Donnerstag, 10. Juli 2025

DIE TRIBUTE VON PANEM – THE BALLAD OF SONGBIRDS AND SNAKES (2023)

Originaltitel: The Hunger Games: The Ballad of Songbirds & Snakes
Regie: Francis Lawrence, Drehbuch: Michael Lesslie und Michael Arndt, Musik: James Newton Howard
Darsteller: Tom Blyth, Rachel Zegler, Josh Andrés Rivera, Viola Davis, Peter Dinklage, Jason Schwartzman, Hunter Schafer, Fionnula Flanagan, Burn Gorman, Ashley Liao, Zoe Renee, Lilly Cooper, Aamer Husain, Max Raphael, Mackenzie Lansing, Nick Benson, Jerome Lance, Sofia Sanchez, Dakota Shapiro, George Somner, Flora Li Thiemann, Florian Burgkart, Aaron Finn Schultz, Anni Baumann, Serena Oexle, Emma Brüggler, Irene Böhm, Michael Greco, Daniela Grubert, Clemens Schick
IMDb: 6,7, Rotten Tomatoes: 64%; weltweites Einspielergebnis: $348,4 Mio.
FSK: 12, Dauer: 157 Minuten.
64 Jahre vor dem Aufstieg von Katniss Everdeen, zehn Jahre nach dem Ende des Bürgerkrieges um Panem: Der 18-jährige Coriolanus Snow (Tom Blyth, TV-Serie "Billy the Kid") wächst mit seiner Cousine Tigris (Hunter Schafer, TV-Serie "Euphoria") und seiner Großmutter (Fionnula Flanagan, "The Others") auf. Die Familie Snow gehört zum Adel von Panem und war einst sehr einflußreich, doch seit Coriolanus' Eltern im Krieg starben, ging es stark bergab und nur noch mit Mühe gelingt es, nach außen hin den Schein einer wohlhabenden Familie aufrechtzuerhalten. Die große Hoffnung auf eine Wende zum Besseren ist das hochdotierte, jedes Jahr an den besten Studenten verliehene Plinth-Stipendium, auf das Coriolanus konsequent hingearbeitet hat. Dummerweise gibt es im letzten Moment eine nicht unerhebliche Änderung, denn in diesem Jahr sollen nicht allein die Noten für die Verleihung zählen, sondern die alljährlichen Hungerspiele in die Entscheidung einbezogen werden, bei denen jeder der Stundenten als Mentor für ein Tribut dienen soll. Die nach dem Ende des Krieges eingeführten Hungerspiele, in denen aus jedem unterworfenen Bezirk zwei Personen ausgewählt werden und es am Ende nur einen Überlebenden gibt, leiden nämlich unter starkem Zuschauerschwund, weshalb die Spielmacherin Volumnia Gaul (Viola Davis, "Glaubensfrage") neue Wege beschreitet und die ganze Sache für das Publikum abwechslungsreicher gestalten will. Coriolanus wird die junge Wandermusikerin Lucy Gray Baird (Rachel Zegler, "West Side Story") zugeteilt, die zwar keine ausgebildete Kämpferin ist, dafür aber eine geborene Rebellin, die mit ihrem Gesangstalent die Leute erreicht. Nicht die schlechteste Ausgangsposition, beschließt Coriolanus ...

Kritik:
Obwohl Lionsgates Adaption der höchst erfolgreichen Young Adult-Romantrilogie "Die Tribute von Panem" von Suzanne Collins mit dem zweigeteilten Finale etwas die Luft ausging, war es keine Überraschung, dass auch Collins' 2020 veröffentlichtes Prequel "Das Lied von Vogel und Schlange" schnell verfilmt wurde. Immerhin sind zwischen "Mockingjay, Teil 2" und "The Ballad of Songbirds and Snakes" acht Jahre vergangen, da durfte man durchaus hoffen, dass das Publikum wieder Lust auf die dystopische Welt von Panem haben würde – auch wenn Prequels natürlich nicht bei jedem beliebt sind. Tatsächlich blieb das Prequel in den Einspielergebnissen hinter den vier Filmen der Hauptreihe zurück, erwies sich aber auch wegen eines vergleichsweise bescheidenen Budgets von "nur" $100 Mio. (zum Vergleich: "Mockingjay, Teil 2" kostete $160 Mio.) dennoch als kommerzieller Erfolg. Weshalb mit dem allerdings 40 Jahre nach "The Ballad of Songbirds and Snakes" spielenden "Sunrise on the Reaping" auf Grundlage des 2024 veröffentlichten Buchs von Collins bereits ein weiterer Film sicher ist. Bei den Kritikern schnitt die wie bereits Teil 2 bis 4 von Francis Lawrence ("I Am Legend") inszenierte Rückkehr nach Panem ordentlich ab, jedoch schwächer als die Vorgänger. Für mich ist "The Ballad of Songbirds and Snakes" definitiv besser als Teil 1 und 4, aber deutlich schwächer als Teil 2 und Teil 3 – und damit insgesamt ein sehr unterhaltsamer, inhaltlich durchaus ambitionierter Film mit ein paar ärgerlichen Schwächen.

