Originaltitel: The Hunger Games: The Ballad of Songbirds & Snakes
Regie:
Francis Lawrence, Drehbuch: Michael Lesslie und Michael Arndt, Musik:
James Newton Howard
Darsteller:
Tom Blyth, Rachel Zegler, Josh Andrés Rivera, Viola Davis, Peter
Dinklage, Jason Schwartzman, Hunter Schafer, Fionnula Flanagan, Burn
Gorman, Ashley Liao, Zoe Renee, Lilly Cooper, Aamer Husain, Max
Raphael, Mackenzie Lansing, Nick Benson, Jerome Lance, Sofia Sanchez,
Dakota Shapiro, George Somner, Flora Li Thiemann, Florian Burgkart,
Aaron Finn Schultz, Anni Baumann, Serena Oexle, Emma Brüggler, Irene
Böhm, Michael Greco, Daniela Grubert, Clemens Schick
IMDb:
6,7, Rotten Tomatoes: 64%; weltweites Einspielergebnis: $348,4 Mio.
FSK:
12, Dauer: 157 Minuten.
64
Jahre vor dem Aufstieg von Katniss Everdeen, zehn Jahre nach dem Ende
des Bürgerkrieges um Panem: Der 18-jährige Coriolanus Snow (Tom
Blyth, TV-Serie "Billy the Kid") wächst mit seiner Cousine Tigris (Hunter Schafer, TV-Serie
"Euphoria") und seiner Großmutter (Fionnula Flanagan, "The
Others") auf. Die Familie Snow gehört zum Adel von Panem und
war einst sehr einflußreich, doch seit Coriolanus' Eltern im Krieg
starben, ging es stark bergab und nur noch mit Mühe gelingt es, nach
außen hin den Schein einer wohlhabenden Familie aufrechtzuerhalten.
Die große Hoffnung auf eine Wende zum Besseren ist das hochdotierte,
jedes Jahr an den besten Studenten verliehene Plinth-Stipendium, auf
das Coriolanus konsequent hingearbeitet hat. Dummerweise gibt es im
letzten Moment eine nicht unerhebliche Änderung, denn in diesem Jahr
sollen nicht allein die Noten für die Verleihung zählen, sondern
die alljährlichen Hungerspiele in die Entscheidung einbezogen
werden, bei denen jeder der Stundenten als Mentor für ein Tribut
dienen soll. Die nach dem Ende des Krieges eingeführten
Hungerspiele, in denen aus jedem unterworfenen Bezirk zwei Personen
ausgewählt werden und es am Ende nur einen Überlebenden gibt,
leiden nämlich unter starkem Zuschauerschwund, weshalb die
Spielmacherin Volumnia Gaul (Viola Davis, "Glaubensfrage")
neue Wege beschreitet und die ganze Sache für das Publikum abwechslungsreicher gestalten will. Coriolanus wird die junge
Wandermusikerin Lucy Gray Baird (Rachel Zegler, "West Side
Story") zugeteilt, die zwar keine ausgebildete Kämpferin ist,
dafür aber eine geborene Rebellin, die mit ihrem Gesangstalent die
Leute erreicht. Nicht die schlechteste Ausgangsposition, beschließt
Coriolanus ...
