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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 9. Juli 2015

PALO ALTO (2013)

Regie und Drehbuch: Gia Coppola, Musik: Devonté Hynes und Robert Schwartzman
Darsteller: Jack Kilmer, Emma Roberts, Nat Wolff, Zoe Levin, James Franco, Val Kilmer, Olivia Crocicchia, Claudia Levy, Keegan Allen, Margaret Qualley, Chris Messina, Talia Shire
Palo Alto
(2013) on IMDb Rotten Tomatoes: 70% (6,2), weltweites Einspielergebnis: $0,9 Mio.
FSK: 16, Dauer: 100 Minuten.
April (Emma Roberts, "Scream 4") ist ein kluges Mädchen mit guten Aussichten auf einen Studienplatz an einem hochkarätigen College, doch beschäftigt die bekennende Jungfrau im Moment vor allem ihre angehende Affäre mit ihrem charmanten Fußball-Trainer (James Franco, "127 Hours"). Teddy (Jack Kilmer) ist heimlich in April verliebt, hängt jedoch lieber mit seinem besten Freund Fred (Nat Wolff, "Das Schicksal ist ein mieser Verräter") ab, mit dem er ständig kifft. Beide haben eine sexuelle Begegnung mit der offenherzigen Emily (Zoe Levin, "Ganz weit hinten"). Alle vereint, daß sie gewisse Probleme mit dem Erwachsenwerden haben. Als Teddy betrunken einen Autounfall (ohne Verletzte) baut und zu gemeinnütziger Arbeit verurteilt wird, erhält er immerhin indirekt Unterstützung – Fred, der zunehmend psychopathische Tendenzen an den Tag legt, hat dieses Glück nicht …

