Originaltitel: The Butterfly Tree
Regie und Drehbuch: Priscilla Cameron, Musik: Caitlin Yeo
Darsteller: Ed Oxenbould, Melissa George, Ewen Leslie,
Sophie Lowe, Ella Jaz Macrokanis, Paula Nazarski, Lauren Dillon
FSK: 12, Dauer: 96 Minuten.
Seit dem Tod seiner Mutter ist der Teenager Fin (Ed
Oxenbould, "Die Coopers") traumatisiert. Daß er den schrecklichen
Verlust noch lange nicht überwunden hat, zeigt sich unter anderem daran, daß er
im nahen Wald einen Schrein für sie errichtet hat, umgeben von den
schillernden Schmetterlingen, die sie so sehr geliebt hat. Als Fin die neue
Besitzerin des Blumenladens in der Nähe sieht, ist er sofort fasziniert, wenn
nicht sogar besessen von ihr – denn die frühere Burlesque-Tänzerin Evelyn (Melissa George, "A Lonely Place
to Die") sieht seiner Mutter recht ähnlich. Fin schafft es, einen
Job bei der freundlichen, aber auch ein wenig traurig wirkenden Evelyn zu bekommen,
die Fins aufdringliche Zuwendung sogar zu genießen scheint. Auch Fins Vater Al
(Ewen Leslie, "The Nightingale") kämpft noch immer sichtlich darum,
mit der Situation als alleinerziehender Vater zurechtzukommen. So läßt
sich der College-Lehrer auf eine Affäre mit seiner deutlich jüngeren Studentin
Shelley (Sophie Lowe, TV-Serie "Once Upon a Time in Wonderland") ein,
obwohl das für ihn nicht wirklich funktioniert und er es eigentlich beenden will. Dann lernt er Evelyn kennen – ohne zu wissen, daß Fin sie kennt
und sogar für sie arbeitet – und verabredet sich zu einem Date mit ihr …
Kritik:
Mit Gewißheit kann ich es nicht sagen, aber ich vermute, daß
jeder große Filmfan für einige Schauspieler ein Faible hat, die nie zu richtig großen
Stars wurden, aber irgendwie jeden Film und jede Serie besser oder zumindest
unterhaltsamer machen. Bei mir sind das beispielsweise Lance Henriksen
("Aliens – Die Rückkehr"), Katharine Isabelle ("Ginger
Snaps"), Danny Trejo ("Machete"), Maika Monroe ("The
Guest"), Liam Cunningham ("Harry Brown"), William Fichtner
("Wrong") – und Melissa George. Seit mir die Australierin in der
3. Staffel von J.J. Abrams' kultiger TV-Serie "Alias" erstmals bewußt
auffiel, habe ich ihre Karriere mit großer Sympathie verfolgt und mich immer
gefreut, wenn ich ihr irgendwo "begegnet" bin. Das geschah etwa beim Fantasy Filmfest, wo sie vorübergehend mit Filmen wie
"Turistas", "Triangle" und "A Lonely Place to
Die" fast Stammgast war, aber auch mit weiteren Genrefilmen ("Amityville
Horror", "30 Days of Night", "Felony") und TV-Serien
wie "Grey's Anatomy", "Hunted", "The Slap" (sowohl im australischen
Original als auch im US-Remake), "Good Wife",
"The First" oder "Moskito-Küste" bei Apple TV+).
Auch in ihren 40ern bleibt Melissa George gefragt, wenngleich Kino-Hauptrollen wie im
australischen Drama "Die Sinnlichkeit des Schmetterlings" von
der Langfilm-Debütantin Priscilla Cameron seltener werden. Umso bedauerlicher, daß die
wilde Mischung aus tragikomischem Trauer- und Liebesdrama sowie erotisch angehauchtem Coming of Age-Film
keine wirklich runde Sache geworden ist. Zwar hat "Die Sinnlichkeit des
Schmetterlings" schöne Bilder und gute Schauspieler zu bieten, inhaltlich
ist der Film jedoch recht dünn und speziell hinsichtlich ihres jugendlichen
Protagonisten sogar ziemlich fragwürdig.
Daß ein hormongetriebener Teenie sich in eine deutlich
ältere Frau verknallt, ist ja soweit noch kein Problem und nicht unrealistisch.
