesige Filmlandschaft überwiegend von Komödien, Dramen und Kinderfilmen
geprägt. Selbst Thriller sind auf der großen Leinwand eher selten zu finden,
nach Genrefilmen braucht man kaum zu suchen. Doch selbstverständlich gibt es
auch in diesem Fall Ausnahmen, mit Dennis Gansels (eher mittelmäßigem)
"Wir sind die Nacht" gab es 2010 sogar mal wieder einen echten
deutschen Vampirfilm. Mutiger als die Deutschen zeigen sich derweil die
Österreicher, die in den letzten Jahren unter anderem mit dem preisgekrönten grimmigen
Alpenwestern "Das finstere Tal" (mit Tobias Moretti) und einigen auch international
beachteten Horrorfilmen ("Blutgletscher", "In 3 Tagen bist du tot 1 + 2") auftrumpften. Und nun
präsentieren sie (in einer österreichisch-schweizerischen Koproduktion) eine
sehr stilvolle Vampirparodie mit leichten "Tanz der
Vampire"-Anklängen, die zwar etwas zu behäbig geraten ist, um als voller
Erfolg durchzugehen, aber mit typisch österreichischem Charme zeigt,
daß auch im deutschsprachigen Raum ein halbwegs origineller Blutsauger-Film
möglich ist.
Der Wiener Regisseur und Drehbuch-Autor David Rühm hat sich
in seinem ersten Spielfilm seit fast 20 Jahren sehr offensichtlich an
zahlreichen Meilensteinen des Vampirfilms orientiert, was Vor- und Nachteile
hat. Auf der einen Seite freut man sich als Freund des Genres über viele
gelungene Anspielungen und Zitate, auf der anderen Seite ist der Grat zwischen
liebevoller Hommage und billiger Kopie manchmal sehr schmal. Da Rühm schlau
genug ist, gelegentlich eigene Ideen und Variationen der gängigen Vampirmotive
einzubringen – nett etwa der von den weltweiten Vampirforschern bislang unentdeckte
Zählzwang –, geht das aber überwiegend gut. Auch zahlreiche Wortspielereien,
vor allem von Tobias Moretti teils rasend schnell vorgetragen, sorgen für
Erheiterung, könnten je nach Humorgeschmack aber auch als übertrieben albern
empfunden werden (zumal sie teilweise tatsächlich nur knapp an der Grenze zum
Kalauer vorbeischrammen). Jedenfalls lenken sie gekonnt davon ab, daß die
eigentliche Geschichte von "Therapie für einen Vampir" doch ziemlich
dünn und vorhersehbar ist und das Erzähltempo vor allem in der zweiten Hälfte zu wünschen übrig
läßt. Sehr bedauerlich ist zudem, daß der Film die eigentlich grandiose Idee
der Miteinbeziehung von Sigmund Freud in die Handlung eher halbherzig umsetzt;
eine bedeutende Rolle spielt der Psychoanalytiker nur in wenigen Szenen, dabei
hätte die Konfrontation des nüchternen Wissenschaftlers mit übernatürlichen
Mächten doch jede Menge Stoff für humorvolle Szenen geboten.
Die generelle Behäbigkeit von "Therapie für einen
Vampir" wird zum Glück von den sehr guten Darstellern ein Stück weit
aufgefangen. Vor allem Tobias Moretti zeigt erst als Vampir in der Sinnkrise,
dann als unsterblich Verliebter wieder einmal sein ganzes Können, wobei speziell die explosiven Szenen mit Jeanette Hain als Gezas Vampirgattin herrlich
anzuschauen sind. Auch die beiden außerhalb Österreichs noch ziemlich unbekannten (da vorwiegend am Theater tätigen)
jungen Hauptdarsteller Dominic Oley und Cornelia Ivancan machen ihre Sache gut,
als heimlicher Star entpuppt sich aber der frühere "Die
Blechtrommel"-Star David Bennent in seiner äußerst amüsanten Rolle als
Gezas mißmutiger Diener Radul, der durch ein Mißgeschick des Grafen auch noch in das
Liebesviereck hineingezogen wird und sich auf sehr spezielle Weise einbringt.
Das paßt hervorragend zu der generellen leichten Skurrilität eines
Films, den man wohl am besten als Horrorkomödie klassifiziert – obwohl die
Horroranteile (trotz einiger blutiger Szenen) sehr gering sind und auch die
Gagdichte nicht übermäßig hoch ist. Denn trotz der parodistischen Elemente und ausgeprägter Screwball Comedy-Anleihen ist
"Therapie für einen Vampir" im Kern ein recht klassischer
Vampirfilm, was durch das stimmungsvoll eingefangene Wiener 1930er Jahre-Setting und die
orchestrale Musikuntermalung nur unterstrichen wird.
Fazit: "Therapie für einen Vampir" ist eine
charmante Horrorkomödie, die das Genre auf recht zahme, aber amüsante Art und
Weise parodiert, ohne sich dabei selbst allzu sehr von dessen gängigen
Erzählmustern zu entfernen; dank der atmosphärischen Inszenierung und der
starken Besetzung funktioniert das ziemlich gut, auch wenn sich die richtig
guten Ideen an einer Hand abzählen lassen.
Wertung: 7 Punkte.
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