Regie: William Eubank, Drehbuch: Brian Duffield und Adam
Cozad, Musik: Marco Beltrami und Brandon Roberts
Darsteller: Kristen Stewart, Vincent Cassel, T.J. Miller,
Jessica Henwick, John Gallagher Jr., Mamoudou Athie
FSK: 16, Dauer: 95 Minuten.
Mehr als 300 Männer und Frauen arbeiten auf der
Kepler-822-Station, einer hochmodernen Forschungs- und
Bohreinrichtung am Grund des Marianengrabens (der tiefsten Meeresstelle). Als aus unbekannten Gründen eine Druckwelle
weite Teile der Station zerstört, kann Captain Lucien (Vincent Cassell,
"Jason Bourne") einige Menschen rechtzeitig evakuieren, viele andere
überleben die Druckwelle nicht. Gerade so mit dem Leben kommen die Ingenieurin
Norah Price (Kristen Stewart, "Snow White & The Huntsman"), die
Biologin Emily Haversham (Jessica Henwick, "On the Rocks"),
ihr Freund Liam Smith (John Gallagher Jr., "10 Cloverfield Lane")
sowie die beiden Arbeiter Rodrigo Nagenda (Mamoudou Athie, "Unicorn
Store") und Paul Abel (T.J. Miller, "Ready Player One") davon,
die aber nun gemeinsam mit Captain Lucien festsitzen, weil sämtliche
Rettungskapseln entweder benutzt wurden oder unbrauchbar sind. Die einzige
Überlebens-Option für das Sextett ist ein Gang über den Meeresboden in
Druckanzügen zu der eine Meile entfernten Roebuck-Station. Das wäre an sich
schon eine riskante Wegstrecke, doch es kommt noch schlimmer:
Offensichtlich haben die Bohrarbeiten in der Tiefsee etwas Monströses
geweckt, das sich nun auf die Jagd nach den Menschen macht, die in sein
Revier eingedrungen sind …
Kritik:
Mit gerade mal Anfang 30 kann Kristen Stewart auf eine
Schauspiel-Karriere zurückblicken, die aufregender, abwechslungsreicher und
auch kontroverser ist als bei den meisten Schauspielern in ihrem ganzen Leben. Erste
kleine Rollen erhielt sie im Kindesalter, richtig bekannt wurde sie als
Teenager. Kein Wunder, schließlich hielt sie sich in David Finchers "Panic Room" (2002) glänzend an der Seite von Weltstar Jodie Foster,
überzeugte in "Speak – Die Wahrheit ändert alles" (2004) als
Vergewaltigungsopfer sowie im Aussteiger-Drama "Into the Wild" (2008)
und zeigte im Familienabenteuer
"Zathura" (2005), daß sie auch leichtere Stoffe beherrscht. Zum
Weltstar wurde Stewart mit 18, als sie die weibliche Hauptrolle in der
Young Adult-Adaption "Twilight – Bis(s) zum Morgengrauen" (2008) ergatterte. Die
Rolle als Bella Swan, die sie in fünf sehr erfolgreichen Filmen
spielte und die zum Zentrum eines Liebesdreiecks mit einem Vampir und einem
Werwolf wird, machte sie zum umschwärmten Idol zahlloser Jugendlicher,
brachte ihr und ihrem Co-Star Robert Pattinson aber auch heftige Abneigung von
jenen ein, die mit der übernatürlichen Teenie-Schmonzette wenig anfangen
konnten. Dazu kam, daß Kristen Stewart in diesen Filmen schauspielerisch wesentlich
steifer wirkte als zuvor und deshalb auch an ihren Fähigkeiten gezweifelt wurde. Wie Pattinson entschied sich Stewart nach dem Ende
der Reihe im Jahr 2012 zu einem scharfen Schnitt und widmete sich vorerst
komplett dem Arthouse-Kino. Eine glänzende Idee, denn speziell der französische
Filmemacher Olivier Assayas forderte und förderte Stewart und trieb sie in den
anspruchsvollen, vielfach ausgezeichneten Dramen "Die Wolken von Sils
Maria" (2014; hierfür erhielt sie sogar eine César-Nominierung) und
"Personal Shopper" (2016) zu Spitzenleistungen, auch in Walter
Salles' "On the Road" (2012), Woody Allens "Café Society"
(2016) oder Benedict Andrews' "Jean Seberg" (2019) überzeugte sie die
Kritiker. Und nachdem sie sich genügend von der "Twilight"-Zeit
emanzipiert hatte, ging sie den nächsten Schritt und öffnete sich (wie
Pattinson, der als "The Batman" den Sprung zurück ins Mainstream-Kino
vollzieht) wieder vermehrt für größere Produktionen wie das jedoch
gefloppte Reboot "3 Engel für Charlie" (2019) und das Creature
Feature "Underwater – Es ist erwacht". Man darf gespannt sein, wie
sich Kristen Stewarts Karriere weiter entwickeln wird, jedenfalls sollte
inzwischen klar sein, daß sie nicht nur in eher seichten Blockbustern und in
komplexen Independent-Produktionen punktet, sondern auch eine
vortreffliche, glaubwürdige Actionheldin abgibt – wie sie im insgesamt
leider wenig einfallsreichen "Underwater" beweist.
Gerade im Horrorbereich gelingt es etlichen Filmen, gut und
stimmungsvoll anzufangen, bevor im dritten Akt die Ideen ausgehen und
alles auf einen generischen, actionreichen Showdown hinausläuft.
