Betrachtet man das Lebenswerk von Richard Donner, so kann man wohl nur zu einem Schluß kommen: Dieser Mann müßte noch viel berühmter sein als er es ist! Der in New York gebürtige US-Amerikaner drehte 21 Kinofilme, von denen rund zwei Drittel mindestens "gut" sind (und meistens auch erfolgreich waren), dazu ermöglichte er als Produzent etliche weitere Hits. Viele Auszeichnungen erhielt er für diese Leistung zwar nicht (dafür war er wohl einfach zu sehr im Blockbuster-Bereich verwurzelt), er gewann aber dafür umso mehr Fans auf der ganzen Welt. Gestern verstarb Richard Donner mit 91 Jahren.
Richard Donners Karriere in der Film- und Fernsehbranche begann Anfang der 1960er Jahre, als er mit 30 seine ersten TV-Serien-Episoden inszenierte. Bis Mitte der 1970er Jahre drehte Donner Dutzende von Folgen für so legendäre Shows wie "Der Kopfgeldjäger", "Have Gun - Will Travel", "Unglaubliche Geschichten", "Solo für O.N.K.E.L.", "Gilligans Insel", "Perry Mason", "Get Smart", "Cannon", "Die Straßen von San Francisco" und "Einsatz in Manhattan", hinzu kamen ein paar TV-Filme. Donners erste Gehversuche im Kino mit dem Science Fiction-Film "Die X-15 startklar" (1961) oder der Komödie "Salz und Pfeffer" (1968) hinterließen noch wenig Eindruck, doch das sollte sich 1976 mit "Das Omen" ändern. Der Gruselschocker mit Gregory Peck als unwissentlichem Adoptiv-Vater von Satans Sohn und der grandios-schaurigen Musik von Jerry Goldsmith gilt mit William Friedkins "Der Exorzist" (1973) als Geburtsstunde des modernen Horrorfilms mit religiösem Bezug und prägt das Genre bis heute. Alleine in den USA und Kanada spielte "Das Omen" dank annähernd 30 Millionen Zuschauern mehr als das 20-fache seines sehr überschaubaren Budgets von knapp $3 Mio. ein, in Deutschland reichte es zu etwa 1,1 Millionen Kinogängern. Dieser Monsterhit bedeutete für Donner den Abschied vom TV-Geschäft, denn nun war er in Hollywood ein höchst gefragter Mann, der sich seine nächsten Projekte aussuchen konnte.
Donner entschied sich, im Genre-Bereich zu bleiben und als nächstes die Comic-Verfilmung "Superman" (1978) anzugehen. Auch mit diesem aufwendigen Projekt mit Starbesetzung (an der Seite von Titeldarsteller Christopher Reeve agierten Gene Hackman und Marlon Brando) - mit Produktionskosten von geschätzt $55 Mio. damals der teuerste Film aller Zeiten - prägte Donner ein ganzes, junges Genre maßgeblich, so soll es ihm zu verdanken sein, daß der Film seine Figuren ernstnimmt und nicht wie die meisten Comicadaptionen bis dahin eher in die Comedy-Ecke ging. Das wurde vom Publikum belohnt und gemessen an den Zuschauerzahlen sollte "Superman" mit über 55 Millionen Besuchern in Nordamerika und mehr als 4,1 Millionen in Deutschland Donners größter Hit in seiner langen Karriere bleiben. Einen ersten Rückschlag erlitt Donners Kino-Karriere allerdings bereits zwei Jahre später mit der Fortsetzung "Superman II" - denn kurz vor Vollendung der Dreharbeiten wurde er nach einem langanhaltenden Streit mit den Produzenten gefeuert und durch den Briten Richard Lester ersetzt. Erst 2006 erschien auf DVD der "Donner-Cut" des Films, wobei auch dieser nicht vollständig Donners Vorstellungen entsprechen konnte, da nicht mehr alles gefilmte Material aufzutreiben war. Lange schadete dieser unschöne Vorfall Donner nicht, auch wenn seine nächsten Filme eine Nummer kleiner ausfielen: Weder die immerhin für einen OSCAR nominierte Literaturverfilmung "Max's Bar" (1980) noch die Komödie "Der Spielgefährte" (1982) - Remake des französischen Films "Das Spielzeug" (1976) mit Pierre Richard - hinterließen größere Spuren in der Welt des Kinos.