Auf den ersten Blick ist es mutig bis gewagt, den Bösewicht der Hauptreihe nun als jungen Mann zum Protagonisten zu machen – zumal dieser hier noch mehr oder weniger zu den Guten gehört und es damit glaubhaft gelingen soll, seine Korruption hin zur bösen Seite der Macht aufzuzeigen. Das gelingt auch nicht hundertprozentig, aber natürlich deckt dieses Prequel nur eine kurze, wenngleich entscheidende Zeitspanne in Snows Leben ab und die Fortsetzung "Sunrise on the Reaping" kann und muß Coriolanus' Entwicklung fortschreiben. Zumindest optisch wird Snows Wandlung jedoch erstaunlich überzeugend umgesetzt, denn während Tom Blyth in den ersten beiden Akten des Films kaum Ähnlichkeiten mit seiner vom inzwischen verstorbenen Donald Sutherland verkörperten alten Version aufweist, ändert sich das im dritten Akt drastisch – und dafür reicht im Grunde genommen eine neue Frisur, mit der Blyth Sutherland beinahe erschreckend ähnlich sieht (im Verbund mit seiner Haltung sowie Mimik und Gestik, versteht sich). Storymäßig wird in den ersten beiden Kapiteln nicht viel Neues geboten: Akt 1 konzentriert sich auf die Vorbereitung dieser neuen Version der Hungerspiele, Akt 2 sind besagte Hungerspiele selbst. Das kennt man bereits aus den ersten beiden Filmen der Hauptreihe und auch wenn die Evolution der zunächst noch sehr rudimentären Hungerspiele interessant zu beobachten ist, war das in der Hauptreihe besser umgesetzt. Das wiederum liegt vor allem daran, dass "The Ballad of Songbirds and Snakes" trotz einer Laufzeit von rund zweieinhalb Stunden schlicht die Zeit fehlt, um diese Aspekte ähnlich überzeugend und ausführlich umzusetzen. Wo sich die Hauptreihe ziemlich viel Zeit ließ, um nicht nur Katniss und ihren Mentor Haymitch ausführlich vorzustellen, sondern zumindest auch einige der anderen Tribute, konzentriert sich das Prequel beinahe ausschließlich auf Coriolanus und Lucy. Von den übrigen Tributen spielen nur noch die als Lucys Haupt-Gegnerin agierende Coral (Mackenzie Lansing) und Marcus (Jerome Lance) eine etwas größere Rolle, dessen Mentor Snows Freund – und wortgewaltiger Hungerspiele-Kritiker – Sejanus Plinth (Josh Andrés Rivera, "Cat Person") ist. Auf diese Weise fällt es dem Publikum naturgemäß schwer, mit den Tributen mitzuzittern und ihre gewaltsamen Tode zu betrauern; es fehlt einfach jegliche emotionale Bindung. Und obwohl Rachel Zegler als Lucy eine gute Figur macht und es sicherlich eine schlaue Idee war, aus Lucy keine billige Katniss-Kopie zu machen, funktioniert sie als Fixpunkt der Geschichte nicht ansatzweise so glänzend wie Jennifer Lawrences charismatische Rebellin wider Willen. Was wiederum auch oder vor allem daran liegt, dass es an Zeit fehlt, um Lucy ernsthaft als eigenständige Persönlichkeit zu etablieren.

Während also die ersten beiden Kapitel inhaltlich wenig überraschend daherkommen, stellt der finale dritte Akt so etwas wie das Alleinstellungsmerkmal von "The Ballad of Songbirds and Snakes" dar. Denn Coriolanus und sein Freund Sejanus werden nach Abschluß der Hungerspiele als "Friedenswächter" in Distrikt 12 versetzt, wo sie für Ordnung sorgen sollen. Dabei kommen sie erstmals direkt mit den katastrophalen Lebensbedingungen der Bürgerkriegs-Verlierer in Berührung, was sie nicht kalt läßt und speziell bei Sejanus die Aversion gegen die vorherrschenden Machtverhältnisse (deren Teil seine eigene Familie ist) wachsen läßt. Dieses letzte Drittel des Films ist es, wo "The Ballad of Songbirds and Snakes" glänzen und die Entwicklung der Charaktere voranbringen sollte. Bedauerlicherweise gelingt das nur in Maßen, weil wiederum die Zeit fehlt, um inhaltlich wirklich in die Tiefe zu gehen. Obwohl Snows Entwicklung hin zum egoistischen Machtmenschen einen großen Schritt macht, fehlt es der Story an einem echten Höhepunkt, mit dem der Film enden würde – stattdessen wirkt alles etwas unentschlossen und gerade einer der wichtigsten Handlungsstränge bleibt in der Schwebe. Das wäre in Ordnung, würde es eine direkte Fortsetzung geben, aber da der nächste Film 40 Jahre später spielen soll, wird es wohl keine emotional zufriedenstellende Auflösung mehr geben. Schauspielerisch ist "The Ballad of Songbirds and Snakes" derweil wenig vorzuwerfen: Die jungen Darsteller Tom Blyth, Rachel Zegler und Josh Andrés Rivera machen ihre Sache gut, in großen Nebenrollen überzeugen erwartungsgemäß auch Viola Davis als exzentrische Spielmacherin, Peter Dinklage ("X-Men: Zukunft ist Vergangenheit") als Dekan Casca Highbottom (der Snow nicht leiden kann) und Jason Schwartzman ("Moonrise Kingdom") als eitler Hungerspiele-Moderator Lucretius "Lucky" Flickerman. Spezialeffekte und Actionsequenzen befinden sich ebenfalls auf konstant gutem Niveau und auch die einfallsreichen Kostüme und die gewohnt stimmungsvolle Musik von James Newton Howard ("Jungle Cruise") haben sich ein Lob verdient. Dadurch, dass "The Ballad of Songbirds and Snakes" großteils in Deutschland gedreht wurde, finden sich übrigens unter den Mentoren und Tributen zahlreiche deutschsprachige Schauspieler (die bekannteste ist wohl Flora Li Thiemann aus "Tigermilch"), die aber bestenfalls ein paar Dialogzeilen haben.

Fazit: "Die Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds and Snakes" ist ein über weite Strecken gelungenes, unterhaltsames und gut besetztes Prequel, das die durchschnittliche Qualität der Hauptreihe in etwa hält.

Wertung: 7,5 Punkte.

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