Bedauerlicherweise läuft das bei "Underwater" genau so ab, dabei
hätte man vom genreerfahrenen Regisseur William Eubank ("The Signal")
bei seiner ersten großen Hollywood-Produktion mehr erwarten dürfen – wobei da
natürlich das Drehbuch von Brian Duffield ("Jane Got a Gun") und Adam
Cozad ("Jack Ryan: Shadow Recruit") ebenso eine große Rolle spielt. Das
sprüht nicht gerade vor Einfallsreichtum, ganz im Gegenteil:
"Underwater" bedient sich bei zahlreichen anderen Genre-Vertretern
wie "Alien", "The Abyss", "Deep Blue Sea" und "Meg"
(in dem ebenfalls durch Forschungen im Marianengraben eine wenig
menschenfreundliche Kreatur "geweckt" wird). Das ist natürlich nicht
verboten und auch nicht grundsätzlich negativ, immerhin gibt es viele gute
Filme – und wahrscheinlich sogar ganz besonders viele gute Horrorfilme –, die
wenige oder keine neue Ideen einbringen. In diesem Genre spielt schließlich die
Atmosphäre eine überdurchschnittlich große Rolle und wenn ein Film in diesem
Punkt überzeugt, kann man ihm auch eine wiedergekäute Story verzeihen
(Paradebeispiele dafür sind Filme wie "Crimson Peak", die
"Conjuring"-Reihe oder "Die Frau in Schwarz"). Und in der
Tat macht "Underwater" seine Sache in der ersten Hälfte gut.
Das Figurenensemble wird kurz, aber effektiv eingeführt und erweist sich
schnell als sympathisch genug, um mitfiebern zu können. Erfreulich ist
dabei, daß auf Unsympathen und generell auf ernsthafte Konflikte unter den
Überlebenden verzichtet wird. Bei anderen Genrevertretern gibt es häufig
mindestens eine egoistische und skrupellose Person, der man früher oder später
einen grausamen Tod wünscht (ein Wunsch, der meist erfüllt wird), doch hier
machen alle einen netten Eindruck und arbeiten gut zusammen – selbst der etwas
großmäulige Paul. Das ist eine nette Abwechslung.
Durch das visuell und akustisch gekonnt umgesetzte
klaustrophobische Unterwasser-Setting fällt es sowieso nicht schwer, für
Spannung zu sorgen, dafür bräuchte es gar nicht die Gefahr durch
die mysteriösen Kreaturen. Die verleihen dem Film eine zunehmende
Horrorkomponente, was zunächst ebenfalls gut hinhaut. In etwa so lange, wie
weder die Protagonisten noch das Publikum wissen, womit genau man es eigentlich
zu tun hat. Auch dies ist eine Lektion, die jeder Horrorfan früh lernt: In
aller Regel funktionieren Creature Features besser, je länger die tödliche
Bedrohung rätselhaft bleibt und höchstens ganz kurz und schemenhaft zu erkennen
ist (Gareth Edwards' "Godzilla"-Reboot hat das glänzend vorgemacht,
auch wenn da dafür einige Fans bemängelten, es sei insgesamt zu wenig von der
Titelfigur zu sehen). "Alien", "Predator", "The Descent" ... es gibt zig Belege für diese These und nur vereinzelte
Gegenbeispiele. Leider enthüllt "Underwater" jene Kreaturen, die
unserem Sextett das Leben schwer machen, ziemlich früh, nämlich bereits nach der Hälfte der eineinhalbstündigen Laufzeit. Und diese Kreaturen sehen
zwar gut (im Sinne von: furchterregend) aus, doch ab diesem Zeitpunkt wandelt
sich der spannende und atmosphärische Survival-Thriller zunehmend in einen Horror-Actionfilm
mit ein paar gut eingestreuten Jumpscares, in dem die Atmosphäre und die
Figuren zur Nebensache werden. Die Actionsequenzen sind zwar gut gemacht,
überzeugen aber weniger als die erste Filmhälfte, zumal die Abwechslung fehlt
und angesichts des wenig augenfreundlichen Settings voller Blautöne nicht immer
viel zu erkennen ist. Generell fehlen dieser zweiten Filmhälfte die Ideen,
alles wirkt auf Dauer recht monoton – dazu kommt, daß die Musik von Marco
Beltrami ("A Quiet Place") und Brandon Roberts ("Chaos Walking") gefällig ist, aber nicht ansatzweise die
unheimliche und spannungsfördernde Wirkung so ikonischer Horror-Scores wie
jener von Jerry Goldsmith ("Alien", "Das Omen") erreicht.
Immerhin: Kristen Stewart kann hier beweisen, daß sie absolut zur taffen
Horror-Actionheldin in der Tradition von "Alien"-Protagonistin Ellen
Ripley taugt. Das Finale selbst fällt ordentlich aus und punktet mit einem
schön designten, deutlich von H.P. Lovecrafts "Großen Alten"
inspirierten Obermonster. Somit ist "Underwater" alles in allem ein
solider Unterwasser-Horrorfilm mit einer starken Hauptdarstellerin, der
aber in der ersten Hälfte deutlich mehr richtig macht als in der allzu
generischen zweiten.
Fazit: "Underwater – Es ist erwacht" ist
ein handwerklich gut gemachtes Unterwasser-Creature Feature, das in erster Linie in
der atmosphärischen ersten Hälfte mit einem sympathischen Figurenensemble
gefällt, sich dann jedoch arg einfallslos entwickelt.
Wertung: 6,5 Punkte.
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