Ab Mitte der 1980er Jahre nahm Richard Donner seinen Erfolgslauf wieder auf. Zwar war der romantische Fantasyfilm "Der Tag des Falken" (1985) mit Rutger Hauer und Michelle Pfeiffer eine kommerzielle Enttäuschung, ist Fantasyfans aber definitiv zu empfehlen und gilt heute zu Recht als ziemlich einzigartiger Genre-Klassiker, nicht zuletzt aufgrund der wunderschönen Bilder und Musik sowie der eindrücklichen melancholischen Atmosphäre. Wesentlich besser kam an den Kinokassen im gleichen Jahr der Coming of Age-Film "Die Goonies" an, der auf einer Idee von Steven Spielberg basiert. Mit 18 Millionen Kinogängern in Nordamerika und 1,7 Millionen in Deutschland war die Geschichte einiger eher uncooler Jugendlicher, die in den Sommerferien auf der Suche nach einem Piratenschatz ein großes Abenteuer erleben, ein Hit und wird bis heute zu den besten Vertretern seiner Art gerechnet. Seinen womöglich größten Beitrag zum Hollywood-Kino leistete Richard Donner im Jahr 1987 mit "Lethal Weapon - Zwei stahlharte Profis". Auch hiermit prägte Donner ein ganzes Genre; zwar war "Lethal Weapon" natürlich nicht der erste Buddy-Film, in dem zwei denkbar unterschiedliche Persönlichkeiten zur Zusammenarbeit gezwungen sind (man denke etwa an "Nur 48 Stunden"), doch Donner perfektionierte die Formel mit seinem kongenialen Protagonisten-Duo, dem leichtsinnigen und latent suizidgefährdeten Martin Riggs (Mel Gibson) sowie dem erfahrenen und pflichtbewußten Familienvater Roger Murtaugh (Danny Glover). Gibson und Glover harmonierten so perfekt, daß ein Kultduo geboren war, das anschließend noch drei weitere Kino-Abenteuer erlebte - wobei der erste, deutlich düsterste Teil unerreicht bleibt, während die Fortsetzungen 1989, 1992 und 1997 die komödiantischen Aspekte stärker betonten. Was wohlgemerkt ebenfalls wunderbar funktionierte und zu sogar noch deutlich höheren Zuschauerzahlen führte (in den USA war Teil 2 mit rund 37 Millionen Kinogängern der erfolgreichste und insgesamt Donners zweitgrößter Hit, in Deutschland kamen Teil 3 und 4 jeweils auf ca. 2,3 Millionen Besucher).
Abseits der "Lethal Weapon"-Reihe blieben die ganz großen Erfolge von nun an allerdings aus, wenngleich es immer noch genügend bemerkenswerte Regiearbeiten von ihm gab. Die vielleicht beste davon ist "Die Geister, die ich rief" (1988), eine Neuinterpretation von Charles Dickens' "Weihnachtsgeschichte", die vor allem dank Bill Murrays Glanzleistung als moderner Scrooge (der als TV-Produzent arbeitet) zu jenen Filmen gehört, die man jedes Jahr um die Feiertage herum mit großem Vergnügen anschauen kann. Für die Horror-Anthologie "Geschichten aus der Gruft" kehrte Donner für drei Episoden zwischen 1989 und 1992 kurzzeitig zum Fernsehen zurück, im Kino überzeugte er in den 1990er Jahren mit der wenig originellen, aber ungemein witzigen und temporeichen Westernkomödie "Maverick" mit Jodie Foster und Mel Gibson sowie dem actionreichen Psychothriller "Fletchers Visionen" mit Julia Roberts und Mel Gibson (mit dem Australier drehte er insgesamt sechs Filme, die allesamt sehenswert ausfielen), während der Actionfilm "Assassins" mit Sylvester Stallone doch eher vergessenswert geriet. Nach der Jahrtausendwende schuf Richard Donner nur noch zwei weitere Filme: Das Zeitreise-Abenteuer "Timeline" nach einem Roman von Michael Crichton wurde 2003 zu dem mit Abstand größten kreativen und kommerziellen Flop ins Donners Karriere, während der Actionfilm "16 Blocks" mit Bruce Willis im Jahr 2006 zumindest eine solide Abschiedsvorstellung war. Bereits ab den 1980er Jahren betätigte sich Richard Donner gemeinsam mit seiner Frau Lauren Shuler Donner und dem gemeinsamen Unternehmen als Produzent, wobei er seine größten Erfolge in dieser Hinsicht mit Joel Schumachers "The Lost Boys" (1987), Oliver Stones "An jedem verdammten Sonntag" (1999) und Bryan Singers "X-Men" (2001) feierte.
Fast bis zuletzt hoffte Donner übrigens, mit Mel Gibson und Danny Glover noch einen finalen fünften "Lethal Weapon"-Film zu drehen, doch daraus wird nun leider nichts mehr. Am 5. Juli 2021 starb Richard Donner im Alter von 91 Jahren in Los Angeles, die Todesursache wurde zunächst nicht bekanntgegeben. R.I.P.
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