Die ödipale Komponente seines Verlangens nach einer Frau, die seiner Mutter
ähnlich sieht und in etwa in ihrem Alter ist, macht das Ganze hingegen
schon recht creepy. Richtig unangehm wird die ganze Angelegenheit aber durch das Verhalten Fins, der Evelyn (weniger ausgeprägt auch seinen Vater
mit Shelley) regelrecht stalkt inklusive unverhohlenen Spannens und des
Diebstahls eines nicht entwickelten photographischen Films mit Nacktaufnahmen aus ihrer Analogkamera – wobei er das zugegebenermaßen nicht wissen kann, aber
ein unverzeihliches kriminelles Eindringen in ihre Privatsphäre bleibt es
trotzdem. Da brauchte nicht erst #MeToo zu kommen, damit man als Zuschauer
weiß: Das ist absolut nicht in Ordnung! Insofern fällt es mir
sehr schwer, Sympathie für den jungen Protagonisten zu empfinden. Klar, es gibt
Gründe für sein Verhalten, die von "er ist nunmal ein Teenager!" bis
hin zum nachvollziehbarerweise traumatischen Verlust seiner Mutter reichen,
aber bei allem guten Willen reichen die als Rechtfertigung nicht aus. Dazu
kommt, daß auch Evelyn mit ihrer schier grenzenlosen Duldsamkeit gegenüber Fins
offensichtlichen Avancen und mit dem offenherzigen Verhalten ihm
gegenüber zumindest leicht fragwürdig rüberkommt – wobei bei ihr eine späte
Enthüllung das Ganze rückwirkend doch deutlich plausibler wirken läßt.
Am
normalsten erscheinen noch Al und Shelley, wenngleich auch dieses
Duo nicht frei von offensichtlichen Schwächen ist, speziell Als – wenn auch
eher widerwillige und von Skrupeln geprägte – Bereitschaft, sich mit einer
(deutlich volljährigen) Schülerin einzulassen, legt dafür beredtes Zeugnis ab.
Dennoch kommen die beiden sympathischer rüber und gerade Shelleys Direktheit
nicht nur in sexueller Hinsicht sowie Als zunehmend verzweifelte Versuche, von
ihr loszukommen, sorgen für einige nette humoristische Auflockerungen. Diese passen zwar
nur bedingt zum dramatisch-melancholischen Grundton des Films, doch für die Abwechslung ist man dankbar. Das grundsätzliche Problem aller vier zentralen Figuren ist,
daß sie einfach nicht (genügend) miteinander reden, wobei das am stärksten auf das kaputte
Vater-Sohn-Verhältnis zutrifft. Generell erfährt man lange sehr wenig über
die Hauptfiguren – ansonsten spielen nur noch Als Chefin Lyn (Paula
Nazarski) und Fins Schulkameradin Corrine (Ella Jaz Macrokanis) nennenswerte
Rollen –, was auch daran liegt, daß Priscilla Cameron (ironischerweise genau
wie die von ihr geschaffenen Figuren) keinen großen Wert auf Dialoge zu legen
scheint. Somit kommt man den Charakteren in den ersten beiden Filmdritteln kaum
näher, lediglich bei Evelyn gelingt das ansatzweise.
In den letzten 20 bis 30
Minuten gibt es dann endlich mehrere Erklärungen und Aussprachen, dafür
fallen sie aber dermaßen gehäuft und teils melodramatisch aus, daß es eher zu
viel des Guten ist und der Glaubwürdigkeit der insgesamt arg unrunden Geschichte
schadet. Passend dazu sei die sehenswerte Kameraarbeit von Jason Hargreaves
erwähnt, der vor allem zu Beginn mit idyllischen Aufnahmen des Waldes und der
von Fin wie auch seiner Mutter so bewunderten Schmetterlinge eine poetisch-magische
Stimmung erzeugt – die sich allerdings nach und nach verflüchtigt und eben
sowieso nicht wirklich zum ziemlich dramatischen Handlungsverlauf paßt.
Schauspielerisch immerhin gibt es wenig Grund zum Klagen: Die vier
Hauptdarsteller machen ihre Sache allesamt gut, es gelingt ihnen sogar
weitgehend, der allzu flachen und speziell bei Fin wenig sympathieerzeugenden
Figurenzeichnung im Drehbuch zu trotzen. Letzten Endes reicht das aber nicht
aus, um die dramaturgischen Schwächen zu kompensieren, weshalb "Die
Sinnlichkeit des Schmetterlings" im Mittelmaß verbleibt.
Fazit: "Die Sinnlichkeit des
Schmetterlings" ist eine schön anzusehende und solide gespielte
Mischung aus Trauerdrama und Coming of Age-Film, deren Handlung und
Figurenzeichnung zu selten überzeugen.
Wertung: 6 Punkte.
"Die Sinnlichkeit des Schmetterlings" erscheint am 22. Juli 2021 von EuroVideo Medien und Nameless auf DVD und Blu-ray, Bonusmaterial gibt es bis auf den Trailer keines. Ein Rezensionsexemplar wurde mir freundlicherweise von Glücksstern-PR zur Verfügung gestellt.
Screenshots: © EuroVideo Medien / Nameless
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