Kritik:
Obwohl
Lionsgates Adaption der höchst erfolgreichen Young
Adult-Romantrilogie "Die Tribute von Panem" von Suzanne
Collins mit dem zweigeteilten Finale etwas die Luft ausging, war es
keine Überraschung, dass auch Collins' 2020 veröffentlichtes
Prequel "Das Lied von Vogel und Schlange" schnell verfilmt
wurde. Immerhin sind zwischen "Mockingjay, Teil 2" und "The
Ballad of Songbirds and Snakes" acht Jahre vergangen, da durfte
man durchaus hoffen, dass das Publikum wieder Lust auf die
dystopische Welt von Panem haben würde – auch wenn Prequels
natürlich nicht bei jedem beliebt sind. Tatsächlich blieb das
Prequel in den Einspielergebnissen hinter den vier Filmen der
Hauptreihe zurück, erwies sich aber auch wegen eines vergleichsweise
bescheidenen Budgets von "nur" $100 Mio. (zum Vergleich:
"Mockingjay, Teil 2" kostete $160 Mio.) dennoch als
kommerzieller Erfolg. Weshalb mit dem allerdings 40 Jahre
nach "The Ballad of Songbirds and Snakes" spielenden
"Sunrise on the Reaping" auf Grundlage des 2024
veröffentlichten Buchs von Collins bereits ein weiterer Film sicher
ist. Bei den Kritikern schnitt die wie bereits Teil 2 bis 4 von
Francis Lawrence ("I Am Legend") inszenierte Rückkehr nach
Panem ordentlich ab, jedoch schwächer als die Vorgänger. Für mich
ist "The Ballad of Songbirds and Snakes" definitiv besser
als Teil 1 und 4, aber deutlich schwächer als Teil 2 und Teil 3 – und
damit insgesamt ein sehr unterhaltsamer, inhaltlich durchaus
ambitionierter Film mit ein paar ärgerlichen Schwächen.
Auf
den ersten Blick ist es mutig bis gewagt, den Bösewicht der
Hauptreihe nun als jungen Mann zum Protagonisten zu machen – zumal
dieser hier noch mehr oder weniger zu den Guten gehört und es damit
glaubhaft gelingen soll, seine Korruption hin zur bösen Seite der
Macht aufzuzeigen. Das gelingt auch nicht hundertprozentig, aber
natürlich deckt dieses Prequel nur eine kurze, wenngleich
entscheidende Zeitspanne in Snows Leben ab und die Fortsetzung
"Sunrise on the Reaping" kann und muß Coriolanus'
Entwicklung fortschreiben. Zumindest optisch wird Snows Wandlung
jedoch erstaunlich überzeugend umgesetzt, denn während Tom Blyth in
den ersten beiden Akten des Films kaum Ähnlichkeiten mit seiner vom
inzwischen verstorbenen Donald Sutherland verkörperten alten
Version aufweist, ändert sich das im dritten Akt drastisch – und
dafür reicht im Grunde genommen eine neue Frisur, mit der Blyth
Sutherland beinahe erschreckend ähnlich sieht (im Verbund mit seiner
Haltung sowie Mimik und Gestik, versteht sich). Storymäßig wird in den ersten beiden Kapiteln nicht viel Neues geboten: Akt 1
konzentriert sich auf die Vorbereitung dieser neuen Version der
Hungerspiele, Akt 2 sind besagte Hungerspiele selbst. Das kennt man
bereits aus den ersten beiden Filmen der Hauptreihe und auch wenn die
Evolution der zunächst noch sehr rudimentären Hungerspiele
interessant zu beobachten ist, war das in der Hauptreihe besser
umgesetzt. Das
wiederum liegt vor allem daran, dass "The Ballad of Songbirds
and Snakes" trotz einer Laufzeit von rund zweieinhalb Stunden
schlicht die Zeit fehlt, um diese Aspekte ähnlich überzeugend und
ausführlich umzusetzen. Wo sich die Hauptreihe ziemlich viel Zeit
ließ, um nicht nur Katniss und ihren Mentor Haymitch ausführlich
vorzustellen, sondern zumindest auch einige der anderen Tribute,
konzentriert sich das Prequel beinahe ausschließlich auf Coriolanus
und Lucy. Von den übrigen Tributen spielen nur noch die als Lucys
Haupt-Gegnerin agierende Coral (Mackenzie Lansing) und Marcus (Jerome
Lance) eine etwas größere Rolle, dessen Mentor Snows Freund – und
wortgewaltiger Hungerspiele-Kritiker – Sejanus Plinth (Josh Andrés
Rivera, "Cat Person") ist. Auf diese Weise fällt es dem Publikum naturgemäß
schwer, mit den Tributen mitzuzittern und ihre gewaltsamen Tode zu
betrauern; es fehlt einfach jegliche emotionale Bindung. Und obwohl
Rachel Zegler als Lucy eine gute Figur macht und es sicherlich eine schlaue Idee war, aus Lucy keine billige Katniss-Kopie zu machen,
funktioniert sie als Fixpunkt der Geschichte nicht ansatzweise so
glänzend wie Jennifer Lawrences charismatische Rebellin wider
Willen. Was wiederum auch oder vor allem daran liegt, dass es an Zeit
fehlt, um Lucy ernsthaft als eigenständige Persönlichkeit zu
etablieren.