Kritik:
Die Familie Coppola zählt zu den berühmtesten und einflußreichsten in Hollywood. Star der Familie ist selbstverständlich noch immer der große Francis Ford Coppola, der mit der "Der Pate"-Trilogie (zumindest den ersten beiden Teilen – der dritte ist gut, aber sicherlich kein Meisterwerk) und dem Anti-Kriegsfilmklassiker "Apocalypse Now" einige der besten Filme aller Zeiten gedreht hat und insgesamt fünf OSCARs (plus 2011 einen Ehren-OSCAR) gewann. Sein Vater Carmine erhielt als Co-Komponist von "Der Pate" einen OSCAR, Tochter Sofia (in den "Pate"-Filmen übrigens auch dabei: in den ersten beiden als Baby, im dritten sogar als eine Hauptdarstellerin – deren Leistung von der Kritik allerdings verrissen wurde) ist inzwischen dank ihres Geniestreichs "Lost in Translation" ebenfalls OSCAR-Gewinnerin, Sohn Roman erhielt im Jahr 2013 zumindest seine erste Nominierung als Co-Autor von Wes Andersons grandiosem "Moonrise Kingdom". Zur Familie zählen außerdem seine Schwester Talia Shire ("Rocky") und seine Neffen Nicolas Cage ("Kick-Ass") und Jason Schwartzman ("Rushmore"). Und nun betritt auch noch Francis Ford Coppolas Enkeltochter Gia Coppola die Filmbühne als Regisseurin und Drehbuch-Autorin des Coming of Age-Dramas "Palo Alto", unterstützt übrigens vom Großvater – der als Stimme des Richters zu hören ist, der über Teddys Unfall urteilt –, von ihrer Großtante Talia Shire (die eine Altenheim-Bewohnerin spielt) und von Jason Schwartzman (der einige Songs beiträgt). Daß sie die Gene ihrer Familie hat, merkt man "Palo Alto" bereits an – der Film wird sicher keine Academy Awards gewinnen, er taugt aber allemal als vielversprechende Visitenkarte im Haifischbecken Hollywood.
Wann immer James Franco in irgendeiner Kapazität an einem Film beteiligt ist, kann man sich sehr sicher sein, daß dieser nicht unbedingt der üblichen Vorstellung eines "normalen" Films entspricht. In diesem Fall spielt er lediglich eine Nebenrolle, wichtiger ist jedoch: Er hat die Kurzgeschichten-Sammlung "Palo Alto Storys" geschrieben, die Coppola als Vorlage diente. Und so ist "Palo Alto" auch nicht irgendein Coming of Age-Film. Es findet keine nostalgische Verklärung statt, es gibt auch keine spannende, romantische oder gar spektakuläre Handlung. Kurz gesagt: "Palo Alto" ist wesentlich näher bei "Spring Breakers" oder auch "Wie ein weißer Vogel im Schneesturm" (ohne den Krimi-Plot) als bei "Vielleicht lieber morgen", "Ganz weit hinten" oder dem 1980er Jahre-Genreklassiker "Die Goonies". Somit erhält das Publikum einen ungeschönten Blick auf das komplizierte Erwachsenwerden von vier kalifornischen Teenagern, denen es erkennbar an Führung fehlt und die mit ihren Problemen ziemlich bis komplett allein gelassen werden.
Die Sprache der Teenager ist unverblümt, die angeschnittenen Themen sind durchaus vielfältig: Es geht um Drogen, ums Rauchen, sogar um Selbstmord(-Absichten) – und selbstverständlich um Sex. In ihren Gesprächen scheint sich für die Teenager fast alles um Sex zu drehen – was ja nicht so unrealistisch ist –, um Liebe eher weniger. Und wenn die vier Protagonisten dann tatsächlich mal Sex haben, ist das meilenweit von jeder Romantik entfernt und wirkt eher so, als ließen sie ihn einfach nur über sich ergehen. Weil das eben einfach dazugehört zum Dasein als Teenager. Wie bereits angedeutet, fehlt allen vieren ein verlässlicher Ratgeber. Aprils Mutter redet kaum mit ihr, Stiefvater Stewart (Val Kilmer, "Heat"), ein Schriftsteller, korrigiert ihren Aufsatz nicht wie gewünscht, sondern schreibt ihn komplett um – was der Lehrerin natürlich auffällt und April Probleme beschert. Freds Vater Mitch (Chris Messina, "Ruby Sparks") kifft mindestens so ausgiebig wie sein Sohn und macht dessen Kumpel Teddy ziemlich deutliche Avancen. Emilys Eltern lernen wir nicht kennen, aber ihre Einsamkeit und ihr verzweifelter Ruf nach Nähe durch die Bereitschaft zum Sex mit so ziemlich jedem sprechen Bände darüber, wie unglücklich sie ist. Lediglich Teddy scheint relativ behütet aufzuwachsen, ihn bringt vor allem sein Freund Fred in Schwierigkeiten doch durch seine aufgezwungene gemeinnützige Arbeit könnte er noch rechtzeitig die Kurve kriegen.
Ich kann nicht beurteilen, wie realistisch diese Häufung emotional überforderter Teenager mit schlechtem Urteilsvermögen und schlechter Eltern für die USA oder Kalifornien ist, doch für sich genommen wirken die Charaktere authentisch und werden gut gespielt. Vor allem Emma Roberts zeigt als April eine starke Leistung, doch die drei anderen Hauptdarsteller stehen ihr nicht viel nach, wobei Nat Wolff die mit Abstand unsympathischste Rolle als Krawallmacher Fred überzeugend transportiert. Val Kilmers Sohn Jack feiert als Teddy übrigens sein Debüt vor einer Filmkamera. Für den Zuschauer ein bißchen schwierig ist das weitgehende Fehlen einer Handlung. Wie gesagt: Gia Coppola und James Franco liefern eher eine Momentaufnahme als eine Geschichte mit Anfang und Ende. Zwar durchlaufen alle vier Hauptfiguren eine erkennbare und weitgehend nachvollziehbare Entwicklung, dennoch fehlt ein wenig der rote Faden. Ganz eindeutig ist den Filmemachern die Atmosphäre wichtiger als die Story oder ein klassischer Spannungsbogen. Diese Atmosphäre bekommen sie dafür aber gut hin, unterstützt von den von Kamerafrau Autumn Durald elegant eingefangenen Bildkompositionen und einer gelungenen Musikauswahl. Coming of Age-Filme und gute Musik scheinen ja seit jeher zusammengehören, und da macht "Palo Alto" keine Ausnahme – wenngleich der Soundtrack vielleicht nicht ganz so hervorragend zusammengestellt ist wie bei anderen Genrevertretern (aber das ist natürlich vorrangig Geschmackssache).

Fazit: "Palo Alto" ist ein Coming of Age-Film, der ungeschminkt und ohne jegliche Verklärung auf das Heranwachsen heutiger Teenager in Kalifornien blickt – die weitgehende Absenz einer echten Handlung sorgt dafür, daß das ein mitunter schwieriges Sehvergnügen für das Publikum ist, doch dafür entschädigt die glaubwürdige und detaillierte Ausgestaltung der vier zentralen Charaktere.

Wertung: 7 Punkte.

Der Sichtungslink als Grundlage dieser Rezension wurde mir freundlicherweise von capelight pictures bereitgestellt, die auch die deutsche Heimkino-Veröffentlichung verantworten.


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