Rothaarigen Menschen (und ganz besonders rothaarigen Frauen) wird ja gerne nachgesagt, sie seien impulsiv, temperamentvoll, stur, leidenschaftlich und noch einiges mehr. Natürlich sind das Klischees, die auf manche zutreffen, auf viele aber nicht. Wie immer halt bei Klischees. Maureen O'Hara jedoch gilt tatsächlich als ein Paradebeispiel für eine Klischee-Rothaarige; und das im besten Sinne. Teilweise wird das zwar auch bei ihr daran liegen, daß sie sehr gerne für genau solche Rollen besetzt wurde, die sie dann auch hervorragend verkörperte. Andererseits wurde sie in der Branche aber auch dafür berühmt und bewundert, daß sie als eine von ganz wenigen Schauspielerinnen den ehrlichen Respekt und die Freundschaft von Vorzeige-Macho John Wayne erringen konnte, mit dem sie in fünf Filmen gemeinsam vor der Kamera stand. Maureen O'Hara war (übrigens auch noch in hohem Alter) ausgesprochen selbstbewußt und zielstrebig, und sie ließ sich nicht so einfach vorschreiben, was sie tun oder lassen sollte. Für eine Schauspielerin zur Zeit der allmächtigen Studiomogule keine ungefährliche Einstellung. Daß ihre Karriere dennoch nicht darunter litt, beweist vielleicht mehr als alles andere, welch bemerkenswerte Persönlichkeit sie war.
Zugegebenermaßen dürfte auch nicht geschadet haben, daß O'Hara eine außergewöhnliche Schönheit war, die mit ihren feuerroten Haaren und den strahlend grünen Augen zudem perfekt in die Ära der kunterbunten Technicolor-Filme paßte, die die natürlichen Farben noch deutlich verstärkten. Aber ich greife vor, denn die ersten Karriere-Schritte ging Maureen FitzSimons, wie sie wirklich hieß, in ihrem Geburtsland Irland und in Großbritannien. Entscheidend für ihren Weg nach Hollywood war ihre erste größere Rolle als Mary in Alfred Hitchcocks früher Daphne du Maurier-Verfilmung "Riff-Piraten" (1939), in der sie als 18-Jährige an der Seite des großen britischen Mimen Charles Laughton agierte. Laughton war sehr angetan von FitzSimons und wurde zu einer Art Mentor für sie; er war es, der ihr zum Namenswechsel riet, und er war es auch, der sie mit nach Hollywood nahm, wo sie die Rolle der Esmeralda in William Dieterles Victor Hugo-Adaption "Der Glöckner von Notre Dame" ergatterte (neben Laughton als Glöckner Quasimodo). Den endgültigen Durchbruch in den USA feierte O'Hara 1941 mit John Fords schwelgerischem Gesellschaftsporträt "So grün war mein Tal" über eine Arbeiter-Familie in einem kleinen walisischen Kohleabbauort um das Jahr 1900 herum. "So grün war mein Tal" gewann fünf OSCARs und setzte sich in der Hauptkategorie "Bester Film" sogar gegen Orson Welles' Jahrhundert-Meisterwerk "Citizen Kane" durch. Maureen O'Hara erhielt für die weibliche Hauptrolle der romantischen, aber stets pflichtbewußten Angharad zwar viel Lob, ging bei den Academy Awards jedoch leer aus. Das sollte sich auch später nicht ändern, denn O'Hara zählt zu jener gar nicht so kleinen Gruppe von eigentlich von allen bewunderten Schauspielern, die nie auch nur eine OSCAR-Nominierung erhielten. Im Jahr 2014 wurde sie immerhin mit dem Ehren-OSCAR für ihr Lebenswerk ausgezeichnet.
Nach "So grün war das Tal" war O'Hara eine der begehrtesten Schauspielerinnen in Hollywood, weshalb sie – natürlich "begünstigt" durch den Zweiten Weltkrieg – entschied, in den USA zu bleiben und (1946) die amerikanische Staatsbürgerschaft anzunehmen. Bei ihren Filmen zu jener Zeit lassen sich einige klare Trends erkennen: Am häufigsten agierte sie zunächst (auch aufgrund ihrer ausgeprägten Athletik) in Piraten- und anderen farbenfrohen Abenteuerfilmen – da kam die neue Technicolor-Technologie besonders effektiv zum Einsatz – wie "Der Seeräuber", "Die Seeteufel von Cartagena" oder "Sindbad, der Seefahrer", dazu kam 1947 die weibliche Hauptrolle in George Seatons dreifach OSCAR-prämiertem Weihnachts-Märchen "Das Wunder von Manhattan" (das heutzutage leider nur noch wenige kennen, weil im Fernsehen stets das schwächere 1980er Jahre-Remake mit Sir Richard Attenborough läuft). In den 1950er Jahren waren es dann vermehrt Western, in denen sie glänzen konnte – auch dank John Ford, der sie 1950 in seinem heutigen Klassiker "Rio Grande" besetzte, wo sie John Wayne als stolze Mary Kate Danaher (eine ihrer erklärten Lieblingsrollen) eindrucksvoll die Stirn bot. Es war der erste von fünf gemeinsamen Filmen der beiden Stars. 1952 folgte mit dem Irland-Epos "Die Sieger" ein weiterer Hit des Trios Ford, Wayne und O'Hara, den O'Hara später als ihren eigenen Lieblingsfilm bezeichnen sollte; im gleichen Jahr verdrehte sie Errol Flynn und Anthony Quinn in dem Piraten-Abenteuer "Gegen alle Flaggen" den Kopf.
In den 1960er Jahren ging es ihr wie vielen Schauspielerinnen über 40 und die Rollenangebote wurden weniger. Dennoch spielte sie noch in einigen bekannteren Filmen wie den Familien-Komödien "Mr. Hobbs macht Ferien" (als Ehefrau von James Stewart) und "Die Vermählung ihrer Eltern geben bekannt" (einer Adaption von Erich Kästners "Das doppelte Lottchen") sowie der Western-Komödie "MacLintock" (als John Waynes von ihm getrennt lebende und um das Sorgerecht für die Tochter streitende Gattin) und den Western "Rancho River" (wieder mit James Stewart) und "Big Jake" (ein letztes Mal an der Seite von John Wayne) mit, ehe sie sich nach ihrer dritten Heirat 1968 fast vollständig von der Schauspielerei zurückzog. Ihr letzter Kinofilm war 1991 Chris Columbus' Komödie "Mama, ich und wir zwei", in der sie John Candys überfürsorgliche Mutter spielte, ihren finalen TV-Auftritt hatte sie im Jahr 2000 immerhin mit einer Hauptrolle als Lehrerin im Ruhestand in "The Last Dance" .
Am 24. Oktober 2015 starb Maureen O'Hara in Boise, Iowa, wo sie im Kreise ihrer großen Familie friedlich einschlief.
R.I.P.
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