Während
also die ersten beiden Kapitel inhaltlich wenig überraschend
daherkommen, stellt der finale dritte Akt so etwas wie das
Alleinstellungsmerkmal von "The Ballad of Songbirds and Snakes"
dar. Denn Coriolanus und sein Freund Sejanus werden nach Abschluß
der Hungerspiele als "Friedenswächter" in Distrikt 12
versetzt, wo sie für Ordnung sorgen sollen. Dabei kommen sie erstmals direkt mit den katastrophalen Lebensbedingungen
der Bürgerkriegs-Verlierer in Berührung, was sie nicht kalt läßt und speziell bei Sejanus die Aversion gegen die
vorherrschenden Machtverhältnisse (deren Teil seine eigene Familie
ist) wachsen läßt. Dieses letzte Drittel des Films ist es, wo "The
Ballad of Songbirds and Snakes" glänzen und die Entwicklung der
Charaktere voranbringen sollte. Bedauerlicherweise gelingt das nur in
Maßen, weil wiederum die Zeit fehlt, um inhaltlich wirklich in die
Tiefe zu gehen. Obwohl Snows Entwicklung hin zum egoistischen
Machtmenschen einen großen Schritt macht, fehlt es der Story an
einem echten Höhepunkt, mit dem der Film enden würde –
stattdessen wirkt alles etwas unentschlossen und gerade einer der
wichtigsten Handlungsstränge bleibt in der Schwebe. Das wäre in
Ordnung, würde es eine direkte Fortsetzung geben, aber da der
nächste Film 40 Jahre später spielen soll, wird es wohl keine
emotional zufriedenstellende Auflösung mehr geben. Schauspielerisch
ist "The Ballad of Songbirds and Snakes" derweil wenig
vorzuwerfen: Die jungen Darsteller Tom Blyth, Rachel Zegler und Josh Andrés Rivera machen
ihre Sache gut, in großen Nebenrollen überzeugen erwartungsgemäß
auch Viola Davis als exzentrische Spielmacherin, Peter Dinklage
("X-Men: Zukunft ist Vergangenheit") als Dekan Casca
Highbottom (der Snow nicht leiden kann) und Jason Schwartzman
("Moonrise Kingdom") als eitler Hungerspiele-Moderator
Lucretius "Lucky" Flickerman. Spezialeffekte und
Actionsequenzen befinden sich ebenfalls auf konstant gutem Niveau und
auch die einfallsreichen Kostüme und die gewohnt stimmungsvolle Musik von James Newton Howard ("Jungle Cruise") haben sich ein Lob verdient.
Dadurch, dass "The Ballad of Songbirds and Snakes"
großteils in Deutschland gedreht wurde, finden sich übrigens unter
den Mentoren und Tributen zahlreiche deutschsprachige Schauspieler
(die bekannteste ist wohl Flora Li Thiemann aus "Tigermilch"),
die aber bestenfalls ein paar Dialogzeilen haben.
Fazit:
"Die
Tribute von Panem – The Ballad of Songbirds and Snakes" ist
ein über weite Strecken gelungenes, unterhaltsames und gut besetztes
Prequel, das die durchschnittliche Qualität der Hauptreihe in etwa
hält.
Wertung:
7,5 Punkte.
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